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Page 1: 1 0 Sonntagsblatt Interview: «Wir alle sind gescheitert ... › wp-content › uploads › ... · 28/08/2014  · Brompton Church» in London, die den Kurs ursprünglich entwi-ckelt

Sonntagsblatt Donnerstag28. August 2014

Stell dir vor, Gott hat einenPlan mit dir. Von Anfangan. Und er ist noch nicht

am Ende. Dann kommt deinHeute. Du selber erwartest viel-leicht gar nichts besonderes vondiesem Tag. Und da platzt Gottunangemeldet herein. EinenMoment lang bist du von dir sel-ber abgelenkt, bist von Gott fas-ziniert, hast deinen Abwehrme-chanismus noch nicht hochge-fahren. Und diesen Augenblicknützt Gott, um deine Aufmerk-samkeit auf sich zu lenken. Duspürst, dass er dich gern hat, dasser sich für dich interessiert, dasser dich begleitet und etwas mitdir vorhat, heute! Unwahr-scheinlich?

Zum Beispiel Mose. In einerschwierigen Zeit geboren. SeineEltern konnten nicht für ihn sor-gen. Er selber hatte eigentlichnur noch wenige Minuten zu le-ben. Und da greift Gott ein, ziehtihn aus dem Wasser, rettet ihn,plaziert ihn trotz ägyptischerAbtreibungspolitik an PharaosHof, wo sein Lebensunterhaltund seine Ausbildung grosszügigfinanziert und sogar seine Elternmitversorgt werden. Über vieleJahre. Bis zu diesem Ausraster,wo Mose vom Zorn gepackt ei-nen ägyptischen Aufseher er-schlägt und dann ins Auslandfliehen muss. Es vergehen 40Jahre, Steppe, Familie, Ziegenund Schafe. Und dann ist Feuerim Busch. Gott taucht auf, ein-fach so. «Ich habe einen Auftragfür dich. Geh zum Pharao. Sagihm in meinem Namen: Lassmein Volk frei! Und dann führeIsrael …»

Mose ist inzwischen 80 Jahrealt. Abgesehen davon, dass ersich seine Pensionierung andersvorstellt, wittert er Schwierig-keiten, die Gott anscheinendübersehen hat. «Herr, sssiehmich doddoch an! Iiich stoto-too… Iiiich kann nicht reden!»Und Gott sieht ihn an. Dann sagter zu Mose: «Jetzt. sieh. mich.

ZumSonntag

«Wo ich mich selberdisqualifiziere,traut Gott mir alleszu.»

an!» –Wir kennen den Rest derGeschichte.

Wie verläuft der Tag, das Jahr,das Leben, wenn ich mich selberanschaue oder die Schwierigkei-ten? Wie anders, wenn ich aufGott schaue, auf ihn höre. Gottsieht mich anders. Wo ich michselber disqualifiziere, traut ermir alles zu. Ich bin für ihn dieIdealbesetzung für seinen Plan.Mit Ihm ist nichts unmöglich.Es braucht nur den einen Au-genblick, in dem ich nicht aufmich schaue, sondern IHN an-sehe. Er meint es ernst: «Siehmich an!»

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IMPRESSUM

Das «Oberländer Sonntagsblatt»ist eine Wochenbeilage des VerlagesG. Maurer AG Spiez.

Verantwortliche Redaktorin:Helene Maurer.E-Mail: [email protected]

Zum Gedenken

Karl Rubin-BergerDärligen1943–2014

Franz Werren-ZengerWilligen1968–2014

Lina Wäfler-WäflerFrutigen1927–2014

KLAGEN DÜRFEN

Ich bin froh, dass Gott an keineGebetsform gebunden ist.Wir dürfen so zu ihm kommen,wie wir sind, mit allem, was unsbeschäftigt. Sabine Herold

Ich bringe meine Klagen vor ihnund breite all meine Sorgen vorihm aus. Psalm 142,3

Selbst wenn niemand michplante: Gott hat mich gewollt.Ich bin ein Kind des Königs,dem Himmel und Erdegehören. Ruth Heil

BERN Die nächste Konferenzdes Forum Ehe+Familie findetam 13.September statt unterdem Titel «(K)eine richtigeFamilie?! – Das Leben ist nichtfair, aber auch nicht verloren,wenn Ideale zerbrechen».

Der Traum von Geborgenheitund Erfüllung in einer glückli-chen Familie wird leicht zu ei-nem Alptraum, wenn die Part-nerschaft nicht hält, der Kinder-wunsch nicht erfüllt wird, einPartner wegstirbt, Kinder alleineerzogen werden müssen oder dieFamiliengründung zusammenmit den Kindern eines neuenPartners kaum zu meistern ist.

Wie geht man mit dem Lebenum, wenn nicht gelingt, was wiruns erhofft haben? Wie reagiertdas persönliche oder kirchlicheUmfeld auf die notvolle Situati-on? Welche Perspektiven eröff-

nen sich vom christlichen Glau-ben her? Der Gedanke, dass esmit Gott keine Not, kein Leiden,kein Scheitern geben dürfte, liegtnahe. Aber ist er richtig?

Das diesjährige ForumEhe+Familie zeigt Wege auf, wieMenschen in schwierigen Bezie-hungssituationen Gnade erfah-ren und neue Perspektiven ge-winnen können.

In Referaten (Psychologe undPsychotherapeut Dr. ManfredEngeli), 7 Workshops, einer Talk-runde mit selber Betroffenen undvielen weiteren Elementen wer-den Betroffene und InteressierteAnregungen erhalten. pd

Anmeldeschluss: 29. August!Ort: Fabrikstrasse 12, BernWeitere Infos: Hansjörg Forster,Arbeitsgemeinschaft «Forum Ehe +Familie», 044 274 84 65, [email protected]

(K)eine richtige Familie?!TV-TIPP «Aus dir wird dochnie was!» Das hat sich schonEinstein von seinem Lehreranhören müssen. Währenddies Einsteins Karriere offen-bar nicht geschadet hat, habendiese Worte manch anderemdas Leben verbaut.

Das kleine Mädchen senkt be-troffen den Kopf. Immer wiederhat man Christine Brudsche ge-sagt: «Du bist dumm!» Sie hatenorme Wissenslücken und ver-lässt die Schule ohne Abschluss.Sie hält sich für einen hoffnungs-losen Fall: «Du kannst nichts undbist nichts wert!»

Pascal kämpft seit seiner Kind-heit mit Minderwertigkeitsge-fühlen. Er wächst unter schwieri-gen Bedingungen auf. Die Stim-men in seinem Kopf sagen: «Daskannst du nicht!» Er findet kei-nen Platz in der Gesellschaft.

Roger Fistarol bedient im Res-taurant der Stiftung Uetendorf-berg, die Gäste mit grossem En-gagement. Kaum jemand trautedem Hörbehinderten zu, als Ser-viceangestellter zu arbeiten .

Worte haben Macht, könnenentmutigen und Selbstvertrauenrauben. Kehren solche Sätze im-mer wieder, werden sie zu Moti-vationskillern. Scheitern ist vor-programmiert. »Aus dir wird niewas!«, Worte, die wie ein Fluchwirken, wie eine Prophezeiung,die sich selbst erfüllt. pd

Aus dir wird doch nie was

Fenster zum Sonntag Magazinmit Aline Baumann

Samstag, 30.Aug. SRF2: 17.10Uhr,SRF info: 18.30 UhrSonntag, 31.Aug. SRF2: 13.10Uhr,SRF info: 17.45 Uhr.online ab Montag 1.September

www.sonntag.ch

RADIO BEO-TIPP Wie kam esdazu dass die Heilsarmee 1914,zuerst in Frutigen und später inAdelboden, Fuss gefasst hat? pd

Sonntag, 31. August9.00-10.00 Gottesdienst. Christ-kath. Kirche Göttibach Thun,21.00 WH Kirchenfenster:Dienstag, 2. September20.00 Kirchenfenster: Seit 100 Jah-ren ist die Heilsarmee im Frutiglandunterwegs. Was sind das fürMenschen, die bereit sind, sichnoch heute gemäss dem Motto derHeilsarmee «Suppe, Seife, Seelen-heil» zu engagieren? Alfred Inniger22.00 Chilchestübli: Gespräche,Berichte und aktuelle Meldungen

www.kibeo.ch

Frutigland:«100 JahreHeilsarmee»

UMGANG MIT SCHEIDUNG Seit fünf Jahren besteht im deutschsprachigen Raum der Kurs «lieben – scheitern – leben», der Geschiedenen hilft, ihr Scheiternin der Ehe zu bewältigen. Roger Götz von FamilyLife koordiniert die Angebote. Für Gemeinden sei wichtig im Blick zu halten, dass jeder in einem gewissen Sinngescheitert ist, sagt er im Livenet-Interview.

Livenet: Roger Götz, Sie sind beiFamilyLife unter anderem fürden Kurs «lieben – scheitern – le-ben» verantwortlich. Was ist dasZiel dieses Kurses?Roger Götz: In erster Linie wol-len wir in den «lieben – scheitern– leben»-Kursen eine innere Hei-lung bei Menschen, die eineScheidung hinter sich haben, er-möglichen. Sie sollen nach dergescheiterten Ehe wieder per-sönlich gestärkt werden und Bo-den unter den Füssen kriegen.Unser Fokus ist, dass die Person,die den Kurs besucht, wieder alsSingle leben kann. Und natürlichwünschen wir uns auch, dass siedie Freude am Leben wiederent-decken kann. Das Leben soll wie-der lebenswert sein.Soll der Kurs «lieben – scheitern– leben» jemanden auch wiederauf eine Beziehung vorbereiten?Das steht nicht im Vordergrund.Natürlich ist es so, dass eine bes-sere Voraussetzung für eine spä-tere Beziehung geschaffen wird,wenn jemand die Vergangenheitgut aufarbeitet und loslässt. Unsgeht es aber um eine Aufarbei-tung für die einzelne Person, dasssie wieder Halt bekommt.Wie gehen Gemeinden in derSchweiz mit dem Thema«Scheidung» um?Die Gemeinden werden immerwacher auf diesem Gebiet. VielePastoren sind sehr sensibilisiert.Wann immer ich jemanden zudiesem Thema anspreche, höreich, das ist wichtig, das betrifftuns. Aber gleichzeitig herrscht ei-ne grosse Verunsicherung, weilman oft nicht weiss, wie man mit

betroffenen Gemeindegliedernumgehen soll. Oft wird aus dieserVerunsicherung heraus falschreagiert. Dann werden Men-schen, die eigentlich Hilfe benö-tigen würden, fallen gelassen unddadurch tief verletzt. Der Kurskann Gemeinden helfen, sich mitdiesen Themen auseinanderzu-setzen. Denn es gibt keine Ge-meinde, die nicht betroffen ist.Die Leiter der Gemeinden sindim Zusammenhang mit Schei-dungen ja auch mit dem Thema«Wiederheirat» konfrontiert.Wie sprechen Sie dieses Themaim Kurs an?Wir geben gar keine theologischeLehrmeinung dazu ab. Es würdedie Leute nur verwirren, wenn sieim FamilyLife-Kurs eine Mei-

nung hören würden, aber ihr Pas-tor eine ganz andere Linie ver-folgt. Deshalb halten wir uns dazurück und überlassen die Beant-wortung dieser Frage der jeweili-gen Gemeindeleitung. Auf dieseArt können wir den Kurs auch inunterschiedlichen Gemeindendurchführen. Darauf legt auchdie anglikanische «Holy TrinityBrompton Church» in London,die den Kurs ursprünglich entwi-ckelt hat, grossen Wert. Es ist üb-rigens dieselbe Kirche, von derauch das Alphalive-Kurskonzeptstammt.Im Kurs geben Sie also keinekonkrete Antwort darauf, ob undunter welchen Voraussetzungenes erlaubt ist, wieder zu heira-ten. Aber geben Sie hier im Live-

net-Interview Ihre persönlicheMeinung dazu Preis?Ja, ich möchte aber nochmals be-tonen, dass dies nur meine per-sönliche Meinung ist. Heute binich der Überzeugung, dass eineneue Ehe gesegnet sein kann,wenn eine Scheidung wirklichaufgearbeitet ist und wenn dieneue Beziehung oder die Aus-sicht auf eine neue Beziehungnicht schon ein Scheidungsmotivdarstellt. Die Motivation, für eineEhe zu kämpfen, darf auf keinenFall untergraben werden. DasScheiden und erst recht das Wie-derheiraten darf also nicht leichtgemacht werden. Die einfacheGrundlage, an die ich glaube, lau-tet: Gott schützt Ehen! Wir müs-sen deshalb alles daran setzen,

Interview: «Wir alle sind gescheitert– jeder auf seinem Gebiet»

dass Krisen bewältigt und Ehenerhalten werden.Was wünschen Sie sich von denGemeinden im Umgang mit Ge-schiedenen?Es kann eine wichtige Erkennt-nis für eine Gemeinde sein, dasswir alle «Gescheiterte» sind, je-der von uns auf seinem Gebiet.Das Scheitern in der Ehe wirddann nicht als die speziell grosseSünde betrachtet, obwohl es na-türlich gravierende Auswirkun-gen hat, ja, es ist und bleibt eineder gravierendsten Formen vonScheitern. Aber wir sollten nichtaus dem Blick verlieren, dass wiralle irgendwo gescheitert sind,sonst bräuchten wir keine Erlö-sung und keine Vergebung. DieseEinsicht verändert auch das Ver-halten gegenüber Geschiedenen,Menschen, die durch Krisen ge-hen, sind oft sehr offen für dasEvangelium. Dies eröffnet eineganz neue Sicht. Wir können Mit-menschen, die durch eine Schei-dung gehen helfen, egal ob sie zurKirche gehören oder nicht. Jesusist schliesslich für die Krankengekommen, nicht für die Gesun-den. Florian Wüthrich, Livenet

Roger Götz, 51 Jahre, ist bei Family-Life zuständig für die Kurse «lieben– scheitern – leben» und für dieEhevorbereitungskurse «Paar mitVision». Er war ursprünglichIngenieur und hat berufsbeglei-tend seinen Bachelor of Arts inpraktischer Theologie am IGW ge-macht.

Kurs «lieben - scheitern - leben»www.familylife.ch

Zerbrochene Herzen kann und will Gott heilen. Bilder Helene Maurer

Sonnenblumen erfreuen das Herz.

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JoachimHermann istPfarrer derev.-ref. Landes-kirche in Buchen

Ansichtssache

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