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Z. anorg. allg. Chem. 412, 209-214 (1976) J. A. Barth, Leipzig Zur Verbindungsbildunq von MeO:M203. Ein neuer Bautyp : SrCa,Sc,O,, Von HK. MULLER-BUSCEBA~.M und W. MUSCHICK Kiel, Institut fur Anorganische Chemie der Christian-Alhrechts-Universitat I n h a l t subersicht. Sro,,3Ca,,,,Sc,04 zeigt eine bisher unbekannte Kristallstruktur yon hexa- gonaler Symmetrie (a = 9,659, c = 3,136 8, Raumgruppe C&PG,/m). Kristallstruktur und Polyederbetrachtung werden ausfiihrlich diskutiert und mit CnSc,O, verglichen. The Reaction of MeO:MI,O,. A N e w S t r u c t u r e T y p e : SrCa,Sc,O,, Sb str a ct. The compound Sro~33Ca,,,,Sc,04 shows a hitherto unknown hexagonal crystal structure (a = 9.659, c = 3.136 8; Space group C&--P6,/m). A detailed disc~ssion of the coordi- nation polyhedrals and the similarity to CaSc,O, are given. I. Einleitung Ternare Erdalkalimetalloxoscandate sind bisher wenig untersucht worden. Die Verbindungen CaSc,O, 1)2), MgSc,O, 3)4) und SrSc,O, ,) kristallisieren ini CaFe,O,-Typ, wahrend uber Bariumverbindungen nur vorlkufige Ergebnisse publiziert wurden I)". Neue Versuche zur Darstellung von SrSc,O,-Einliristallen zeigen, dsLB der Calciumferrat(II1)-Rautyp offenbar nur bis 1 400 "C existent jst, d. 11. aus Schmel- zen einer Zusaminensetzung SrO : Sc,O, kristallisieren Verbindungen mit abwei- chenden Kristallstrukturen aus, deren t-ntersuchung noch nicht abgeschlossen ist. Wegen dieser Schwierigkeit bei der Darstellung von SrSc,O,-Einkristallen wurde versncht, in CaSc,O, Ca2+ gegen SrN zu substituieren, wobei auf Grund tier Isoty- pie yon CaSc,O, niit SrSc,O, Mischkristallbildung erwartet vvurde. Das uber- raschentle Ergebnis war aber eine neixe Verbindung, die sich in einem relativ breitem Gebiet voii Ca : Sr : Sc : 0 = 0,75 : 0,25 : 2 : 4 his 0,5 : 0,5 : 2 : 4 bildete. Eine Kristallstrukturuntersuchung fuhrte zu einer neuen Kristallstruktur, die von einer Verbindung der Zusammenseteung Sro,,,Cao,,,Sc,O, gebildet wird. 1) J. R. CARTER u. R. S. FEIGELSON, J. Amer. ceram. Soc. -17, 141 (1.964). 2) HK. M~'LLER-BTJSCHBAUM u. H. G. v. SCHNERING, Z. anorg. allg. Chern. 836, 295 (1965). 3) HK. I\ICJ,LER-BUSCHBAUM, Z. anorg. allg. Chem. 343, 113 (1966). 4) ISK. M~LLIZR-BIJSCHBAIJM, Z. anorg. allg. Chem. 348, 224 (1966). 5) 31. V. KOVBA u. L. M. PAROMOVA, Vestnik Moskovskogo IJniv., Ser. I1 Chim. (Nachr. Moskaiier Univ., Ser. 11, Chernie) 11, 621 (1970). 1.2 Z. anorg. nllg. Chemie. Rd. 412

Zur Verbindungsbildung von MeO: M2O3. Ein neuer Bautyp: SrCa2Sc6O12

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Page 1: Zur Verbindungsbildung von MeO: M2O3. Ein neuer Bautyp: SrCa2Sc6O12

Z. anorg. allg. Chem. 412, 209-214 (1976) J. A. Barth, Leipzig

Zur Verbindungsbildunq von MeO:M203.

Ein neuer Bautyp : SrCa,Sc,O,, Von HK. MULLER-BUSCEBA~.M und W. MUSCHICK

Kiel , Institut fur Anorganische Chemie der Christian- Alhrechts-Universitat

I n h a l t s u b e r s i c h t . Sro,,3Ca,,,,Sc,04 zeigt eine bisher unbekannte Kristallstruktur yon hexa- gonaler Symmetrie (a = 9,659, c = 3,136 8, Raumgruppe C&PG,/m). Kristallstruktur und Polyederbetrachtung werden ausfiihrlich diskutiert und mit CnSc,O, verglichen.

T h e R e a c t i o n of MeO:MI,O,. A New S t r u c t u r e T y p e : SrCa,Sc,O,, S b s t r a c t . The compound Sro~33Ca,,,,Sc,04 shows a hitherto unknown hexagonal crystal

structure (a = 9.659, c = 3.136 8; Space group C&--P6,/m). A detailed disc~ssion of the coordi- nation polyhedrals and the similarity t o CaSc,O, are given.

I. Einleitung Ternare Erdalkalimetalloxoscandate sind bisher wenig untersucht worden.

Die Verbindungen CaSc,O, 1)2), MgSc,O, 3)4) und SrSc,O, ,) kristallisieren ini CaFe,O,-Typ, wahrend uber Bariumverbindungen nur vorlkufige Ergebnisse publiziert wurden I)".

Neue Versuche zur Darstellung von SrSc,O,-Einliristallen zeigen, dsLB der Calciumferrat(II1)-Rautyp offenbar nur bis 1 400 "C existent jst, d. 11. aus Schmel- zen einer Zusaminensetzung SrO : Sc,O, kristallisieren Verbindungen mit abwei- chenden Kristallstrukturen aus, deren t-ntersuchung noch nicht abgeschlossen ist. Wegen dieser Schwierigkeit bei der Darstellung von SrSc,O,-Einkristallen wurde versncht, in CaSc,O, Ca2+ gegen SrN zu substituieren, wobei auf Grund tier Isoty- pie yon CaSc,O, niit SrSc,O, Mischkristallbildung erwartet vvurde. Das uber- raschentle Ergebnis war aber eine neixe Verbindung, die sich in einem relativ breitem Gebiet voii Ca : Sr : Sc : 0 = 0,75 : 0,25 : 2 : 4 his 0,5 : 0,5 : 2 : 4 bildete. Eine Kristallstrukturuntersuchung fuhrte zu einer neuen Kristallstruktur, die von einer Verbindung der Zusammenseteung Sro,,,Cao,,,Sc,O, gebildet wird.

1) J. R. CARTER u. R. S. FEIGELSON, J. Amer. ceram. Soc. -17, 141 (1.964). 2 ) HK. M~'LLER-BTJSCHBAUM u. H. G. v. SCHNERING, Z. anorg. allg. Chern. 836, 295 (1965). 3) HK. I\ICJ,LER-BUSCHBAUM, Z. anorg. allg. Chem. 343, 113 (1966). 4) ISK. M~LLIZR-BIJSCHBAIJM, Z. anorg. allg. Chem. 348, 224 (1966). 5 ) 31. V. KOVBA u. L. M. PAROMOVA, Vestnik Moskovskogo IJniv., Ser. I1 Chim. (Nachr.

Moskaiier Univ., Ser. 11, Chernie) 11, 621 (1970).

1.2 Z. anorg. nllg. Chemie. Rd. 412

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210 HK. RIULLER-BUSCHBAUM u. W. MIJSCIILCK

11. Darstellung und rontgenographische Untersuehung von Br,,,Ca,,,,Se,O, CaCO,, SrCO, und Sc2O, wurden in entsprechenden Mengen (0,33: 0,67: 1)

innig vermischt und nach einer Gliihdauer von 1 2 h bei 1 300 "C in einem Nieder- druckplasmabrenner aufgeschmolzen. Wird die erstarrte Schmelze dicht unterhalb ilires Erstarrungspunktes etwa 15 ah. getempert, bilden sioh hinrejchend grofie Einkristalle von Sr,~,,Ca,,,,Sc,O,, deren Zusainmensetzung neben der rontgeno- graphischen Kristallstrukturuntersuchung durch Vergleich von Drehkristall- aufnahmen mit DEBYE-SCHERRER- Aufnahmen analytisch untersuchter Pul\-er- praparate sichergestellt ist. Ein Satz Riintgenaufnahmen (Drehkristall-WEIssEN- BERG- und Prazessionsaufnahmen MoKa) erlaubte die Bestimmung der Symmetrie, wobei die systenzatisch beobachtbaren Reflexe 0 0.1 mit 1 = 211, zu den charakte- riatischen Raumgruppen C: -P6,, Vgh -P6,/m und D: -P6,22 fiihren. Die Raum- gruppen Cg und D: konnen aufgrund der Strukturuntersuchung ausgeschlossen werden, so dal3 Sr,,,,Ca,,,,Sc,O, zur hexagonalen Symmetrie C& -PG,/m mit a = 9,65, und c = 3,13, gehiirt. Jede Elementarselle enthglt drei Formeleinheiten, d. h. insgesanit SrCa,Sc,O,,.

Die Bestimmung der Kristallstruktor an 11-14 Vicrkreisdiffraktomcterdaten (Philips PW 1100) etieB auf verschiedene Schwierigkeiten, wobei das gegenuber Rontgenstrshlen gleiche Streuver- niogen der ivoelektronischen Ionen Ca2+ und Sc3+ hier besonders erwLhnt sei. Aus dreidimensiona- lcri PATTERSOX-Synthesen kormten zuerst die Metallpositionen zu den Punktlagen 6h und 2c (Raumgruppe C&) bestimmt wcrden. FOXTRIER-Synthesen ergaben in Verbindung niit Verfeine- rnngen nsch der Methode der kleinsten Fehlerquadrate scliliel3lich auch die Sauerstoff- und Stron- tiurnlagen, die hier in Tab. 1 zusammengefa0t sind.

Tabelle 1 Sr2+ und 0'- folgende Punktlagen

In der Raumgruppe Cih-PF,/m besetzen Scs+, Ca2+,

X Y 2

scz+ 6h 0,3460 -0,0030 0,250 CaZ+ 2 C 0,3333 0,6667 0,250

11.2 Sr2'- 2b 0,000 0,000 0,000 Of- 611 0,195 0,309 0,250 0$- Fh 0,530 0,398 0,250

Die sehr gute uhereinstimmung zwischen beobachtcten Daten und berechneten Werten zeigt Tab.2; sie w-ird aber auch durch einen Gutefaktor von IX = 0,044 bei aiiisotropcr Verfeine- rung der Temperaturfaktoren charakt'erisiert. Auf die besondere Stellung von Sr2+ in der Piinktlage ?b wird spllter eingcgangcn.

111. Beschreibung der Kristdstruktur und Diskussion Die in Abschn. I1 zusammengefafiten Ergebnisse der rontgenographischen

lintersuchung an Einkristallen von Sr,,,,Ca,,,,Sc20, zeigen einen neuen Kristall- typ dessen Atomverteilung in Abb. 1 wiedergegeben ist. Die projektive Darstellung langs [ O O l ] ist wegen der kurzen c-Achse (c = 3,13, A) fur den Aufbau typisch und laBt die charakteristischen Koordinationspolyeder erkennen.

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SrCa,Sc,O,,

Tabelle 2 Vergleich berechneter Strukturfaktoren (F,) mit beobachteten Daten (F,) h h i 6 iF, h k l F. IF; h k l F. F,

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212 HK. ~~ULLER-BUSCHBAUM u. W. MUSCHICK

Die durch Sc3+ besetzte sechszahllge Lage 6h ist oktaedrisch von 0 2 - koordi- niert. J e drei Oktaeder mit Schwerpunkten in z = 0,25 und z = 0,75 sind uber eine gemeinsame Kante verbunden, so daI3 sich langs [0 0 I] eindimensional unend- liche Ketten uber Kanten verknupfter Oktaeder von 02- um Sc3+ ausbilden.

Abb. 1 liegen in z = O,T5

Projektion der Atomschwerpunkte in Richtung l O O l ] . Schraffierte Teilchen

Aufgrund der hexagonalen Symmetrie bilden einmal drei und einmal sechs solcher versetzter Oktaederketten langs [0 0 I] rijhrenfijrmige Hohlraume unterschied- licher Grd3e aus. Diesen Sachverhalt kennzeichnet Abb. 2. indem hier uber mehrere Elementarzelleii die Polyederverkniipfung verfolgt wird.

Diejenigen rohrenformigen Hohlraume im [S~,O,]~--Gerust, die durch Ver- h n d dreier Oktaederdoppelketten erzeugt werden, sind relativ klein. I m Mittel- puiikt befindet sich Ca2+ welches genau wie in CaSc20,2) ein trigonales Prisma von 02- erhalt, niit drei zusatzlichen Nachbarn uber den rechteckigen PrismenflBchen. Die Einordnung von Ca2+ in diese trigonalen Prismen kann nur uber eine Betrach- tuiig der Abstande, nicht aber aufgrund des Streuvermogens erfolgen, da sich Ca2+ und Sc3+ praktisch rontgenographisch nicht differenzieren lassen. Tab. 3 zeigt,, da13 die Abstande von Sc3+ zu Sauerstoff in oktaedrischer Koordination mit 2,013 -2,21 doch empfindlieh kurzer sind als die Abstandc dcr trigond prismati- scheri Umgebung in den kleineren rijhrenformigen Hohlriiumen (2,33 A).

Auf diesem Wege ist eine Besetzung der trigonalen Prismen mit Ca2T (Punkt- lage 2c) sichergestellt.

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SrCa,Sc,O,,

Tabelle 3 gegeniiber 02- in SrO,,,Ca,,,,Sc,O4

Interatomare Abstande [A] fur Sc3+, Ca2+, Sr2+

dSc-O: 2,21 ( S X ) 2,14 (lx) 2,08 (1 x ) 290 Ga-o: '433 ( 6 ~ ) 3,@2 ( 3 X ) dSr-o: 2,73 ( S X )

Die zweite Art rohrenformiger Hohlrfiume im [S~,O,]~--Gerii steht durch Eckenverkniipfung von sechs Oktaedern und ist we In den gebildeten Hohlriiumen sind fur z = 0 und z = 0,5 regulai relativ grol3en AbstBnden (2,73 A) oder trigonal planare Konf

z = 0,25 und z = 0,75 mit kurzen Abstanden von 2,59 A zu erk gefiihrten Rechnungen zeigen, d&I3 die von 02- um z = 0 und z Oktaeder statistisch mit Sr2+ besetzt sind. Die beobachtete statist ist unter Beriicksichtigung der kurzen Entfernixng zwischen z = mit cj2 = l,57 d gut zu verstehen und deckt sich auI3erdem mit ( Temperaturfaktoren fur die relativ langen Sr - O-Abstande von 2 Uberstrukturreflexe beobachtbar sind, kann die statistische Besc tionen 0 0 0 und 0 0 112 durch Sr2+ nur als Blockstruktur aufgefelJt

Die zuniichst an Pulverdaten beobechtete Ahnlichkeit zw (Ferrattyp) und dem hier neu aufgefundenen Bautyp von Sr,

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214 HK. &CULLER-BUSCRBAUM u. W. MUSCHICK

jm Gegensatz zum CaSc,O,-Bautyp die trigonal prismatkche Lucke fur Caa+ nicht durch vier, sondern nur drei Oktaederdoppelketten gebildet.

Zusammenfassend sei hervorgehoben, da13 zwei isotype Stoffe (CaSc,O, und SrSc,O,), die sich lediglich in der GroBe des zweiwertigen Metallions unterschei-

b

Abb.3 Verkniipfung der Doppeloktaeder um die von Ca2+ besetzte Lucke: a) S~o,33C~o,,,Sc,O,, b) CaSc,O,

den, nicht zu Mischkristallen sondern zu einem neuenBautyp fuhren, der der unter- schiedlichen GroI3e der Erdalkalimetallionen durch Umgruppierung im [Sc,O,]2-- Geriist unter Ausbildung von Koordinationspolyedern verschiedener GroBe Rech- nung tragt.

Der Deutschen Forschungsgemeinschaft drtnken wir fur Unterstutzung mit wertvollen Sach-

Alle Rechnungen wurden im Rechenzentrum der Universitat Kiel auf der Rechenmaschine mitteln.

PDP 10 der Firma Digital durchgefuhrt.

Bei der Redaktion eingegangen am 8. Juli 1974.

Anschr. d. Verf.: Prof. Dr. HK. MuLr,ER-BuscasAum u. DipLChem. W. MUSCHICK, Inst. f . Anorg. Chemie d. Univ., BRD-23 Kiel, Olshausenstralje 40/60