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Zusammenfassung: Klassische Konditionierung Initiale Forschung: Ivan Pavlov und seine Klassische Konditionierung des Speichelflusses von Hunden auf Signalreize John Watson: Klassische Konditionierung von Angstreaktion (“Little Albert Experiment”) Anfänge des Behaviorismus Formalisierung der Verhaltens- (Reaktions-) Vorhersage. Begriffsprägung UCS, UCR, NS, CS, CR UCS: Stimuli, die für grundlegende Bedürfnisse relevant sind. Es erfolgt ohne Lernen immer eine spezifische Reaktion (UCR). NS nur Orientierungsreaktion Konditionierung höherer Ordnung, Generalisierung (primär, sekundär) Weitere Faktoren: Kontiguität , raum-zeitliche Nähe der Reize ( verschiedener Ausprägung: Reaktionen simultan bedingt, verzögert bedingt, spurenbedingt, rückwärts bedingt) 1

Zusammenfassung: Klassische Konditionierungcommonweb.unifr.ch/artsdean/pub/gestens/f/as/files/4660/33602... · • bei Auftreten konkurrierender UCS kann eine KK unterbunden werden

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Zusammenfassung: Klassische Konditionierung

• Initiale Forschung: Ivan Pavlov und seine Klassische Konditionierung des Speichelflusses von Hunden auf Signalreize

• John Watson: Klassische Konditionierung von Angstreaktion (“Little Albert Experiment”) Anfänge des Behaviorismus

• Formalisierung der Verhaltens- (Reaktions-) Vorhersage. Begriffsprägung UCS, UCR, NS, CS, CR

• UCS: Stimuli, die für grundlegende Bedürfnisse relevant sind. Es erfolgt ohne Lernen immer eine spezifische Reaktion (UCR). NS nur Orientierungsreaktion

• Konditionierung höherer Ordnung, Generalisierung (primär, sekundär)

• Weitere Faktoren: Kontiguität , raum-zeitliche Nähe der Reize ( verschiedener Ausprägung: Reaktionen simultan bedingt, verzögert bedingt, spurenbedingt, rückwärts bedingt)

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Preparedness

• Eine spezifische Bereitschaft für die Konditionierung [bestimmter NS]

• genetisch bedingt, evolutionsbiologisch entwickelt

• selektive Ausbildung von Angstreaktionen

– rasche Aneignung

– erhöhte Löschungsresistenz

– irrational

Seligman, 1971

3. Klassische Konditionierung 3.6 Wichtige Einflussgrössen 2

Prepotency

• Gewisse Stimuli sind für bestimmte Spezies prägnanter und werden selektiv stärker wahrgenommen

• betrifft Reize, die entwicklungsgeschichtlich gesehen relevant (d.h. gefährlich) waren

• brauchen für Konditionierung weniger Lerndurchgänge

• löschungsresistenter

Marks, 1969

3. Klassische Konditionierung 3.6 Wichtige Einflussgrössen 3

Preparedness vs Prepotency

• genetisch bedingte Bereitschaft für KK eines Individuums

vs

• Eignung eines bestimmten Stimulus für die KK

• Preparedness beinhaltet auch eine generelle Wahrnehmungsbereitschaft für gewisse Stimuli

• Beispiel: Spinnen sind Stimuli mit hoher Prepotency; sie eignen sich gut für die KK für viele Menschen. Allerdings sind nicht alle Menschen gleichermassen in Bezug auf Spinnen konditionierbar, es gibt also individuelle oder auch kulturell bedingte Unterschiede in der diesbezüglichen Preparedness

3. Klassische Konditionierung 3.6 Wichtige Einflussgrössen 4

3. Klassische Konditionierung 3.6 Wichtige Einflussgrössen 5

3. Klassische Konditionierung 3.6 Wichtige Einflussgrössen 6

Stimuli mit erhöhter Prepotency

3. Klassische Konditionierung 3.6 Wichtige Einflussgrössen 7

und was ist hiermit?

3. Klassische Konditionierung 3.6 Wichtige Einflussgrössen 8

wichtig: auch im sozialen Bereich fremde haarige Männchen

3. Klassische Konditionierung 3.6 Wichtige Einflussgrössen 9

Taste Aversion

• Phänomen der KK, aka «Sauce Béarnaise Syndrome»

• Erlernte Aversion gegenüber einem Lebensmittel; Koppelung des Geschmackes mit körperlichen Reaktionen und deren Wahrnehmung, wie sie auf die Einnahme toxischer oder verdorbener Nahrunsmittel typisch wären (Krämpfe, Übelkeit)

• weit verbreitet: Aversion erworben durch (zufällige) relative Koninzidenz zwischen Einnahme eines Lebensmittels und Übelkeit, Krankheit

• adaptive Eigenschaft

3. Klassische Konditionierung 3.7 Anwendungsbeispiele 10

Taste Aversion

• John Garcia: Experimentierte mit Ratten. Untersuchte Einfluss von Strahlung auf Verhaltensregulierung

– Untersuchte die Aufnahme von gesüsstem Wasser bei keiner, mittlerer und hoher Strahlung (Strahlung verursacht Übelkeit)

– bei hoher Strahlung entwickelten Ratten Aversion auf gesüsstes Wasser

• Zeigte, dass KK nach nur einem Lerndurchgang erfolgen kann

• und dies bei relativ langer Latenz zwischen CS und UCS

• TA: ist relative stabil, löschungsresistent

• bekanntes Problem bei Chemotherapiepatienten

3. Klassische Konditionierung 3.7 Anwendungsbeispiele 11

Öhman & Mineka (2001): Fear Modules

• Die Theorie besagt, dass uns die Evolutionsgeschichte mit hocheffizienten Angstmodulen ausgestattet hat, die uns gegenüber Gefahr adaptiv machen

– sie sind hoch selektiv (spezifisch auf relevante Stimuli)

– lösen Reaktion automatisiert aus (wenig/kaum

Aufmerksamkeit, Gedanken, Anstrengung nötig)

– Reaktionen sind schwer kontrollier- oder vermeidbar

– Reaktionen werden von Amygdala und Hippocampus gesteuert (realtiv «alte», subkortikale limbische Strukturen, die bei allen Säugetieren existieren)

3. Klassische Konditionierung 3.7 Anwendungsbeispiele 12

Konditionierbarkeit

• Pavlov: Erregbare vs. gehemmte Hunde

• Eysenck: Persönlichkeitsmerkmale (neurophysiologische

Grundlage, Reaktionsbereitschaft; s. auch Gray, 1973 ff.)

schwerer konditionierbar

leichter konditionierbar

leichte Spontanremission

leichte Spontanremission

3. Klassische Konditionierung 3.7 Anwendungsbeispiele 13

weitere Möglichkeiten der Konditionierung

• Kontextkonditionierung – oft Orte oder Räumlichkeiten, örtliche oder soziale

Situationen

• Scheitern von Konditionierung – Kontiguität notwendig, aber nicht ausreichend

– Konkurrierende Konditionen

– mangelnde Konditionierbarkeit

– mangelnde Stimulieigenschaften

3. Klassische Konditionierung 3.8 Weiterführende Konzepte 14

konkurrierende Konditionen

• Paarung von UCS- mit UCS+

verhindert Konditionierung

• Bsp. physische Nähe, Umsorgung während traumatisierender Ereignisse

3. Klassische Konditionierung 3.8 Weiterführende Konzepte 15

Auflösung von Konditionierung

• Löschung

– bei Ausbleiben von Kontiguität von CS und UCS über längere Zeit

– durch Wissensvermittlung

• Der bedingte Reiz (CS) verliert die Fähigkeit, die bedingte Reaktion (CR) auszulösen, wenn nach einem bestimmten Zeitintervall keine neue Verstärkung geboten wird; sorgfältige Extinktion kann die konditionierte Reaktion auf Dauer wirksam löschen.

3. Klassische Konditionierung 3.8 Weiterführende Konzepte 16

Auflösung von Konditionierung

• spontane Erholung

– Wiederauftreten von gelernter Reaktion nach einer Pause nach Löschung

Kassin, 2004, p.175 3. Klassische Konditionierung 3.8 Weiterführende Konzepte 17

Auflösung von Konditionierung

• Spontanremission

– spontane Besserung bei psychischer Störung (30-70%) • Gründe: nicht-prof. Hilfe, das Wegfallen belastender Situationen,

Selbstregulation, biologische Prozesse, Habituation, Gegenkonditionierung

3. Klassische Konditionierung 3.8 Weiterführende Konzepte 18

Auflösung von Konditionierung

• Gegenkonditionierung

Eliminierung einer Stimulus-Response-Verbindung durch Erlernen einer Alternativreaktion, einer unvereinbaren Reaktion

Angst – Lächeln, Zärtlichkeiten, Sexuelle Stimuli, Süssigkeiten...

ENTSPANNUNG

Die neue Reaktion ist stärker als die ursprüngliche Reaktion (Reinecker, 1986, S. 74).

3. Klassische Konditionierung 3.8 Weiterführende Konzepte 19

Auflösung von Konditionierung

Habituation • Reaktionsverminderung als Folge oft wiederholter

Darbietung eines Stimulus – Neuartigkeit und Unerwartetheit fehlen

• Dieser Vorgang ist von Löschung und Ermüdung abzugrenzen.

• Habituieren kann man nur an identische Reize.

• komplexer Prozess der u.a. wichtig für die Aufmerksamkeitslenkung ist – z.B Gewöhnung bzw. Nichtbeachtung

bedeutungsloser Stimuli

3. Klassische Konditionierung 3.8 Weiterführende Konzepte 20

Zusammenfassung

• Prepotency / Preparedness wird auch für soziale Stimuli angenommen

• Annahme von Fear-Modules, als Grundlage menschlichen Angstlernens, mit aus evolutionsbiologischer Perspektive funktionalem Charakter – rasche, schwer unterbrechbare Reaktionsprogramme

• Taste-Aversions: sehr effiziente (evolutionsbiologisch sinnvolle) Art des Lernens

• Es bestehen Unterschiede in der Konditionierbarkeit von Personen – introvertierte, emotional labile Personen sind leicht(er) konditionierbar

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Zusammenfassung

• Diskriminierung umschreibt einen Differenzierungsprozess bezüglicher Stimuli, über die KK: nur bestimmte NS sind mit UCS gekoppelt

• Bei längerem Ausbleiben der Koppelung mit UCS erfolgt eine Abnahme der CR und schliesslich eine Löschung

• bei Auftreten konkurrierender UCS kann eine KK unterbunden werden

• weitere Prozesse, die mit einer Abnahme einer CR einhergehen sind die Gegenkonditionierung und die Habituation

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Welche Arten von Verhalten können klassisch konditioniert werden?

• vegetative Reaktionen: Reaktionen des autonomen Nervensystems, Immunreaktion (z.B. Anstieg der Aktivität von Lymphozyten)

• Evaluatives Konditionieren: Konditionierung von emotionalen Reaktionen

• Semantische Konditionierung: Koppelung von Symbole und/oder Begriffen mit emotionalen Reaktionen

3. Klassische Konditionierung 3.9 Phänomenlogie/ Beispiele 23

Praktische Relevanz der KK; Anwendungen

• Speiseaversionen

• Soziale Interaktionen: Sympathie oder Antipathie von Personen

• Werbung: Koppelung von UCS mit Produkten; Koppelung von CS mit Produkten

3. Klassische Konditionierung 3.9 Phänomenlogie/ Beispiele 24

Beispiel (aus Bodenmann et al., 2004)

3. Klassische Konditionierung 3.9 Phänomenlogie/ Beispiele 25

Weitere Beispiele: Sozialverhalten

• Konditionierung von Kreditkarten-Logos

– Feinberg et al. (1996): Wieviel sind Sie bereit, für verschiedene Produkte auszugeben?

– McCall & Belmont (1996): Trinkgeld-Tabletts in Diner mit und ohne Kredikartenlogo.

3. Klassische Konditionierung 3.9 Phänomenlogie/ Beispiele 26

Praktische Relevanz der KK; Anwendungen

• Im schulischen Kontext: Koppelung wichtiger Fächer oder Inhalte mit positiven Stimuli Stärkung der Motivationsgrundlagen

• Psychische Störungen als Folge von KK: Phobien – 3-Stadien-Theorie (Eysenck & Rachman, 1965)

• UCS-UCR Desorganisation des Verhaltens

• CS-CR

• S-R-C; Verhinderung von Löschung,Habituation, Gegenkonditionierung; oder erneute Konditionierung bzw. stellvertretende Konditionierung

3. Klassische Konditionierung 3.9 Phänomenlogie/ Beispiele 27

Interventionen auf der Basis der KK

• Reizkonfrontationsformen – in vivo, graduell: Reizkonfrontation – in vivo, massiert: Flooding,E xposition – in sensu, graduell: systematische Desensibilisierung – in sensu, massiert: Implosion

• Systematische Desensibilisierung

– Hierarchisierung der Angstreize – Darbietung der Angstreize – Darbietung der Angstreize in entspanntem Zustand

• Aversionstherapie

– unerwünschtes Verhalten wird mit aversivem Reiz gekoppelt • bsp: Alkohol - Antabus

3. Klassische Konditionierung 28

Zusammenfassung

Klassische Konditionierungsprozesse können durch folgende Faktoren beeinflusst werden:

• Stimulusqualität

• Bereitschaft des Organismus (Preparedness )

• Konditionierbarkeit des Organismus

• Motivationale, situative oder aktuelle Bereitschaft

• Intensität des UCS

• Intensität des CS

• Diskriminierbarkeit der Stimuli

• Zeitintervall zwischen CS und UCS (Kontiguität)

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