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252 ARCH. MATH. Zur Theorie der partiellen Diiferentialgleichungen erster Ordnung Herrn HER~I3,~NSCHI~IIDT zum 60. Geburtstag gewidmet Von Hv.i~z K6.~'Io Im Sommersemester 1961 habe ich in einer Vorlesung an der Teehnischen Hoch- schule Aachen die Theorie der partiellen Differentialgleichungen erster Ordnung in einer yon dem klassischen Aufbau, wie er etwa in CARATa~ODORY [1] und in KA.~KE [2] zU finden ist, abweichenden Darstellung vorgetragen. In der vorliegenden Arbeit soll hieriiber berichtet werden. Es handelt sich vor allem um die Charakteristiken- theorie und um das Cauchysche Anfangswertproblem bei Involutionssystemen aus allgemeinen (impliziten) partiellen Differentialgleichungen erster Ordnung. Die Abweiehungen yon der klassischen Theorie beginnen bei der Definition der Jacobisehen eckigen Klammer, wodurch auch der Begriff des Involutionssystems eine Abs erfihrt. Jedem allgemeinen System wird ein charakteristisches System zugeordnet. Das ist ein autonomes Pfaffsches System, dessen Gestalt der des fiblichen charakteristischen Systems zu einem expliziten System nachgebildet ist (was auf einen Zusatzterm bei der sogenannten Streifenbedingung hinausl~iuft). Das so erkl~rte charakteristische System erftillt die Integrabilititsbedingnangen genau dann, wenn das zugehSrende allgemeine System in unserem Sinne ein Involutionssystem ist. Daher kann man die Charakteristikentheorie sofort bei allgemeinen (impliziten) In- volutionssystemen aufbauen. Der vorangehende, ira allgemeinen nur lokal ausfiihr- bare ~bergang zu einem/~quivalenten expliziten System kann fortfallen. Auf der Grundlage der Charakteristikentheorie behandeln wit alsdann das Cauchy- sche Anfangswertproblem bei Involutionssystemen. Wir erhalten den Existenz- und Eindeutigkeitssatz ffir zweimal stetig differenzierbare LSsungen in globaler Fassung in dem Sinne, dal3 die Anfangsmannigfaltigkeit in ihrem globalen Verlauf nicht durch Bedingungen lokaler Art, wie etwa die Existenz einer einheitlichen Parameterdarstel- lung, eingeschrinkt wird. Wir verwenden hierzu den in Abschnitt 5 aufgesteUten Fortsetzbarkeitssatz ftir topologische Abbildungen, der auch fiir sich yon Interesse sein d~iffte. Im letzten Abschnitt, tier mehr als Anhang zu betraehten ist, behandeln wir" kurz die Ausdehnung des Existenz- und Eindeutigkeitssatzes auf die vollst~ndigen Systeme. 1. kutonome Plaffsehe Systeme. Die Punkte des reellen Zahlenraumes Rn werden mit x = (xl .... , xn) bezeichnet. Es sei E ein Gebiet des Rn. Wit betrachten auf E stetige Vektorfunktionen [ = ([1 .... , [n). ~u ordnen jedem Paar yon stetig differen-

Zur Theorie der partiellen Differentialgleichungen erster Ordnung

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2 5 2 ARCH. MATH.

Z u r T h e o r i e d e r p a r t i e l l e n Diiferentialgleichungen erster O r d n u n g

Herrn HER~I3,~N SCHI~IIDT zum 60. Geburtstag gewidmet

Von

Hv.i~z K6.~'Io

Im Sommersemester 1961 habe ich in einer Vorlesung an der Teehnischen Hoch- schule Aachen die Theorie der partiellen Differentialgleichungen erster Ordnung in einer yon dem klassischen Aufbau, wie er etwa in CARATa~ODORY [1] und in KA.~KE [2] zU finden ist, abweichenden Darstellung vorgetragen. In der vorliegenden Arbeit soll hieriiber berichtet werden. Es handelt sich vor allem um die Charakteristiken- theorie und um das Cauchysche Anfangswertproblem bei Involutionssystemen aus allgemeinen (impliziten) partiellen Differentialgleichungen erster Ordnung.

Die Abweiehungen yon der klassischen Theorie beginnen bei der Definition der Jacobisehen eckigen Klammer, wodurch auch der Begriff des Involutionssystems eine Abs erfihrt . Jedem allgemeinen System wird ein charakteristisches System zugeordnet. Das ist ein autonomes Pfaffsches System, dessen Gestalt der des fiblichen charakteristischen Systems zu einem expliziten System nachgebildet ist (was auf einen Zusatzterm bei der sogenannten Streifenbedingung hinausl~iuft). Das so erkl~rte charakteristische System erftillt die Integrabilititsbedingnangen genau dann, wenn das zugehSrende allgemeine System in unserem Sinne ein Involutionssystem ist. Daher kann man die Charakteristikentheorie sofort bei allgemeinen (impliziten) In- volutionssystemen aufbauen. Der vorangehende, ira allgemeinen nur lokal ausfiihr- bare ~bergang zu einem/~quivalenten expliziten System kann fortfallen.

Auf der Grundlage der Charakteristikentheorie behandeln wit alsdann das Cauchy- sche Anfangswertproblem bei Involutionssystemen. Wir erhalten den Existenz- und Eindeutigkeitssatz ffir zweimal stetig differenzierbare LSsungen in globaler Fassung in dem Sinne, dal3 die Anfangsmannigfaltigkeit in ihrem globalen Verlauf nicht durch Bedingungen lokaler Art, wie etwa die Existenz einer einheitlichen Parameterdarstel- lung, eingeschrinkt wird. Wir verwenden hierzu den in Abschnitt 5 aufgesteUten Fortsetzbarkeitssatz ftir topologische Abbildungen, der auch fiir sich yon Interesse sein d~iffte.

Im letzten Abschnitt, tier mehr als Anhang zu betraehten ist, behandeln wir" kurz die Ausdehnung des Existenz- und Eindeutigkeitssatzes auf die vollst~ndigen Systeme.

1. kutonome Plaffsehe Systeme. Die Punkte des reellen Zahlenraumes Rn werden mit x = (xl . . . . , xn) bezeichnet. Es sei E ein Gebiet des Rn. Wit betrachten auf E stetige Vektorfunktionen [ = ([1 . . . . , [n). ~u ordnen jedem Paar yon stetig differen-

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Vol. XIV, 1963 Partielle Differentialgleichungen erster 0rdnung 253

zierbaren Vektorfunkt ionen f, g a u f E die Klammer n

af if, g) = ~ (~_~ g~ _ ag~ /~)

i = 1

zu. (f, g) ist eine stetige Vektorfunkt ion a u f E. Wir haben (1, g) ~ (g,/) = O. Es seien ]~ (~r = 1 . . . . , r) stetig differenzierbare Vektorfunkt ionen auf E. Wir be-

t rachten das zugehSrende au tonome Pfaffsche System az

(PS) at~ - / ~ (z) (~ = 1 . . . . . r).

Das System (PS) heiBt auflSsbar, wenn alle Klammern (/%/z) (~, fl = 1 . . . . , r) auf E verschwinden.

Unter einer L5sung des Systems (PS) verstehen wir eine stetig differenzierbare Vektorfunkt ion ~ = (z91 . . . . , 9n ) auf einem Gebiet A des R r mit v ~ (t) �9 E und

aO at--~ (t) = / ~ ( 0 ( t ) ) (~ = 1 . . . . . r) fiir alle t = (tl . . . . ,tr) e A .

Bei festem T e R r i s t dann t -> v~ (t ~ T) eine LSsung auf A - - T. Werm zu jedem �9 E eine LSsung v~ existiert, die in einem Punkte T �9 A den Wer t v~(T) = 2 an-

nimmt, darm ist das System (PS) auflSsbar. Unte r einer Stern-LSsung verstehen wir eine LSsung v ~ des Systems (PS), deren

Definitionsgebiet A den Nul lpunkt 0 des /~r enth~lt und ein Stern-Gebiet in bezug au f 0 ist. Nach dem Satz von Zog~- l~Bt sich jede Stern-LSsung 0 zu einer maximalen Stern-LSsung fortsetzen. Wir haben den folgenden bekannten Satz.

Satz 1. Das System (PS) sei auflSsbar. Dann existiert zu jedem ~ �9 E genau eine maximale Stern-LSsung

v~:O(t)=O(t, 2) au/ A(2),

die im Nullpunkt den Weft ~ ( 0 ) = 0(0 , 2 ) = ~ annimmt. Der Definitiows'bereich B = ((t, 2) : 2 �9 E, t e A (2)} der Velctor]untction 0 ist ein Gebiet des R ~+n. Ferner ist (0 au/ B stetig di]erenzierbar.

Wir nennen die Vektorfunkt ion O die allgemeine LSsung des Systems (PS). Der vorstehende Satz 1 l~tBt sich nach ADOLeH M.~YER [4] au f die Hauptsi i tze der Theorie der gewShnlichen Differentialgleichungen zurfickffihren. Hierzu ski auf K~MKE [3] Kapi te l I I I verwiesen. Wi t formulieren den wesentlichen P u n k t in dem folgenden Zusatz.

Zusatz. Es sei ~ �9 E u n d c = (cl . . . . . cr) �9 R r. Dann i.st die stetig di~erenzierbare Vektor/unktion

Z: Z(s) = O(sc, ~) fiir alle reellen s mit sc �9 A (~),

die au/ einem o~enen Intervall um dsn Nullpunkt der Zahlengeraden erkldrt ist, die eindeutig bestimmte maximale L6sung des gew6hnlichen Systems

ds -- Ca/~ (X)

mit dem An/angswert Z (0) = ~.

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254 H. KSsm Aac~. ~Tn.

2. Jacobische ]~lammern. Die Punk te des R 2n+1 werden nebeneinander mi t z = = (zo, zl . . . . . z2n) und mit z ---- (u, x, y) ~- (u, xl . . . . . xn, Yl . . . . . y~) bezeichnet. Es sei E ein Gebiet des R 2n§ Wi t ordnen jeder stetig differenzierbaren Funk t ion F auf E den Jaeobisehen Gradienten

Jae F = (F0, F1 . . . . . F2n) mit den Komponen ten

(F1, .. F n ) = ( aF aF) �9 ' a y l ' ' " ' O y n '

( aF aF aF OF) (Fn+l . . . . . F2n) ---- - - ~ - - Y l -~ - , . -- , 0z~ Y n - ~ - ,

Fo ~ OF ---- Yi ~y~ - - F i = 1

zu. Jac F i s t eine stetige Vektorfunkt ion auf E. Wit haben J ac F ---- 0 genau dann, wenn F ---- 0 ist.

Wi t ordnen ferner jedem Paa r yon stetig differenzierbaren Funkt ionen F, G au f E die modifizierte Jacobische Klammer

aF~ 0e 0G aG ~ 0F~ 0G OF / ((aF ( (F i = 1 2n oo

OF F 0 G <grad F, J ac G) + F 0u

k = O

zu. [F, G] ist eine stetige Funk t ion a u f E . Wir haben [F, G] -+- [G, F] ---- 0. Die naeh- stehenden Aussagen lassen sich durch direkte Rechnung best/itigen.

Satz 2. Es seien F, G zweimal stetig di~erenzierbare Funktionen au/ E. Dann ist

Jac [F, G] ---- (Jac F, J ac G).

Satz 3 (Jacobische Identit/~t). Es seien 2", G, H zweimal stetifl di~erenzierbare Funk- tionen au/ JE. Dann ist

[[F, G], H] - - [[G, HI, F] + [[H, F] , G] = 0.

3. s Systeme. Es sei E ein Gebiet des R un+l. Ein System yon stetig differenzierbaren Funkt ionen H a (a = 1 . . . . . r) auf E heii3t ein Involut ionssystem, wenn alle Jacobischen Klammern [H a, H~] (~, fl ---- 1, . . . , r) auf E verschwinden. Wir haben die H : (a = 1, . . . , r) im folgenden als zweimal stetig differenzierbare Funk- t ionen auf E vorauszusetzen. Unte r dem zugehSrenden charakterist ischen System verstehen wir das autonome Pfaffsche System

az (CS) at~ ~- J a c H a(z) (~---- 1 , . . . , r ) .

Die rechten Seiten sind stetig differenzierbare Vektorfunkt ionen au f E. Das charak- teristisehe System (CS) ist naeh Satz 2 genau dann auflSsbar, wenn die Funk t ionen

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H = (r162 = 1 . . . . . r) ein Involu t ionssys tem bilden. Das werden wit im folgenden voraus- setzen.

Die LSsungen v ~ des charakterist isehen Systems (CS) werden Charakterist iken ge- nannt . Sie werden zumeist mit vq = (2, ~, ~) ----- (2, ~1 . . . . . ~ , ~vl . . . . , ~n) bezeichnet. Wir nennen ~ = (W1 . . . . . ~,t) die zur Charakterist ik vq gehSrende Gmndeharakter is t ik .

Wi r bet rachten die allgemeine LSsung

69 = (A, qb, ~ ) : 6)(t ,~) =- ( A (t, ~o,~, ~), q ) ( t , w , ~ , rl), ~ ( t , w , ~ , ~ 7 ) )

auf B: ,~ = (o~,~, ~7)eE, t e A ( ~ ) = A ( w , ~ , ~ )

des eharakteristisehen Systems (CS). Bei f e s ~ m t e R r i s t ~ ~ (9 (t, r eine s~ t ig differenzierbare Abbi ldung der offenen Purrktmenge

Et = {C �9 E : (t, C) e B } = {C �9 E : t �9 A(C)} c E

in E. Wir zeigen, dal3 die Abbi ldung $ ---> (9 (t, ~) eine Berf ihrungstransformation ist. Das ist der Inha l t der im unten folgenden Satz 5 formulierten Cauchyschen Relat ionen.

Wi r haben auf B

a aH~ a aH~ O[H=,H~],O . . . . . att~ au ( O ( t ' r at~ au ( O ( t , r ~u t ( t , r ( ~ , f l = l r).

Wi t bilden au f B die stetig differenzierbare Funkt ion

0//~ - K:K(t,~)=exp - - ( O ( v , ~ ) ) d v ~ = e x p - - t~--~-u ( O ( s t , ~ ) ) d s . 0 c t = l 0 r

Dann bestehen die Relat ionen

OK (t, ~) q- aH~ at= --~-u ( O ( t , ~ ) ) K ( t , ~ ) = O ( ~ = 1 . . . . , r ) a u f B .

Ferner ist K (0, ,~)= 1 und K (t, r 0 au f B. Es sei nun v eine der in t, ,~ auf t re tenden Variablen. Da die partiellen Ablei~mgen

ao oo azo u n d at= ' av at=Or

auf B existieren und s ~ t i g sind, davon die le tz tgenannten au f Grund des eharakte- ristisehen Systems, existieren au f B aueh die partiellen Ablei tungen

azO ~20 azO av at= , und es ist av at= -- at= av (~ = 1 . . . . . r) .

Daher ist die Funkt ion

OA aq~ t ~ ) > R : R ( t , ~) = - - ~ - (t, ~,) - - < W ( t , ~), -~v ( ,

auf B stetig partiell differenzierbar nach den ta (~ = 1 . . . . , r). Au f Grund der ersten n + 1 Gleiehungen des eharakterist isehen Systems haben wit au f B

at----~ (t, C) - - T(t ,C), ~ (t, ~) = - - H : , ( O ( t , ~ ) ) (~ = 1 . . . . . r).

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256 H. KS.~m AaCH. ~AT~.

W e n n wir diese Gleichungen nach v par t ie l l differenzieren und au f der reehten Seite das charak te r i s t i sche Sys tem berficksichtigen, dann erha l ten wir

Hie raus f o l ~

Es is t abe r

OR (t, ~,) + aH~ at~ ~ (0 (t, ~)) R (t, ~) = 0

R (t, ~) = K (t, ~) R (0, ~) auf B .

( ~ = 1 . . . . , r ) au f B.

W i r haben dahe r die naehs tehenden Aussagen.

Satz 4. Au] B gelten die Relationen

or---2 ( t , ~ , ) - T ( t , g ) , N - 2 ( t , ~ , ) = - - H ~ ( O ( t , r = - - K ( t , g ) H ~ ( ~ ) (~. = 1 , . . . , r ) .

Satz 5. Au[ B gelten die Relationen

OA (t,r - - T( t ,~) , y-~ (t,~) -= K( t , r Ow

OA ( t , r ~ V ( t . ~ ) , ~ ( t , ~ ) ---- - - K (t, r ~i ( i = ] . . . n) ,

< oo > 0A ( t , ,~)-- T ( t , ~ ) , ~ ( t , ~ ) =- 0 ( i ~ - ] . . . n) . ~ ' ,

Bei festem t ~ R r is t also

dA( t , ~) -- <T(t , ~): dqb(t, ~)) = K( t , ~) (d(o - - <7, d~:)) auf E t .

4. Allgemeine Systeme. Es sei E ein Gebie t des R 2"+1. Es seien H ~ (:r = 1 . . . . . r) s te t ige F u n k t i o n e n au f E. W i r be t r aeh t en das zugehSrende al lgemeine Sys tem

(AS) H~(u, x, grad u) = 0 (:r = 1, . . . , r) .

Un te r e iner LSsung des Systems (AS) vers tehen wi t eine s te t ig differenzierbare F u n k - t ion F au f einem Gebie t U des R" mi t (F(x), x, grad F(x)) e E und

H a ( F ( x ) , x , g r a d F ( x ) ) = O ( ~ = 1 . . . . . r) f f i r a l l e x � 9

Die F u n k t i o n e n H~ (:r = 1, . . . , r) seien s te t ig differenzierbar au f E. D a n n ist j ede zweimal s te t ig differenzierbare Lbsung F des Sys tems (AS) eine LSsung des Sys tems

[H% Ha] (u, x, grad u) = 0 (~, fl = 1 . . . . , r ) .

Wir setzen inn folgenden voraus, dal~ die Funk t ionen H ~ (:r = 1, . . . , r) au f E zweimal s te t ig dif ferenzierbar s ind und ein Invo lu t ions sys t em bi lden.

: Der un ten folgende Satz 6 sagt aus, dai3 jede zweimal s te t ig differenzierbare LSsung F des Sys tems (AS) aus Charak te r i s t iken des Invo lu t ions sys t ems H ~ (a. = 1 . . . . . r)

R(0, ~) = - - H ~ (~) im F a l l e v = t~ (~. = 1 . . . . . r),

R(0, ~) = 1 im Fa l le v = co,

R (0, ~) = - - z)i ira F a l l e v -~ ~ (i = 1 . . . . . n) ,

R(0, ~) = 0 im F a l l e v = zli (i = 1 . . . . . n) .

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aufgebaut ist. Wir stellen ein Lemma voran, das in Verbindung mit Satz 1 sofort die behauptete Aussage liefert.

Lemma. Es sei F eine zweimal stetig differenzierbare L6s'ung des Systems (AS) au] U. Dann ist das au/ U erkldrte autonome P/a~sche System

az (aHr 0Hr (.F(x),x, gTadF(x)) (ar l . . . . . r)

8t~-- 8yl ' ' " ' 8yn

au/15sbar. Es sei q~ eine L6sung dieses Pja~schen Systern,~ und

X: A(t) ---- F(q~(t)), ~ : ~v(t) ---- grad F(q~(t)) a u / A .

Dann ist die stetig di~erenzierbare Vektorjunktion z$ = (2,, q), ~) a n / A eine Charakte- ristik.

Die rechten Seiten des zu betrachtenden autonomen Pfaffschen Systems sind stetig differenzierbare Vektorfunkt ionen/~ (~. ---- 1 . . . . , r) auf U. Eine einfache Zwischen- rechnung unter Verwendung der Voraussetzungen fiber die Funktion F liefert auf U

(/~, l~)(x) = (a[H~H~] a E H ~ ' - H z ] ' ~ ( F ( x ) , x , g ' r a d F ( x ) ) = 0 (~ , f l = i , r) . . . . . ay~ ] . . . . .

Das ist die erste Behauptung. Die zweite Behauptung l~Bt sich durch direkte Rech- nung best/itigen.

Satz 6. Es sei 2" eine zweimal stetig di~erenzierbare LSsung des Systems (AS) au[ U. Es sei v q = (~, % v2) eine Charakteristik au/ A, und die Grundcharakteristik q) verlau/e in U. Wenn die Relationen

F(q~(t)) = ~(t), grad F(q:(t)) = v2(t )

in einem Punkte von A bestehen, dann gelten sie in allen Punkten t e A.

Wir wenden uns nun den Vorbereitungen zur LSsung des Cauchyschen Anfangs- wertproblems fiir das allgemeine System (AS) zu.

5. Abbildungen auf metrischen R~iumen.

Lemma. Es sei M ein metrischer Raum und T eine Teilmenge von M. Jedem x s T sei eine Umgebung U (x) zugeordnet. Dann kann man jedem x ~ T eine Umgebung V (x) c U (x) zuordnen, so daft gilt: Im Falle

V(x) n V ( y ) . O /iir x, y e T

besteht mindestens eine der Relationen

V (x) L) V (y) c U (x), V (x) u V (y) ~ U (y).

Es sei D die auf M erkl~rte Metrik. Zu jedem x ~ T existiert ein c~ (x) > 0 mit {z :D(x ,z ) < 6(x)} c U(x). Wir setzen

1 V(x) = {z:D(x ,z) < - ~ ( x ) } .

Man erkennt sofort, dab die so erkl~rten Umgebungen V (x) das Verlangte leisten.

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258 H. KSmc AaCH. MATS.

Satz 7. Es seien M, N metrische Rtiume und q5 eine Abbildung yon M in N. Ferner sei T eine Teilmenge yon M. Wir setzen voraus

(i) ~ ist au/ T topologisch; (ii) zu jedem x e T existiert eine Umgebung U (x), so daft q5 au/ U (x) topologisch und

�9 (U(x)) oOen ist. Dann existiert eine Umffebung U von T, so daft q5 au] U topologisch und qS(U) obqen ist.

W'ir setzen H = [,.J U (x).

z E T

Nach (ii) ist r auf H stetig. Ferner hat jede offene Teilmenge A yon H e i n e oftene Bfldmenge ~5(A). Denn ~4r haben

A = U A : ~ V(x), O ( A ) = U O ( A : ~ U(x)), xeT zeT

und qb(A ~ U(x)) ist naeh (ii) often. Wenn daher ~b auf einer oftenen Teilmenge U yon H umkehrbar eindeutig ist, dann ist r auf U topologiseh. Wit versehaffen uns nun in drei Sehritten eine in H enthaltene Umgebung U yon T, auf der r umkehrbar eindeutig ist.

Erster Schritt: Wit ordnen naeh dem vorstehenden Lemma jedem x e T eine Um- gebung V (x) c U (x) zu.

Zweiter Schritt: Zu jedem x e T existiert eine Umgebung W (x) c V (x) mit

qS(W (x)) :~ qS(T) = qS(V (z) n T).

Es ist n~mlich V (x) (~ T eine Relat iv-Umgebung yon x auf T. Nach (i) ist daher r ( V (x) n T) eine Relat iv-Umgebung yon r (x) auf r (T). ])as bedeutet

r :~ T) ---- B n r ~- B :~ qS(V(x)) n r

worin B eine Umgebung yon r ist. Daher ist B :~ qS(V(x)) eine in r und damit in ~5 (U (x)) enthaltene Umgebung yon ~5 (x). Naeh (ii) erhalten wir

B (~ cP(V(x)) = r

worin W (x) eine in V (x) enthaltene Umgebung yon x ist. Die Umgebung W (z) leistet das Verlangte.

Drit ter Schritt: Wit ordnen jedem x e T eine Umgebung R(x) c W(x) zu, so dab im Falle

r :~ qS(R(y)) ~: 0 ffir x, y e T

mindestens eine der Relationen

qS(R(x)) w qS(R(y)) c ~b(W(x)), qS(R(x)) w qS(R(y)) c r (y))

besteht. Hierzu wenden wit das Lemma auf die Teilmenge r des Raumes N und die Umgebungen ~b (W (x)) der Punkte r (x) yon ~5 (T) an. ~rir erhalten zu j edem ~5 (x) eine Umgebung /~(x)c qS(W(x)). Nach (ii) ist B(x) = r worin R(x) eine in W (x) enthaltene Umgebung yon x e T ist.

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Vol. XIV, 1963 Partielle Differentialgleichungen erster Ordnung 259

Wir bet rachten nun die in H enthaltene Umgebung

v = U R(=) x E T

von T. Wir zeigen, dab r au f U umkehrbar eindeutig ist. Es sei

q~(p)=qb(q) ffir p, q e U : p e R ( x ) , q e R ( y ) mi t x, y e T .

Darm ist ~5(R(x)) n r ~. 0 und daher

qb(R(x)) u r c ~b(W(a)),

worin a ~ x oder a ---- y ist. Insbesondere haben wir

~b(x), ~ (y ) c ~b(W(a)) (~ r ~-- qb(V(a) n T)

mad daher x, y e V (a), weil ~b nach (i) au f T umkehrbar eindeutig ist. Hiernach ist V (x) n V (y) r 0 und daher V (x) w V (y) c U (z), worin z ~- x oder z ---- y ist. Ins- besondere ist /9, q e U (z) und daher p = q, weft r nach (ii) auf U (z) nmkehrbar ein- deut ig ist. Dami t ist der Satz bewiesen.

6. Abbildungen auI glatten Manni~alt igkeiten. Wir stellen zuerst die im folgenden benStigten einfachen Tatsachen aus der Theorie der gla t ten Mannigfaltigkeiten des R n zusammen.

Eine Punk tmenge F des R n heiBt eine p-climensionale glatte Fl~che (/9 = 1 . . . . . n - - 1), werm eine topologische Abbi ldung ~0 : U --> F einer offenen Punk tmenge U des Rp au f F existiert, die auf U stetig differenzierbar ist und deren Funkt iona lmat r ix

D q~ : D ~ (u) = ~ (u) . . . . . aup (u)

in jedem Punk-~ u e U vom Range p ist. Jede solche Abbildung T : U --> F heiBt eine glat te Parameterdars te l lung yon F . Wenn ~ : U--> F u n d ~v: V--> F glat te Parameterdars teUungen yon F sind, dann existiert eine topolo~sche und mi t samt ihrer Inversen stetig differenzierbare Abbi ldung a : U --> V, so dab

~0(u) = ~ ( ~ ( u ) ) ffir alle u e U .

Es sei x e F und x = q) (u) = ~v (v) mi t u ~ U, v �9 V. Dann sparmen die Vektoren

0ux (u) . . . . . Ou T (u) und ~ ( v ) . . . . . 0v~ (v)

denselben p-dimensionalen linearen Teilraum des R n auf. Diesen Teilraum nennen wir den Tangent ia l raum T (F, x) der p-dimensionalen gla t ten Fl~che F i m Punk te x.

Eine Punk tmenge S des /tn heiBt eine p-dimensionale glatte Marmigfaltigkeit (p ~- 1 . . . . . n - - 1), wenn zu jedem x e S eine Umgebung A (x) existiert, derar t dub S f~ A (x) eine p-climensionale glatte Fl~che ist. Hiernach ist jede p-dimensionale glat te Fl~che F eine p-dimensionale glatte Mannigfaltigkeit. Eine p-climensionale glat te Mannigfaltigkeit S ist aber im allgemeinen keine p-dimensionale glat te Fl~che. Das ist insbesondere immer dann der Fail, wenn S kompak t ist. Eine Teilmenge T yon S ist eine p-dimensionale glat te Mannigfaltigkeit genau dann, wenn sie als Durch- schnit t T ----- S (~ A yon S mi t einer offenen Punk tmenge A des Rn darstel lbar ist.

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2 6 0 H. K6NIG ARCH. MATH.

Unter dem Tangent ia l raum T ( S , x) einer p-dimensionalen gla t ten Manni~o~altig- keit S im Punk t e x e S vers tehen wir den gemeinsamen Tangen t i a l r aum T (F, x) aller den P u n k t x enthal tenden p-dimensionalen gla t ten Fls F c S.

Eine Funk t ion / auf S hei6t stet ig differenzierbar, wenn zu jedem x e S e i n e Um- gebung A (x) und eine gla t te Paramete rdars te l lung ~ : U (x) -> S r~ A (x) existiert , so dal~ die Funk t ion

/•: ]~(u) = / ( ~ ( u ) ) fiir u �9 U(x)

auf U (x) s tet ig differenzierbar ist. Dann existiert au f S e i n e eindeutig bes t immte stetige Tangen t ia lvek tor funk t ion

G : G (x) ---- grad s / (x) e T (S, x) ftir x �9 S

mi t der Eigenschaf t : Wenn ~ irgendeine stet ig differenzierbare Abbi ldung einer offenen P u n k t m e n g e U des R m in S ist, dann ist die Funk t ion

] r162 =/(q)(u)) fiir u �9 U

auf U stet ig differenzierbar, und es ist

~ ( Ou, ( u ) = ~ a d s l ( ~ ( u ) ) , (u) f i i r u � 9 0 ' = 1 . . . . . m).

Wir nennen G = grads/ den Fl~chengradienten der Funkt.ion / au f S. Wenn ins- besondere / au f einer Umgebung von S definiert und stet ig differenzierbar ist, dann ist / auf S stet ig differenzierbar, und in jedem Punk t e x �9 S ist die Differenz grad ] (x) - - ~oTad s ] (x) or thogonal zum Tangen t i a l raum T (S, x).

Wir lciten nun aus Satz 7 das nachstehende Ergebnis her, dessen Formul ierung bereits au f die Anwendung im folgenden Abschni t t zugeschni t ten ist.

Satz 8. Es sei S eine ( n - r)-dimensionale glatte Mannig/al t ig~i t des R n (r = l , . . . , n - - 1) und M eine relativ-obqene Teilmenge you R r • S mit

{(0, x) : x e S} c M .

Ferner sei r (t, x) ---> ~b (t, x) eine stetig di.~erenzierbare Abbildung yon M in den R n. Wi t selzen in allen x �9 S voraus (i) r (0, x) = x;

(fi) die Vel~orer~ ~ (0, x) (:~ = 1 . . . . . r) sind linear unabMi~i 9 iib~r T (S, x).

Dann existiert eine relativ-or3ene Teilmer~je D yon M yon der _Form

D = { ( t , x / : x � 9 [t I < 5 ( x / } mit 0 ( x / > 0 a u / S ,

so daft ~ die Teilme~je D topologisch au[ eine Umgebung U yon S abbildet und die in- verse Abbildung ~ -1 auf U stetig dirJerenderbar ist.

Wir setzen T = {(0, x) : x e S}. D a n n ist die V o r a ~ s e t z u n g (i) in Satz 7 eff/illt. Wir zeigen, dag aueh die Voraussetzung (ii) erftillt ist. Wi t bes t immen zu jedem x �9 S e i n e Umgebung A (x) und eine Nul lumgebung P (x) d e s / ~ , so dal3

P ( x ) x (S r~ A (x)) �9 M

und S r~ A (x) ~- F(x) eine (n -- r)-dimensionale gla t te Fl&che ist. Es sei t9 : D(x) -+ --> F (x) eine gla t te Paramete rdars te l lung yon F (x). D (x) ist eine offene P u n k t m e n g e

Page 10: Zur Theorie der partiellen Differentialgleichungen erster Ordnung

Vol. XIV, 1963 Partielle Differentialgleichungen erster Ordnung 261

des R n-r. Wir k6nnen 0 e D(z) und va(0) = x annehmen. D a n n ist P(x) x D(z) eine Nul lumgebung des R n und (9: (t, u)--> (t, vq(u)) eine topologische und stet ig dif- ferenzierbare Abbfldung yon P (x) x D (x) auf P (x) x F (x) c M. Wit be t r ach ten die stet ig differenzierbare Abbi ldung

~- r (t, u) --> cp(t, u) = qS(t, ~(u))

yon P(x) x D(x) in den Rn. Naeh (i) haben wit

~(0, u) = r v~(u)) = zg(u) fiir u e D ( x ) , ~(0, O) ---- x.

Xach (ii) ist die Funk t iona lde t e rminan te

Jq:(O, 0 ) = det ~ (0,0), . . . , -~7 (0, 0), (0,0), ' " Oun-r (0,0)

= net ~ (0, x) . . . . . at, (0, z), ~ (0) . . . . . au~_, (0)

yon Null verschieden. Daher exist ieren eine Nul lumgebung P - ( x ) c P(x) des R rund eine Nul lumgebung D - (x) c D (x) des R n-r, so dab ~ die P roduk tmenge P - (x) X D - (x) topo lo~sch auf eine U m g e b u n g U (x) des Punktes ~o (0, 0) = x abbi ldet und die in- verse Abbi ldung ~-1 auf U (x) s tet ig differenzierbar ist. Wir haben nun

: D - (x) -> F - (x), 0 : P - (x) x D - (x) -~ P - (x) • F - (x),

worin F-(x) eine ( n - r)-dimensionate gla t te Teilfl~che von F(x) ist. Dahe r ist P-(x ) x F - ( x ) eine in M relat iv-offene Teilmenge yon P ( x ) • und es ist (0, x) e P - (x) x F - (x). Ferner bfldet ~b = ~ o (9-t die Teflmenge P - (x) X F - (x) topologisch auf U (x) ab, und die inverse Abbfldung q5-1 _-- (9 o ~-1 ist au f U (x) stet ig differenzierbar.

Nach Satz 7 exist iert daher eine relativ-offene Tei lmenge D ' von M mi t

T c D ' c I~J P - (x) x F - (x), x e S

die bei der Abbfldung q5 topologisch auf eine Umgebung U' yon S abgebi ldet wird. Nach dem Vorangehenden ist die inverse Abbi ldung r auf U' stet ig differenzierbar. Wi t setzen nun

(3(x) ---- Sup {~. > O: aus l t[ < cz folgt (t, x) e D'} fiir x e S.

Wi t haben dann T e D = { ( T , x ) : x e S , It[ < 6 ( x ) ) c D ' .

Man e rkennt ferner die Rela t ion

(x) ~ lim inf ~ (z) fiir x e S.

Hiernach ist D relativ-offen in R r x S und daher relativ-offen in M und in D' . Wir setzen U = r (D). D a n n leisten D und U das Ve r l an~e .

Zusatz. Es sei V eine Umgebung yon S. Dann kann man D so wiihlen, daft U in V enthalten ist.

Denn wegen der Stet igkei t der Abbi ldung r kann m a n yon vornherein annehmen, dab ~b (M) in V entha l ten ist.

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262 H. KSma ARCm MATIn

7. Das Cauehysche Aniangswertproblem. Es sei E ein Gebiet des /~2n+1. Es seien H ~ (:r ---- 1 . . . . . r) zweimal stetig diiferenzierbare Funkt ionen auf E, die ein In- volut ionssystem bilden (r--~ 1 . . . . . n - 1). Wit bet rachten das zugehSrende all- gemeine System

(AS) H ~ (u, x, grad u) ---- 0 (:r ---- 1 . . . . . r)

und beweisen fiber das Cauchysche Anfangswertproblem den nachstehenden Existenz- und Eindeutigkeitssatz.

Satz 9. Es sei S e i n e zusammenhdngende (n - - r)-dimensionale glatte Mannig]altig- keit des R n. Ferner s e i / eine stetig di~erenzierbare Funkt ion und P eine stetig di~eren. zierbare Ve]ctor/unk, tion au/ S. W i t setzen in allen x ~ S voraus

(i) (/(x), x, P(x) ) e E ;

(ii) Hct(/(x), x, P(x) ) = 0 (o~ = 1 . . . . . r);

(iii) P (x) - - grads / (x) ist orthogonal zu T (S, x);

( a H ~ aH ~ (iv) die Vektoren Oyl ' "'" ' ~y~ )(/(x)' x, P(x) ) (~ = 1 . . . . . r)

sind linear unabh~ngig i2ber T (S, x). Dann existiert eine zusammenhdngende Umgebung U von S, derart daft das System (AS) au] U genau eine zweimal stetig di~erenzierbare LSsung t ' mit den An/angswerten

2' (x) = f (x), grad F (x) = P (x) /iir alle x ~ S besitzt.

Zusatz. Es sei V eine Umgebung von S. Dann kann man erreichen, daft U in V ent- halten ist.

Wit verschaffen uns zuerst eine passende zusammenh~ngende Umgebung U yon S. Es bestehe M aus allen (t, ~) e R r • S mit (t,/(~), ~, P(~)) e B. Darm 1st M als Urbild yon B bei der stetigen Abbildung (t, ~) -+ (t,/(~), ~, P(~)) yon R r • S in den R r+2=+l eine relativ-offene Teilmenge yon /~r • S. Nach (i) haben wit (0, ~ ) e M ffir alle

e S. Wir bet rachten die stetig differenzierbare Abbfldung

q~ : (t, ~:) --> q~(t, ~) ---- ~b(t, 1(~), ~, P(~))

yon M in den R". Wir haben q~ (0, ~) = ~ und

a__f_~ (0,~) = - - (/(~),~:,P(~,)) (~ = 1 . . . r) f ~ ~ e S , ~t~ ayl ' " " ~y~ " " '

nach (iv) sind also die Voraussetzungen in Satz 8 erffillt. Daher existiert eine relativ- offene Teilmenge D yon M yon der Fo rm

D = { ( t , ~ ) : ~ e S , It] < (~(~)} mit J ( ~ ) > 0 a u f S ,

so dab ~ die Teilmenge D topologisch auf eine Umgebung U yon S abbildet und die inverse Abbildung ~-1 auf U stetig differenzierbar ist. Aus dem Zusammenhang yon S folgt tier Zusammenhang yon U. Wir zeigen, dal~ die Umgebung U das Verlangte leistet.

Page 12: Zur Theorie der partiellen Differentialgleichungen erster Ordnung

Vol. XIV, 1963 Partielle Differentialgleichungen erster Ordnung 263

Wir beweisen zuerst die Eindeutigkeitsaussage des Satzes. Es sei F auf U eine zweimal stetig differenzierbare L5sung des Systems (AS) mit den vorgesehriebenen Anfangswerten auf S. Bei festem 2 e S ist

~9:~9(t)=O(t,/(2),2, P(2)) in Itl <6(2)

eine Charakteristik mit in U verlaufender Grundcharakteristik. Die Relationen

F( r 2, P(2))) ---- A(t, f{2), 2, P(2)),

gradF(qS(t,/(2), 2, P(2))) = kV(t, ](2), 2, P(2))

gelten nach Voraussetzung im Punkte t ---- 0 und daher nach Satz 6 in allen Punkten t mit ] t I < 6 (2), also in allen 17hmkten {t, 2) e D. Nach der ersten Relation ist die Funlction F auf U eindeutig bestimmt.

Wir gehen nun an den Beweis der Existenzaussage. Wir sehreiben hierzu die in- verse Abbildung ~-1: U - + D in der Form

~9 - 1 : ( T , O ' ) : X - - - > ~ - I ( x ) : (t, 2 ) : (T (X), O" (X) ) ftir x e U .

Darm ist also x = ~(z(x), a(x)) oder

(1) x = ~bCv(x),/(a(x)), a(x), P(a(x))) fox x e U.

Wir definieren die Funktion F auf U durch die Relation

F(q~(t,/(2),2, P(2)) = A(t,/(2),2, P(2)) fOx ( t ,~)zD,

(2) F (z ) = A(~(x),/(,~(x)), a(x), P(a(x))) fOx z e U.

Hiernach ist F auf U stetig differenzierbar. Wi t beweisen die Relation

grad F (~5 (t, / (~), .~, P (~)) = ~(t , / (~), 2, P (2)) ffir (t, $) e D,

(3) gradF(x)= T('~(x),/(a(x)),a(x),P(a(x))) ffir x e U .

Aus (2) erhalten wit dureh partieUe Differentiation nach x~ (i = 1 . . . . . n)

OF ~ . aA av~ ax~ (x) = ~ ~ (t, / (~), ~, P (~)) ~ (x) +

Ot~l

aA ao (x) ) + ~ (t,/(2), 2, e(2)) (gTads/(~), +

+ ~ . ] aA O*k ~7 (t, / (~), 2, P (2)) ~ (x) +

k = l

~aA ( Oa> + ~ (t,/(2), 2, P(2)) ~ a d s Pk (~), ~ (x) auf U.

Wir differenzieren ebenso (1) partiell nach xt, multiplizieren hernach skalar mit T(t,/(2), 2, P (~)), subtrahieren das Ergebnis yon dem vorangehenden und berfiek-

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264 H. KSN]G ARCH. MATH.

siehtigen die in Satz 4 und Satz 5 aufgestell ten Cauchyschen Relat ionen. Dann er- ha l ten wir

az~ ( x ) - - g ~ ( t ' / ( ~ ) ' ~ " P ( ~ ) ) = K ( t ' / ( ~ ) ' ~ ' P ( ~ ' ) ) - - ~=i H ~ ( / ( ~ ) , ~ , p ( ~ ) ) ar~,ax~

a~ (x)>}. + < g r a d s ] ($) - - P (~),

:Naeh den Voraussetzungen (ii) und (iii) ist die geschweifte K l a m m e r auf der rechten Seite = 0. D a m i t haben wit die Relat ion (3) nachgewiesen.

Auf Grund yon (2) und (3) ist die Funk t ion F auf U zweimal stet ig differenzierbar und n i m m t au f S die vorgeschriebenen Anfangswerte [ und P an. Wir haben ferner (F (x), x, gTad F (x)) = O (t, [ (~), 2, P (2)) �9 E auf U. Nach Satz 4 und Vorausset - zung (ii) ist

H:~ (F (x), x, gTad F (x) ) ----- H ~ ( 0 (t, / (~), 2, P (2)) ) =

= K ( t , / ( ~ ) , ~ , P ( , ~ ) ) H ~ ( / ( ~ ) , ~ , P ( ~ ) ) - = O (0r ---- 1 , . . . , r )

au f U.

Daher ist F eine LSsung des Systems (AS). Dami t ist der Satz vollst/indig bewiesen.

8. Vollst~indige Systeme. Es sei E ein Gebiet des R "~n+z. Ein Sys tem yon stet ig differenzierbaren Funkt ionen H~ (~ = 1 . . . . . r) au f E he is t vollst~ndig, wenn alle Jacobischen K l a m m e r n [H ~, H~] (:~,/~ = 1 . . . . , r) auf der gemeinsamen NuUstellen- menge

N ( H ) = ( z � 9 ~ ( z ) = 0 (~----1 . . . . . r)}

versch~-inden. Wir schildern sehr kurz die seit langem bekannte Methode, naeh der m a n den im vorangehenden Abschni t t aufgestel l ten Existenz- u a d Eindeut igkei ts- satz tiber das Cauchysche Anfangswer tproblem auf den Fall der vollst~indigen Sy- sterne ausdehnen kaan.

Wir be t rach ten im folgenden Sys teme yon stet ig differenzierbaren Funk t ionen H ~ (:r = 1 . . . . , r) au f E. Das Sys tem H ~ (:~ = 1 . . . . . r) he i s t normal, wenn in jedem P u nk t e z e E die Vektoren

0yl ' " " @~,)(z) ( : r

l inear unabh/ingig sin& Die Systeme H ~ (u ~ 1 . . . . . r) und K a (~ ---- 1 . . . . . r) wer- den ~quivalent genannt , wenn 2q (H) =- N (K) ist. Die zugehSrenden al lgemeinen Sys teme (AS) haben dann dieselben L6sungen.

Satz 1 0 . . E s seien H ~ (:r = 1 . . . . . r) u ~ K ~ (x = 1, . . . , r) dquivalerde normale Systeme. Wir habeu dann die nachstehenden Aussagen.

(i) I n j edem Punk te z �9 ,'v" (H) ---- :'r (K) 8pannen die Vektoren

ay~ . . . . ' Oy,,) (z) und \Oy~ . . . . ' Oy~')(z) (:~-~ 1 . . . . ,r)

denselben r-dimewsionalen linearen Te i l raum des R n au/. (ii) Wenn eines der beiden Systeme vollstdndig ist, dann ist auch das andere vollstiindi 9.

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Vol. XIV, 1963 Partielle Differentialgleichungen erster Ordnung 265

Der entseheidende P u n k t ist das folgende Lemma.

Lemma. E s sei E = U • V, worin U ein Gebiet des R 2n-r+1 und V e i n Gebiet des R r i s t . $'erner sei

H a : H a (u, x, y) =- y= - - h a (u, x , Yr+l, . . . , yn) (:c = 1 . . . . , r) au] E ,

wor in die h a (r162 = 1 . . . . . r) stetig dibqerenzierbare F u n k t i o n e n au / U mi t

( h l , . . . , h r ) ( u , x , y r + l , . . . , y n ) E V au[ U

sind. D a n n ist das S y s t e m H a (~ = 1 . . . . . r) normal. Es ist /erner vollstiindig genau dann, wenn es e in Invo lu t ionssys tem ist.

Die Behauptung folgt unmi t te lbar aus den Relat ionen

Oh = Oh~ [H% HZJ = [h a, he] - - Ox--~ + Oz-~ (~, fl = 1 . . . . . r) .

Aus dem Lemma erhalten wir sofort den folgenden Satz.

Satz 11. Es sei H ~ (~ = 1 . . . . . r) ein normales vollstiindiges Sys t em . D a n n exist iert zu j e d e m ?, e N (H) eine in E enthaltene zusammenMingende Umgebung E(~), so daft das S y s t e m H ~ (~ = 1 , . . . , r) au / E (~ ) zu e inem normalen Invo lu t ionssys t em K s (cr = 1 . . . . , r) dquivalent ist.

Zusatz. W e n n die H ~ (r = 1 . . . . . r) au] E zwe imal stetig di~erenzierbar s ind, dann s ind die K = (:~ = 1 . . . . . r) au] E (~) zwe imal stetig dif ferenzierbar.

Auf Grund der vors tehenden Ergebnisse k6nnen wir nun den Existenz- und Ein- deutigkeitssatz fiber das Cauchysche Anfangswertproblem auf den Fall der voll- st~ndigen Systeme iibertragen.

Satz 12. E s seien H a (~r = 1 . . . . . r) zwe imal stetig dif ferenzierbare F u n k t i o n e n au / E , die ein vollstiindiges S y s t e m bilden (r = 1 . . . . , n - - 1). D a n n gilt Sa t z 9 m i t samt Zusatz .

Man erkennt, dab der Beweis ein nochmaliges Aufsteigen yon gewissen Umgebun- gen U (~) der einzelnen Punk te ~ e S zu einer zusammenh/~ngenden Umgebung U der AnfangsmannigTaltigkeit S erfordert. Hierzu kann man etwa das in Abschni t t 5 auf- gestellte Lemma heranziehen.

Litemturverzeiehnis

[1] C. CARATHEODORY, Variationsrechnung und partielle Differentialgleichungen erster Ordnung. Band l : Theorie der partiellen Differentialgleichungen erster Ordnung. Zweite Auflage, heraus- gegeben yon E. HbLDEa. Leipzig 1956.

[2] E. Ka_~mE, Differentialgleichungen: Lbsungsmethoden und LSstmgen. Band I I : Partielle Diiferentialgleichungen erster Ordntmg f'tir eine gesuchte Funktion. Zweite Aufl. Leipzig 1950.

[3] E. K~K~., Differentialgleichungen. Band I : Gewbhnliche Differentialgleichungen. Vierte Auf- lage. Leipzig 1962.

[4] A. MAu UberunbeschriinktintegrableSystemevonlinearentotalenDifferentialgleichungen. Math..~nn. 5, 448--470 (1872).

Eingegangen am 9. 7. 1962 Anschrift des Autors: Heinz K6nig Mathematisches Institut der Universit~t zu Kbln 5 Kbln-Lindenthal, WeyertM 86

Archly der Mathematik XIV 1,Q