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Teil II: Wie und warum kam es zur „Globalisierung“ und zur „Emanzipation“ der Finanzmärkte?

Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

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Page 1: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

Teil II:Wie und warum kam es zur „Globalisierung“ und zur

„Emanzipation“der Finanzmärkte?

Page 2: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

Inhaltsübersicht Teil II:

1. Das neoliberale Weltbild und seine Gründerväter

2. Finanzinnovationen3. Technologische Entwicklungen4. Veränderte Handelsstrukturen5. Neue Wettbewerbsstrukturen

Page 3: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

Das neoliberale Weltbild

• Sehr vereinfachende und manchmal unhaltbare Modellannahmen

• Die Theorien von der unsichtbaren Hand und der komparativen Kostenvorteile

• Die Wirtschaftspolitik des Monetarismus als Antwort auf den Keynesianismus

LIBERALISIERUNG und DEREGULIERUNG sowie PRIVATISIERUNG als neue „ZAUBERWÖRTER“ der Wirtschaftspolitik.

1

Page 4: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

• Atomistische Konkurrenz

• Flexible Preise und Löhne

• Konstante Skalenerträge

• Nutzenmaximierung der Marktteilnehmer

• Homogene Informationsausstattung

• Homogene Ressourcenausstattung

• Vollständige Konkurrenz

• Punktmarkt (Transportkosten gleich 0)

Die „Mythen“ der Neoklassik

?„Markt statt Staat“

1

Page 5: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

Exkurs I: Adam Smith (1723 – 1776) und die „unsichtbare Hand“

Persönliche Gewinnmaximierung als Triebfeder der volkswirtschaftlichen Effizienz.

???

1

Page 6: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

Exkurs II: David Ricardo (1772 – 1823) und die Theorie der

komparativen KostenvorteileBei zwei Ländern mit verteilten relativen Kostenvorteilen für zwei Produkte ist es für beide Länder von Vorteil, sich jeweils auf ein Produkt zu speziali-sieren, die Zollschranken abzubauen und dann miteinander zu handeln.

(Beispiel mit Wein und Tuch; Portugal und England)

1

Page 7: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

                    

Exkurs III: Milton Friedman (1912 - ..) und die monetaristische

Gegenrevolution• Abkehr vom „deficit spending“, da inflationstreibend und hohe Staatsverschuldung

• Angebots-, statt nachfrageorientierter Wirtschaftspolitik

• Rationalisierung, Privatisierung, Liberalisierung, Deregulierung, Inflationssenkung, konstante Geldschöpfung

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Page 8: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

Verlauf der Liberalisierung des Kapitalverkehrs von 1958 bis 1994

Bilanz der Lockerungen und Erschwerungen des freien Kapitalverkehrs in Europa

-16-12

-8-4048

1216

19

58

19

63

19

68

19

73

19

78

19

83

19

88

19

93

Quelle: Bakker, 1996; zit. in Gelbmann 1999, S.181

1

Page 9: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

Die Inflationsbekämpfung

Inflation 1971 - 1998

0,0

2,0

4,0

6,0

8,0

10,0

12,0

14,0

16,0

1971 bis1980

1980 bis1989

1990 1994 1998

Infl

ati

on

in

%

Österreich

USA

Japan

Italien

Finnland

Quelle: ÖNB (Hrsg.), 1999, S. 26

1

Page 10: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

Exkurs: Ziele und Zielkonflikte der Wirtschaftspolitik

Wirtschaftswachstum Hohes Beschäftigungs-niveau

Preisstabilität

Verteilungs-gerechtigkeit

Außenwirtschaftliches GleichgewichtUmweltschutz

Lebensqualität

Ausgeglichener Staatshaushalt

1

„Magisches“ Vieleck der Wirtschaftspolitik

Page 11: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

Exkurs: Zum Zusammenhang von Arbeitslosigkeit und Inflation

Quellen: Corbridge 1994, S. 65 u. S. 68

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Page 12: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

Liberalisierung und Deregulierung auf nationaler und supranationaler Ebene

• Europa: Römer Verträge 1957, EWS, einheitliche europäische Akte 1987, EWU

• OECD (Code of Capital Movements 1968)

• WTO Harmonisierung der Wechselkursregime

• Viele große Industrienationen (USA, GB, D, Ch, Kan.) mit bedeutenden Währungen traditionell liberal

• Mayday 1975 (USA)• DIDMCA 1980 (USA)• Gründung von IBF‘s

1981 (USA)• Big Bang 1986 (GB)

1

Page 13: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

Quelle: Martin 1999, S. 269

Privatisierung: Beispiel GB

1

Page 14: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

1972 Foreign currency futures

1973 Equity futures

1975 Mortgage-backed bonds futures, T - bill futures

1977 T-bond futures

1979 Over-the-counter currency options

1980 Currency Swaps, Interest-rate Swaps

1981 Bank CD future options, T-bond future options, Equity-index futures, Eurodollar futures

1983 Equity-index future options, Currency future options, T-note future options, Interest rate caps & floors

1985 US dollar & municipal-bond indices futures, Eurodollar options, Swaptions

1987 Bond futures & options, Compound options, Average options, Commodity swaps

1989 Three Month Euro-DM Futures, Captions, Interest-rate swaps futures, Ecu interest-rate futures

1990 Equity index swaps

1991 Portfolio swaps

1992 Differential swaps

Quelle: The economist 1993; zit. in Leyshon und Thrift 1997, S. 203

Finanzinnovationen I

Kaum nicht-derivative Finanzinnovationen!

2

Page 15: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

Finanzinnovationen II Die Verschmelzung der Teilmärkte des

FinanzmarktsKassageschäfte

Commercial PaperFloating Rate NotesGenußscheineAktien Anleihen

Optionsgeschäfte

AktienoptionenDevisenoptionenIndexoptionenZinsoptionenCaps, FloorsOpt. auf Optionen

Termingeschäfte

DevisentermingeschäfteZinstermingeschäfteForward Rate Agreem.Financial FuturesSwapsFutures auf Futures

Kombinationen

OptionsanleihenWandelanleihen

Kombinationen

Optionen auf FuturesOptionen auf Swaps

Kombinationen

Quelle: Maier 1996, zit. in Abel 1998, S. 22

2

Page 16: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

Die Entstehung eines neuen Marktes:Der Euro-Dollar-Markt in London

• Auslands-Dollarreserven der Ostblockstaaten• Pfundkrise 1957• Ab 1958 freie Konvertibilität der meisten

Währungen• Leistungsbilanzdefizit der USA• Zinsobergrenzen in den USA

Schaffung eines Finanzmarktes für US-Dollar in London.

2

Page 17: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

Wachstum der

Euromärkte 1960 bis

1989

Quelle: Martin 1994, S. 258

2

Page 18: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

Die „Vorteile“des Euro-Dollar-Marktes

• Keine Mindestreservepflicht

• Kaum oder keine Steuern zu zahlen

• Keine Kapitalverkehrsbeschränkungen

• Geringe Transaktionskosten

• Keine Zeitverschiebung für europäische Anleger

Die (De)Regulierungen an den Euro-Märkten kommen vor allem Großanlegern und Finanzintermediären entgegen,...

jedoch sonst kaum jemandem.

2

Page 19: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

Übersicht der „Offshore“-Märkte2

Quelle: Roberts 1994, S. 98

Page 20: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

Technologische Entwicklungen

• Computerisierung, Automatisierung• Home Banking• Remote Membership (Börsen)• Internetbanken und -börsen

Voraussetzungen:

Entwicklung der Hard- und Software

Fortschritte der Telekommunikation

In atemberaubender Geschwindigkeit

Beispiele der technolog. Entwicklungen:

3

Page 21: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

Anzahl der Bildschirme im Ausland bei Nasdaq

und Schweizer Börse 1994/95

Quelle: Laulajainen 1998, S. 162

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Page 22: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

Folgen der technologischen Entwicklungen für Anleger

• Fallen von Raum- und Zeitbarrieren (z.B. Real-time-Handel rund um die Uhr und den Erdball)

• Sinken der Raumüberwindungskosten• Schnellere Reaktion erforderlich, dadurch

Verstärkung des „Herdentriebes“• Finanzinnovationen, Umsatzzuwächse• Erhöhte Konkurrenz zwischen den

Finanzplätzen• Verstärkte Konkurrenz zwischen den Anlegern

3

Page 23: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

Handelszeiten an verschiedenen Terminbörsen 19963

Quelle: Laulajainen 1998, S. 173

Page 24: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

Veränderte Handelsstrukturen IDisintermediation:Bezeichnet die zunehmende Auflösung der traditionellen Beziehung zwischen Kunde und Bank. Die Kapitalgeber treten mit jenen, die Kapital benötigen, direkter in Kontakt. Unternehmen oder Regierungen können sich direkt über den Kapitalmarkt finanzieren.

Beispiele:

Verbriefung, Underwriting, Swaps, Entstehung privater Handelsplattformen im Internet

4

Page 25: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

Veränderte Handelsstrukturen II

Desegmentation in der Finanzindustrie

Banken Versicherungen Fonds

Privatkundenspezialist Firmenkundenspezialist

AdministrationDistribution Produktion

Quelle: Gubert 1999, zit. in Gelbmann 1999, S. 319

4

Page 26: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

VeränderteHandels-

strukturen III

Bedeutung institutioneller Investoren: Anteil am gesamten Finanzvermögen (in %)

0

10

20

30

40

50

60

USA Kan UK F Jap. D Esp.

1985

1995

Anteil des Sparvermögens privater Haushalte, das von institutionellen Anlegern

verwaltet wird (in %)

0

10

20

30

40

50

USA Kan F Jap. D Esp.

1985

1995Quelle: BIZ, zit.in Huffschmied 2001

Bedeutungszunahme institutioneller Investoren

4

Page 27: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

Aktiva institutioneller Investoren 1993/94

Quelle: Laulajainen 1998, S. 44

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Page 28: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

Neue Wettbewerbsstrukturen IÜberdurchschnittliches Wachstum der Fusionen am Finanzsektor

Anteil der M & A im Finanzsektor an allen M & A (in %)

05

1015202530

1991/92 1993/94 1995/96 1997/98

USA

Eurozone

Quelle: BIZ; zit. in Christen 2001, S. 17

5

Page 29: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

Quelle: Laulajainen 1998, S. 202

5Abge-

schlosseneM&A1992bis

1995

Page 30: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

Neue Wettbewerbsstrukturen II

Weltweite Veränderung der Finanzierungsstruktur von Übernahmen

(in %)

0

20

40

60

80

100

1989 1999

Bargeldübertragungen

Aktien- bzw.Wertpapiertausch

Mischformen

Quelle: Christen 2001, S. 16

5

Page 31: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

Neue Wettbewerbsstrukturen IIIDas Beispiel der

Börsenkooperationen

• Austausch von Kursinformationen• Mehrfachnotierung• Joint Ventures (z.B. Ostbörse in Wien)• Remote Membership (= Fernmitgliedschaft)• Aufbau gemeinsamer Handelsplattformen• Fusionen (z.B.: DTB + SOFFEX =

EUREX)

5

Page 32: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

Notierungen deutscher Unternehmen an ausl. Börsen 1995

Quelle: Laulajainen 1998, S. 164

5

Page 33: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

Börsenmitgliedschaften von vier Terminbörsen 1995/96

Qu e

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19 9

8, S

. 16 6

u. 1

68

5

Page 34: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

Neue Wettbewerbsstrukturen IVWettbewerbsvorteile für institutionelle Investoren

05

10152025303540

Rendite nach Abzug derTransaktionskosten (in %)

Renditeverlust durchTransaktionskosten (in %)

Institutionelle Anleger

Privatanleger

Quelle: Bortenlänger, Picot, Roehrl 1996

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Page 35: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

Folgen der veränderten Wettbewerbsstrukturen für Akteure an

den Finanzmärkten• Rationalisierung

• Fusions- und Kooperationsflut

• Tendenzielle Verringerung der Margen führt in einigen Märkten (v. a. USA, GB) zu einem „flight to quality“)

• Beschleunigung des Handels

• Härtere Konkurrenz

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Page 36: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

Rationalisierung im Bankwesen und „flight to quality“

Neueröffnung und Schließung von Filialen in GB 1988 bis 1993

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Quellen: Leyshon u. Thrift 1997, S. 247-249

Page 37: Teil II: Wie und warum kam es zur Globalisierung und zur Emanzipation der Finanzmärkte?

Fazit für Teil II:Die Akteure an den Finanzmärkten treiben die Schaffung von neuen Finanzinstrumenten voran und tätigen Investitionen in die technologische Entwicklung, um einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen. Der Kreislauf des zunehmendem Wettbewerbs, der Liberalisierung und Deregulierung von staatlicher Seite, des Wachstums der fast ausschließlich derivativen Produktvielfalt, des Umsatzwachstums und der Vernetzung der Finanzindustrie und -märkte wird so vorangetrieben.