32
Bernd Metz Zwischen Hier und Dort

zwischen hier und dort

Embed Size (px)

DESCRIPTION

Katalog zur Ausstellung Loop-Raum, Frankfurt 2009, Bernd Metz

Citation preview

Page 1: zwischen hier und dort

Bernd Metz

Z w i s c h e n H i e r u n d D o r t

Page 2: zwischen hier und dort

Koordinaten50.095401; 8.683488

Die kürzeste Entfernung zweier geo-grafischer Punkte in einer Landschaft bil-det die Luftlinie. Sie zeichnet eine gedach-te geradlinige Verbindung zwischen demHier und Dort. Unter Berücksichtigung derzeitlichen Dimension, die den gegebenenRaum durch Bewegung erschließt, ent-steht ein über drei Elemente definierterStreckenentwurf – mit Standort,Verbindung und Ziel oder: Aufbruch,Passage und Ankunft. Die Bedeutungjedes dieser Elemente ist durch eines deranderen bedingt. Sie unterscheiden sichqualitativ und stehen jeweils für sich undsind doch nicht klar von einander zu tren-nen. Diese wechselseitige Verschränktheitder raumzeitlichen Koordinaten und ihrerBezüge lässt sich in vielerlei Bereicheübertragen, seien es Geografie, Migration,persönliche Gefühlswelten, sozio-kulturelleoder biografische Räume.

Die Kontextualisierung und Analysedes oben beschriebenen Modells bildetden Kerngedanken meiner künstlerischenHerangehensweise und ist leitend für denZugang zu anderen Themen. Bei genaue-rer Betrachtung des Sujets tun sichZwischenräume und Fugen auf; mitParallelitäten, Schnittstellen oder Über-schneidungen. Die so neu zu entdecken-den Assoziationsräume undVorstellungswelten sind für die im Katalogdargestellten Arbeiten und für mich vonbesonderem Interesse.

Geleitet von einem kulturwissen-schaftlichen Blick gilt es also imArbeitsprozess, diese Themenfelder ihremjeweiligen Kontext entsprechend zubeleuchten. So ergibt sich entlang derjeweiligen Inhalte ein weit gefasstesAusdrucksspektrum unterschiedlicherMedien für meine künstlerische Arbeit, dieauf wechselnden wissenschaftlichenInhalten und Perspektiven basiert. DieSuche nach dem eigenen Standpunkt istsomit nicht nur inhaltlich in meinen

Zwischen Hier und Dort

Page 3: zwischen hier und dort

Arbeiten präsent, sie findet ihreEntsprechung auch in meiner Arbeitsweise- und ergibt sich ebenso aus meinemnichtlinearen Werdegang. Unabhängigvom historischen Zeitpunkt, ist jederAufbruch von Menschen auf eine Reisedurch bestimmte Motivationen und Motiveindiziert, die in Ihrer Komplexität eineVielfalt an gesellschaftlichen und subjekti-ven Prozessen in Gang setzen. Die künst-lerischen Arbeiten beschäftigen sich meistmit so genannten Sogfaktoren. In derMigrationsforschung werden unter diesemBegriff alle Faktoren zusammengefasst,die von dem Aufnahmeort ausgehend zurEinwanderung motivieren und anreizen.Allgemein gesehen, stehen diese denDruckfaktoren einer gezwungenenMigration gegenüber.

No distance left to run

Um vom Ort A nach Ort B zu gelan-gen, ist die Überwindung einer räumlichenDistanz notwendig. Durch technischeInnovationen und immer schnellere

Transportmittel wird der Raum zwischenAusgangspunkt und Ziel verkürzt: eineStunde im Flugzeug statt ein paar Wochenzu Fuß minimiert die zu erfahrendeEntfernung, und wird somit zum Vektor fürdie Kompression des Raumes. Der Raumwird knapper und es bedarf seiner für dieReise auch nicht mehr, wenn medialeVirtualität und Simulation an die Stelle desOrtswechsels treten. Diese Verdichtungtritt mit einer gleichzeitigen Erweiterungdes erfahrbaren Raumes auf, denn weitentfernte Ziele sind erst in Folge accellerie-render Fortbewegungstechnologien über-haupt zu erreichen und somit in derAlltagswelt präsent.

Die so entstehende Gleichzeitigkeitder Räume, die das Dort im Hier verorten,ist ein wesentliches Charakteristikumunserer Gegenwart. Das Dort, dieVorstellung des anderen Raumes oder dieUtopie, ist ein Kind des Gegenwärtigen.Das einst als Ziel ersehnte aber ungewisseEnde einer mit Mühsal und Entbehrungverbundenen Reise, ist heute im Zeitalter

Page 4: zwischen hier und dort

der Omnipräsenz globalisierter Bildweltenlängst keine Überraschung mehr.

Hier und Dort

Habe ich mir nicht erinnernd anschon gesehene Bilder bereits eineVorstellung geschneidert, so bekomme ichspätestens bei der Reisebuchung einProspekt sogar mit Abbildungen des zuerwartenden Hotelzimmers in die Handgedrückt. Das Unbekannte wird ersetztdurch eine doppelte Illusion vonBekanntem. Das Reiseziel ist schonzuhause fassbar, es bedarf der Reiselediglich zur Erfüllung eines bereits beste-henden Weltbildes.

Wenn das Ziel im Hier verortet ist, isteine Reise nicht mehr notwendig. Legtman der Reise van Genneps Theorie derrite de passage als Übergangsakt in einneues System zugrunde, so entzöge mandem Reisen seine eigentliche Bedeutung.An Stelle des Übergangs in ein neuesGefilde tritt lediglich ein Ortswechsel.

Wenn ich in das Flugzeug steige und vonFrankfurt nach Madrid reise, verlasse ichkeinen Ort und komme an keinem anderenOrt an, ich tausche lediglich den einen mitdem anderen aus. Beide Flughäfen bildenzwei unterschiedliche Anschlusspunkte andas gleiche System und wenn ich glaubeangekommen zu sein, bin ich nicht woan-ders, sondern geblieben, in meiner Weltmit meiner bestehenden Vorstellung vonWelt. Die Motivation der Suche nach demAbenteuer - nach dem Übergang - läuftins Leere, es bedarf Alternativen, um diegedankliche Wanderlust zu stillen. Es istdie Sehnsucht, die erfahrbar bleibt.

Das Eigene und das Fremde

(Gedanken-)Räume und Settingsüberlagern sich zu vielschichtigenArrangements, die sich gegenseitig durch-dringen und bestimmen. Diese immerschon vorhandene Einheit vonBezugspunkten subjektiver Erwartungenund Sehnsüchte steht aber ein ebensorealer Dualismus gegenüber, der im

Page 5: zwischen hier und dort

Differenzerleben des Subjekts von Selbstund Welt begründet ist. Das Eigene unddas Fremde definieren sich gegenseitigund sind nicht ohne das scheinbarGegenteilige zu erfassen. Das bekannteSystem (Selbst oder Heimat) definiert sichals eigen durch die Unterscheidung vonInnen und Außen, durch die Abgrenzungzum Unbekannten der Welt, demFremden. Dennoch ist das Eigene nicht alsstatisches, homogenes Gebilde aufzufas-sen, sondern vielmehr alsBewusstseinskern auf der steten Suchenach konsistenten Selbsterzählungen undtemporären Stabilitäten, der seine Grenzenstets entlang der erlebten Berührung mitdem Fremden neu konstituiert.

So durchsickert und füllt das Fremdestets die Fugen des Vertrauten, des hei-misch Bekannten – Zwischenräume, diewie alle anderen Bereiche über vageGrenzen selbst nicht fassbar sind. Wobeginnt das Außen, das Dort? Wo endetdas Innere, die Heimat, das Hier? DieFaszination dieser Schwellensituation -

der Verwobenheit und wechselseitigenBedingtheit des Vertrauten und desFremden - sind mir Motiv undAusgangspunkt meiner Arbeit und bildenmeinen künstlerischen Fokus. WelcheLandschaften entstehen, wenn die Fremdeund Heimat als deren Antipode verschmel-zen? Was passiert, wenn das eigeneStreben nach dem Anderen, einem Zieloder fremden Ort als Referenz zum jetzi-gen Moment und dem Dasein erkanntwird?

Die Arbeiten untersuchen das hybri-de Moment des Raumes auf formal-abstrakter Ebene genauso wie aus einemromantischen Motiv heraus. Ihre zentraleErzählung gilt der sehnsuchtsvollenSuchbewegung, inmitten von Fragmentenverschiedener Realitäten, Poesie zu findenund Halt zu gewinnen. Dabei scheint derAufbruchswille schon die Reise und jedesZiel ein Anfang zu sein, ob man sich nun imStillstand ruhend befindet, mäanderndoder geradlinig fortbewegt.

Page 6: zwischen hier und dort

In einem leeren Schwimmbadbeckenwurde das Video aufgenommen. Zu sehenist eine hellblaue Kachelwand als räumli-che Begrenzung und ein Teil des Bodens,auf dem sich im Laufe des Videos ein Bergvon Papierflieger anhäuft. Die Bodenkantegibt im Bild eine Horizontale an, die einwenig des räumlichen Eindrucks preisgibt.Eine Verkleidung ausgewaschener aqua-marinfarbener Keramikkacheln strukturiertdie Oberfläche von Boden und Wand, ver-weist auf die tatsächliche Enge undTrostlosigkeit der Situation.

Nach und nach schweben Papier-flieger auf ihrer Reise ins Bild. Von wo siekommen ist ungewiss, der Pilot befindetsich außerhalb des Bildausschnitts. Mitseinen feinen Projektilen peilt er ein Ziel an,das jenseits der Wand vermutet wird. Werauch immer sie losschickt, jedem seinerVersuche die physische Grenze der Wandzu durchdringen folgt unbeirrt ein weiterer.Mit einer Beharrlichkeit lässt er nicht ab,gibt seinen Flugobjekten Antrieb. Immeraufs Neue prallen sie ab und stürzen zu

Boden. Neben den Karambolagen bestim-men gedämpfte Hintergrundgeräusche dieAkustik in der Raumsituation Becken.Vogelzwitschern, Musik von einem Radiound unbestimmbare Bewegungen lassenanklingen, dass es eine Außenwelt gibt.Bemerkt man diese Spuren, so lässt sichdie Motivation des Piloten eher nachvollzie-hen, denn die Wand scheint nichtRaumabschluss sondern vielmehr eineBarriere zum Rest der Welt zu sein.

Page 7: zwischen hier und dort

Ohne Titel, 2009

Video25:37 min

Page 8: zwischen hier und dort

Mehrere Dias reihen sich zu einemBand aneinander. Sie zeigen alle den Blickzum Horizont, der als leitendes Elementdie Bilder zusammen- und weiterführt. DieDias sind Fundstücke von verschiedenenOrten und verweisen auch in ihrerFarbigkeit auf die Differenz räumlicher undzeitlicher Entstehungskotexte. Romantischruhig steht er für die Sehnsüchte derFotografen, die mit den deckungsgleichenBildaufbauten eigene Motivationen verbin-den.

Der Horizont ist die sichtbareKontaktlinie zwischen der Erde und demHimmel, dem erfahrbaren Boden und derunergründlichen Atmosphäre. Sie erzeugtdie Vorstellung des unendlichen Raumsund zeigt gleichzeitig eine liminale Distanz.Sie markiert aber auch einenGrenzbereich; Sichtbares undUnsichtbares, ein fassbarer Ort und eingedanklicher Freiraum treffen hier aufein-ander. Der Horizont als symbolischeGrenze dient lediglich als Verweis auf

Mehr, beschwört die Imagination desIrgendwo, vielleicht das Fernweh auf das,was wir uns dahinter wünschen.

Page 9: zwischen hier und dort

Horizonte, 2009

drei CollagenDias ca. 350x85 mm

Page 10: zwischen hier und dort

Die Rauminstallation besteht ausmehreren Kühlschränken. Die Elementesind plan übereinander gestapelt und for-mulieren mit den Türfronten eine neu ein-gezogene Wand im Ausstellungsraum. IhrePräsenz bezieht sich auf die vorhandenearchitektonische Struktur. Im Sinne einerBarriere teilt sie den sichtbaren Raum vondem dahinter liegenden gedachtenBereich ab.

Die Unregelmäßigkeiten derOberfläche – Form, Farbigkeit sowie Griffeund Labels – lassen die Bauelementedeutlich als Kühlschränke erkennen. AlsBestandteil des täglichen Lebens, ist demBetrachter die Funktion und kulturelleBedeutung dieser Objekte nicht fremd. Soist der Innenraum der kastenförmigenObjekte Bestandteil der Rezeption. DieImagination eines Inhalts ist mit derursprünglichen Zweckmäßigkeit verbun-den.

Die Barriere selbst trennt nun nichtnur den architekonischen Raum, sie

besteht sogar aus solchen. Auch wennman weiß, das die Kühlschränke leer sind,sobald sie geschlossen sind, ist einGeheimnis zu wittern. Eine offene Tür unddas heraus scheinende Licht machen neu-gierig auf das Innere, den Inhalt. Wie einVerrat gibt hier einer der Schränke sein tri-viales Geheimnis preis. Nicht etwaMaterielles ist der Inhalt, das Innere selbststeht für sich. Der Raum im Raum, derEinblick in die Barriere ist der Inhalt.

Page 11: zwischen hier und dort

Ohne Titel, 2009

InstallationKühlschränke

Page 12: zwischen hier und dort

In einer einzigen Sequenz fährt dieKamera durch einen Hotelgang. Macht eseine offene Tür (und der verzögerte Fokusder Kamera) möglich, das Geschehen inden Gästezimmern zu erfassen, so folgtrasch die nächste Zwischenwand. Injedem der Zimmer befindet sich die einund dieselbe Person, die sich dem Settingentsprechend verhält. Durch die lineareAbfolge der Kamerafahrt scheinen die zusehenden Situationen zeitlich parallel zugeschehen. Der architektonisch strengeund einheitliche Aufbau der dargestelltenZimmer fokussiert den Blick desBetrachters auf die Details und Variationender jeweiligen Szenen. Mit der Darstellungderselben Person in jedem der Räumeentsteht serielle Gleichzeitigkeit, dieFragen zu Individualität und Identität auf-bringt.

Hotelzimmer sind Zwischenstationenvon Reisen. Sie stellen die Unterbrechungeines Vorgangs dar. Hier verdichtet sichAnkunft, Übergang und Aufbruch. Eineungenaue Situation des Dazwischen und

der Überschneidung, ein halbprivaterRaum, nicht völlig fremd, nicht ganz hei-misch.

In der neutralen Umgebung kann derReisende eine sichere Ruhe finden, um beisich selbst zu sein. Er befindet sich ineinem ihm bekannten System zwischenEin- und Auschecken. Hier geht er per-sönlichen Tätigkeiten nach, die konstanteElemente der Reise darstellen und sichwieder und wieder im selben Muster wie-derholen. Dieser Ritus ist unterschiedlich-sten Reisenden gemein. Das Hotel als Ortvon Serialität ist ein Konglomerat anSystemen und Mustern, von Individualitätim Öffentlichen, fügt Regel und Wirrungzusammen.

Page 13: zwischen hier und dort

Zwischenräume, 2009

3-Kanal-Videoinstallation1:35 min

Page 14: zwischen hier und dort

Auf einem Podest befinden Aquarienunterschiedlicher Größe. Nebeneinanderangeordnet ergeben sie eine architektoni-sche Landschaft, bestimmt durch dieunterschiedlichen Höhen, Zwischenräumeund Schluchten und den auf einanderabgestimmten Außenseiten. DieAbgeschlossenheit der Beckenformatewird durch die Kantenverstärkung umsodeutlicher. Die Aquarien sind zur Hälfte,etwa in Blickhöhe des Betrachters, mitWasser gefüllt. Der tektonische Aufbauwird durch die Wasseroberfläche sowohlgespiegelt als auch gebrochen. Die zuvorklaren Räume überlagern und verschrän-ken sich, sind schwerlich auszumachenoder zuzuordnen.

Über die offenen Oberseiten windensich, ebenfalls mit Wasser gefüllteSchläuche, welche die Gefäße miteinanderverbinden. Sie dienen zum Transfer derFlüssigkeit über die starre Konstruktion derBecken. In einem befindet sich einePumpe zum Antrieb des Wasserkreislaufs.Sie pumpt den Wasser in das nächste

Aquarium, wodurch sich derWasserspiegel entsprechend senkt bzw.hebt. Durch diese Ungleichheit entsteht einDruck, der ausgleichend Wasser fließenlässt, bis alle Aquarien wieder auf den glei-chen Stand kommen. Der Inhalt wechseltinnerhalb des geschlossenen Systemsfortwährend den Ort.

Page 15: zwischen hier und dort

Ohne Titel, 2009

Installation 200x100x50 cmAquarien, Schläuche, Pumpe

Page 16: zwischen hier und dort

Mehrere Papierflieger stecken ineiner Wand – zum Stillstand gezwungen,werden sie zu einem Teil der Raumgrenze.Die räumliche Wirkung des Objektesstrahlt dennoch eine behagliche Stille undLeichtigkeit aus. Es ist lediglich ein kurzesInnehalten, ein Augenblick des Übergangszu erkennen, der die eigentliche Dynamikder Bewegung und den Prozess desHinweg-Schwebens pointiert. Als wahr-nehmbare Momentaufnahme, ähnlicheinem Videostill, tragen die Flieger dieGedanken des Betrachters mit sich zudem unbestimmten Zielort. Aus dem sicht-baren Zeitfragment ihrer Reise gilt es, die

Sehnsucht und die Poesie zu erkennen.

Die Installation erzählt von demWunsch des Übergangs in neue Räumeund verweist auf den ungreifbaren Ort jen-seits der physischen Grenze der Wand. DieVorstellung des anderen Ortes birgt dieGefahr einer Illusion und verwischt ihrenUrsprung im Hier und Jetzt. DieLeichtigkeit des Materials und dieErinnerung an das sorgenlos-begeisterndeKinderspiel stehen Assoziationen vonFlugabstürzen und 09/11 gegenüber, ohnediese zu paraphrasieren.

Page 17: zwischen hier und dort

Paperplanes, 2009

WandobjektPapier

Page 18: zwischen hier und dort

Die Architektur des historischenMuseums ist Zeugnis einer Entwicklung,der das Areal der historischen Altstadt zwi-schen Römer und Dom zugrunde liegt. Esvereinigt den wieder aufgebauten Saalhofmit einem 1972 eröffneten modernenAnbau. Diese Betonkonstruktion unterlagvon Beginn an großer Kritik derBevölkerung, nichtsdestotrotz stellt es einDokument der jeweiligen Zeit dar. DerAbrissbeschluss markiert das Ende dieserArchitektur und verweist auf ihre ästheti-sche und bauliche Halbwertszeit.

Über einen kurzen Zeitraum im April2008 war auf dem Anbau eine weitereArchitektur installiert. Das Lichtobjekt stellteine formale Reminiszenz an die

Erkertürme des spätgotischenRententurmes dar. Je nach Blickwinkelreiht es sich in die zusehende Anordnungder Turmspitzen ein oder aber verdecktderen Anblick. Der Lichtturm steht inBeziehung zu seiner direkten Umgebungund dem aktuellen Umgang mitZeitgeschichte.

Mit dem Blick auf das absehbareEnde fragt die Installation nachBeständigkeit von Architekturen. Dasbestimmende Element der künstlerischenIntervention ist das Licht – flüchtig, imma-teriell und aufgrund des technischenFortschrittes entstanden, nützlich umetwas zu beleuchten oder gar zu überblen-den.

Page 19: zwischen hier und dort

ohne Titel, 2008

Installation auf dem Dach des Historischen Museums Frankfurt, 3,80 mHolz, Tageslichtfarbe, Scheinwerfer

Page 20: zwischen hier und dort

Zwei Diaprojektoren projizieren ver-schiedene Fotografien auf die gleicheFläche. Die ausgewählten Bilder überlap-pen einander in ständigem Wechsel. Sieüberblenden und löschen, ergänzen undverstärken sich. Im fortlaufenden Wechselentstehen neue Collagen aus den frag-mentarisch erkennbaren Bildern. Die Über-blendungen und Schnittstellen deuten aufdie Konstruktion aus verschiedenenQuellen hin; Diapositive zusammengetra-gen auf verschiedenen Reisen.Erinnerungsstücke, Abbildungen derLiebsten, gesellige Runden mit Freunden

und persönliche Kostbarkeiten.

Lebenswelten fremder Menschenrufen eigene Erinnerungsbilder insGedächtnis, überlappen sich und lassenneue Gedankenräume entstehen. DieIdentifikation des voyeuristischenZuschauers verwischt die Grenze zwi-schen Eigenem und Fremdem. Durch dieVerortung in zeitlichen und geografischenKontexten entstehen Gedankenräume -Mnemotope – die einerseits dem kollekti-ven, andererseits dem individuellenGedächtnis zugeschrieben sind.

Page 21: zwischen hier und dort

Rekonstruktionen, 2008

DiaprojektionDiaprojektoren, Dias

Page 22: zwischen hier und dort

Parallelitäten, Gegensätze, Bewegung.Menschen zu Hause, unterwegs, in derFremde. Mobilität zwischen Städten,Ländern und Kontinenten ist kein neuesPhänomen. Geographische Entfernungenwerden überbrückt, räumliche Distanzenüberwunden, individuelle Grenzen gezo-gen und aufgelöst. Dadurch entstehenimmer wieder neue Schnittmengen desAlten und des Neuen, des kulturell Eigenenund des Fremden. Schnittmengen, diegleichzeitig neue Lebensräume umspan-nen und deren Linien unaufhörlich ver-schwimmen.

In ausführlichen Gesprächen mitMenschen, die innerhalb verschiedenerKontexte aus Uruguay nach Deutschlandkamen, begaben wir uns auf eineSpurensuche, was diese neuen Räumeausmacht. Wir fragten nach persönlichenGeschichten, Erfahr-ungen und Gefühleneines Lebens zwischen Nähe und Distanz.Wie ein Fenster zur Welt gewähren dieInterviewpassagen einen Blick in individu-

elle Biographien und Lebensläufe, derenWege von unterschiedlichstenHerausforderungen und Chancen geprägtsind.

Die Fotografien zeigen Innenansichtenvon Fenstern. Fenster öffnen den architek-tonischen Innenraum und ermöglicheneinen Blick nach draußen, eine Aussicht.Als Ausschnitt verweist diese Öffnung aberauch auf die eigentliche Wand, die Grenzezwischen Innen und Außen. Durch dieFensterscheibe lässt sich zwar dieAußenwelt nicht körperlich erfahren, dochwird sie sichtbar. Die Fensterscheibe istzugleich Öffnung und Abgrenzung; trenntInnen von Außen, Eigenes vom Fremden.Sie teilt bestimmte Bereiche von einanderab, fungiert aber auch als ‚Kontaktzone’verschiedener Räume.

Page 23: zwischen hier und dort

innen und aussen (Auszug), 2007

Fotografien (80 x 100 cm) und Interviewsin Zusammenarbeit mit Kathrin Eckert und Janina Junge

Ricardo de los S. M.seit 1988 in Deutschland, kamzum Studieren nach Mainz,arbeitet heute als Sozialarbeiter

... irgendwann befand ich mich in einer grauen Zone. Ich musste mich entscheiden: Wo willst du dich eta-blieren? In Deutschland oder Uruguay?...... ich hatte Heimweh, aber nicht nach dem heutigen Uruguay, sondern nach dem Uruguay, das ich damalsverlassen hatte. Aber es hatte sich alles verändert. Ich machte mir Gedanken darüber, ob es Heimweh waroder eine Sehnsucht nach Vergangenheit...... das Schwierigste war die Sprache. Wenn man nicht versteht, was man sagt, versteht man auch nichtwas man denkt. Und ich hatte mir gewünscht, dass ich meine Gedanken in der Sprache meiner neuenHeimat verfassen kann...

(Alles Interviews als .pdf auf www.bmetz.de verfügbar)

Page 24: zwischen hier und dort

"In den oberen Teil eines großen Fensters im historischen Museum ist mit Filzstiftein Satz regelrecht in den Himmel geschrieben. Die Zeile stammt aus einem spanischenExilgedicht. ’Im fremden Himmel’ benennt der Autor die wehmütige Sehnsucht nachdem Himmel der Heimat, gegenstandslos blau und ein unendlicher Raum fürAssoziationen. Aber wenn er einmal entdeckt ist, wird man Metz’ Fotos nicht mehr anse-hen, ohne diesen Satz zu denken"

Prof. Jochen Fischer

Page 25: zwischen hier und dort

este cielo no es el cielo de mit tierra, 2007

Filzstift auf Glas

Page 26: zwischen hier und dort

Mittlerweile hat die Zahl der Deutschen, die im Ausland ihr Glück suchen, die Zahlder Einwanderer nach Deutschland überschritten. Mit dem Wunsch in ein fremdes Landzu gehen, sind viele Erwartungen und Hoffungen verknüpft. Und doch ist es kein leichterEntschluss, sich für das Neue und Unbekannte zu entscheiden. Welche Faktoren beein-flussen diese Entscheidung? Entzieht sich die Entscheidung der Selbstbestimmung oderliegt sie in der eigenen Hand?

Page 27: zwischen hier und dort

quo vadis, 2006

Objekt, jeweils 50x50x50 mmMessing

Page 28: zwischen hier und dort

Ausstellungen (ausgewählt)

Kuratorische /Organisatorische Mitarbeit

Page 29: zwischen hier und dort

2009 Raum | Loop Abschlussausstellung - Raum121, Frankfurt (Katalog)Trügerische Gemütlichkeit/ Verquere Kommunikation - Museum für Kommunikation, Frankfurt[FRANKFURTER...] - Forum Wissenschaft+Kunst, Wiesbaden

2008 arte urbano vs. cubo blanco - plataforma centro MEC, ministerio de cultura, Montevideo/UruguayBegegnungen und Abschiede - Rhein-Main-Hallen, Wiesbaden (Katalog)Galerie im Tunnel - 200 Meter öffentlicher Raum - Hafenstrasse Frankfurtder letzte macht das licht aus! - Historisches Museum Frankfurt (Katalog)Luminale 08 - Historisches Museum, ev. Stadtakademie, Goethe-Universität FrankfurtAbsolut privat!? Vom Tagebuch zum Weblog - Museum für Kommunikation, Frankfurt (Katalog)

2007 Vogelfrei 7 - Darmstadt-Komponistenviertel (Katalog)arrivals & departures - Goethe-Universität Frankfurt (Katalog)Container-Contenedor - Historisches Museum und Artbox, Frankfurt (Katalog)Abschlussausstellung der Klasse Jochen Fischer - Goethe-Universität Frankfurt (Katalog)

2006 Um die 30, Galerie Handwerk - KoblenzTransaktion 1554 - Galerie der Stadt SindelfingenLuminale 06 - "Lichtwerke" - Goethe-Universität Frankfurt

seit 05/2009 toll ffm – galerie für zeitgenössische kunst, Frankfurt04/2009 Trügerische Gemütlichkeit/ Verquere Kommunikation - Museum für Kommunikation, Frankfurtseit 08/2008 toll mvd – galería de arte contemporáneo, Montevideo/Uruguay04/2008 der letzte macht das licht aus! - Historisches Museum, ev. Stadtakademie, sankt peterund Goethe-Universität Frankfurt03/2007 Container-Contenedor – Uruguay zu Besuch in Frankfurt, verschiedene Galerien (Katalog)

Bernd Metz

Page 30: zwischen hier und dort

VITA

Kontakt:Bernd MetzGutleutstraße 17060327 Frankfurt

http://[email protected]

Page 31: zwischen hier und dort

geboren 13.08.1979 in Landau/Rheinland-Pfalz2000 allgemeine Hochschulreife am Wirtschaftsgymnasium Landau2000 – 2003 Ausbildung zum Bankkaufmann und anschließendes Angestelltenverhältnis bei derSparkasse Südliche Weinstrasse in Landau2004 – 2010 Studium der Kunstgeschichte, Kunstpädagogik und Kulturanthropologie/europäischeEthnologie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main2007 Auslandsstipendium an der Fakultät für Philosophie und Kunst an der Universitat Autònoma deBarcelona, Spanienseit 2007 Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes

studentischer Mitarbeiter am Institut für Kunstpädagogik der Goethe-Universität Frankfurt am Mainfreier Mitarbeiter Museum für Kommunikation Frankfurt, Kaleidoskop e.V. etc.Mitgliedschaften: wbjung – Deutscher Werkbund Hessen e.V., Förderverein Offene Werkstatt e. V.Mitbegründer der Künstlergemeinschaft spezialLabor und der Projekte toll mvd und toll ffm

Bernd Metz

Page 32: zwischen hier und dort

Dieser Katalog erschien im Juli 2009 anlässlich der Ausstellung “Loop | Raum” imRaum121 (Frankfurt). Die präsentierten Arbeiten sind Bestandteil meiner künstlerischenMagisterarbeit im Fach Kunstpädgogik an der Goethe Universität Frankfurt am Main beiProf. Jochen Fischer. Einige Arbeiten wurden bereits im historischen Museum Frankfurt,der Goethe Universität Frankfurt am Main, zur Luminale 2008 im Museum fürKommunikation und im Forum Wissenschaft+Kunst in Wiesbaden gezeigt.

Vielen Dank an Prof. Jochen Fischer für die Betreuung während des gesamtenArbeitsprozesses. Danke an meine Familie für die Unterstützung, meinen Freunden, spe-ziell den Mitstreitern von spezialLabor, die mir mit fruchtbaren Diskussionen, Zuspruchund tatkräftiger Mithilfe zu Seite stehen. Danke an alle Helfer, ohne die die Ausstellungnicht möglich gewesen wäre.

Abbildung Seite 19 von Irina Zikuschka. Alle anderen Fotos und Texte, soweit nichtanders vermerkt, von Bernd Metz.