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~08 J. Schormiiller: ZusammenfassendeUbersichtsberichte. Vitamine als Wuchsstoffe fiir Bakterien. goi1 J. Schormiiller. Mitteilung aus der chemischen Ab~ceilung des Ins~cituts ftir allgemeine Hygiene, Berlin-Dahlem. (Eingegange n am z3. Augus~ z947. ) Wenn wir yon Vitaminen und dem Schwerpunkt ihrer physiologischen Wirkung sprechen, so denken wir zun~chst wohl ira wesentlichen an die Bedeutung dieser Wirkstoffe im menschlichen und tierischen Organismus, an die verschiedenen, beim Fehlen dieser Stoffe auftretenden Avitaminosen. Beispielsweise ist mit dem Namen Vitamin B 1 oder Aneurin untrennbar verbunden der Avitaminosecharakter der Beriberi, einer neuritischen Zentralst6rung; beim Fehlen von Ascorbins~ure taucht der Gedanke an Skorbut, bei Mangel an Nicotins~nre der an Pellagra und bei Fehlen yon Vitamin D der an Rachitis auf. Wenn wir aber welter denken, so mtissen wir in den Kreis unserer Betrachtungen auch die Bedeutung der Vitamine ftir Lebens- vorgiinge der niederen und h6heren Pflanzen einreihen, denen ja mit wenigen Aus- nahmen die regelm~Bige und normale Synthese dieser Wirkstoffe vorbehalten bleibt. Damit sind wir auch zu einer Ausweitung ~tes Vitaminloegriffes gezwungen. Bertick- sichtigen wir weiterhin, dab zahlreiche Vitamine bzw. Vitaminderivate -- erinnert sei nur an die Cocarboxylase, die gelben Fennente, die Pyridinnucleotide u. a. In. -- als prosthetische Gruppen oder als Cofermente wesentliche Teilfaktoren yon Fer- nienten darstellen und damit untrennbar in die wichtigsten Fermentsysteme des Organismns eingebaut sind, so zeigt sich, dab der Vitaminbegriff klassischer Arbeits- richtungen in der letzten Zeit eine wesentliehe Erweiterung erfahren hat. Wohl stellen Vitamine im engeren Sinne die Hell- oder Verhtitungsstoffe ftir bestimmte Mangelerseheinungen des Organismus dar, doch kommen wit einer umfassenden Betrachtung des Vitaminbegriffes viel n~her, wenn wir unter Vitaminen eine Wirk- stoffgruppe verstehen, die tiber ihre eigentliche, bestimmte Mangelkrankheiten verhtitende Wirkung hinaus zahlreiche, zun~chst zusammenhanglos erscheinende biologische Mechanismen zu steuern oder zu beeinflussen vermag. Ein Beispiel ftir diese verschiedenartige Wirknngsm6glichkeit bietet die Bedeutung der Vitamine als Wuchsstoffe fiir Bakterien. Dabei soll nicht vergessen werden, dab diese sogenannte ,,Wuchsstoffwirkung" bei Mikroorganismen ein sehr kompliziertes System verschiedenartigster Lebens- vorg~nge in sich schlieBt. Ein kurzer Vergleich mag dies veranschaulichen. Setzen wir eine Ratte auf Vitamin-B~-(lactoflavin-)freie Kost, so tritt plStzlicher Wachs- tumsstillstand ein, der uns zwar tibet eine summarische, n~mlich die w~chstums- f6rdernde Wirknng des Vitamins B 2 unterrichtet, iiber die tats~ichliche Wirkungs- weise des Vitamins j edoch nichts aussagt. Wachstumsstillstand tritt als Teilsymptom auch beim Fehlen anderer Vitamine ein: Der bis heute bekannte und ill seinen Grundztigen aufgekl~irte Mechanismus der Lactoflavinwirkung erstreckt sich auf bestimmte fermentative Vorg~inge im Zellstoffwechsel. Die Frage nach dem Wirkungs- mechanismus der einzelnen Vitamine im Bakterienstoffwechsel stellt nur ein Teil-

Zusammenfassende Übersichisberichte Vitamine als Wuchsstoffe für Bakterien

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~08 J. S c h o r m i i l l e r :

Zusammenfassende Ubersichtsberichte. V i t a m i n e a ls W u c h s s t o f f e fiir B a k t e r i e n .

goi1

J. Schormiiller.

M i t t e i l u n g a u s d e r c h e m i s c h e n A b ~ c e i l u n g d e s I n s ~ c i t u t s f t i r a l l g e m e i n e H y g i e n e , B e r l i n - D a h l e m .

(Eingegange n am z3. Augus~ z947. )

Wenn wir yon Vitaminen und dem Schwerpunkt ihrer physiologischen Wirkung sprechen, so denken wir zun~chst wohl ira wesentlichen an die Bedeutung dieser Wirkstoffe im menschlichen und tierischen Organismus, an die verschiedenen, beim Fehlen dieser Stoffe auftretenden Avitaminosen. Beispielsweise ist mit dem Namen Vitamin B 1 oder Aneurin untrennbar verbunden der Avitaminosecharakter der Beriberi, einer neuritischen Zentralst6rung; beim Fehlen von Ascorbins~ure taucht der Gedanke an Skorbut, bei Mangel an Nicotins~nre der an Pellagra und bei Fehlen yon Vitamin D der an Rachitis auf. Wenn wir aber welter denken, so mtissen wir in den Kreis unserer Betrachtungen auch die Bedeutung der Vitamine ftir Lebens- vorgiinge der niederen und h6heren Pflanzen einreihen, denen ja mit wenigen Aus- nahmen die regelm~Bige und normale Synthese dieser Wirkstoffe vorbehalten bleibt. Damit sind wir auch zu einer Ausweitung ~tes Vitaminloegriffes gezwungen. Bertick- sichtigen wir weiterhin, dab zahlreiche Vitamine bzw. Vitaminderivate - - erinnert sei nur an die Cocarboxylase, die gelben Fennente, die Pyridinnucleotide u. a. In. - - als prosthetische Gruppen oder als Cofermente wesentliche Teilfaktoren yon Fer- nienten darstellen und damit untrennbar in die wichtigsten Fermentsysteme des Organismns eingebaut sind, so zeigt sich, dab der Vitaminbegriff klassischer Arbeits- richtungen in der letzten Zeit eine wesentliehe Erweiterung erfahren hat. Wohl stellen Vitamine im engeren Sinne die Hell- oder Verhtitungsstoffe ftir bestimmte Mangelerseheinungen des Organismus dar, doch kommen wit einer umfassenden Betrachtung des Vitaminbegriffes viel n~her, wenn wir unter Vitaminen eine Wirk- stoffgruppe verstehen, die tiber ihre eigentliche, bestimmte Mangelkrankheiten verhtitende Wirkung hinaus zahlreiche, zun~chst zusammenhanglos erscheinende biologische Mechanismen zu steuern oder zu beeinflussen vermag. Ein Beispiel f t i r diese verschiedenartige Wirknngsm6glichkeit bietet die Bedeutung der Vitamine als Wuchsstoffe fiir Bakterien.

Dabei soll nicht vergessen werden, dab diese sogenannte ,,Wuchsstoffwirkung" bei Mikroorganismen ein sehr kompliziertes System verschiedenartigster Lebens- vorg~nge in sich schlieBt. Ein kurzer Vergleich mag dies veranschaulichen. Setzen wir eine Ratte auf Vitamin-B~-(lactoflavin-)freie Kost, so t r i t t plStzlicher Wachs- tumsstillstand ein, der uns zwar tibet eine summarische, n~mlich die w~chstums- f6rdernde Wirknng des Vitamins B 2 unterrichtet, iiber die tats~ichliche Wirkungs- weise des Vitamins j edoch nichts aussagt. Wachstumsstillstand tr i t t als Teilsymptom auch beim Fehlen anderer Vitamine ein: Der bis heute bekannte und ill seinen Grundztigen aufgekl~irte Mechanismus der Lactoflavinwirkung erstreckt sich auf bestimmte fermentative Vorg~inge im Zellstoffwechsel. Die Frage nach dem Wirkungs- mechanismus der einzelnen Vitamine im Bakterienstoffwechsel stellt nur ein Teil-

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¥itamine als Wuchsstoffe fiir 13akterien. 409

problem der Frage dar, an welchen Umsetzungen der Zellen und Gewebe die Vita- mine beteiligt sin& Wir wissen darfiber bet allen fettl6slichen Vitaminen, also ins- besondere beim Epithelschutzstoff, dem Vitamin A, beim antirachitischen Vitamin D, beim Antisterilitiitsvitamin E und bet dem antih~imorrhagischen Faktor K so gut wie nichts. Auch die Wirkungsweise des Vitamins C ist noch unbekannt. Welt besser unterrichtet sind wir fiber die Wirkungsweise einiger wasserl6slicher Vitamine der B-Grnppe. Wie wir irn Iolgenden erkennen werden, siad es gerade diese Vitamine, die nach unseren bisherigen Kenntnissen und Forschungsergebnissen besondere Bedeutung als Wnchsfaktoren ffir Bakterien besitzen.

Entspreehend unseren recht lfickenhaften Kenntnissen fiber den Wirkungs- mechanismus der Vitamine im Zellstoffwechsel erscheint es gerechtfertigt, die Be- deutung der Vitamine ffir den Bakterienstoffwechsel vorerst derart zu kennzeichnen, dab die biologische Aktivit~it eines bestimmten Vitamins bet einem bestimmtert Mikroorganismus nach der beobachteten positiven oder negativen Wuchswirkung beurteilt wird, wobei wir aber nicht vergessen dfirfen, dab diese Wuchswirkung oft einen anBerordentlich verwickelten biologisehen Vorgang darstellt, dessen Ent- wirrung noch eine wesentiiche Answeitung unserer Kenntnisse fiber die Vitamin- wirkung voraussetzt. Derartige Untersuchungen haben von den verschiedensten Arbeitskreisen her reiche F6rderung erfahren und die Wuchsstofforschung in den Mittelpunkt der Mikrobiologie gerfickt. Sie schufen Mfglichkeiten, Wachstumsvor- g~inge urid Physiologie der Mikroorganismen eingehend zu studieren. Gleichzeitig ffihrten ihre Ergebnisse anch zu wesentlieher Erweiternng unserer Kenntnisse fiber die biologische Vitaminsynthese, fiber Vitaminspezifit~tt in Abh~tngigkeit vom Mole- kfilbau sowie fiber Wirkung yon Spaltprodukten des Gesamtvitaminmolekfils.

Die Frage nach der Wuchsstoffwirkung yon Vitaminen besitzt bet Mikro- organismen darfiber hinaus gr613te praktische Bedeutung. Unsere Kenntnisse fiber die yon einzelnen Bakterien ben6tigten Vitamine hat z. B. in Prozessen der Mol- kerei und Kfiserei, der Brennerei und Brauerei, der Bereitung yon G~irungsgemfise ffir die menschliche Ern~thrung, der G~irfutterbereitung u. a. m. zu wichtigen Er- gebnissen gefiihrt, wobei in erster Linie der Wuchsstoffbedarf yon Milchs~inrebak- terien, Bntters~iurebakkerien, Butanol-Aceton-Bildnern, Schimmelpilzen usw. in Frage steht.

Als Beispiel set ein praktisches Problem anf diesem Gebiet angeffihrt. Bei Untersuchungen fiber den Einflul3 von Silofutter auf die Zusammensetzung der Milch zeigte sich, dab Milch yon mit G~irfutter ern~ihrten Kfihen sich in der all- gemeinen Zusammensetzung (verdauliches Rohprotein und Fettgehalt) nicht von der Milch normal ern~ihrter Tiere unterscheidet. Milch yon Kfihen indessen, die haupts~ichlich Silofutter gefressen hatten, lieB sich nicht zu hartem Fettk~ise, z. B. zu Emmentaler verarbeiten. Die Entstehung derartiger K~isesorten ist an die Funk- tion einer Reihe yon Bakterienarten gebunden, vor allem an Milch- und Propion- s~iurebakterien, und heute wissen wir auI Grund yon Untersuchungen in Heidelberg (R. Kuhn und M61!er) und in Weihenstephan (Demeter) , dab der Silofutter-Milch ein bestimmter, spezifischer Wirkstoff, n~imlich das Vitamin H', in ansreichender Menge fehlt, ohne den die genannten Bakterien nicht zu gedeihen verm6gen. Es mug deshalb das Bestreben dahin gehen, durch Zusatz anderer Pflanzen zum normalen, bisher fiblichen Silofutter derartige Wuchsstoffe zuzuffihren.

Nicht nur g~rungstechnisch wichtige Prozesse haben durch die Wuchsstoff- Iorschung neue Anregnng erfahren, auch bet pathogenen Mikroorganismen Werden die Ergebnisse dieser Arbeitsrichtnng berufen sein, bakteriologisch-diagnostisehe Methoden, die bakteriologische Toxikologie, hnmunologie, Serologie und alle ihre

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Anwendungsgebiete entscheidend zu befruchten. So ist es heute in Einzelfttllen bereits m6glich, eine Reihe yon Mikroorganismen, die man frfiher llur auf komplexen Nfihrl6sungen ziichten konnte, in N~ihrsubstraten zu kultivieren, die ausschlieBlich chemisch reille, wohldefinierte und mengenmtiBig genau dosierbare Stoffe enthalten. ~Tie sehr die Chemotherapie yon Krankheitell durch Erforsehullg der Antiwuchs- stoffe oder Antivitamine gef6rdert wurde, soil sp~iter eingehelld dargelegt werden.

Auch ill der Vitaminforschung habell sich neue M6glichkeiten erschlossell. In vielen F~llell k611nen wir die Vitamine durch ihre Wuehsstoffwirkung auf geeignete Mikroorganismen ill wenigen Tagen quantitativ bestimmen, indem wir den EinfluB auf die Wachstumsgeschwindigkeit, d .h . auf die Zunahme der Zellmellge messen, w~hrelld der klassische Wachstumsversuch ~ am Tier viele Wochen in Anspruch nahnl.

Wenn wir das wesentlichste Ergebnis der bis heute vorliegenden Wuchsstoff- forschung Vorwegnehmen, so k6nnen wit feststellen, dab in erster Linie die wasser- 16slichen Vitamine als Wuchsstoffe fiir Mikroorganismen notwendig zu sein scheinen, offenbar wohl deshalb, weil gerade diese Vitamingruppe am Aufbau wichtigster Fermentsysteme des Zellstoffwechsels beteiligt ist. Demgegeniiber t r i t t die Be- deutung cler fettl6sliehen Vitamine stark zuriiek. Uber sie liegen bis heute nur spttr- liche Mitteilungen vor. Weiterhin zeigt sich mit der Zunahme unserer Kenntnisse, daB viele Mikroorganismen sehr anspruchsvoll sind und in dieser Hinsieht oft sogar den Bedarf des Menschen zu iibertreffen verm6gen. Neben Salzen, verg~irbaren Kohlehydraten und Aminosiiuren bell6tigell derartige Kleilllebewesen eine groBe Zahl yon Vitaminen.

Im folgellden sollen kurz die wesentlichsten Gesichtspunkte zur Frage nach der Bedeutung der Vitamine als Wuchsfaktoren ftir Mikroorganismen entwickelt werdell.

1. V i t a m i n B 1. V i t a m i n B 1 baut sich aus zwei heterocyclischen Rillgsystemen ~ auf, dem in

2', 4' und 5' substituierten Pyrimidill-und dem ill 3, 4 und 5.substituierten Thiazol- ring:

C1 CH8

is' 4'J/ CH S H C.C %/C NH . Cl N

CH~ OH

Im tierischen Organislnus stellt Aneurill nach vorhergehender Phosphoryliemng zu Aneurillpyrophosphat die prosthetische Gruppe von Fermenten dar. Im pflanz- lichen Organismus decarboxyliert es als Cofermellt der Carboxylase bei Gegenwart yon Magnesium Brellztraubensiit~re zu Aldehyd, im tierischen Org~nismus wirkt der Pyrophosphors~iureester des Aneurins als Brellztranbens~iureoxydase (Pyrocode- hydrase), illdem es die Hydratforln der Brenztraubensiiure zu Essigs~ure ulld Koh- lens~iure dehydrierelld decarboxyliert. H~ufig t r i t t diese Decarboxylierung unter dem Bild einer Dismutation auf, die zu Essigs~inre, Milchs~iure ulld Kohlens/iure ~fihrt. Vitamin t31 bzw. die phosphorylierte Form des Vitamins nimmt als Coferment insbesondere am Kohlehydratstoffwechsel teil. Fehlen von Aneurin ffihrt zu einer Brenztraubenstiureallhtiufung, vor allem im Gehirn, ulld diese Brellztraubens~iure- ausschflttung ist in erster'Linie ftir die typischen, das Zentralnervensystem betreffen-

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Vitamine als -Wuchsstoffe far Bakteriell. 4~11

den Ersche inungen der B1-Avi taminose veran twor t l i ch zu machen. Die Grnndfrage der V i t amin -B1-Wi rkung scheint das Wesen der Brenz t raubens~uredehydr ie rung irn Organ i smus zu nmfassen.

Von dell bis j e t z t b e k a n n t gewordenen MSglichkeiten fiber den Mechanismns der Aneur inwi rkung bei Pf lanze nnd Tier s ind drei F u n k t i o n e n m i t Sicherhei t bei Mikroorgan i smen nachgewiesen, n~mlich die einer Codehydrase (Bacillus Del- brCickii, L i p m a n n l ) , einer Cocarboxylase (Hefe nnd Staphylococcus aureus, L o h - m a n n und S c h u s t e r 2) und eines Coenzyms d e r Di smutase (Staphylococcus, Hil ls3) .

Schon lange war bekann t und m i t S iche rhe i t nachgewiesen worden, dab ge- wisse Heferassen ~, Propions~ure- nnd andere Bak te r i en ~, Schimmelpi lze und Pro- tozoen 6 V i t amin B 1 als Wuchss tof f benStigen. Die S t imul ie rung der Hefeg~rung du tch Vi t amin 131 wurde durch S c h u l t z , A t k i n und F r e y ~ Zu einer Bes t immungs - m e t h o d e ftir Aneur in ausgearbe i te t . Ba ld zeigte sich, dab un te r den Mikroorganis- m e n sich al le Uberg~tnge yon vSlliger Unabh~tngigkeit bis zu ex t r emer Abh~tngigkeit yon V i t a m i n B~ Iinden. S c h o p f e r , dem wir zahlreiche Arbe i ten fiber das Aneur in- bedt i r fn is der Mikroorganismen verdanken , nenn t Organ i smentypen , die Aneur in se lbs t zn syn the t i s ie ren vermSgen nnd infolgedessen vSllig unabhfingig yon der An- wesenhei t des Vi tamins ill NfihrlSsungen sind, a u x o- a u t o t r o p h , solche, die aus- schl iegl ich auf den Vi t amingeha l t der N~hrlSsung angewiesen sind, a u x o - h e t e r o - t r o p h . E n t s p r e c h e n d tier N a t u r des an t ineur i t i schen Vi tamins als Molek~lkomplex zwe ie rR ingsys t eme - - d e s Tti iazol- nnd des Pyr imid inr inges - - g i b t es nun dazwischen- l i egende i Jbe rgangs typen der Vi taminabhf ingigkei t , die dadurch gekennzeichnet s ind, dab manche Mikroorganismen nnr eifl biologisch ak t ives Thiazol , andere ein en t sprechendes P y r i m i d i n benStigen, die zweite K ompone n t e oder gar das Gesamt- molekfi l jedoch selbst aufzubauen verm6gen.

S c h o p f e r s ve rdanken wir eine E in te i lung der Mikroorganismen nach ihrem Anenrinbedfirf l l iS in vier verschiedene Gruppen , die nach einem besonders typ i schen Organ i smns bezeichnet sind, an dem die entsprechende W i r k u n g zum ers tenmal s t u d i e r t wurde ; er un te rsche ide t :

1. den T y p u s Glaucoma piri/ormis bzw. Phytophthora cinnamomi, der das ganze Aneur inmolekf i l benSt ig t 9;

2. den T y p n s Phycomyces und Staphylococcus aureus, der en tweder Aneur in

1 F. L i p m a n l l : Nature (London) 138, 1097 (1936); Ellz'ymologia 4, 65 (1937). 2 I~. Lohma l ln und P. II. S c h u s t e r : Nafurwiss. 25, 26 (1937); Biochem. Z. ;294, 188

(1937). 3 G. M. H i l l s : Biochemic. J. 32, 383 (1938). 4 R. j . W i l l i a m s und D. H. S a u n d e r s : Biochemic. J. 28, 1887 (1934). - - A. S. Sc hu l t z

und Mitarbeiter : J. amer. chem. Soc. 61) 1931 (1939). - - R. J. W i l l i a m s ulld R. R. Roehm : J. biol. Chemistry 87, 581 (1930).

s G. L. Ta~um und Mitarbeiter : Biochemic. J. 30; 1898 (1936). - - W. ]3. Wood und Mit- arbeiter: J. Bacteriol. 36, 201 (1938); Proc. Soe. exp. Biol. Med. 36, 217 (1937).

6 F. K6gl ulld N. F r i e s : J. physiol. Chem. 249, 93 (1937). - - W . H. Schopfe r : Ergebn. Biol. 16, ] (1939). - - W. J. R o b b i n s : Proc. nat. Acad. Sci. USA. 24, 53 (1938). - - B. C. J. G. K n i g h t : Biochemic. J. 31,731,966 (1937). - - A. Lwoff : Ann: Inst. Pasteur 61,580 (1938).

v A. S. S c h u l t z , L. A t k i n und Ch. N. F r e y : Ind. :Engng. Chem., analyt. :Edit. 14, 35 (1942). - - Vgl. auch H. B u n z e l l : Ind. :Engng. Chem., analyt. Edit. 14, 279 (1942).

3 Zusammenfassung bei W. If. S c h o p f e r : Ergebn. Biol. 16, 1 (1939). - - N. N i e l s e n : Wuchsstoffe und Antiwnchss±offe der 5~ikroorganismen. J ena: G. Fischer (1945). - - A . J a n k e : Zbl. Bakteriol., Parasitenkunde, Infektionskrankh. 100, 409 ( 1 9 3 9 ) . - F. Sorgo : Arch. Mikrobiol. 10, 265 (1939).

9 A. Lwof f : C. R. Soc. Biol. 126, 771 (1937); 128, 241 (1938).

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412 J. S c h o r m ~ l l e r :

oder das Gemisch yon Pyrimidin und Thiazol in ~tquimolekularen Mengen t ben6tigt ;

3. den Typus Rhodotorula rubra, der sich mit Pyrimidin allein entwickelt2; 4. den Typus Mucor ramannianus, der mit Thiazol allein zu waehsen vermag 3.

Von diesen Gesichtspunkten ausgehend wurden in den letzten Jahren eine groBe Reihe yon Aneurinhomologen, Thiazol- und Pyrimidinderivaten auf ihre Spezffitiit hinsichtlich der biologischen Wirkung auf Mikroorganismen nntersucht. Aus der Ftille des Materials seien einige Beispiele angeffihrt.

a) A b w a n d t u n g e n im G e s a m t - A n e u r i n m o l e k i i l .

S c h o p f e r , L w o f f u. a. untersuchten das Verhalten von Phycomyces gegen Aneurinhomologe mit verschieden abgewandelten Substituenten im Molekiil. Dieser Mikroorganismus, in Sonderheit Phycomyces blakesleeanus, hat besondere Bedeutung dadurch erlangt, dab er zur Grundlage des yon S c h o p f e r ausgearbeiteten mikro- biologischen Testes auf Vitamin B 1 wurde. Phycomyces blakesleeanus bedarf zu seiner Entwicklung des Aneurins, und sein Bedarf an diesem Vitamin ist so spezifisch und ausschlieBlich auf Vitamin B 1 gerichtet, dab das Waehstum yon Phycomyces unter Einhaltung best immter Bedingungen zur Ermit t lung des Aneuringehaltes in zahl- reichen Substraten geeignet ist (vgl. z. B. Thren4).

Besondere Bedeutung besitzt der T h i a z o l r i n g , der yon Mor i i 5 bei Unter- suchungen an Tauben als Wirknngszentrum des Vitamins B 1 erkannt wurde. I m Thiazol fiihrt vor allem jede Ver~inderung der Oxy~thylgruppe zu inaktiven Sub- stanzen, ein nicht unverst~ndlicher Befund, wenn man an die Bedeutung der 5-Stellung fiir die Cocarboxylase-Bildung (Veresterung mit Pyrophosphors~ure) denkt. Daneben ist die 9~-Stellung des Th~azols gegen Eingriffe besonders empfind- lich, wobei das H-Atom eine wesentliche Rolle spielt; dieser Belund ist ebenfalls nicht iiberraschend, wenn man mit L i p m a n n das Coferment der Carboxylase als eine Dehydrase betrachtet, in der dem Aneurin die Rolle eines Wasserstoffiibertr~gers zukommt.

Auch der P y r i m i d i n k e r n weist eine weitgehende Konstitutionsspezifit~tt auf. Besonders t r i t t dies bei Abwandlung der Aminogruppe in 4'-Stellung in Erscheinung, wie auch S c h u l t z bei Untersuchungen an Tauben festgestellt hat. Dagegen kann die Methylgruppe in 2'-Stellung des Pyrimidins ohne Herabsetzung der Wirkung substituiert werden. Ersa tz der 2'-Methyl- durch die 9.'-Athylgruppe ffihrt zu einem ftir Phycomyces aktiven Aneurinhomologen. Dieses ~thylaneurin ist nach bisherigen Beobachtungen die einzige Substanz, die das Vitamin B 1 bei Phycomyces ersetzen kann ( S c h o p f e r , R o b b i n s , K a v a n a g h ) . I m allgemeinen zeigt Phycomyces ausgepr~igte Spezilit~t gegentiber Aneurin. Sind Analoge des Aneurins biologisch aktiv, so ist ihre Aktivitiit im Vergleich zu der des eigentlichen Vitamins B 1 immer verschwindend gering. Die Wirksamkeit yon Aneurinanalogen, die in 5-Stellung des Thiazolringes substituiert sind, betr~tgt z. 13. 2/1000 bis 3/10o 0 derjenigen des Aneurins (Lwoff ) . 24hnliche Verh~ltnisse sind eingehend am tierischen Organismus studiert worden (zusammenfassende Darstellung siehe Schormt i l l e ra ) .

1 w. J. Robbins und F. Kavanagh : Plant Physiol. 13, 611 (1938). 2 %V. J. Robbins und F. Kavanagh:Amer~ J. Bot, 25, 229 (1938).--W. It. Schopfer:

Protoplasma 31, 105 (1938). A. Lwoff und H. Dusi: C. R. hebd. S6ances Acad. Sci. 205, 756, 882 (1937):

4 R. Thren: Vitamine und Hormone 1, 100 (1941). - - E. Deutsch: Schweiz. reed. Wschr. 1942 II, S, 895.

5 S. Morii: Biochem. Z. 309, 354 (1941). 6 j. Schormti!ler: 1Reichsgesundheitsbl. 1941, Nr. 19 und 20.

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Vitamine als Wuchsstoffe ffir Bakterien. ~13

b) Abwai ld lungen der Th iazo lkomponen te . Ffir die Konstitutionsspezifit~tt des Thiazols, die vor allem an St@hylococcus

nnd Phycomyces ulltersucht wurde (vgl. z.B. Knigh t , Schopfer , Sinclair1), ergibt sich folgeildes:

Wichtig ist, wie beim Aneurin, die 2- und die 5-Stellung, deren Ver~nderuilg in allen F~llen zu starker Wirkungsabnahme oder zu Inaktivierung ftihrt. Gewisse Or- ganismen, z. B. Sta~hylococcus-Arten, sind in der Lage, aus einem inaktiven Aneu- rinhomologeil selektiv die wirksame Komponente, in unserem Falle also aktive Thiazole (z. B. 13eilzylthiazole, Imiclazolthiazol) hy-drolytisch aufzubauen und dar- aus unter Verwendung der zweiteil, im N~hrsubstrat zugefiihrten Kompoilente, also eines aktiven Pyrimidins, das aktive Vitamin B~ zu resynthetisieren 2.

Bedeutungsvoll ist weiterhin fiir die syilthetischen M6glichkeiten niederer Or- ganismen, dab Thiochrom fiir gewisse Organismen als Thiazolquelle dienen kann 3.

c) A b w a n d l u n g e n der P y r i m i d i n k o m p o n e n t e . Als Vorbedingung ffir die Auswertung von Pyrimidinanalogen ergaben Unter-

suchungen an Phycomyces, Staphylococcus aure,ts, Rhodotorula rubra, verschiedenen .Flagellaten u. a. Iolgendes Bild:

Anch Pyrimidin weist gteich dem Thiazol weitgehende KonstitutionsspezifitSt auf, die sich ganz besonders in Abwandlungen der Aminogruppe in g-Stellung zeigt. Beim Methyl der T-Stellung oder in 5'-Stellung sind hingegen eine Reihe yon Substitutionen ohne Verminderung der Wirksamkeit m6glich.

Die Tatsache, dab Mikroorganismen Cocarboxylase oder Aneurin bzw. dessen beide Komponenten, cder abet nur den Pyrimidin- bzw. den Thiazolanteil des Vi- tamins benOtigen, hat zu einer Reihe yon Fragestellungen geffihrt.

Die Frage, o b Pyrimidin-Thiazol-Organismen, wie z. B. Phycomyces, die bei Anwesenheit yon Thiazol + Pyrimidin wachsen, eine Synthese des Aneurins durch- Itihren k6nnen (vgl. z.B. Bonner und Erickson~), ist noch ungel6st. Anders liegen die Verh~ltnisse bei Pyrimidin- oder Thiazolorganismen. Die Tatsache, dal3 Rhodotorula mit Pyrimidin oder Mucor raman~ianus mit Thiazol allein anskommt, kann nach Schopfe r nur so erkl~rt werden, dab diese Organismen die fehlende Aneurinkomponente" selbst zu synthetisieren verm6gen. Tats~ichlich eiltwickeln z. t3. Rhodotorula rubra nnd Mucor ramannianus auf synthetischen, wuchssto~ffreieil N~ihr- b6den eine ktinstliche Symbiose, deren Wechselbeziehuilgen sich nach Schopfer folgendermaBen darstellen lassen:

Rhodotorula rubra Mucor rancannianus

Aneurin { synthetisiert Thiazol ~ erh~ilt Thiazol ! erhXlt Pyrimidin < synthetisiert Pyrimidin ~ Aneurin

l~hnlich weist R o b b i n s 5 darauf hin, dab t~hycomyces, . der anf Agar ohne Aneu- tin nicht w~chst, sich bei gleiehzeitiger Anwesenheit des aneurin-autotrophen Pe- nicilliums gut entwickelt, also yon diesem mit Aneurin versorgt wird. Diese und ~thil- liche gegenseitige Erg~inzungeil nur zu Teilsyntheseil bef~ihigter Organismen scheinen

J3. C, J. G. K n i g h t und ~Iitarbeiter: Biochemic. J. 31, 966 (1937); 32, 1241 (1938). - - XV. H. S c h o p f e r : Bull. Soc. bot. Suiss'e 47, 460 (1937); Protoplasma 31, 105 (1938). - - t - I . M. S i n c l a i r : Nature (London) 140, 360 (1937).

2 ~vV, J. R o b b i n s : ?Bull. Torrey bot. Club 65, 267 (1938). 3 A. L w o f f uud I-t. D u s i : C. R. Soc. Biol. Paris 128, 238 (1938).

J. B o n n e r und J. E r i c k s o n : Amer. J. Bot. 25, 685 (1938). E~ W. J. R o b b i n s : Bull. Torrey bot. Club 66, 569 (1939).

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414 J. Schormt~ller :

bei Ffillen yon S y m b i o s e mehrfach eine Rolle zu spielen (vgl. R o b b i n s , W a l l e n - felsl).

In den seltensten F~tllen treffen wit unter natt~rlichen VerhXltnissen auf reine Kulturen eines einzigen Mikroorganismus. Meist handelt es sich um gemischte Kulturen und gerade in solchen Mischkulturen gedeihe, n einzelne, i n der Natur zusammenlebende Organismei1 am besten. Die Erkl~irung daftir l~iBt sich auf Grund der oben mitgeteilten Befunde unschwer dahingehend geben, dal3 bei derartigen Symbiosen ein oder mehrere Wuchsstoffe, die der eine Organismus nieht zu bilderl vermag~ yon einem anderen, der zur Synthese bef~higt ist, geliefert werden. Die Erforschung dieser Verh~tltnisse hat z. B. dazu gefiihrt, dal3 yon F i n k und Mit- arbeitern 2 vorgeschlagell wurde, die Here Torula utiiis zur technisch-biologischen Synthese des Aneurins tiber die beiden Komponenten heranzuziehen.

~tlnliche Probleme, wie das der Synthese yon Aneurinkomponenten bei Mikro- organismen, tauchen auf, wenn wir uns die Frage vorlegen, auf welchem Wege solche Organismen das Aneurin aufnehrrien. Bei dem erw~ihnten Glaucoma-Typ, der das ganze Aneurinmolektil ben6tigt, ist ke ine Umwandlung notwelldig. Anders bei einem Pyrimidin- oder Thiazolorganismus, dem das ganze B1-Molektil angeboten wird. Entn immt z. B. ein Pyrimidinthiazolorganismus einem inaktiven Aneurinhomologen die wirksame Komponente, um sie mit dem anderen, in der N~thrl6sung enthaltenen Teilfaktor zu kuppeln, so mug zun~tchst eine Hydrolyse des inaktiven Aneurin- homologen angenommen werden, wie z. B. beim System Thiocllrom + Thiazol ffir Phycomyces und Staphylococcus oder beim System Chloroaneurin + Pyrimidin ftir Staphylococcus 8. DaB es sich hierbei nicht immer lediglich um eine einfache Hydrolyse handelt, geht aus dem Beispiel des Thiochroms hervor, bei dem, um das. fiir Phycomyces und Staphylococcus ben6tigte Pyrimidin zu beschaffen, eine Spal- tung - - C H ~ - N - und - - C - N = C - und eine ansehliel3end stat tf indende Synthese des aktiven Pyrimidins mit der NH2-Gruppe in 4-Stellung anzunehmen ist 4.

Die Frage nach der B i o s y n t h e s e des Aneurins l~iBt sich dahingehend beant- worten, dab chemische und biologische Synthese - - wenigstens in ihrem letzten Stadium - - weitgehend iibereinstimmen.

l~ber Totalsynthesen yon Teilkomponenten, wie z. B. yon Thiazol, durch Niikro- organismen ist noch nichts bekannt, dagegen verm6gen Pisum-Wurzeln Thiazole aufzubauen 5. Es geht jedoch nicht an, Befunde an Pflanzen auf biosynthetische Frage~ bei Mikroorganismell zu tibertragell, da Pisum-Wurzeln z. B. mit Thiazolen wachsen, die ffir Phycomyces inaktiv sind. Ex t rak te dieser Wurzeln aber, die auf derartigell Thiazolen gewachsen sind, verm6gen Phycomyces nicht zum Wachsen zu bringen. Damit ist man zu der Annahme gezwungen, dab ein fiir Pisum-Wurzel aktives Thiazol durch diese Wurzel nicht in ein fiir Phycomyces aktives Thiazol umgewandelt werder~ kann. Wegen seiner grol3en Bedeutung sei kurz auf das Problem der Aneurin- synthese bei der Hefe eingegangen. Nach F ink und K r e b s 6 ist Torula utilis nicht auf Vitamin B1 als Wuchsstoff angewiesei1, dellnoch vermag sic aus den gleichzeitig zugesetzten Spaltstiicken des Pyrimidins und Thiazols Aneurin in sehr guter Aus-

i W. J. Robbins: Bo~c. Gaz. 99, 671 (1938). ~ K. \¥al lenfels : Chemie 58, 1 (1945). H. Fink ulld Mitarbeiter: Ber. dtsch, chem. Ges..75, 2101 (1942).

a B. C. J. G. Knight und H. Mcllwain: Biochemic. J. 32, 124,1 (1938). C-. Barger und Mitarbeiter: Na~cure (London) 136, 259 (1935).

5 j. Bonnet : Amer. J. Bot. 25, 543 (1938).-- E. R. Buchmann: Proc. nat. Acad. Sci. USA. 24, 431 (1938).

6 H. Finkund H. A. Krebs : ]3iochem. Z. 299, 26 (1938). - -A. Scheunert und 1VL Schieb- ich: Tierern~hrung 9, 173 (1937).

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Vitamine als ~Wuchsstoffe fiir Bakterien. 415

beute zu synthetisieren, das gebildete Anenrin zum grogen Teil in Pyrophosphat (Cocarboxylase I nmzuwandeln und zu speichern. Dieser Biosynthese sind auch B~ckerhefe, Oidium lactis, Endomyces ve~,nalis und Aspergillus oryzae f~hig. Doch vermag Hefe nicht aus der N~hrl6sung zugesetztem Thiazol allein das Aneurin- molekiil zu synthetisieren 1.

Zusammenfassend l~t3t sich sagen, dab wit bei den Mikroorganismen atle Uber- g~tnge in der F~higkeit znr Aneurinsynthese finden. Anf der einen Seite steht der Aneurinstoffwechsel des ,,pflanzlichen Typus" (Schopfer ) , der Aneurin ohne Schwierigkeiten zu synthetisieren vermag. Ihm gegeniiber steht der ,,Typus des Tie- res", der gezwungen ist, Aneurin mit der Nahrung aufznnehmen. Diese vollst~tndige Heterotrophie, die letzte Stufe der Rfickbildung und Degeneration yore Standpunkt der Pflanze aus, zeigt Glaucoma. hn fibrigen linden wir bei den Mikroorganismen alle Zwischenstufen, wobei eine strenge Abgrenzung in vielen F~illen nicht durch- ffihrbar ist.

2. Vi tamin B~ (Lactof lavin) .

CH 2 . CHOH. CHOH. CHOH. CH2OH I

CH N N HgC ~ . . @ 8 x ~ / 9 ~ 1 ~ CO

• "z I i 2

6 ] 3 XTI3

g CH N CO L a c t o f l a v i n , 6, 7-Dimethyl-9-d-riboflavin.

V i t a m i n B2 (Lactoflavin) scheint in freier Form im Organismus keine we- sentliche Rolle zu spielen, lediglich beim Sehvorgang kommt ihm wahrscheinlich einige Bedeutung zu. B2-Avitaminosen beim Menschen waren bis vor kurzer Zeit nicht bekannt. Neuerdings zeigte sich indessen, dab sie an versehiedenen Kranld~eits- erscheimmgen beteiligt sind oder sie an sich ausl6sen. Ffir die physiologische Akti- vitSt des Vitamins als Wirkgrnppe yon Fermenten besonders wichtig ist seine reversible Reduzierbarkeit, die fiber eine Leukostufe verlSuft, so,Me die Veresterung mit Phosphorsfiure. Die im letzteren Fall entstehende Laetoflavinphosphors~ure bildet die prosthetische Grupp e verschiedener gelber Fermente. In Verbindung mit spezifischen Proteinen als Apoferment geh6ren sie verschiedenen Enzymgruppen an. t3esondere gedeutung besitzt vor allem die Diaphorase, die an Stelle des alten ,,gelben Ferments" von W a r b u r g zu treten scheint und die im Zellstoffwechset eng verknfipft ist mit der Wirkung yon Dehydrasen der Nicotins~iureproteide, die augerdem eine wichtige Rolle als Phosphorylase ffir Aneurin und Nicotins~iure spielt.

Der hohe Gehalt mancher Mikroorganismen an Lactoflavin weist daraufhin, dab dessen Synthese in derartigen Organismen nicht nur ein Ausdruck allgemeiner Lactoflavin-Antotrophie ist, sondern dab vielmehr Riboflavin bei Mikroorganismen auch im Zellstoffwechsel eine wesentliche Rolle spielt. Als besonders reict~ an Lacto- ftavin erwiesen sich MilchsSnrebakterien (Bacterium Ddbr@kii), ButtersSnrebak- terien (Clostrydium butyricum), der Pilz Eremothecium Ashbii ( G u i l l e r m o n d ,

H. Fink und LYiitarbeiter: Biochem. Z. 309, 1 (1941).

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416 J. Schormt i l le r :

R a I f y 1) sowie Aceton-Butylalkohol-Bakterien (Yamasaki2). Nach S c h o p f e r 3 ist Candida Guillermondii zur Biosynthese des Lactoflavins bef~higt.

O r l a - J e n s e n hat in den Jahren 1933--1936 im Lactoflavin den ersten Wuchs- stoff ftir viele Milchs~iurebakterien entdeckt. Die optimale Konzentration betrfigt bei den LangstXbchen etwa 0,5 • 10 .6 g/cm ~. Sie entspricht also gerade dem durch- schnittlichen Gehalt der Milch (0,5--1,0 mg/1) an diesem Vitamin. Daneben ist Lactoflavin als Wuchsstoff nur bei wenigen anderen .Bakterienarten bekannt ge- worden, so bei dem pathogenen Schimmelpilz Trichophyton interdigitale (Oospora ~onsurans) (M o s he r4), bei einigen Schimmelpilzarten, wie Phycomyces, Mucor und Absidia (SchopferS), und bei einem Stature eines h~tmolytischen Streptococcus ( H u t c h i n s und Woolley~). Auch das Wachstum gewisser Sarcinen wird durch Lactoflavin giinstig beeinfluBt (SartoryT). Verschiedene Mikroorganismen sind zur Synthese des Vitamins B~ beffihigt,, so der Pilz Aspergillus oryzae s, Aceton- Butylalkohol-BakterieI1 nnd die Here Torula utilis. Aspergillus niger produziert ttir gewShnlich keine wesentlichen Mengen Lactoflavin. Sobald jedoch Magnesium- mangel im Kulturmedium dieses Mikroorganismus herrscht, tr i t t sehr starke Vita- min B~-Bildung efn, e in Befund, der auf Zusammenh~nge zwischen Lactoflavin- produktion und' Funktion des Dehydrasensystems bei Aspergillus niger hinweist 9.

Die bei der Untersuchung von Milchs~urebakterien auf ihren Lactoflavinbedarf gewonnenen Ergebnisse ( O r l a - J e n s e n , Snel l und S t r o n g 1°) boten Einblick ifi die Wirkungsweise des Vitamins bei Bakterien. Die Milchs~urebakterien scheinen in der Mehrzahl Vitamin B~ als Wuchsstoff zu benStigen, Snel l und S t r o n g aller- dings teilen, im Gegensatz zu O r l a - J e n s e n , einigen St~mmen die' F~higkeit zur Synthese des Lactoflavins zu. Hier, wie auch in anderen, aus der Literatur bekannt- gewordenen F~llen s ind Differenzen wohl auf die verschieden zusammengesetzten Kulturmedien zurtickzuftihren.

uns interessieren die Untersnchungen yon S n e 11 u n d S t r o n g vor allem deshalb, weil sie sich auf Flavine verschiedener Konstitution beziehen. Die biologische Ak- tivit~it der Flavinderivate wird dabei an einem spezifischen Wachstnmstest gemessen, der entweder das Wachstum als Funktion der Triibungszunahme oder aber der titrierbaren S~urebildung im Kulturmedium verfolgt. Vergleichende Bestimmungen zwischen Bakterientest, Rattenwachstumstest nnd W a r b u r g s c h e m Fermentver- such ergaben, dab ill der Mehrzahl der F~lle Flavine, die an der Ratte und im Fer- mentversuch aktiv waren, sich auch an Milchs~iurebakterien als biologisch aktiv erwiesen. Diese weitgehende Analogie wird lediglich in einem Pall durchbrochen: das an der Ratte aktive Lactoflavinacetat erwies sich gegeniiber Milchs~iurebakferien als inaktiv. Zuriickzufiihren ist diese Erscheinung auf die schwere Spaltbarkeit

1 A. Guillermond und Mitarbeiter: C. R. hebd. S~ances Acad. Sci. 201, 1077 (1935). - - A. Ra l ly : 205, 1005 (1937); C. R. Soc. Biol. Paris 126, 875 (1937).--E. Deseive: Milchwiss. 2, 141 (1947).

I. Yamasaki: Biochem. Z. 297, 398 (1938); 300, 160 (1939); Proc. Imp. Acad. Tokyo 16, 6 (1940).

3 W. H. Schopfer: Arch. Sci. physiques IIatur. (5), 26 (149). 147 (1944). W. A. Mosher und Mitarbeiter: Plant Physiol. 11, 795 (1936). W . I-I. Schopler : Ber. schweiz, bot. Ges. 43, 389 (1934); Arch. Mikrobiol. 5, 511 (1934), t3. L. Iqutchins ulid D. W. Woolley: Scielice (New York) 90, 41 (1939).

7 A. Sar tory und Mi±arbeiter :C. R. hebd. S@ances Acad. Sci. 206, t414 (1938). s A. Seheuliert ulid M. Schieblich: Biochem. Z. 286, 66 (1936). 9 j. Lavol lay und F. Laborey: Anliales Fermelitat. 6, 129 (1941). 10 VgI. z. 23. S. Orla-Jelisenn : Zbl. Bakteriol., Parasitenkunde, IIIfektionskralikh. Abt. II

94, 434 (1936); Nature (Lolidonn) 135, 915 (1935). - - E. E. Snell lllld F. 2¢L Strong: Eiizymo- logia 6, 186 (1939); J. biol. Chemistry 123, Proc. CXII (1938).

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Vitamine als Wuchsstoffe fiir Bakterien. 417

esterart iger Verbindungen durch gewisse Milchs~turebakterien, die ihrerseits auf dem Mangel an spezifischen esterspaltenden Fermenten beruht. In allen tibrigen F~llen war gleiches biologisches Verhalten zu beobachten. Die Notwendigkeit des Vita- mins B 2 ffir das Wachstum gewisser Mikroorganismen (Lactobacillus casei) wurde zur Grundlage eines mikrobiologischen Testes auf Lactoflavin (vgl: z. B. E m m e t t , Sne l l , C h a t t a w a y u. a.1).

Das Fehlen der beiden wesentlichen Methyl-Gruppen in 6- und 7-Stellung be- w i r k t z. B. vSllige Inaktivierung, ebenso mug die NH-Gruppe in 3-Stellung frei sein. AuBerdem ist die Struktur der Pentitkette, wie bei der Ratte, sehr spezifisch, da andere Pentite im Organismus die Veresterung mit Phosphors~ure oder die an- schlieBende Kupplung zum Flavinenzym hemmen. Einfiihrung einer Methylgruppe in 5- oder 8-Stellung vernichtet die Wirkung u. a. m. Das yon K u h n , W e y g a n d und M611er 2 dargestellte 6,7-Dichlor-9-d-riboflavin, das sich vom Lactoflavin lediglich dutch den Ersatz der beiden Methylgruppen durch Chlora~ome unter- scheidet, zeigt bei verschiedenen Bakterien (Bacterium acidi lactici, Milchs~ure- bakterien, Streptobacterium plantarum, Staphylococcus pyogenes aureus) einen wachstumshemmenden Effekt. Es ist ein s p e z i f i s c h e r Hemmstoff, ein Antagonist des Vitamins B 2, da sich die hemmende Wirkung auf das Bakterienwachstum dureh Zusatz yon Lactoflavin vollkommen aufheben l~Bt.

Zusammenfassend ergibt sich, dab die Wachstumswirkung eines Flavins in hohem Grade durch geringe Anderungen in Konstitution und Konfiguration des ats optimaler Standa=d zu betrachtenden Lactoflavinmolekfils beeinfluBt wird. Keines der zahlreiehen untersuchten synthetischen Flavine zeigt die Wirksamkeit des Naturproduktes l_,actoflavin.

3. Nicot ins~iure.

\ / N

Nicotins~ture (Pyridin-~-carbons/iure) bzw. deren Amid ruft beim FehleI1 in tier menschlichen Ernfihrung die als Pellagra seit Jahrhunderten bekannte Krankheit hervor. J~qnivalente Mangelerscheinungen sind die Pellagra des Schweines, des Affen u n d die als Schwarzzungenkrankheit (black tongue) bezeichnete Avitaminose des Hundes. Im Organismus yon Mensch und Tier seheint Nicotins~iure bzw. deren Amid erst nach entsprechendem Umbau zu C o d e h y d r a s e n physiologisch akt iv zu werden, die sich aus Nicotins~tureamid, Phosphors~ure, Adenin und Pentosen (walTrscheinlich d-Ribose) aufbauen und die man dementsprechend auch als Di- phospho- und Triphosphopyridinnucleotid (DPN. bzw. TPN.) unterscheidet. Da- neben ist in der Literatur der b'iologisch verbundene Komplex beider Codehydrasen als , ,Faktor V" eingeffihrt. Den aktiven Molektilteil der Codehydrasen stellt der Pyridinring dar, der unter partieller und reversibler Hydrierung Dihydrocode- hydrasen liefert. Sie sind - - im Gegensatz zum Flavinenzym - - n i c h t autoxydabel und bedfirfen deshalb eines Acceptors, der sie unter Dehydrierung in die oxydierte,

1 A. D. E m m e t t und Mitarbeiter : Ind. Engng. Chem., analyt. Edit. 13, 219 (1941). - - E. E. Snell und E. ~. Strong: Ind. Engng. Chem., analyt. Edit. 11, 346 (1939). - - F. V~% Cha t t away und Mitarbeiter : Biochemic. J. 37, 298 (1943). - - E: Bar ton-Wright und R. G. ]Booth : Biochemic. J. 37, 25 (1943). - - F. C. Happold : Nature (London) 152, 414 (1943).- E. Kodicek und A. N. YVorden : Nature (London) 154, 18 (1944).

2 R. iKuhn, F. Weygand und E. F. MOller: Ber. dtsch, chem. Ges. 76, 1044 (1943). Lebensmittel , Bd. 88 Hef t 4. 2~

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418 J. S c h o r m i i l l e r :

wieder umsatzbereite Form zuriickiikhrt. Die groBe biologische Bedeutung dieser Dehydrogenasen erhellt daraus, dab den bisherigen Untersuchungen zufolge fast alle gepriiften fermentat iven Dehydrierungen nu t in 'Gegenwart yon Di- oder Tri- phosphopyHdinnucleot id v o r sich gehen, dab also wahrscheinlich a l le derar t igen Dehydrierungen als Pyr idinkatalysen anzusprechen sind. Neben diese Rolle der Codehydrasen als WasserstofI i ibertragende Akt iva toren scheint noch ihre Bedeutung beina Phospha t t ranspor t zu treten.

Die biologische Bedeutung der Nicotins~iure fiir Mikroorganismen liegt vor atlem in ihrer Wirkung als Wuchsstoff. Abwandlungen des Codehydrasemolekiils wirken sich besonders i m Pyridinkern aus, entsprechend der Bedeutung dieses R ingsys t ems fiir den Oxydo-Reduktions-Mechanismus der Pyridin-Cofermente, so dab wir uns auf die Betrachtung yon Molekiil~inderungen im Pyridinring, also in der Nicotins~iure bzw. deren Amid beschrfinken kSnnen.

Die Wuchsstoffnatur der Nicotinsfiure wurde 1937 fast gleichzeitig yon K n i gh t t bei Staphylococcus aureus und yon M u e l l e r 2 bei Clostridium diphtheriae erkannt , zur selben Zeit also, als E l v e h j e m fand, dab Nicotins~iure bei Hunden als Anti- pellagrafaktor wirkt. Experimentel l s teht noch nicht lest, wie dieses Vitamin bei Mikroorganismen in den Stoffwechsel eingreift. Wir wissen lediglich, dab Cozymase bei Staphylococcus in gleicher Weise wie Nicotins~ure wirkt. Nach K n i g h t 1 sind Nicotins~ure, deren Amid und ihr ~ thyles te r aktive Wuchsfaktoren dieses Organis- mus. Im Gegensatz zum Amid benStigen die freie S~ure und der Athyles ter eine gewisse Anlaufzeit, woraus auf-eine vorher notwendige Umwandlung der beiden le tz tgenannten Stoffe zu schlieBen ist. Der P f e i f f e r s c h e Influenzabacillus Hii~o- philus parain/luemae 3 vermag Nicotinsfiure nicht an Stelle der Cozymase zum Wachs- tum auszunutzen, er ist - - als einziger, bisher bekanntgewordener Mikroorgan i smus- - nicht in der Lage, Cozymase aus den Einzelkomponenten zu synthetisieren. L w o f f und L w o f f ~, vorher bereits R i v e r s ~ ba t ten als unentbehrlich fiir das W a c h s t u m yon H~mophilus parain/luencae den , , F a k t o r V" beschrieben, der sich in der Folge- zeit als biologischer KompIex aus Di- urid Triphosphopyridinnucleot id, also Cozy- mase I nnd I I , erwies. Fiir die Milchs~iurebakterien wurde die Notwendigkei t der Nicotins~iure als Wachs tumsfak tor zuerst yon S n e l l 5 bei Streptobacterium casei und Lactobacillus arabinosus erkannt. Die optimale Wirkung liegt hier bei etwa 10 .6 g/ccm. Fiir Streptobacte~ium pIantarum wurde d i e 'Bedeu tung der Nicotins~iure als Wnchs- stoff zwar h~iufig angenommen (vgl. z. B. M611er6), doch liegen auch Befunde vor, wonach sie nicht unbedingt erforderlich ist. Fiir andere Bakter ien ist das Anti- pel lagravitamin jedoch ein unentbehrlicher Wuchsfaktor , so far Bacterium diph- theriad und Staphylococcus aureus s, fiir Bacteriu~ dysenteriae 9, ftir Bacillus p~oteus 1°,

1 B. C. J. G. K n i g h t : Nature (London) 139, 628 (1937); Biochemic. J. 31, 731 (1937). 2 . j . H . Mueller : J. Bacteriol. 34, 4:29 (1937); J. biol. Chemistry 120, 219 (1937). a A. Lwoff und IVf. Lwoff : Proc. Roy. Soc. (London), Ser. B 122, 360, 532 (1937); Ann.

Inst. Pasteur 68, 469 (1942). a T. i-VI. l~ivers: Bull. Johns Hopkins Hosp. 33, 149,,429 (1922). 5 E. E. Snell und Mitarbeiter: J. amer. chem. Soc. 60, 2825 (1938). 6 E. F. MSller: J. physiol. Chem. 260, 246 (1939).

Vgl. Ainu. 2. s VgI. Anm. 1. 9 St. A. Koser und iViitarbeiter : Proc. Soc. exp. Biol. Med. 38, 311 (1938). - - I~ J. l~lig-

let und N. Grossowicz : J. Bacteriol. 38, 309 (1939). - - N. Yosida : Fukooka Acta med. 32, 88 (1939). - - A. Dor fmann und Mitarbeiter : Proc. Soc, exp. Biol. ~,-V[ed. 43, 434 (1940).

lop . Fildes : Brit. J. exper. Pathol. 19, 239 (1938).--A. Lwoff und A. Quer'ido : C. R, Soc. Biol. Paris 130, 1569 (1939).

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Vitamine a!s Wuchsstoffe fiir Bakterien. ~1~

fiir Brucella t u n d fiir Pneumococcus 2. F ~ r Hefen haben F i n k und J u s t a erwiesen, dab sie in der Lage sind, aus den ihnen zur Verf i igung s tehenden einfacheli Grund- n~ihrstoffen, wie Kohlenstoffquel len, A m m o n i a k und N~ihrsalzen, die Codehydrasen, in Sonderhe i t deren einfach gebau ten Kons t i tuen ten , das Nicotins~iureamid, vol l - kommen zu synthe t i s ie ren . Desgleichen is t die normale Darmf lo ra in der Lage, Nicotins~iureamid aufzubauen 4.

Gleichzei t ig m i t d e r En tdeckung der Wuchss to f fna tu r der Nicotins~iure e rhob sich die F rage nach der Konst i tut ionsspezif i t~i t . E l v e h j e m und seine Schule fanden bei Unte r suchungen am H u n d 5, dab nur dera r t ige Der iva te v011e W i r k s a m k e i t en t - fal ten, die le icht in Nicotins~iure i ibergehen kSnnen; z. B. Amide un.d Es ter . Tief- greifende VerS~nderungen, wie Kernsubs t i t u t ion , H y d r i e r u n g oder I somer ie f i ihren zu unwi rksamen Verbindungen. Ahnl iche Verh~iltnisse l inden wir im Stoffwechsel solcher Bak te r i en , denen das A n t i p e l l a g r a v i t a m i n als Wuchss tof f unentbehr l ich ist . L w o f f und Q u e r i d o 6 best~itigen die Befnnde yon F i l d e s 6, wonach Nicotins~iure bzw. Nicotins~iureamid den einzigen no twendigen W a c h s t u m s f a k t o r ftir Bacillus proteus dar s t e l l t und zwar in einer Konzen t r a t i on iron 10 -s Mol. Alle anderen un te r - suchten Der iva t e wirken, wenn i iberhaupt , e rs t in deut l ich hSheren Konzen t ra t ionen , so der Athy les te r , das D i ~ t h y l a m i d (Coramin), Me thy l -3 -py r id in (~-Picolin), Nico t in- s~iure, Pyridin-3-sulfosf iure, 2-, 3 -Pyr id ind icarbons~ure (Chinolms~inre), das Methyl - chlor id des Nicotins~iureamids und der Nicotins~iure (Trigonelt inchlorid) und P y - ridin-4-carbons~iure (Isonicotins~iure). I n a k t i v waren 2-, 4-, 6 -T r ime thy l -3 - , 5-py- r id indiearbons~ure , 2-, 4-Dimethyl-3-pyr id incarbons~iure , der Methylschwefelsfiure- es ter des Trigone!l ins und Pyridin-2-carbons~iure (Picolins~iure). P e l C z a r und P o r t e r v fanden eine ~ihnliche Ausnu tzung von Nicotins~iure und den d a m i t ver- wand ten Verb indungen bei verschiedenen Pro teuss t i immen, z. B. Proteus morganii. D o r f m a n un te rsuch te die Konst i tu t ionsspezif i t~i t bei Bacterium dysenteriae s, K n i g h t und M e I l w a i n 9 bei Staphylococcus aureus, M S l l e r und B i r k o f e P 9 bei Proteus vulgaris und Streptobacterium plantarum. Letz t e re fanden, dab der Methy les te r der Nicotins~iure bei Proteus vulgaris in seiner W i r k u n g PH-abh~tngig ist.

Dar t iber h inaus s te l l t Nicotins~ture ftir eine Reihe yon Pf lanzen einen no twen- digen W u c h s f a k t o r dar, wie an Wurze ln von Alfalfa, Klee, Baumwol le und E rbsen erwiesen wurde 1~. Anch hier is t in vielen F~l len die Kons t i tu t ionsspez i f i tXt der Nico- t ins~ure sehr ausgepr~gt .

Nach K o s e r nnd Mi ta rbe i t e rn n zeigen die Bak te r i en hins icht l ich ihres Wnchs- s toffbedarfes an Nicot ins~ure bzw. deren Amid alle l~berg~inge von solchen, die nur

1 G. P. J. K e r b y : J. Bacteriol. 37, 495 (1939). L. Rane und Y. S u b b a r o w : J. biol. Chemistry 134, 455 (1940).

3 H. F i n k und F. J u s t : Biochem. J. 303, 404 (1939). S. W. H a r d w i c k : Lancet 1946/I, S. 267. - - P . E l l i n g e r und Mitarbeiter: Nature (London)

154, 2'70 (1944). 5 D. V~ r. W o o l l e y , F. M. S t rong , R. J. M a d d e n u n d C. A. E l v e h j e m : J. biol. Chemistry

124, 715 (1938). 6 p. F i l d e s : :Brit. J. exper. Pathol. 19, 239 (1938) . - A. Lwoffund A. Q u e r i d o : C. R.

Soc. Biol. Paris 130, 1569 (1989). h{: P e l c z a r und J. R. P o r t e r : J. Bacteriol. 39, 429 (1940).

s A. D o r f m a n und lViitarbeiter : J. amer. chem. Soc. 60, 2004 (1938); J. infect. Diseases 65, 163 (1939).

s ]3. C. J. G. K n i g h t und H. 5~IcIlwain: Biochem. J. 31,731 (1937); 32, 1241 (1938). 10 E. F. I~ISIler nnd J. B i r k o f e r : Ber. dtsch, chem. Ges. 75, 1108 (1942). - - Vgl. auch

I. C. K l ig l e r und N. Grossowicz : J. Bacteriol. 42, 173 (1941). 11 Vgl. z. B. R. A d d i k o t und A. D e v i r i a n : Amer. J. B0t. 25, 667 (1939). - - J. Bonner

Plant Physiol. 15, 553 (1940); Amer. J. Bot 27, 692 (1940). ~ St. A. Kose r und 51itarbeiter : Proc. Soc. exp. Biol. Med. 47, 504 (1941).

28*

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420 J. Schormt i I l e r :

Nfcotins~tureamid zu verwerten verm6gen, fiber solche, die mit Nicotins~ure und ihrem Amid in gleicher Weise zu wachsen verm6gen bis zu Organ~smen, wie Pasteu- rella miseptica, die nur mit Nicotins~ure, nicht aber mit ihrem Amid gedeihen k6nnen. Letzterer Befund widerspricht den Erfahrungen, wonach die n~tchst h6here Zwischenstufe zum Coferment, das Amid also, aktiver ist als das kleinere Bruch- stiick des Wirkstoffes. K o s e r zieht daraus den SchluB, dab Nicotins~iure nicht nur 13austein der bisher bekannten Codehydrasen, sondern auch anderer, bisher noch unbekannter. Cofermente sein kann, bei denen Nicotins~tureamid n i c h t die erste Zwischenstufe im Aufbau der Codehydrasen aus Nicotins~ture ist, bei denen vielmehr durch manche Bakterien direkt die Verkntipfung der freien Nicotins~ture mit der Ribose erfolgen kann (M611er~).

Zusammenfassend ergibt sich strenge und weitgehende Konstitutionsspezifit~t der Nicotins~ure in ihrem Verhalten als Wuchsstoff ftir Bakterien. Mit wenigen Aus- nahmen herrschen beim Tier wie bei Mikroorganismen gleiche Gesetzm~13igkeRen,

d ie sich am besten durch die von W o o l l e y erhobene Forderung charakterisieren lassen, dab nur solche Verbindungen biologisch aktiv sind, die im Organismus hydro- lytisch oder oxydativ in Pyridinderivate tibergehen und bei denen der fl-Substituent die reversible Reduktion der entsprechenden Pyridiniumsalze erm6glicht, wie dies ftir den Reaktionsmechanismus der Codehydrasen zu fordern ist. Pyridinderivate, bei denen Substitution in 2-Stellung vorliegt, oder solche K6rper, die der Organis- mus weder zu decarboxylieren noch zu hydrolysieren vermag, sind biologisch un- wirksam.

4. Antagonisten der Nicotins/iure. Die schon lange bekannte Tatsache, wonach die wirksame Dosis bakteriosta-

tischer Stoffe yon im Nfihrmedium enthaltenen, antagonistisch wirkenden Sub- stanzen weitg~hend abh2ingig ist, land ihre erste Aufkl~trung vom chemischen Stand- punkt aus, als es W o o d s und F i l d e s im Jahre 1940 gelang, in tier sp~iter Zu bespre- chenden p-Aminobenzoes~iure einen Antagonisten zu den therapeutisch so wich- tigen Sulfonamiden zu finden. Die Tatsache, dab Ersatz der Carboxylgruppe durch die Sulfons~iuregruppe zu einem bakteriostatisch wirksamen KSrper ffihrt, legte den Gedanken nahe, die wachstumshemmende Wirkung yon Pyridin-fl-sulfonsXure bzw. deren Amid gegeniiber Nicotins~ture zu priifen.

. Eine Reihe von Befunden, so bei Proteus vulgaris, Bacterium coli und staphylo- coccus aureus (McI lwa in ~, E r l e n m e y e r und W i i r g l e r zeigten, dab Pyridin- fl-sulfons~ture und deren Amid in Anwesenheit kleiner Nicotins~uremengen wachs- tumshemmend wirken. Den hemmenden Einflul3 des Pyridin-fl-sulfamids auf Strepto- bacterium plantarum konnten M 611 e r und B i r k o f e r 1 durch Nicotins~ure, deren Amid, Cozymase, Thiazolcarbons~ture und durch verschiedene Schwermetalle, besonders durch Eisensalze, wieder aufheben. Derartigen Befunden Stehen gegenteilige Erfahrungen anderer Autoren gegenfiber. Eine endgiiltige Kl~trung dieser Antagonismen steht nach M611er und B i r k o f e r noch aus, der Antagonismus Nicotins~ure--Pyridin- fl-sulfons~tureamid jedenfalls entspricht nicht den einfachen, iibersichtlichen Ver- h~ltnissen, wie sie bei den sp~iter zu besprechenden, yon K u h n und Mitarbeitern untersuchten Verdr~tngungsreaktionen zwischen Sulfanils~ure und p-Aminobenzoe- s~iure einerseits, Sulfopantothens~ture und Pantothensfiure andererseits klargelegt wurden. Desgleichen bedtirfen die Beobachtungen von W e s t und C o b u r n a, wonach

1 Vgl. s. 419, Anm. I0. ' 2 Vgl. S. 419, Anm. 9. 3 Vgl. West ulld Coburn : J. exp. Medicine 72, 91 (1940) ; vgl. auch S. W. Hardwick: Zit.

S. 419, Anm. 4.

Page 14: Zusammenfassende Übersichisberichte Vitamine als Wuchsstoffe für Bakterien

Vitamine aIs Wuchss~coffe f/ir ]3akterien. 49.1

Sulfapyridin beim Wachstum von Staphylococcus aureus oder bei der Atmung von Bacteriu~ dyse~teriae nnter best immten Bedingungen ein Antagonist der Nicotin- s~ure sei (vgl. D o r f m a n und Mitarbeiterl), im Hinblick auf andersgeartete Ergeb- nisse MOllers ~ noch weiterer Kl~irung. Besondere Schwierigkeiten entstehen z. B. bei Stmptobacterium plc~ntarum dadurch, dab manehe derartige St~tmme pl6tzlich ohne den bis dahin ben6tigten WuchsstofI auszukommen verm6gen, also normales Wachstum auch ohne Nicotins~iure zeigen, dab aber naeh mehreren Monaten ein spontanes Znrtickschlagen des Stammes, verbunden mit neuerlichem Nicotins~inre- bedarf, eintreten kann. v. E u l e r a nntersuchte isolierte Fermentsysteme (tierische Dehydrasen) anf Hemmnng, Enthemmung und Verdr~ingnng durch eine Reihe von ,,Antivitaminen", wie Pyridinsulfos~tnre und ihr Amid, Jodmethylate des Nicotin- s~ureamids und des Pyridinsulfonamids. Die Spezifit~t derartiger Mechanismen ist wenig ausgeprfigt: sowohl heterocyclische wie aromatische Carbon- und Sulfon- sXuren zeigen deutliche Hemmnngswirkungen. Wenn auch wie im Falle der Pyridin- sulfos~ture Hemmungen an Dehydrasesystemen beobachtet wurden, die sich als Verdr~ingung der Cozymase deuten lassen, so bleibt dennoch die MOglichkeit often, dab bei den an Mikroorganismen beobachteten Wachstumshemmnngen die Wirkung der Pyridinsulfons~ure an der Nicotins~ture selbst oder an einer Zwischenstufe beim Aufbau der Codehydrasen einsetzt.

5. Vitamin B 6 (Adermin, Pyridoxin). CH20H CH a

HoH H3c/ o

~,~) CHa , /CI-I3 N N

Adermin 4,5-bis-desoxyadermin.

Die durch Fehlen des Adermins hervorgernfene Avitaminose fiuBert sich vor allem am Organismus der Rat te in Form einer zweiseitig entwickelten, scharf um- grenzten Dermatitis, die infolge ihrer Nhnliehkeit mi t der Acrodynie der Kinder wohl auch als , ,Rattenacrodynie" bezeichnet wird. Daneben scheint Vitamin B 6 auch bei Taube nnd E u h n eine Rolle zu spielen. Beim Mensehen greift Adermin offenbar in Zellreaktionen des Nervensystems und des h~tmopoetischen Systems ein. Bei Mikroorganismen hat sieh das Vitamin als spezifiseher Wuchsfaktor erwiesen.

Nicht verwunderlich erscheint dies fiir Hefe, geh6rt diese doch zu den am besten bekannten Vitamin-BG-Quellen. S c h u l t z und Mitarbeiter sowie E a k i n 4 betrachten Adermin ats wesentlichen WnChsfaktor fiir Hefe, w~hrend W i l l i a m s 5 bei drei St~irnmen von Saccharomyces cerevisiae das Vitamin als verh~tltnism~13ig nnwichtig erachtet. Die optimale Dosis liegt nach ]?;akin bei 0,05 7. Im GXrtest nach S c h u l t z 6 zeigt Adermin ~hnlich wie Nicotins~nre eine beschleunigende Wirknng, worauf sich ein Hefewachstumstest als Bestimmungsmethode fiir Vitamin B 6 grtindet. Desglei- chen ist eine unterg~rige, bisher botanisch nicht n~iher definierte Here aus Sauer-

Vgl. A. Dorfman und Mitarbeiter: Proc. Soe. exp. Biol. Med~ 45, 750 (1940). Vgl. S. 419, Anm. 10.

a E, Adler, H. v. Euler und B. Skarzynski : Ark. Kern., ~-Vfineral. Geol., Set. A 16~ 1 (I943). - - H. v. Eule i : Ber. dtsch, chem. Ges. 75, 1876 (194:2).

A. S. Schultz und Mitarbeiter : J. amer. chem. Soc. 61, 1931 (1939). - - R. E. Eakin und .~¢Iitarbeiter: J. ameL chem. Soc. 61, 1931 (1939).

• 's R. J. Will iams und Mitarbeiter : J. amer. chem. Soc. 62, 1204 (1940). Vgl. J. Schormtil ler: Reichsgesundheitsbl. 1941, Nr. 20.

Page 15: Zusammenfassende Übersichisberichte Vitamine als Wuchsstoffe für Bakterien

49,2 J. Schormt i l l e r :

kraut auf das Vitamin als Wachstumsfaktor angewiesen, wobei bier die optimale Konzentration sehr niedrig liegt~, n~mlich bei 10 .8 g/ccm. Auch ein h~tmolytischer Streptococcus sowie Staphylococcus albus ben6tigen Vitamin B6 s, wobei Wachstum und Sgureproduktion in Gegenwart yon best immten Aminos~uren, yon Nicotin- saure und Thiamin in Konzentrationen yon 0,3 bis 1,2 rag/1 wesentlich gef6rdert werden. "~ Verschiedenheiten, die sieh je nach der Bes t immung auf mikrobiologischem Wege mittels Saccharomyces cerevisiae oder auf biologischem Wege (Versuche an der Ratte) ergeben, k6nnen davon herriihren, dab nach S iege l 8 der grSBere Tell des biolggisch akt ivenVi taminsB 6 - - ghnlich wie Pantothens~ure - - in der Natur in gebnndenem Zustand vorkommt (bis zu 90 %) und erst nach Hydroiyse den Mikro- organismen als Wuchsstoff verftigbar wird.

Am ausftibrlichsten wurde die Wirkung des Adermins als Wuchsstoff bei Milch- s~urebakterien untersucht. Die Untersuchu~lgen wurden auf zahlreiche, dem Adermin in der Struktur nalaestehende Pyridinderivate ausgedehnt und lieferten wichtige Ergebnisse zur Konstitutionsspezifit~it des Vitamins als Wuchsstoff ffir Mikro- organismen. Als Untersuchungsobjekt diente in erster Linie das mehrfach erw~ihnte Streptobacteriurn plantarum ( O r l a - J e n s e n ) = Bacteriun~ acetylcholini (Ke i l ) , das nahe mit dem yon amerikanischen Forschern benutzten Streptobacteriu~ casei ver- wandt ist. Nach den Untersuchungen yon ~511er 4 erwiesen sieh auBerdem noch 17 Milchs~urebakterienst~mme (7 Arten) als aderminbedtirftig. Die optimale Wirk- samkeit des Adermins lag nach MSl le r ~ bei 10 -6 g/ccm, und zwar gleichartig, ob krystallisierte Prfiparate yon Vitamin B s aus Here oder Reiskleie oder schlieBlieh synthetisches Adermin benntzt wurden. Die Untersuchnngen MSllers .zeigten, dab die Konstitutionsspezifit~t des Adermins ft~r Milchs~urebakterien fast so gro3 wie ftir die Rat te ist 5 und da3 keines der Aderminderivate die Wirksamkeit des Ader- rains erreicht. Gleich wirksam waren synthetisches und natt~rliches krystallisiertes Aderminchlorhydrat und die Aderminbase, etwa 500 real schw~cher wirkte der Aderminmethyl~ther 6. Acetylierung bringt als relativ milder Eingriff nur eine m~Bige Aktivit~tsminderung mit sieh. Wesentlich tiefgreifender sind jedoch Ver- finderullgen an den einzelnen Substituellten des Pyridinringes. So bewirkt Abwand- lung der Oxymethylgruppen eine starke Minderung der biologischen Wirksamkeit , z. B. ist wie erw~hnt der Adermillmethyl~ther in 4-Stellung nur 1/500 so wirksam wie Adermin selbst. Am empfindlichsten scheint die phenolische Hydroxylgruppe in 3-Stellung zu sein. Der entsprechende Methylfither ist bei der Rat te inaktiv, bei MilchsRurebakteriell erst in sehr hohen Konzentrationen wirksam. Ober die Wirkung einer Substitution am N-Atom des Aderminmolekfils ist bisher bei Mikro- organismen nichts bekannt gewordeI1. Wenn man nach der biologischen Unwirksam- keit derartiger Derivate bei der Rat te urteilen daft, so ist auch bei Mikroorganismen entsprechende Inakt ivi t~t zu erwarten. Alle tibrigen untersuchten Derivate zeigen erst in sehr hohen Konzentrationen Wuchswirkung oder sind physiologisch inaktiv. So erwiesen sieh z. B. in Konzentrationen von 1--500 7/ccm ohne jede Wirkung:

1 E. F. M611er : Ber. dtsch, chem. Ges. 71,780, 1118 (1938) ; Angew. Chem. 53, 207 (1940). 2 B.. L. t-Iutchin.s und D. W. WoolIey: Science (New York) 90, 41 (1939). - -

t-I. Mcllwain : Brit. J. exper. Pathol. 21, 25 (1940). - - tC W. Vilter und T. D. Spies : Science ,(New York) 91, 200 (1940).

J. Siegel und Mitarbei!er: J. biol. Chemistry 149, 361 (1943). Vgl. S. 418, Anm. 6,

5 E. F. M/511er: Hoppe-Seylers Z. physiol, Chem. 254, 285' (1938); Naturwiss. 27, 228 (t939); Hoppe-Seylers Z, physiol. Chem. 260, 246 (1939); Angew. Chem. 52, 460 (1939).

s p. GyOrgy: Biochemic. J. 29, 741 (1935).

Page 16: Zusammenfassende Übersichisberichte Vitamine als Wuchsstoffe für Bakterien

Vitamine als ~ruchsstoffe ffir ]3akterien. ~23

a-Oxypyridin, fl-Oxypyridin, 2-Methyl-5-aminopyridin, fl-Aminopyridin, Nico- tins~ure, Nicotins~tureamid, ~.-Aeetonicotins~iure, 6-Methylnicotins~iure, 2, 4, 5- Trimethylnicotins~ure und reinste Cozymase.

Als Beispiel sei das 4-5-bis-desoXyadermin erw~ihnt, das in einer Konzentration yon 256 • 10 ~ g/ccm v611ig wirkungslos war, wfihrend 0,5--1,0 • 10 ~ g/ccm des Ader- minhydrochlorids volle Wachstumswirknng entfalteten.

Demnach ist die Wuchsstoffwirkung des Adermins weitgehend yon der Konsti- tntion abh~tngig. Chemische Eingriffe an Substituenten im Aderminmolekiil be- wirken in den meisten F~illen eine vollst~tndige Inaktivierung.

6. Panto thens f iure . CHa

HOCH~ -- C -- CHOH -- CONH -- CH~ -- CH 2 -- COOH

CH8 Pantothens~Lure

Dio yLfl, fl- at- A'lanin methylbutters~iure

Die in der Naturals 0ptisch aktive Rechtsform vorkommende Pantothens~ure ste]It einen ubiqnit~ren Faktor dar und findet sich in der durch Fullererde nicht adsorbierbaren Fraktion der B-Vitalnine (,,Filtratfaktor"). Je nach dem unter- suchten Organismus ~erhiitet sie eine Dermatitis der ttiihner (,,Kiickenantiderma- titisfaktor"), heilt St6rungen der Haarpigmentierung verschiedener Pelztiere (,,Anti-graue-Haare-Faktor Bx") oder wirkt als Wuchsfaktor bei Ratten, Helen und bei verschiedenen Mikroorganismen (,,Leberfiltratfaktor", , , t~attenfi l trat- faktor"). Die Wirkung der Pantothens~ure als Wuchsstoff ffir Here beruht u. a. darauf, dab die Atmur~g stimuliert wirdL Mangel an Pantothens~ure ffihrt gIeich cinem Mangel an p-Aminobenzoes~ure zu einer Anreicherung stickstoff- wie phos- phorhaltiger Zwischenprodukte, einer typischen Wuchsstoffmangelerscheinung 2, vergleichbar z. B. mit der Anhfiufung yon Brenztraubens~ure als Zwischenprodukt des Iiohlehyda'atabbaus bei Vitamin B1-Mangel (Beriberi) yon Mensch und Tier. ~J'ber ihre Wirkung im menschlichen Organismus liegen noch wenig Befunde vor. Pantothens~ure scheint ihre Aktivit~tt im Zusammenwirken mit anderen Vitaminen der B-Gruppe (vor allem mit Adermin) sowie mit verschiedene~, nicht n~her bekann- ten Zusatzfaktoren zu entfalten, wobei das Vitamin in der Zelle wahrschein.tich an einen spezifischen Proteintrfiger gebunden vorliegt. Nach Untersuchungen yon Hi l 1 s 3 an !PfoEeus morganii fiber die Funktion der Pantothens~ure im Bakterienstoff- wechsel ist Brenztraubens~ure das wichtigste, durch Pantothens~iure beeinfluBte Substrat. Im Blut findet sich das Vitamin znm gr6Bten Teil in ,,gebundenem" Zustand: Erst nach Hitzesterilisierung wird die gebundene Form der Answertung im Wachstumsversuch (LactobacilIus casei ~) zug~inglich, wodurch sich Unstimmig- keiten fiber den Pantothens~uregehalt des Blutes in der Literatur erklfiren ~. Der- artige Verh~iltnisse spielen - - ~ihnlich wie bei Vitamin B~ geschildert - - zweifellos

1 V. H a r t e l i u s : Na~curwiss. 30, 217 (1942); 3I , 139 (19¢3). Vgl. N. N i e l s s e n : S. 424, Anm. 2.

a G. M. H i l l s : ]3iochemic. J. 37, 418 (1943). 1~{. D. W r i g h t : J. biol. Chemistry 147, 261 (1943).

Page 17: Zusammenfassende Übersichisberichte Vitamine als Wuchsstoffe für Bakterien

42zI J. S c h o r m t ~ l l e r :

eine wesentl iche Rolle bei den widersprechenden Angaben verschiedener U n t e r - sncher fiber die Pan to thens~urewi rksamke i t yon Subs t ra ten .

Unte rsuchnngen fiber die Wuchss to f fwi rkung der Pantothens~iure bei Mikro- organismen zeigen wei tgehend ~thnliche Probleme auf, wie wir sie such bei Vi ta - min B 1 kennen lernten. Hier wie do r t l a s s e n sich zwei ausgezeichnete Spa l t s t t i cke des Gesamtmolekf i l s herauslSsen. Pantothens~iure bes t eh t aus ¢]-Alanin und a, 7 -Dioxy-fl , ~ -d imethy lbu t te r s~ure . Es l ieg t daher nahe, zun~ichst die biologische A k t i v i t ~ t der beiden Komponen ten an sich zu s tudieren .

$-Alanin is t schon fr t ihzeit ig als Wuchss tof f ffir b e s t i m m t e Hefen ( W i l l i a m s 1} nnd ffir Diph ther iebac i l l en e rkann t worden. Bei Hefen wi rk t es in au l3e ro rden t l i ch geringer Menge (10 .9 g/ccm) und k o m m t demnach n icht als St ickstoffquel le in F rage 2, en t f a l t e t also keine N ~ h r - , sondern ledigl ich eine W u c h s w i r k u n g . V e r - suche an Here (Rasse Gebrfider Mayer) zeigten, dab diese in pan to thensXureha l t igen Subs t r a t en keine wei teren Mengen Pantothens~ture prodnzier t , w~ihrend be i Z u s a t ~ yon ~-Alanin neue Mengen des Vf tamins anf t re ten . Es scheint daher - - in Ana log ie zu den be im Aneur in beobach te t en Verh~tltnissen - - such ffir Pantothens~ture zu- zutreffen, dab gewisse Organismen das ganze Molekfil benSt igen, andere nnr den einen und wieder andere den zwei ten Molekfil tei l brauchen. M n e l l e r und K 1 o t z ~ auBern die Ansicht , dab ~-Alanin nur insoweit ftir b e s t i m m t e Organismen w i r k s a m ist , als es zum Aufbau der eigent l ich physiologisch a k t i ve n Substanz , der P a n t o t h e n - s~iure, dient , eine Ansicht , die durch Unte rsuchungen yon B a b c o c k und Jukes4 , , yon E v a n s 5 bei Diph ther iebac i l l en nnd vor a l lem von W i e l a n d und M S l l e r 6 be i oberg~r iger Brauereihefe ges t f i tz t wird.

Die Beden tung der zweiten, s t ickstofffreien Komponen te des Pan to thens~ure - molekfi ls scheint h ins icht l ich der biologischen Aktivi t~i t h in te r der jenigen des /~ :Ala - nins zurf ickzutre ten. A m Ess igs~urebac te r ium is t es genau so wr iksam wie Hefe- oder L e b e r e x t r a k t 7, an R a t t e n en t f a l t e t es bei gleichzei t iger Zufuhr yon /3-Alanin physiologische Aktivit~tt . Homologe des a-Oxy-~,$-dimethyl-7-butylroactons zei- gen bei Bak te r i en die physiologische W i r k u n g der Pantothens~inre, so die ¢, $ -D ioxy - valer ians~ure bei e inem b e s t i m m t e n S t a m m yon Streptococcus zymogenes s und die ¢, *-Di 'oxycaprons~ure bei e inem ~thnlichen S t a m m 9. Bei den h ins ich t l ich ih res Wuchss tof fbedar fes sehr e ingehend un te r such ten Milchs~turebakterien is t aber b i s - her noch keine W i r k u n g der be iden K o m p o n e n t e n - - sei es einzeln oder zusammen - - m i t ge t e i l t worden 1°.

Wie schon eingangs erw~thnt, i s t d ie Wuchss to f fwi rkung des Gesamtmolek / i l s ffir zahlreiehe Mikroorganismen erwiesen, so z. B. ftir Hefen, wo sie ffir das Anwachsen, ffir Wei te rve rmehrung , G~rung, A t m u n g und Glykogenspe icherung groBe Bedeu tung

1 R. J. W i l l i a m s und Mitarbeiter : Biochemic. J. 28, 1887 (1934); 30, 2036 (1936); J~ amer. chem. Soc. 62, 1204 (1940). - - VgI. auch E. G. Schenck : J. biol. Chemistry 149, l l l (1943). ,

N. N i e l s e n : C. R. Tray. Lab. Carlsberg, S6r. physiol. 23, 107 (1940). a j . H. 2¢iueller und A. W. Klo t z : J. amer. chem. Soc. 60, 3086 (1938). - - I~I. H. W e i n -

s tock und Mitarbeiter : Ebeiida 61, 1421 (1939). - - J. H. Muel le r und S. Cohen : J. Bacteriol. 34, 381 (I937).

4 H. S. B a b c o c k und T. tt . J u k e s : J. amer. chem. Soc. 62, 1628 (1940). 5 H. M. E v a n s und Mitarbeiter : Brit. J. exper. Pathol. 20, 396 (1939).

Th. W i e l a n d uiid E. F. l~611er: t-Ioppe-Seylers Z. physiol. Chem. 269, 227 (1941); 272, 232 (1942).

J. R e i c h s t e i n und A. Gr i i s sne r : Helv. chim. acta 23, 650 (1940). s D. W. W o o l t e y : J. biol. Chemistry 130, 417 (1939). 9 B. L. H u t c h i i i s und D. W. W o o l l e y : Science (New York) 90, 41 (1939).

~0 E. F. M(511er : Angew. Chem. 53, 204 (1940).

Page 18: Zusammenfassende Übersichisberichte Vitamine als Wuchsstoffe für Bakterien

Vitamine als Wiichsstoffe ftir Bakterien. 425

besi tz t . Desgleichen sind eine Reihe von Bak te r i en auf das V i t amin angewiesen 1, so z° B. Pneumococcus ~, 35 St~tmme yon Proteus morga~ii 3, ~, der pa thogene Sch immet - pi lz Trich@hyton und andere pa thogene S t r e p t o k o k k e n 1, 5 und Diphther iebac i l l en . AuBerdem b i lde t Pan to thens~ure einen wesent l ichen W u c h s f a k t o r fiir Milch- u n d Propions~urebakter ien , wie Streptobacterium plantarum, Str@tobacterium casei, Strep- tobacterium lactis, easel und Bacterium Ddbri~ckii 6. Fi i r Ve r t r e t e r der Colon-, Dysen - ter ie- und Typhusgruppe , ftir aerobe Sporenbi ldner , Anaerob ie r und Ver t r e t e r an- derer Gruppen (darunter Proteus vulgaris, Staphylococcus aureus) scheint die S~ture ohne Bedeu tung zu sein.

Von besonderer Bedeu tung w u r d e die Wuchss to f fwi rkung des Vi tamins bef Milch- und Prop ions~urebak te r i en deshalb, well sich auf ihr verschiedene, zur Be- s t i m m u n g der Pan to thens~ure d ienende biologische Teste aufbauen ( W i l l i a m s , S n e l l , O r l a - J e n s e n , K u h n und W i e l a n d u. a. 6, ~, 8,9, die vor a l lem eine Grundlage schufen, um Abwandlungen im PantothensXuremoleki i l und d a m i t die F rage der Kons t i tu t ionsspez i f i t~ t zu prtifen.

D a Pantothens~iure opt ische A k t i v i t ~ t aufweis t , s ind drei F o r m e n der S~iure denkbar , n~tmlich rechtsdrehende , l inksdrehende und racemische S~ure. Al le d re i wurden dargeste l l t . In l ] b e r e i n s t i m m u n g m i t biologischen Befunden bei a nde re n Organismen i s t auch bei Mikroorganismen die d-S~ure voll ak t iv , die 1-S~ture in- ak t iv , w~hrend die racemische S~ture die ha lbe Aktivi t~i t der d-S~ture aufweis t . Es l iegen zahlreiche Unte rsuchungen vor, beide Molekfilh~tlften der Pantothens~iure, sowohl den s t icks tof fha l t igen wie den s t ickstofffre ien Tell abzuwandeln . Dabe i ze igt sich, dab sowohl U m b a u der s t icks toff f re ien Komponen te wie der Aminos~ture- gruppe , Synthese yon Pantothens~turehomologen, Veres te rung u. a. m. zu Verbin- dungen ftihren, die oft nur geringe Aktivi t~i t aufweisen, me i s t i n a k t i v s ind (vgl. hierzul°). So s ind z. B. d a s in der Thunf ischleber aufgefundene Leucinhomologe und das einfachste, syn the t i sch darges te l l te Homologe der Pantothens~iure, das Glyc inder iva t , auch in hohen Dosen v611ig unwirksam.

Panto thens~urehomologe , in denen die D i m e t h y l b u t t e r s ~ u r e k o m p o n e n t e ab- gewandel t is t , so z. B. die Oxypantothens~ture 11 oder Der iva t e des Orni th ins bzw. des Lysins , erwiesen sich als wesent l ich schw~cher wi rksam im Vergleich zur Pan - tothens~ture.

E in Aminos~iurehomologes der Pantothens~iure , das yon K u h n und Mi ta rbe i -

1 E. J. K r a i i s k o p f und Mitarbeiter: Enzymologia 7, 327 (1939). 2 L. Rane und Y. S i i b b a r o w : J. biol. Chemistry 124, 455 (1940). a M. P e l c z a r und J. R. P o r t e r : Proc. Soc. exper. Biol. Med. 43, 151 (1940). 4 W. A. Mosher : Plant Physiol. 11, 795 (1936). s y . S u b b a r o w und L. R a n e : J. amer. chem. Soc. 61, 1616 (1934). 6 Vgl. S. 424, Afire. 1. 7 E. E. Snel l uiid Mitarbeiter : Biochemic. J. 31, 1789 (1937) ; J. Bacteriol. 33, 207 (1937) ;

38, 293 (1939); J. amer. chem. Soc. 60, 2825 (1938). - - F, M. S t r o n g uiid Mitarbeiter : Ind. Engng. Chem., ai1Myt. Edit. 88, 566 (1941). - - W. H. P e t e r s o n und Mitarbeiter : J. Bacteriol. 32, 167 (1936); vgl. S. 424, Afire. 10.

s S. O r l a - J e n s e n : Zit. S. 416, Amn. 10; Nature (London) 135, 915 (1935). 9 R. Kuhi i und Th. W i e l a n d : Bet. dtsch, chem. Ges. 73, 962 (1940) ; vgl. I-I. H. Mi t che l l :

J. amer. chem. Soc. 62, 1776 (1940). - - D. Pe i i i i ing to i i : J. biol. Chemistry 135, 213 (1940). - - S. R S t a n b e r y uiid Mitarbeiter: J. biol. Chemistry 135, 353 (1940). - - J. S iegel und Mit- arbeiter: Proc. Soc. exper. Biol. Med. 47, 362 (194~1).

z0 j . S c h o r m i i l l e r : ReiehsgesundheitsbI. 1943, Nr. 6 uiid 7. 11 H. H. 5 i i t che l l und Mitarbeiter : J. amer. chem. Soc. 62, 1791 (1940).

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426 J. Schormiiller:

tern 1 synthetisierte a,7-Dioxy-fll ¢Ldimethylbntyryl-taurin, eine Verbindung also, in der an die Stelle der Amino~thancarbons~iure fi-Alanin die in der Natur weit verbreitete Aminoiithansulfons~iure Taurin getreten ist, besitzt besonderes In- teresse. Eine Pri~fung am Streptobacteriumtest hat ergeben, dab diese der Pan- tothensiiure entsprechende Sulfons~iure nicht nur inaktiv ist, sondern darfiber hinaus eine dem nattirlichen Vitamin entgegengesetzte Wirkung entfalte% als,,Antivitamin" also einen spezifischen Hemmungsk6rper darstellt. Diese Hemmung kann aufgehoben werden, wenn man gentigend groBe Mengen an (+)-Pantothens~ure zuffihrt, die Konkurrenz zwischen Vitamin und ,,Antivitamin" folgt dem chemischen Massen- wirkungsgesetz. K u h n erkl~irt diese Erscheinung damit, dab die Sulfons,iure in der Zelle auf Grund ihres chemisch sehr gleichartigen Molektilaufbaues den Platz der natiirlicben Carbons~iure zu tibernehmen vermag, ohne aueh die physiologische Wirkung des Vitamins auszutiben. Ganz ~ihnliche Erscheinungen sind in letzter Zeit bekannt geworden, als sich herausstellte, dab das fiir Helen als WuchsstoH wirksame /~-Alanin durch gleiehzeitige Zugabe chemiseh nahestehender, physiologisch abet unwirksamer Substanzen wie ~-Aminobuttersiiure oder fl-Phenyl-~-alanin minde- stens teilweise inaktiviert werden kann, wobei nach Nielsen 2 das fl-Alanin durch struktur~ihnliche Substanzen aus ihrem physiolog'ischen Wirkungsgefiige verdr~ingt wird. Auch Methylpantothensiiure wirkt als Antagonist der Pantothens~iure 2. Die Bedeutung derartiger Befunde fiir Vitaminwirkungen im allgemeinsten Sinne soll bet Besprechung der p-Aminobenzoes~iure n~iher ausgeftthrt werden.

Erwfihnt set jedoch, dab die Verh~iltnisse nicht so klar liegen, wie es tier Theorie nach zu erwarten w~ire, da das Taurinderivat wohl als Antivitamin bet Strepto- bacterium, nieht aber bet Hefe wirksam ist. Offenbar bestehen bier also grunds~itzliehe Unterschiede zwischen dem Milchs~iurebacterium und der Hale.

7. Vitamin H' (p-Aminobenzoesiiure).

H ~ N < - - ~ - - C O O H

Vor etwa 13 Jahren entdeckte Domagk in Elberfeld, dab gewisse, eine Sul- fonamidgruppe enthaltende Azofarbstoffe bakterielle Infektionskrankheiten zu hei- len verm6gen und bald stellte sieh heraus, dab rnit diesen ,,Sulfonamiden" die ver- sehiedensten Bakterien, wie Staphylokokken, Streptokokken, Pneumokokken, Gono- kokken und vide andere erfolgreich bek~impft werden k6nnen. 1989 machten S t a m p~, Mc ln tosh und W h i t b y 4, sowie Fi]des 5 als erste die Festste]lung, dab Bakterien- extrakte die Wirksamkeit der Suifonarnide aufzuheben verm6gen. Green und B i e 1 s ch o f s k y6 gelang es, aus derartigen Extrakten eine krystallisierte Verbindung zu isolieren und sie als organische Siiure zu erkennen. Woods identifizierte diese S~nre als p-Aminobenzoesiiure, konnte mit ihr die gleiche Hemmung der bakterio- statischen Sulfonamidwirkung auslSsen wie mit den Bakterienextrakten und be-

1 IR. J 4 u h n u n d Mi t a rbe i t e r : Bet . d t sch , chem. Ges. 74, 1605 (1941). -- Vgl. auch A. L w o f f u n d Mi ta rbe i te r : Ann. Ins t . ]Pasteur 67, 9, 94, 173 (1941). - - E. E. S n e l l : J. biol. Che- m i s t r y 141, 121 (1941). - - E. E. S n e l l : J . biol: C h e m i s t r y 139, 975 (1941).

2 N. N i e l s e n u n d 2¢iitarbeiter : Na tn rwis s . 31, 235 (1943); C. R. Tray . Lab. Carlsberg, S6r. physio'l. 24, 39 (1944). - - Vgl. V. H a r t e l i u s : Na tu rwis s . 31, 440 (1943).

8 T. C. S t a m p : L a n c e t 237, 10 (1939). J. M c I n t o s h u n d L. E. H. W h i t b y : L a n c e t 236, 431 (1939).

s p. F i l d e s : Bri t . J. exp. Pa tho l . 21, 67 (19~0). 6 I t . N. G r e e n u n d ~'. B i e l s e h o w s k y : Chem. and Ind. 59, 135 (1940); ]Brit. J. exp.

Pa tho l . 21, 38 (1940~,

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Vitamine als Wuchsstoffe fiir Bakterien. 4")7

ze ichne te p-Aminobenzoes~ure als lebenswicht igen F a k t o r Iiir alas W a c h s t u m der B a k t e r i e n 1.

Mangel an p-Aminobenzoesaure wi rk t sich bei Mikroorganismen in gleicher Weise wie Mangel an Pantothens~ture (vgl. S. 421) in einer Anreicherung niedrig- moleku la re r Stoffwechselzwischenprodukte aus.

Genau wie die Snlfonamide werden auch das p, p ' -Diamino-d iphenylsu l fon ( L e v a d i t i und P f r a u l t 2, W o o d s t, K u h n 3 und das p, p ' -D iamino-d ipheny l -

su l foxyd (L e v a d i t i und P 6 r a u 1 t ~') durch p-Aminobenzoes~ture en themmt .

K u h n und Mi ta rbe i te r ihrerse i t s gingen yon der Beobach tung aus, dab Milc~ yon m i t S i lofn t te r e rn~hr ten Ktihen wesent l ich schlechter auf har~en Fe t tk~se , z. B. auf Emmenta~er , zu ve ra rbe i t en is t als Milch normal ern~ihrter Tiere 4. Sie n a h m e n an, dab in G~trfuttermileh e ine b e s t i m m t e Bak te r i en f lo ra fehle, die in nor- m a l e r Milch en tha l t en sei, vor a l lem Milchs~ure- und ganz besonders Propions~ure- b a k t e r i e n , die Iiir Reifung, Nachre i fnng und Aromab i ldung des E m m e n t a l e r K~ises yon ausschlaggebender Bedeu tung sind (vgl. z. B. D e m e t e r S ) . Dera r t ige Bak te r i en ben6t igen eine ganz,e Reihe spezifischer Wuchsstoffe , und es t anch te die F rage aul , ob n ich t durch S i lofu t te r das eine oder andere dieser Bak te r i env i t amine in der Milch s t a r k geminde r t wird oder gar ausf~illt. Tats~ichlich enth~l t Si lomilch nur ,etwa 1/10 bis 1/20 eines in normale r Milch gefundenen, als V i t amin H ' bezeichneten \¥ i rks to I fes , den K u h n und S c h w a r z 6 aus Here isol ier ten und gleichfalls als p-Aminobenzoes~iure ident i f iz ieren konnten. Vi t amin H ' is t das wi rksamste , bisher b e k a n n t e Vi tamin , von dem noch eine Verdt innung yon 1:1121 fiir op t imales B a k t e r i e n w a c h s t u m geniigt . Seine an tagonis t i sche W i r k u n g gegeniiber Sulfona- miden , z urn e r s t enma l yon W o o d s a m Su l fapyr id in bei S t r e p tokokke n nnd Coli- baci l len gezeigt , w u r d e ba ld an verschiedenen Sulfonamiden bei Gonokokkeu in v i t ro 7, bei der s t r ep tokokken in f i z i e r ten Maus s, bei der pneumokokkeninf iz ie r ten Mans ~, be i S t r ep tokokken , Pneumokokken 2, S t aphy lokokken ~, lo, Bacillus diphl/~eriae gravis (Dundee), LactobacilIus casei 11, Proteus vulgaris 12, der F lage l la te Polytomdla caeca 12 und neuerdings 1~ bei F l eck f i ebe r r i cke t t s i en - In tox ika t ionen best / i t igt . Heu te wissen wir, dab p-Aminobenzoes~iure ein lebenswicht iges S tof fwechse lprodukt yon Bak te r i en is t u n d du tch alle b isher un te r such ten wachsenden Bak te r i en syn the t i s i e r t wird.

Den Antagon i smus zwischen Sulfonamiden und p-Aminobenzoes~iure kSnnen wi t uns auf Grund der Unte r suchungen yon F i l d e s 14, K n h n 4, I v a n o v i c s 15 u. a. folgendermalBen erklfiren: Vi t amin I t ' w i rk t wahrsctieinlich coenzymar t ig : die

1 D. D. W o o d s : Chem. and Ind. 59, 133 (1940) ; Brit. J. exp. Pathol. 21, 74 (1940). M. L a n d y und J. W y e n o : Proc. Soc. exp. Biol. Med. 46, 59, 133 (1941). - - Vgl. auch

C. L e v a d i t i und IR. P 6 r a u l t : C. R. Soc. Biol. Paris 135, 1043 (1941).--E. S t rauB und ~<[it- arbeiter: J. clin. Invest. 20, 189 (1941).

a IR. !Kuhn und Mitarbeiter : Ber. dtsch, chem. Oes. 75, 711 (1942). Vgl. R. K u h n : Chemie 55, 1 (1942).

5 K. J. D e m e t e r und Mitarbeiter: XII. 3/filchwirtschaftl. WeltkongreB 1940/41. R. iKuhn und 1~. S c h w a r z : Ber. dtsch, chem. Ges. 74, 1617 (1941). - - S. D. R u b b o

und J. M: G i l I i s p i e : Nature (London) 146, 138 (1940). ]. iKimmig: I<lin. V~rschr. 20, 235 (1941); 22, 31 (1943).

s Iv. IR. Se lb i c : Brit. J. exper. Pathol. 21, 74, 90 (1940). s ;-VI. 3/ ;cCarty: Proc. Soc. exp. Biol. Med. 46, 133 (1941).

10 W. W. Sp ink und J. ] e r m s t a : Proc. Soc. exper. Biol. Med. 47, 895 (I941). - - A. K. I~2,eltch und Nitarbeiter : Proc. Soc. exper. Biol. 3{ed. 47, 533 (I941).

at Iv. W. C h a t t a w a y und Mitarbeiter: Bi0chemic. J. 36, v I (1942). ~2 A. Lwoff und 5Iifarbeiter : Ann. Inst. Pasteur 67, 9, 94, 173 (1941). 18 G. Berge r und St. B r z e z i n s k i : Schweiz. med. V%rschr. 1946, S. 173. 14 S. 426, Anm. 5. t~ G. I v a n o v i c s : Z. Immunit~tsforschg. exp. Therap. 101, 58 (1942).

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428 J. Schormi i l l e r :

bakteriostatische Wirkung der Sulfonamide besteht aber darin, dab der ,,essentielle Metabolit" (F i l de s ) , also der Wuchsstoff p-Aminobenzoes~ure, aus einer innerhalb der Zelle verlaufenden, spezifischen Reaktion bzw. aus einem 5tir das Wachstum der Bakterien unentbehrlichen Enzymsystem verdr~ngt wird, wobei diese Verdr~ngung durch einen chemisch ~hnlichen, physiologisch aber unwirksamen Stoff er~olgt:

H2N - -~ / ~ / ~ C 0 0 H p - A m i n o b e n z o e s ~ i u r e

H2N - - ~ ~ - - SO2NH 2 S u l f a n i l a m i d

Damit t r i t t Sistierung einer noch unbekannten, das Leben der Bakterienzelle entscheidend beeinflussenden Reaktion ein. Diese Theorie hat sich in der Folgezeit als aul3erordentlich fruchtbar erwiesen, da sie nicht nur das Verhfiltnis p-Amino- benzoes~iure - - Sulfonamid, sondern auch viele andere, ~ihnliche F~tlle zn erki~iren gestattet. An Stelle der Begriffe Wuchsstoff-Antiwuchsstoff setzte K u h n die Be- zeichnung Vitamin-Antivitamin.

M611er nnd S c h w a r z 1 verfolgten an Streptobacteriu'm plantarum den Anta- gonismus zwischen p-Aminobenzoes~ture und den verschiedenen Sulfonamiden und ianden z. B., dab die hemmende Wirkung der Sulfanils~iure stets durch entsprechende Steigerulig der p-Aminobenzoes~iuremenge fiberwunden werden kann. Die dabei stattlindende Verdr~inghligsreaktion gehorcht dem Massenwirkungsgesetz. Wahr- scheinlich findet sich Vitamin H' in der Zelle nicht in freier Form, sondern leieht spaltbar amidartig gebunden. Der antagonistische Wirkungsmechaliismus wird ver- stgndlich, wenn wir annehmen, dab in den Bakterien ein spezifisches Protein oder irgend tin anderer Rezeptor sich findet, der umkehrbar sich sowohl mit Vitamin H' , der Carbolis~ture, wie mit Sulfanilamid, der Sulfons~iure vereinigt. Die Verbindung mit der p-Aminobenzoes~iure ist ein Ifir das Bakterienwachstum unentbehrlicher Zellbestandteil, die entsprechende Verbindung mit der Sulfanils~iure ist jedoch inaktiv. Es scheint jedoch nicht in allen F~llen ffir die antagonistische Wirkung gegenfiber der p-Aminobenzoes~iure darauf anzukommen, dab die Carbonylgruppe gegen eine schwefelhaltige Gruppe, wie S03H, S02NH2, S02 usw. ausgetauscht wird. R. K u h n 2 sowie A u h a g e n 3 fanden im p,p'-Diaminobenzophenon ein be- sonders aktives p-Aminophenylketon, das auch an der infizierten (Streptokokken, Gonokokken, Meningokokken) Maus wie am Streptobacterium plantarum als Antagonist der p-Aminobenzoes~iure auftritt .

Solche antagonistischeI1 Mechanismen haben wir auch bei der Pantothens~iure und bei anderen Wirkstoffen kennen gelernt. Derartige ,,Antivitamine" und die damit verbundenen Hemmungs- bzw. Enthemmungserscheinungen haben unserer Betrachtungsweise fiber Vitaminwirkungen neue Ausblicke er6ffnet ulid hier, im Fall der Wuchsstoffwirkung an Vitaminen bzw. der Hemmung durch ,,Antivitamine" bei Mikroorganismnen gilt ganz besonders das Wort K u h n s : ,,Die lJbernahme des Platzes ohne LJbernahme der physiologisehen Funktion ist das Entscheidende."

Auch bei Pflanzen, sowie bei Helen, bei denen Vitamin H' ebelifalls als Wachs- tumsfaktor wirkt, ist die typisehe Verdr~ingungsreaktion im System p-Aminobelizoe- s~iure-Sulfanilamid beobachtet worden ~.

1 E. F. M611er und K. Schwarz: Ber. dtsch, chem. Ges. 74, 1612 (1941). 2 Vgl. S. 427, Anm. 3.

E. Auhagen: ttoppe-Seylers Z. physiol. Chem.'274,48" (1942). 4 St. Wiedling: Naturwiss. 31, 114 (19t3) . - R. Stoll: C. I% S6ances Soc. Biol. Paris

137, 170 (1943). - - F. Chodat und S. Soloweitchik : Arch. Sci. physiques natur. (5) 24, 147; C. R. S4ances Soc. Physique Hist. natur. Gen4ve 59, 167 (1942).- N. Nielsen: C. R. Tray. Lab. Carlsberg. S6r. physiol. 24, 55 (1944).

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Vitamine als Wllchsstoffe fiir Bakterien. 429

Die yon K u h n entwickelten Vorstellungen fiber die Verdr~ingung von Wirk- stoffen durch ihre ,,Antiwirkstoffe" hat Let t r61 auI Antigone und AntikSrper fiber- t ragen und Iiir das Zustandekommen der Bindung Ferment-Substrat erSrtert.

Es soll nicht unerw~ihnt bleiben, dab diese Theorie nicht alien Erscheinungen gerecht wird. So zeigten Untersuchungen yon 13 a u c h 2 an Colchicin, das als ,,Spindel- g i l t " , d .h . als Stoff, der durch Unterdriickung der Spindelbildung bei der Mitose den Verteilungsmechanismus der Tochterchromatiden stSrt, dab Sulfonamide, be- sonders Prontosil solubile, spezifisch antagonistisch gegen die Colchicinwirkung sind und dab der Colchicin-Prontosil-Antagonismus durch p-Aminobenzoes~ture nicht enthemmt wird. Demnach muB der physiologische Ansatzpunkt des Systems Sulfonamid-Colchicin yon dem der Sulfonamid-p-Aminobenzoes~iure-Verdr~ingung verschieden sein.

Ill ~thnlicher Weise kann die Wirkung des SulfonamidkSrpers M a r f a n i l "

CH~ - - ~ ~ / - - SO2- - NH2 H2N N /

durch p-Aminobenzoes~iure nicht aufgehoben werden, ein Hinweis darauf, dab auch bier die Theorie der Enthemmung den komplizierten Verh~tltnissen nicht gerecht wird.

Mie t z sch a weist darauf lain, dab neben der Verdr~ngungstheorie ffir die Wir- kung der p-Aminobenzoes~ure bzw. der Sullonamide auch andere Mechanismen in Erw~ignng zn ziehen sind. Im Hinblick auf die Verwendung von Sulfonamiden .als Weichmacher und Gerbstoffe in der Teehnik, wobei diese Stoffe mit den behan- delten Substraten (Filme, plastische Massen, Zellgewebe yon H~tuten) dauernd in Verbindung bleiben, sie konservierend gegen F~ulnis schfitzen odor in ihrer Struktur weitgehend beeinflussen, denkt M i e t z s c h daran, dab auch bei Mikroprganismen Sulfonamide und Sulfone als Weichmacher und gerbstoffbildende Bausteine unter Speicherung in der Bakter ienmembran (etwa durch Diazotierung und Kuppelung zu Azofarbstoffen) wirken kSnnen.

Die Wirkung der Sulfonamide als Verdrfinger der cofermentartig gebundenen p-Aminobenzoes~ture yon einern spezifischen Apoferment (Tr~tgerprotein) ist scharf z u trennen yon der ganz allgemeinen, durch K i m m i g und W e s e l m a n n ~ wahr- scheinlich gemachten Adsorption der Sulfonamide an EiweiBkSrper des Blutes. D i e s e - r e i ne - Adsorption erfolgt im wesentlichen an die Albumine, sie kann in tier Niere, am Darm, an der Blut-Liquorschranke gelSst werden, so dab ffir den therapeutischen Effekt das unverXnderte, unfixierte Sulfonamidmolekfil in Betracht kommt.

Die antagonistische Wirkung der p-Aminobenzoes~ure ist in hohem Grade spezifisch. Gleich der freien S~ure wirken die leicht wasserl6slichen Dialkylamino- alky!ester a, 6, 7, s, 0, 10, sehr viel weniger der schwerlSsliche Xthylester 5, 10. Nach B!ok- kierung der freien Aminogruppe, z. B. in der p-Acetylamino-benzoes~ture 5, 6, lo und im Pantocain 1° geht die Wirksamkeit noch welter zuriick. Nicht einmal die 20 000 fache

1 H. Le t t r6 : Isomoephie-Besprechullg, G6ttingen, 7./8. Okt. 1943. 2 R. Bauch: Na±urwiss. 33, 25 (1946). 3 Fr. Mietzsch : J. physiol. Chemistry 274, 19 (1942). - - Vgl. auch C. Arnaudi und A.

3grcoli : Estratto d. Roll. d. Sezione Italiana, Soc. Intern. di Microbiologia 18, Nr. I (t940). - - t~2. A. Jensei1 nnd K. Schmith: Hoppe-Seylers Z. physiol. Chem. 280, 35 (1944).

4 j. iKimmig und It. Weselmallll: Arch. Dermatologie Syphilis 182, 436 (1941). 5 Vgl. S. 426, Amn. 5. 6 Vgl. S. 427, Amn. 7. 7 Vgl. S. 427, Amn. 10, s Vgl. S. 427, Allm. 2. 9 Vgl. S. 428, Allm. 1.

:to Vgl. S. 427, Anm. 3,

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430 J. Schormi i l l e r :

Menge der isomeren o- und m-Aminobenzoesaure 1, 2, a, ~ vermag p-Aminobenzoe- sfiure zu ersetzell. Ganz nnwirksam sind auch im Benzolkern substituierte p-Amino- benzoesauren ~. Eine Reihe yon Arzneimitteln, vor allem verschiedene Lokalan~isthe- tica, leiten sich yon der p-Aminobenzoes~nre ab~ wi e folgende Beispiele zeigen:

H2N --~--~-- COO H p-Aminobenzoes~iure

4/~- CO0CH~. CHa H2N A l l a e s t h e s i n

H~N'<~/--COO.CH2.CH~.N (C2H5) 2 N ovocain

--)-- coo. CH CH H2N T n t o c a i n

Auf nahe, bisher wenig bekallnte Zusammellh~illge deutet n. a. die Tatsache hin, dab p-Aminobellzoes~iure-methylester, Novocain llnd Tlltocaill eine, wenll auch um 2 Zehllerpotenzen geringere physiologische Aktivit~it aufweisen ( K i m mig , W o o d s nlld Fildes~), dab weiterhill bei dell Arzlleimitteln oben angeftihrter Art die Iso- meren mit der Aminogruppe in o- ulld m-Stellullg ohne Bedeutung sind. Nach B u r n h a m ulld Mitarbeitern 3 i s t der Antagonismus voll Lokalall~istheticis und SuKonamiden damit zu erkl~iren, dab im menschlichen Gewebe Esterasen vorhan- dell silld, die z. t3. aus Novocaill dutch Hydrolyse p-Amillobenzoestiure ill Freiheit setzen. Die alltagollistisch e Wirkung des Novocains entspricht l~{ol fiir Mol derjelli- gen der freien p-Amillobenzoesiiure, wiihrelld Derivate in o- oder m-Stellung ohne Wirkung waren. Im Gegellsatz zu diesen ~Esterll der p-Aminobellzoesiillre fehlen dem Cocain 4, 5 und allderen Lokalan~istheticis der Benzoes~iureestergruppe 5, die sich grundsiitzlich durch das Fehlen der p-Aminogrnppe vom Vitamin H ' unter- scheiden, die alltagollistische Wirkung gegelliiber Slllfonamidell. Wird in p-Amino- benzoesiillreestern das Benzolgeriist dutch andere aromatische Ringe, wie Naphtha- lin, Thiophell und Fnrall ersetzt, w;ihrend die funktionellen Amino- und Carboxyl- gruppen intakt bleiben, so zeigt sich, dab keine der angeftihrten Verbilldullgen die Rolle der p-Amillobellzoes~llreester zu iiberllehmen vermag ( D a n n lllld lVi611er6).

Ersatz der Aminogruppen durch die Nitrogruppe verllichtet die physiologische Aktivittit; p-Nitrobenzoes~iure vermag auch ill 20000facher Menge bei Pneumo- kokkell die p-Aminobenzoes~iure nicht zu ersetzen 1, nach K i n g und H e l l s e h e l 7 zeigt sie ill vitro s0gar Hemmung des Plleumokokkenwachstums.

p-(p'-Oxyphenylazo-)bellzoes~ure zeigt gegeli'tiber Sulfanilamidopyridin anta- gollistische Wirkullg; die bei Colibacillell stark, bei hiimolytischen Streptokokken nut sehr wenig ausgepr~igt i s t . D a b e i t r i t t als Charakterist ikum des Stoffwechsels best immter Bakteriell Reduktion llnd Spaltllng der Azos~iure zu p - A m i n o b e l l z o e - s~u re als wirksamem Alltagonisten ulld zu Aminophenol eill s. Umgekehrt l~iBt sich die Tatsache, dab p-Hydroxylaminobenzoes~iure ebenso stark enthemmende Wirkullg wie p-Amillobenzoes~iure zeigt, am besten damit erkl~ren, dab das Hydroxylamill-

1 G.. Ivanov ics : Z. ImmunFditsforschung exp. Therap. 101, 58 (1941): - - 1K. Landy und J. ~vVyeno: Proc. Soc. exp. Biol. Med. 46, 331 (1941).

2 Vgl. Anm. 6. a S. Burnham und Mftarbeiter : Amer. J. reed. Sci. 210, 585 (1945). 4 Vgl. S. 427, Anm. 3. 5 Vgl. S. ~27, Anm. 10. 60. Dann und E. F. Igi611er : Chem. Bet. 80, 21 (1947). 7 I. T. King und A. F. Henschel : Proe. Soe. exp. Biol. iKed. 47~ 400 (194I). s Ch. Mentzer und S. P~vaul t : C. R. Sdances Soe. BioI. Paris 137, 139 (1943).

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Vitamine Ms Wuehsstoffe fiir Bakterien. 431

der iva t im Zeltstoffwechsel der Mikroorgan i smen eine r eduk t ive Umwand lung er- le idet 1,

Die von A u h a g e n ~ erhobene Fes t s te i iung , wonach p -A minobe nz oy l - l - g lu t a min - s~ iu re eine der p-Aminobenzoes~iure wel t i iberlegene W a c h s t u m s w i r k u n g en t fa l ten

solle, bes i t z t keine al lgemeine Bedeutung . Nach Befunden von W a g n e r - J a u r e g g e rg ib t die Bindung yon 1-Glutamins~ure bei Streptobacterium plantarum eine be- tr~ichtliche Abschw~iehung der Wuchss to f fwi rknng gegen'aber p -Aminobenzoesaure 4. Bei Staphylococcus pyoge~¢es, Escherichia coli a, Staphylococcus hgmolyticus und Bacillus pneumouiae 6 war das Glutamins~iurederivat ohne Wirkung , bei Lactobacillus a!,abi- nosus wies es nur 1/20 der W i r k s a m k e i t der p -Aminobenzoesaure auf a. ~ b e r die bak t e r i o s t a t i s che Wfi-kung d e r p-Aminosalicyts~iure gegeni iber Tuberke lbac i l l en ~ vgl. J. L e h m a n n .

8. Vitamin H (Biotin).

Vi tamin H, urspr t ingl ich yon B o a s 1927 als , , F a k t o r Y" beschrieben, is t ein zur Auf rech te rha l tung normale r H a u t f u n k t i o n ftir R a t t e n und wahrscheint ich auch fiir den Menschen lebensnotwendiger Wirks tof f , den G y 6 r g y anch als , ,He i l fak to r fiir EiweiBsch~idigung" bezeichnet . Nach W i l l i a m s und Mi ta rbe i t e rn s enth~tlt rohes Eiweil3 einen Bes tand te i l , der B io t in zu inak t iv ie ren ve rmag nnd A v i d i n ge na nn t wird. Nach K 6 g l und ~{itarbei tern 9 l ieg t im Vi t amin H ein Tr ime 'chylen-Harns tof f - De r iva t vor, wahrscheinl ieh ein Abk6mml ing der 2 -Oxo-hexahydropy r imid in -4 (bzw. 6)-carbons~iure 1°. G y S r g y l I best~ttigte im Tierversnch die I d e n t i t a t des Vi ta - mins H mit" Biot in , D u V i g n e a n d *2 m i t , ,Coenzym R", es f inder sich besonders reichlich in Leber , Here, Kar tof fe ln , Niere und Reiskleie. Tro tz der gleichen B r u t t o - formel und sehr ~thnlicher E igenschaf ten s ind der aus E i g e l b und der ans R inde r - leber bzw. Mi lehkonzen t ra ten isol ier te Wi rks to f f versch ieden; K 6 g l und H a m ~a un te r sche iden be ide als a- bzw. f l -Biot im

Biot in scheint nach unseren b i sher igen K e n n t n i s i e n einer der wesent l ichs ten \Vuchsstoffe Iiir Mikroorganismen z u sein. Bei d e n meis ten Milchs i iurebakter ien z. B. is t er z-am W a c h s t u m unbed ing t notwendig, und zwar wird die op t ima le W i r k - samkei t in Konzen t ra t ionen yon 0 , 5 - - 1 , 0 . 1 0 .9 g/em a erreicbt . Demgegeni iber s i n d vom Bio t inme thy le s t e r 4 - - 1 6 • 10 .9 g/cm a notwendig, was darauf zurf ickzuf t ihren ist , dab Bak te r i en wie Streptobacterium plantarum den E s t e r nu t schwer zu spa l t en verm6gen ~.

1 Vgl. s. 427, Anm. 1. Vgl. S. 4.30, Anna. 6.

a E. A u h a g e n : PIoppe-Seylers Z. physiol. Chem. 277, 197 (1943). Th. W a g n e r - J a u r e g g llnd W. H. W a g l l e r : Natllrforsch. 1, 229 (1946).

5 1~. J. W i l l i a m s : Nutrition Rev. 3, 108 (194:5). 6 j . J o h n s o n ulld Mitarbeiter: J. biol. Chemistry 153, 37 (1944). 7 j . L e h m a n n : Lancet 1946 I, 15. s R. J. W i l l i a m s ulld Mitarbeiter : Science (New York) 92, 224 (194:0) ; J. biol. Chemistry

136, 801 (1940). 9 F. K6gl ulld ~itarbeiter: Hoppe-Seylers Z. physio!. Chem. 269, 61 u. 81 (1941); 276,

63 (194=2). 10 F. KSgl und 5iitarbeiter : ~Ioppe-Seylers Z. physiol. Chem. 267, 63 (1942). 11 p. G y S r g y ulld lVlitarbeiter : Science (New York) 92, 62 (1940). l~ V. Du Viglleal~d ulld Mitarbeiter : Science (New York) 93, 62 ( 1 9 4 0 ) . - K. 5i i i l ler :

Hoppe-Seylers Z. physiol. Chem. 260, 24=6 (1939); Angew. Chem. 52, 460 (1939). la F. K6gl und E. J. t en H a m : Naturwiss. 31, 208 (1943). - - Vgl. auch Hoppe-Seylers

Z. physiol. Chem. 279, 121, 140 (1943). 14 Ch. M e n t z e r urld S. P 4 v a l l l t : C. R. S~ances Soc. Biol. Yaris 137, 139 (19d~);

Nature [London] 154, ].7 (1944).

Page 25: Zusammenfassende Übersichisberichte Vitamine als Wuchsstoffe für Bakterien

432 J. Schormf i l l e r :

Biotin ist f t i r Milchs~turebakterien als bisher aktivster WuchsstofI erkannt worden. Ffir Saccharornyces cerevisiae (Rasse M) und ffir Bacterium radicicola 1 sind Biotin und Biotinmethylester gleichwertig, w~hrend Straphylococcus pyogenes aureus, ~hnlich wie Streptobacterium plantarum, den Ester schwer zu spalten vermag 2. Ebenso verm6gen gewisse Schimmelpilze nnr bet Anwesenheit von Biotin zugedeihen 3. Nach Sne l l und W i l l i a m s 4 ben6tigt ein AcetonrButanol-Organismus, Clostridium acetobutylicum als einzigen Wuchsstoff Biotin, wogegen O x f o r d und Mitarbeiter 5 auBerdem noch die Notwendigkeit eines neuen, seiner Natur nach unbekannten, Faktor BY genannten Wuchsstoffes unterstreichen. Fiir fast alle Arten yon Candida und Torulopsis ~, sowie ftir den Pilz Psalliota hortensis ( T r e s c h o w ~) ist Biotin zum Wachstum unentbehrlich. Hefe vermag ebenfalls ohne Biotin nicht zu wachsen; t in optimales Wachstum ist aul3erdem an die Anwesenheit yon Pantothens~ure gebunden s.

Auf die Wuchswirkung des Biotins bauen sich eine Reihe yon biologischen Be- stimmungsmethoden ffir dieses Vitamin auf. Sne l l nnd Mitarbeiter 9 sowie N i e l s s e n und H a r t e l i u s 1° benutzen Heft als Testorganismus, letztere ftir sehr geringe Mengen Biotin einen von Luzerne isolierten Stature yon Bacterium radicicoIa (vgl. auch11), w~thrend W e s t und W o g l o m 12 den Biotingehalt verschiedener Gewebe mit einem an Rhizobium tri/olii ausgearbeiteten Test ermitteln.

Trotz der grol3en Bedeutung des Biotins als Wuehsstoff scheint eine Reihe yon Mikroorganismen in der Lage zu sein, diesen WirkstofI zu synthetisieren, wit dies z. B. W e g n e r und Mitarbeiter ffir im Wiederk~tuermagen vorkommende Mikro- organismen wahrscheinlich gemacht haben 13.

9. Folinsiiure (Folsiiure, folic acid). Als synthetisch darstellbare, dem Vitamin-B-Komplex zuzuordnende Substanz

wurde in jtingster Zeit die Folsfiure erkannt. Sic wird in der angels~tchsischen Li- teratur nach dem Vorschlage yon M i t c h e l l nnd Mitarbeitern 14 als ,,folic acid" be- zeichnet, weil sie in ann~ihernd reiner Form ans Spinatbl/ittern dargestellt wurde. Wir wissen heute, dab Vitamin M, Bc, Blo und Bll, Lactus-casei-Faktor, Eluatfaktor aus Leber, R-Faktor, Faktor U von S t o k s t a d , Streptococcus lactis und Fols~iure im wesentlichen Bezeichnungen Iiir ein und dieselbe Substanz sind. Das nene Vi- tamin der B-Gruppe stellt vor allem einen antianfimischen WirkstofI dar (Affe, Huhn, Ratte) nnd ist beim Menschen ein ausgesprochenes Heilmittel gegen hyper-

chrome, megalocytfire An~tmien, gegen gewisse Schwangerschaftsan~mien, Sprue, macrocytische nnd pernici6se An~tmie. Zweifellos besitzt die Fols~nre eine grund-

i R. Nilsson und Mitarbeiter: Naturwiss. 27, 389 (1939). -- H. Stevens und Mitar- be t t e r : Science 1941 I, S, 458.

F. K 6 g I u n d ~vV. J. W a g t e n d o n k : Rec. Trav . Chim. P a y s - B a s 57, 747 (1938). - - F . K O g l u n d L. P o n s : Hoppe -Sey le r s Z. physiol . Chem. 269, 61 (1941).

a F. K 6 g l n n d N. F r i e s : Hoppe-Sey le r s Z. physiol . Chem. 249, 93 (1937). 4 E. 1~. S n e l l u n d R. J. W i l l i a m s : J. amer . chem. Soc. 61, 3594 (1939). - - Vgl. auch

lZ. I-I. T h o m p s o n u n d 2VIitarbeiter: Science (New York) 94, 589 (1941). 5 A. E. O x f o r d u n d Mi ta rbe i te r : Biochemic . J. 34, 1588 (1940). 6 Vgl. S. 416, A n m . 3.

C. T r e s c h o w : Na tu rwi s s . 31, 210 (1943). s Vgl. S. 411, A n m . 8. 9 E. E. S n e l l u n d Mi ta rbe i ie r : J. amer . chem. Soc. 62, 175 (1940).

10 N. N i e l s e n u n d V. H a r t e l i n s : B iochem. Z. 311, 317 (1942). 11 N. N i e l s e n u n d G. J o h a n s e n : C. R. Tray . Lab . Carlsberg, S6r. physiol . 23, 173 (1941). 12 p. M. W e s t u n d W. H. W o g l o m : Science (New York) 1941 I, S. 525. 13 M. J. W e g n e r u n d Mi ta rbe i te r : Proc. Soc. exp. Biol. Med. 47, 90 (194i). 14 H. I t . M i t c h e l l u n d Mi ta rbe i te r : J . amer . Chem. Soc. 63, 2284 (1941).

Page 26: Zusammenfassende Übersichisberichte Vitamine als Wuchsstoffe für Bakterien

V i t a m i n e als ~ ruchss to f f e ffir ]3akterien. 433

legende Bedeutung fiir die Entwicklung aller Zelltypen des Knochenmarks und viel- leicht aller jungen, wachsenden Zellen (Tschesche l ) . Die auf zwei Wegen durch- geffihrte Synthese (vgl. die zusammenfassenden Darstellungen bei T s c h e s c h e und bei K. N. v. K a u l t a ~') ergab folgende Konstitution:

N N

COOH

I - c o - J - - \ \ - NH-- CH -- '1 H O O C - - CH~-- CH~-- C H - - N H ~ = / " N , / ~ / / W

N OH

N-[4- [(2-Amino-4-hydroxy-6-pteridyl)methyl] aminobenzoyl] glutamins~ture.

, , P t e r o y l - g l u t a m i n s ~ t u r e " (Fol ins~ture) .

Die Isolierung der Fols~ture gelang aus Leber sowie aus Here. Sne l l und P e t e r - son a berichten fiber eine aus Hele, Leber und anderen natfirlichen Materialien iso- lierte Substanz, die ftir die Entwicklung von Lactobacillus casei auf einem kfinstlichen N~hrboden notwendig ist. Krystallisate aus Leber und Here wiesen etwa die gleiche Wirksamkeit ffir Lactobacillus casei auf, w~hrend ffir Streptococcus lactis R Hefepr~parate

n u r etwahalb sowirksam sindwie Leberkrystallisate (Stoks tad4) . Lactobacilluscasei vermag bei Anwesenheit yon 5 -10 -s 7reiner Fols~iure zu wachsen (v. Kaul!a~). D i e Mitteilung yon S t o k e s 5 fiber eine Substanz, die bei Streptococcus lactis R, nicht aber bei LactobaciIlus casei Fols~ture ats Wuchsstoff zu ersetzen vermag, Iand dahingehend Aufkl~irung, dab der Streptococcus diesen Faktor enzymatisch zu einer auch ffir Lactobacillus casei verwertbaren Form abzubauen vermag. Der in Rede stehende Wirkstoff erhielt im Jahre 1944 die Bezeichnung ,,Lactus-casei- Faktor" (Hutch ins~) . M i t c h e l l 7 zeigten, dab die aus Bl~ttern isolierte Fols~ure einen Wuchsstoff ffir Streptus /aecalis R, Hefen und Tetanus-Erreger darstellt. Lactobacillus casei wie Streptobacterium casei erwiesen sich als wertvollste Testobjekte und gestatteten, die oft Monate erfordernde biologische Auswertung (beim Affen z- B. nach D a y bis zu 1 Jahr) in wenigen Stunden durchzuftihren. Unter gewissen Umst~inden vermag Thymin, das schon lange als ]3austein yon Nucleins~uren sowie als wesentlicher Fak~or der Zellfunktion bekannt ist, die Fols~ture als Waehstums- faktor Itir Milchs~turebakterien zu ersetzen, wenn gleichzeitig Adenin, Guanamin und Xanthin vorhanden sind s. Ein im Laufe der Fols~uresynthese mit p-Aminoben- zoes~iure erhaltenes Pteridylderivat; die Pteroins~iure, erwies sich wirksam als Wachs- tumslaktor ffir Streptobacterium/aecalis R, umvirksam jedoch im Ktickenversuch. Die Darmflora der Ratten ist im Stande, auch Fols~iure zu s3mthetisieren, wobei die B-Vitamine mengenmfiBig in folgender Reihenfolge gebildet werden: Biotin - - Ader- rain - - Fols~ure - - Pantothensaure, wfihrend die fibrigen B-Faktoren nur in sehr kleiner Menge entstehen (Mi t che l l und I.sbellg). Ein ausgesprochener Mangel a n Fols~ure t r i t t bei Ratten nur dann ein, wenn gleichzeitig SuKonamide mit; der Digit

I R. T s c h e s c h e : Angew. Chem. 59, 65 (1947); Z. Na tu r fo r sch . 2 b , 10 (1947). 2 K. N. y o n K a u . l l a : Dtsch . med . Wschr . 72, 87 (1947). a E. E. S n e l l u n d W. H. P e t e r s o n : J. BacterioI . 39, 273 (1940). 4 E. L. R. ' S t o k s t a d : J. biol. C h e m i s t r y 149, 573 (1943). 5 W. H. S t o k e s u n d Mi ta rbe i t e r : Annu . Rev. Biochem, 1944, S. 385.

]3. L. H u t c h i n s u n d Mi ta rbe i te r : Science (New York) 99, 37 i (1944). Vgl. S. 432, A n m . 14.

s Vgh A n m . 3. 9 H. H. M i t c h e l l u n d H. l s b e l l i : Univ . T exas Publ . 4237, 1 2 5 ( 1 9 4 2 ) . - - Vgl. a u c h L.

W'. T a y l o r n n d Mi ta rbe i te r : Univ . T exas Publ . 4237, 134 (1942). LebensmitteI, Bd. 88 Heft 4. 29

Page 27: Zusammenfassende Übersichisberichte Vitamine als Wuchsstoffe für Bakterien

434 J. Schormfi l le r :

verffittert werden. Nach Mille r 1 bauen normale oder resist ente E,-Coli-St~imme viei weniger Fols~iure auf, wenn sie in Gegenwart von Sulfonamidenwachsen. T s c h e s c h e knfipft an diese Erscheinungen einen Erkl~irungsversuch ffir die antibakterielle Wir- kung der Sulfonamide, indem er annimmt, dab Sulfonamide die Fols~iurebildung sulfonamidempfindlicher Bakterien st6ren, derart, dab der yon ihnen intermedi~ir gebildete P t e r i d i n a l d e h y d :

N - - C - - O H

]1 II / H2N - -C C - - N = C - - C , / x

I I I N - - - C - - N ---- CH

an Ste!le yon p-Aminobenzoylglutamins~iure oder anderen homologen Verbindungen mit den Sulfonamiden reagiert und so eine Verarmung des Mikroorganismus an diesem ffir viele Lebens~iuBerungen unentbehrlichen Wirkstoff herbeiffihrt.

Zusammenfassend 1/tBt sich sagen, dab alle oder fast alle ,,B-Vitamine" ffir das Wachstum yon Mikrobrganismen notwendig sind, im Gegensatz zu den meisten anderen Vitaminen. Man geht nicht fehl, wenn man mit W i l l i a m s 2 dies damit er- kl~irt, dab gerade die B-Vitamine ffir den Mechanismus aller grundlegenden Lebens- vorg~inge im Zdlstoffwechsel nicht entbehrt werden k6nnen.

Ungleich lfickenhafter sind unsere Kenntnisse fiber die Wuehsstoffwirkungen der tibrigen Vitamine.

10. Vitamin C.

Die Mitteilungen fiber den Einflul3 yon Vitamin C auf das Wachstum yon Bakterien sind recht sp~irlich. Bei Milehs~ture- bakterien soll Vitamin C ffir manche Arten Wachstum bzw. S~iuerung f6rdern 3, fiir viele hemmen 4, ffir andere ohne Einflug sein. Die durch Ascorbins~iure verz6gerte oder verhinderte Ent- wicklung yon Proteus vulgaris (Stamm ,,X 19 Syrie") ist nach L w o i f und MoreP auf die antiseptische Wirkung des Wasser- stoffperoxydes zurfickzuffihren, das sich im Verlauf der Oxydation von Vitamin C bildet.

Einwandfrei nachgewiesen ist die unbedingte Notwendigkeit der Ascorbins~iure ffir das Wachstnm verschiedener Protgzoen 6, ffir Spirochaeta ~allida und ffir Tetanusbacillen ( I l leny~ und K e n e s s y ) . Die Synthese von Vitamin C aus Xylose ist im Tier-

C = O I C--0H [ o C--OH i

H - - C - - - !

H0-- C--H L CH 0H

versuch ftir Bacillus prodigiosus bewiesenL Ft~r das Wachstum von Haematococcus f)luvialis in reinen Mineralsalzl6sungen am Licht ist in erster Linie )~scorbin- s~iure der maBgebende Wachstumsfaktor s.

K. A. Miller: Proc. Soc. exper. Biol. ivied. 57, 151 (1944). IR. J. Willialns : Science (New York) 1941 I, S. 412. O. Rahn und C. P. Hegar ty : Proc. Soc. exper. Biol. Med. 38, 218 (1938). - - O. Rahn

und Mitarbeiter: J. Bacteriol. 35, 547 (1938).--A. Sar tory und Mitarbeiter : C. R. hebd. S6an- ¢es Acad. Sci, 206, 1414 (1938). - - J. G. Davis und J. McCIemont: J. Dairy Sci. 10, 94 (1939).

4 A. D, Welsch: Diss. Univ. Heidelberg 1938. 5 A. Lwoff und M. Morel : Ann. Inst. Pasteur 68, 323 (1942), 6 A. Lwoff : C. R. hebd. S~ances Acad. Sci. 206, 540 (1938); C. R. Soc. Biol. Paris 130,

406 (1939). -- R. Cailleau : C. IR. Soe. Biol. Paris 127, 861, 1421 (1938); 131, 964 (1939); 138, 319 (1939).

7 K. H. Biising und F. Peters : Biochem. Z. 304, 134 (1940). IK. Ondratscheck: Arch, Mikrobiol. II, 219 (1940).

Page 28: Zusammenfassende Übersichisberichte Vitamine als Wuchsstoffe für Bakterien

Vitamine als ~vVirkstoffe ftir Bakterien. ~35

11. Andere Vitamine. Wuchsstoffwirkungen der Vitamine D und E bei Mikroorganismen sind der

bisher zug~nglichen Literatur nicht zu entnehmen, Vitamin E scheint lediglieh bei Mausen als ~Vuchsfaktor wirksam zu sein ~. ~)~ber Vitamin F, also die ungesattigten Fetts~uren Linol- und Linolensaure, ist bekannt, dal3 sic, nicht aber ihre Methyl- ester, das Wachstum von Lactobacillus hdveticus und anderen grampositiven Bak- terien ftir mehrere Tage zu unterdriicken verm6gen, demnach als antibiotische Stoffe wirken. C h a t t a w a y 2 beriehten fiber einen ill Leber vorhandenen, ffir gewisse gravis, und intermedius-St~mme von Bacillus diphtheriae benStigten Wuchsstoff, der mit irgendeinem bisher bekannten Wuchsstoff night identifiziert werden konnte. Er ist dialysierbar, bestandig gegen Pepsin, Trypsin und Dia s t a se weder betont sauer noeh basisch und seheint eine Gruppierung R - CH (NH2) - - COOH oder R 'CH (NHCH~R) - - COOH zu enthalten. Einwandfrei nachgewiesen ist der wuchsfSrdernde Einflul3 der Vitamine K auf Bakterien, z. B. auf den J o h n e - Bacillus (Wool ley) . Im Gegensatz hierzu sind Bakterien der Darmflora und des Rumens bei Mensch, Schaf und Kuh, wie Bacterium coli, Bacterium bi[idum und Microbacterium lacticum zur Vitamin-K-Synthese befahigt 3, vor allem Bacterium. coli bildet sehr stark Vitamin K und kann daher als echter Symbiont des Mensehen angesehen werden. Coli vermag ans Asparagin, Glucose und Citrat als organische Bestandteile Vitamin K ohne Provitaminstufe zu bilden ~. Damit ist auch die Tat- saehe zu erkl~ren, dab bei Mensch und S~ugetier eine K-Avitaminose nur schwer zu erzeugen ist, da der lange Darm eine Aufnahme des bakteriell durch die Darmflora gebildeten Vitamins K ermSglieht. Beim Vogel dagegen reicht der relativ kurze Dick- darm nicht zur Resorption des synthetisierten Vitamins aus; deshalb wurde die typische K-Avitaminose zuerst bei Hiihnern, Enten und Gansen gefunden.

12. Antibiosen. Gelegentlich der Besprechung des Aneurinbed~rfnisses verschiedener Mikro-

organismen hatte sich gezeigt, dab zahlreiche Symbiosen derartiger Lebewesen auf dem Wechselspiel ihrer ffir Baukomponenten des Vitamin-B1-Molek(ils verschieden ausgeprSgten synthetisierenden FShigkeiten beruhen. Der Tatsache, dab in Ge- sellschaft sich gut entwickelnde Organismen diese FShigkeiten verlieren, sobald sie einzeln auf dem gleiehen NShrboden kultiviert werden, steht die gegenteilige Be- obaehtung gegentiber, wonach Mikroorganismen wohl einzeln und getrennt auf be- s t immten Kultursubstraten gedeihen, gemeinsam kultiviert jedoch nach kurzer Zeit zugrunde gehen. Derartige Erscheinungen haben schon 1877 P a s t e u r 5 und 1879 De B a r y 6 beschrieben; 1899 pr~gte W a r d 7 hierft~r den Namen A n t i b i o s e . Heute sind solche Antibiosen bei s~mtlichen Arten yon Mikroorganismen bekannt, wie be Pilzen, Protozoen und Bakterien. Wenn man yon der M6glichkeit absieht, dab einer der an der Antibiose beteiligten Mikroorganismen dem N~ihrsubstrat Stoffe entzieht, die ffir das Wachstum des anderen unentbehrlich sind, so muB man zur Erkl~rung dieser Erscheinung annehmen, dab der in Rede stehende Mikroorganismus

t p. Vogt-Miiller: Vitamine u. Hormone 3, 8 (1942). 2 F. W. Cha t taway und 5iitarbeiter : Biochemic. J. 38, 111 (1944). 3 L. W, l~cElroy und Fi. GoB: J. Nutrit. 201 527 (194=0). - - O. Ehr i smann: Dtsch~

reed. \¥schr, 70, 233 (1944). tI.' Dam und J. Glavind : Naturwiss. 29, 287 (1941). - - Vgl. zusammenfassend Fr.

Ba~Lmg~rtel: Klin. Wschr. 21, 265 (19~2). 5 L. Pas teur : Oeuvres de Pasteur. Paris 1922. 6 De Bary : Die Erscheinung der Symbiose. Stral3burg I879. r 5I. Ward : Ann. Botany 5~9 (1899).

29*

Page 29: Zusammenfassende Übersichisberichte Vitamine als Wuchsstoffe für Bakterien

436 J. S c h o r m ii 11 e r : Vitamine als Wirkstoffe fiir Bak±erien.

S to f fe e r z e u g t u n d d e m K u l t u r m e d i u m z u f i i h r t , d ie da s W a c h s t u m a n d e r e r O r g a - n i s m e n v e r h i n d e r n . So lche a n t i b i o t i s c h e n S to f fe b e s i t z e n groBe B e d e u t u n g i m K a m p f u rns D a s e i n t i be r a l l d o r t , wo b e s t i m m t e F l o r e n v o n M i k r o o r g a n i s m e n e r h a l t e n b le i - b e n m i i s s e n ; wie i m D a r m y o n S~iuge t ie ren u n d des M e n s c h e n , i m P a n s e n de r W i e d e r - k~iuer u n d i m B o d e n .

D e r a r t i g e a n t a g o n i s t i s c h e W i r k u n g e n n a t i i r l i c h e r H e m m s t o f f e des W a c h s t u m s h a b e n g e r a d e in j t i n g s t e r Z e i t d a s I n t e r e s s e de r C h e m i k e r u n d M e d i z i n e r e r r eg t . U b e r t r e f f e n so lche A n t i b i o t i c a docl~ in i h r e r W i r k s a m k e i t v i e l e u n s e r e r a k t i v s t e n s y n t h e t i s c h e r l A r z n e i s t o f f e g a n z be t r~ ich t l i ch . Al s a l l g e m e i n b e k a n n t e r , i m Mit. tel- p u n k t d e r F o r s c h u n g s t e h e n d e r a n t i b i o t i s c h e r S to f f set da s P e n i c i l l i n g e n a n n t , d a s i m J a h r e 1929 y o n F l e m i n g 1 e n t d e c k t w u r d e . E i n i g e d i e s e r A n f i b i o t i c a w u r d e n b e r e i t s in r e i n e r F o r m g e w o n n e n u n d h i n s i c h t l i c h i h r e r W i r k s a m k e i t a b g e g r e n z t , d ie M e h r z a h l y o n i h n e n h a r r t j e d o c h n o c h de r A u f k l a r u n g , f t i r a l le i s t d e r g e n a u e W i r k u n g s m e c h a n i s m u s n o c h u n b e k a n n t . E i n e Z u s a m m e n f a s s u n g t i be r W u c h s s t o f f e y o n M i k r o o r g a n i s m e n w~ire j e d o c h l t i e k e n h a f t , w o l l t e m a n die n i c h t m i n d e r v e r b r e i - t e t e n A n t i w u c h s s t o f f e in d e r N a t u r v e r g e s s e n =.

Tagesnotizen. P e r s S n l i c h e N a c h r i c h t e n .

Prof. Dr. E u g e n B a m a n n wurde m it ~Wirkung yore 1. Mat 1948 mit der Vert re tung der' o. P r o f e s s u r i i i r P h a r m a z e u t i s c h e u n d L e b e n s m i t t e l c h e m i e a n d e r U n i v e r s i - t i i t M f i n e h e n und zugleich mit tier Le i tungdes U n i v e r s i t ~ t s i n s t i t u t s f i i r P h a r m a z e u - t i s c h e n n d L e b e n s m i t t e t e h e m i e in Miinchen beauftragt . Prof. B a m a n n ha t te yon 1935 bis 194I den LehrstuhI ftir Pharmazie an der Universit~it Tiibingen u.nd ~on 194I bis 1945 den Lehrstuhl fiir Pharmazeutische Chemie a n der Deutschen Karls-Universi t~t in Prag inne.

Prof. Dr. S. W a l t e r S o n c i wurde mit Wirkung yore 16. Jul i 1947 zum Vorstand der D e u t s c h e n F o r s c h u n g s a n s t a l t f t i r L e b e n s m i t t e l c h e m i e M t i n c h e n , die er bis dahin kommissarisch geleitet hat te , ernannt . Mit %Virkung vom 1. Mat 1948 i ibernahm er gleichzeitig innerhalb des yon ihrr/ebenfalls bisher kommissarisch geleiteten Universit~itsinstituts ftir Phar- mazeutische und Lebensmittelchemie die Leitung der lebensmittelchemischen Abteilung.

R. O. N e u m a n n 80 Jahre al t . Am 29. Juni wurde der era. o. 6. Professor der Hygiene, Dr. med. Dr. phil. Geheimrat

R. O. N e u m a n n , ehemaliger Direktor der tIygienisehen Ins t i tu te in Giegen, Bonn und Ham- burg achtzig Jahre alt.

R. O. N e u m a n n ist nicht nur der Nestor der deutsehen Hygieniker, er ist auch der Begriin- der ether Schule yon Wissenschaftlern, in der das zu Lernende an 15000 Objekten demonstr ier t wird, die der Gelehrte selbst auI 31 Weltreisen auGerordentlicher Ar t ftir die Disziplinen der Bak- teriologie, Serologie, ParasitoIogie, Ern~hrungslehre, der Wasser- nnd Stadtehygiene gesam- melt hat.

Arbeiten R. O. N e u m a n n s im P a s ~ e u r - I n s t i t u t in Paris, am Tropenins t i tu t in Liverpool, an den biologischen Stat ionen in Neapel und Alexandrowsk, im Pathologischen Ins t i tu t in Bu- karest und an der ~igyptisch-englischen Medizinschnle in B:airo, die Teilnahme an der Gelbfieber-. Expedi t ion in Brasilien schnfen eine Breite seiner wissenschaftlichen Interessen, die 1/ingst nicht in den mehr als 125 VerOffentlichungen ihren schriftl ichen Niederschlag flnden konnten. Ein grol3er Tell seiner Arbeiten liegt auf physiMogisch-chemischem Gebiet, die in ether langen Reihe yon Stoffwechselversuchen an eigener Person fiber EiweiBpr~parate, Alkohol, Kakao, Saccha- rin, zahlreiche Brote usw. ihren Ansdruck l inden und yon grundlegender Bedeutung sind.

E. -P. Krdger (Hamburg).

A. F l e m i n g : Brit. J. exp. PathoL 10, 226 (1929). 2 Zusammeniassung bet K. V~ral lenfels : Chemie 58, 1 (1945). - - C. H a l l a u e r : Schweiz.

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