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17 RAAbits Realschule Geschichte Dezember 2013 Vor- und Frühgeschichte • Beitrag 6 2 von 28 Jäger in der Altsteinzeit (Klasse 5/6) I Rund um die Reihe Warum wir das Thema behandeln Die Steinzeit ist ein Thema, bei dem die Lernenden oftmals bereits Vorwissen oder Vorstellungen mitbringen. Grundsätzlich bietet die Beschäftigung mit Ur- und Frühgeschichte für Lernende die Gelegenheit zum erken- nenden und entdeckenden Lernen. Durch die einfache Strukturierbarkeit und Verständlichkeit vieler Lebensbe- reiche dieser Zeit können Lebenserfahrungen nachvollzogen werden. Was Sie zum Thema wissen müssen Altsteinzeit (griechisch: Paläolithikum) heißt der frühste und längste Abschnitt der Menschheitsgeschichte. In die- ser Zeit hat sich das Klima in Mitteleuropa mehrfach radikal verändert. Mindestens vier größere Eiszeiten wech- selten sich mit jeweils kürzeren Warmzeiten ab. Aus dem Klimawechsel ergaben sich zwangsläufig Veränderun- gen der Tier- und Pflanzenwelt, von denen der altsteinzeitliche Mensch, der als Jäger und Sammler lebte, weit- gehend abhängig war. Unterteilung in vier Epochen Die Altsteinzeit selbst lässt sich nochmals in vier Epochen unterteilen: das Altpaläolithikum als die Zeit des Früh- menschen, das Mittelpaläolithikum als die Zeit des Neandertalers, das Jungpaläolithikum als die Zeit des Homo sapiens und schließlich das Spätpaläolithikum als letzte Epoche. Interpretation der Spuren Die Hauptschwierigkeit ist, dass wir zu wenig über die Steinzeit wissen, das gilt besonders für das Paläolithikum. Was wir vorfinden, können wir letztendlich nur interpretieren, was wir im Allgemeinen von unserem modernen Standpunkt aus tun. Fakt ist jedoch, dass man nichts über die paläolithischen Riten weiß, weder in den Wohn- stätten noch in den Höhlen. Wir besitzen nur einige Spuren, die sich vielfältig interpretieren lassen. Das Leben in der Altsteinzeit So verhält es sich auch bei den Jagd-Riten. Was sich jedoch sicher sagen lässt: Zur Jagd gehörte eine enorme organisatorische Planung. Die Treibjagd auf Großwild, bei der eine größere Menge Treiber und Jäger aktiviert werden musste, war aufwendig – es wird kaum so gewesen sein, dass ein paar Menschen schreiend und brül- lend so lange hinter einem Mammut herliefen, bis es endlich in eine Grube plumpste, die auf dem Weg lag. Die Jäger selber hatten nicht viele Bedürfnisse. Deshalb lebten sie in einem gewissen Reichtum. Überwiegend ist heute Marshall Sahlins’ Formulierung akzeptiert, sie seien die erste und eigentliche Überflussgesellschaft gewe- sen. Nahrung war reichlich vorhanden, ohne dass man sich hätte bemühen müssen, man musste ihr lediglich fol- gen. Das Lager wurde in der Nähe vielversprechender Nahrungsressourcen aufgeschlagen und abgebaut, wenn sie erschöpft waren. Man sammelte und jagte, was man brauchte, mehr nicht. Anhäufungen von Reichtü- mern irgendeiner Art waren unnötig und überdies kaum möglich. Nach einiger Zeit erschöpfte sich die Umge- bung einer Lagerstätte. Also musste man weiterziehen, das Wandern war die notwendige Folge ihrer Wirt- schaftsform. Deshalb auch der Mangel an Habe: Reichtum wäre nur eine unnötige Last für die Jäger bezie- hungsweise für seine Frau, die bei den Wanderungen oft alleine alles Hab und Gut tragen musste, während die Männer mit ihren Waffen dem Zug vorangingen. Alte, Kranke und Neugeborene wurden häufig getötet oder zurückgelassen, weil sie nicht schnell genug laufen konnten. Dennoch spielte die Gemeinschaft eine wichtige Rolle, da sie einen wirksamen Schutz gegen wilde Tiere und Feinde bot. zur Vollversion

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17 RAAbits Realschule Geschichte Dezember 2013

Vor- und Frühgeschichte • Beitrag 62 von 28 Jäger in der Altsteinzeit (Klasse 5/6) I

Rund um die Reihe

Warum wir das Thema behandeln

Die Steinzeit ist ein Thema, bei dem die Lernenden oftmals bereits Vorwissen oder Vorstellungen mitbringen.Grundsätzlich bietet die Beschäftigung mit Ur- und Frühgeschichte für Lernende die Gelegenheit zum erken-nenden und entdeckenden Lernen. Durch die einfache Strukturierbarkeit und Verständlichkeit vieler Lebensbe-reiche dieser Zeit können Lebenserfahrungen nachvollzogen werden.

Was Sie zum Thema wissen müssen

Altsteinzeit (griechisch: Paläolithikum) heißt der frühste und längste Abschnitt der Menschheitsgeschichte. In die-ser Zeit hat sich das Klima in Mitteleuropa mehrfach radikal verändert. Mindestens vier größere Eiszeiten wech-selten sich mit jeweils kürzeren Warmzeiten ab. Aus dem Klimawechsel ergaben sich zwangsläufig Veränderun-gen der Tier- und Pflanzenwelt, von denen der altsteinzeitliche Mensch, der als Jäger und Sammler lebte, weit-gehend abhängig war.

Unterteilung in vier Epochen

Die Altsteinzeit selbst lässt sich nochmals in vier Epochen unterteilen: das Altpaläolithikum als die Zeit des Früh-menschen, das Mittelpaläolithikum als die Zeit des Neandertalers, das Jungpaläolithikum als die Zeit des Homosapiens und schließlich das Spätpaläolithikum als letzte Epoche.

Interpretation der Spuren

Die Hauptschwierigkeit ist, dass wir zu wenig über die Steinzeit wissen, das gilt besonders für das Paläolithikum.Was wir vorfinden, können wir letztendlich nur interpretieren, was wir im Allgemeinen von unserem modernenStandpunkt aus tun. Fakt ist jedoch, dass man nichts über die paläolithischen Riten weiß, weder in den Wohn-stätten noch in den Höhlen. Wir besitzen nur einige Spuren, die sich vielfältig interpretieren lassen.

Das Leben in der Altsteinzeit

So verhält es sich auch bei den Jagd-Riten. Was sich jedoch sicher sagen lässt: Zur Jagd gehörte eine enormeorganisatorische Planung. Die Treibjagd auf Großwild, bei der eine größere Menge Treiber und Jäger aktiviertwerden musste, war aufwendig – es wird kaum so gewesen sein, dass ein paar Menschen schreiend und brül-lend so lange hinter einem Mammut herliefen, bis es endlich in eine Grube plumpste, die auf dem Weg lag.

Die Jäger selber hatten nicht viele Bedürfnisse. Deshalb lebten sie in einem gewissen Reichtum. Überwiegend istheute Marshall Sahlins’ Formulierung akzeptiert, sie seien die erste und eigentliche Überflussgesellschaft gewe-sen. Nahrung war reichlich vorhanden, ohne dass man sich hätte bemühen müssen, man musste ihr lediglich fol-gen. Das Lager wurde in der Nähe vielversprechender Nahrungsressourcen aufgeschlagen und abgebaut,wenn sie erschöpft waren. Man sammelte und jagte, was man brauchte, mehr nicht. Anhäufungen von Reichtü-mern irgendeiner Art waren unnötig und überdies kaum möglich. Nach einiger Zeit erschöpfte sich die Umge-bung einer Lagerstätte. Also musste man weiterziehen, das Wandern war die notwendige Folge ihrer Wirt-schaftsform. Deshalb auch der Mangel an Habe: Reichtum wäre nur eine unnötige Last für die Jäger bezie-hungsweise für seine Frau, die bei den Wanderungen oft alleine alles Hab und Gut tragen musste, während dieMänner mit ihren Waffen dem Zug vorangingen. Alte, Kranke und Neugeborene wurden häufig getötet oderzurückgelassen, weil sie nicht schnell genug laufen konnten. Dennoch spielte die Gemeinschaft eine wichtigeRolle, da sie einen wirksamen Schutz gegen wilde Tiere und Feinde bot.

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Jäger in der Altsteinzeit (Klasse 5/6)Vor- und Frühgeschichte • Beitrag 6 3 von 28I

Vorschläge für Ihre Unterrichtsgestaltung

Voraussetzungen der LerngruppeDie Lernenden sollten Kompetenzen hinsichtlich der selbstorganisierten Partnerarbeit und der Internetrecherchemitbringen.

Aufbau der Reihe

Die vorliegenden Materialien berücksichtigen ausschließlich den Aspekt des Jagens in der Altsteinzeit. Der fürdie damalige Sicherung der Nahrung ebenfalls wichtige Aspekt des Sammelns ist hier nicht thematisiert. DieJagd war in der Altsteinzeit von enormer Bedeutung. Sie war die wichtigste Nahrungsgrundlage, man geht da-von aus, dass sie 90 % der Nahrung ausmachte.

Mithilfe von M 1 und M 2 erfahren die Lernenden, woher wir unser Wissen über die Steinzeit überhaupt haben,und lernen den Beruf des Archäologen kennen. M 3 und M 4 beschäftigen sich mit den ersten Menschen.

In der dritten Doppelstunde wird das Leben in der Steinzeit genauer betrachtet. Durch einen Text, der von denLernenden zunächst rekonstruiert werden muss, erhalten sie Informationen über das Leben in der Steinzeit. Da-bei erfahren sie, dass unsere Vorfahren ein uns in der heutigen Welt weitgehend fremdes Nomadenleben führ-ten.

M 6 und M 7 zeigen, dass die frühen Menschen ihre Waffen und Werkzeuge, trotz der Beschränkung auf weni-ge Werkstoffe, verfeinerten und ausdifferenzierten und somit technisch weiterentwickelten. In einem dazugehö-rigen Gitterrätsel sollen die Lernenden Begriffe des Textes wiederfinden und sich dadurch einschlägige Fach-wörter einprägen.

Mithilfe von M 8 lernen die Schülerinnen und Schüler die Jagd in Horden als Ernährungsgrundlage der frühenMenschen sowie wichtiges Jagdwild der damaligen Zeit kennen, indem sie einen Lückentext ausfüllen. M 9 lässtdie Lernenden erschließen, dass es bei der Verwertung geschlachteter Tiere Gemeinsamkeiten zwischen derAltsteinzeit und der heutigen industriellen Verwertung von Nutztieren gibt: Kaum etwas wird weggeworfen!

Diese Kompetenzen trainieren Ihre Schüler

Die Schülerinnen und Schüler können …

– an einem Beispiel beschreiben, wie Archäologen forschen, und aus Funden Ergebnisse ableiten.

– die früheste Form gesellschaftlichen Zusammenlebens darstellen.

– aus Stein hergestellte Arbeitsgeräte beschreiben und deren Funktion erläutern.

– den starken Einfluss äußerer Bedingungen auf die altsteinzeitliche Lebensweise erklären.

– frühe Entwicklungsstufen des Menschen nennen und lokalisieren.

– grundlegende Merkmale der Altsteinzeit benennen.

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Vor- und Frühgeschichte • Beitrag 68 von 28 Jäger in der Altsteinzeit (Klasse 5/6) I

M 1 Woher wissen wir eigentlich etwas über die Altsteinzeit?

Die Altsteinzeit begann ungefähr vor 2.500.000 Jahren. Logisch, dass es da keine Zeitzeugen mehr gibt. Den-noch wissen wir einiges über das damalige Leben. Dank den Ausgrabungen und Entdeckungen der Archäologiekann vieles rekonstruiert werden. Auf dieser Seite erfährst du, wie Archäologen arbeiten.

Archäologen werden gerufen, wenn man im Boden Überreste der Vergangenheit findet, zum Beispiel Skeletteund Tonscherben. Ihr Beruf ist es, gezielt nach Bodenfunden zu suchen, sie auszugraben, zu vermessen und zubeschreiben. Mit wissenschaftlichen Methoden können Archäologen sogar das Alter der Funde bestimmen.Außerdem werden die Funde mit anderen Entdeckungen verglichen und anschließend so hergerichtet, dass sieerhalten bleiben und in Museen ausgestellt werden können.

Begriff:

Archäologie = Wissenschaft von den sichtbaren Überresten alter Kulturen

Aufgaben

1. Lies zunächst den Text durch und unterstreiche, was dir wichtig erscheint. Bearbeite anschließend die Aufga-ben.

2. Schau dir das Bild genau an und beschreibe es. Welche Hilfsmittel könnte der Archäologe nutzen, um eineFundstelle freizulegen?

3. Was gehört alles zur Arbeit eines Archäologen?

4. Überlege, welche Überreste aus der Altsteinzeit sich noch im Boden verstecken könnten.

Bild: picture alliance/dpa

Da liegt einiges unter der Erde! Archäologen bei Ausgrabungen

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Jäger in der Altsteinzeit (Klasse 5/6)Vor- und Frühgeschichte • Beitrag 6 11 von 28I

M 3Eine Frau mit Vergangenheit: Lucy

Hier erfährst du ein paar Fakten über die spannende Geschichte von Lucy, einem weiblichen Skelett der Art „Aus-tralopithecus afarensis“, das schon ca. 3,2 Millionen Jahre alt ist.

Man kennt sie auch unter dem Namen „Dinknesh“: die Steinzeit-Dame Lucy.

1974 wurden in Äthiopien (Afrika) Knochen gefunden, die als menschliche Skelettteile bestimmt werden konn-ten. Untersuchungen ergaben, dass Lucy – so wurde das Skelett genannt – eine Vorläuferin der Menschen war.Sie war ein Vormensch, etwa 1,05 m groß und mit kleinem Gehirn. Besonders war, dass sie bereits aufrecht ge-hen konnte. Das brachte viele Vorteile mit sich: Lucy und ihre Artgenossen konnten sich einen guten Überblicküber die Savannenlandschaft verschaffen. So konnten sie gefährlichen Raubtieren rechtzeitig ausweichen undBeutetiere konnten früh erkannt werden. Doch wie sah Lucy eigentlich aus? Sie hatte ein Gesicht mit niedrigerStirn, Knochenwülsten über den Augen, flacher Nase und hervorstehendem Kiefer. Wenn sie heute leben wür-de, könnte man sie mit moderner Kleidung anziehen, sie würde trotzdem nicht aussehen wie ein menschlichesWesen.

Aufgaben

1. Beschreibe Lucys Aussehen. Welche Unterschiede zu heutigen Menschen fallen dir auf?

2. Recherchiere im Internet: Warum wurde das gefundene Skelett „Lucy“ genannt?

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Jäger in der Altsteinzeit (Klasse 5/6)Vor- und Frühgeschichte • Beitrag 6 17 von 28I

M 6Waffen und Werkzeuge der Altsteinzeit

Die Menschen in der Steinzeit hatten bereits Waffen und Werkzeuge. Sie waren alle aus Stein oder Holz gefertigt.

Die ältesten Werkzeuge, die wir kennen, sind einfach Steine, die auf einer Seite eine abgeschlagene Kante ha-ben. Dadurch wurde der Stein scharf gemacht und man konnte ihn als Messer einsetzen, sodass die Menschender Altsteinzeit erlegte Tiere zerschneiden konnten. Dieses Werkzeug heißt Klinge. Mit dem Faustkeil konnteman andere Steine oder auch Holz bearbeiten. Auch die Faustkeile sind für die Altsteinzeit bekannt und sie sindmit die ältesten Werkzeuge des Menschen. Man konnte mit ihnen hacken, schaben, schlagen, schneiden oderwerfen. Mit dem Beil konnte man Bäume fällen. Das Beil gab es in unterschiedlichen Größen von ganz klein bisganz groß. Der Steinzeitmensch verwendete das kleine Beil vermutlich, um damit Nüsse aufzuschlagen oder umKnochen aufzubrechen, damit er an das Knochenmark herankam. Der Schaber war hilfreich, wenn man Fellvon einer Tierhaut entfernen wollte. Später wurde mit Pfeil und Bogen gejagt, dafür war eine Pfeilspitze wich-tig. Gegen Ende der Altsteinzeit wurde dann die Speerschleuder erfunden. Man hakte den Speer in dieSchleuder ein und hielt so Speer und Speerschleuder zusammen fest. Der Wurfarm wurde dadurch künstlichverlängert und so konnte der Speer viel weiter fliegen.

Aufgaben

1. Ordne den Nummern die richtigen Begriffe zu.

2. Welche Werkzeuge und Waffen benutzen wir heutzutage? Suche das passende, moderne Gegenstück zuKlinge, Faustkeil, Beil, Schaber, Pfeilspitze und Speerschleuder.

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