Achsen, Wellen und Zapfen
Entwicklung und Konstruktion
Andrej Berg
11.09.2010 Achsen, Wellen und Zapfen Andrej Berg 2
Inhaltsverzeichnis
• Einleitung• Funktion und Wirkung• Gestaltungsgrundsätze• Kritische Drehzahl• Werkstoffe und Halbzeuge• Berechnung
11.09.2010 Achsen, Wellen und Zapfen Andrej Berg 3
Einleitung
• Achsen, Wellen und Zapfen begegnet man häufig im Beruf und im Alltag (Autos, Fahrräder, Werkzeugmaschinen usw.)
• es gibt unterschiedliche Bauarten und Größen • Überbeanspruchung kann zu schwerwiegenden
Folgen führen
11.09.2010 Achsen, Wellen und Zapfen Andrej Berg 4
Ziele:
• Entwurf und Gestaltung der Achsen/Wellen anhand der Grundlagenkenntnisse
• Dimensionierung der Achsen/Wellen durch Berechnung
• Sicherheitsnachweis der ermittelten Dimensionierung
11.09.2010 Achsen, Wellen und Zapfen Andrej Berg 5
Definition: Achsen
Achsen: stabförmige Maschinenelemente zum Tragen und
Lagern von drehbaren Bauteilen (z.B. Laufräder, Seilrollen).
Beanspruchung auf Biegung durch Querkräfte.
Bild11-1: Achsen a) feststehende Achse, b) umlaufende Achse mit Achszapfen, Roloff/ Matek S.341
11.09.2010 Achsen, Wellen und Zapfen Andrej Berg 6
Achsen: Bauarten
Feststehende Achsen: werden ruhend oder schwellend auf Biegung beansprucht, die Maschinenteile (z.B. Seilrollen, Riemenscheiben) drehen sich lose auf der Achse•Vorteil: höhere Tragfähigkeit als bei umlaufenden Achsen gleicher Größe
Umlaufende Achsen: werden wechselnd auf Biegung beansprucht, die Maschinenteile sitzen fest auf der Achse•Vorteil: einfacherer Ein- und Ausbau sowie leichtere Wartung der Lager•Nachteil: geringere Tragfähigkeit
11.09.2010 Achsen, Wellen und Zapfen Andrej Berg 7
Definition: Wellen
Wellen: stabförmige Maschinenelemente, die zum
Weiterleiten von Drehbewegungen und Drehmomenten sowie
zur Lagerung von rotierenden Teilen verwendet werden.
Beanspruchung auf Torsion und zusätzlich auf Biegung.
Bild 11-1c: Welle mit Wellenzapfen Roloff/ Matek S.341
11.09.2010 Achsen, Wellen und Zapfen Andrej Berg 8
Wellen: Bauarten
•Starre Wellen: zum Übertragen der Drehbewegungen auf die Zahnräder, Riemenscheiben, Kupplungen etc.
•Gelenkwellen: zum Verbinden von nicht fluchtenden, in der Lage veränderlichen Wellenteilen mit großen Abständen (z.B. Kraftfahrzeuge, Werkzeugmaschinen)
•biegsame Wellen: zum Antrieb ortsveränderlicher Maschinen mit kleiner Leistung (z.B. Handschleifmaschinen)
11.09.2010 Achsen, Wellen und Zapfen Andrej Berg 9
Definition: Zapfen
Zapfen: sind die zum Tragen
und Lagern, meist abgesetzten
Achsen- und Wellenenden oder
auch Einzelelemente
(z.B. Spurzapfen, Kurbelzapfen)
Bild: ZapfenartenEU Fachkunde Metall S. 401
11.09.2010 Achsen, Wellen und Zapfen Andrej Berg 10
Zapfen
• Achszapfen werden auf Biegung beansprucht
• Wellenzapfen werden auf Torsion bzw. Torsion und Biegung beansprucht
• Einzelzapfen (Spurzapfen, Kugelzapfen) werden auf Flächenpressung und zusätzlich auf Biegung beansprucht
Bild 11-17: a) Achszapfen, b), c) und d) WellenzapfenRoloff/Matek S.352
11.09.2010 Achsen, Wellen und Zapfen Andrej Berg 11
Gestalten und Entwerfen
Aufgaben des Konstrukteurs sind:
• kleine Abmessungen anstreben• Dauerbruchgefahr beseitigen• einfache und kostensparende Fertigung• konstruktive Maßnahmen sind oft entscheidender
als Verwendung von Werkstoffen höherer Festigkeit (z.B. Vermeidung von Kerbstellen)
11.09.2010 Achsen, Wellen und Zapfen Andrej Berg 12
Gestaltungsregeln hinsichtlich der Festigkeit
• Gedrängte Bauweise: kleine Rad- und Lagerabstände anstreben, um kleine Biegemomente und Durchmesser zu erreichen.
Dadurch können Größe, Gewicht und Kosten der Gesamtkonstruktion verringert werden.
• Bei vorgegebenen Lagerabständen sowie Torsions- und Biegemomenten können Achsen/ Wellen für den Entwurf genau berechnet werden.
11.09.2010 Achsen, Wellen und Zapfen Andrej Berg 13
Gestaltungsregeln hinsichtlich der Festigkeit
• Kerbwirkung vermeiden
• je schärfer die Kerbform, umso größer die Spannungsspitzen
• Wellenübergänge ohne Schulter festigkeitsmäßig am günstigsten, aufgeschrumpfte Naben von der Übergangsstelle etwas zurücksetzen
Bild 11-4: Wellenübergang ohne Schulter
11.09.2010 Achsen, Wellen und Zapfen Andrej Berg 14
Gestaltungsregeln hinsichtlich der Festigkeit
• bei abgesetzten Zapfen das Verhältnis D/d = 1,4 nicht überschreiten (Schwächung der Achse/ Welle)
• Übergänge gut runden mit r = d/20….d/10 oder TB 11-1• bei direkt an den Wellenschultern sitzenden Wälzlagern die
Rundungsradien beachten (TB 14-1/a)• Keil- und Passfedernuten bei Umlaufbiegung nicht bis an die
Übergänge heranführen (erhöhte Dauerbruchgefahr durch die Kerbwirkungen aus beiden Querschnittsveränderungen)
Bild 11-3a: ZapfenübergangRoloff/Matek S.343
11.09.2010 Achsen, Wellen und Zapfen Andrej Berg 15
Gestaltungsregeln hinsichtlich der Festigkeit
• Räder und Scheiben gegen axiales Verschieben durch Distanzscheiben oder –hülsen, Stellringe oder Wellenschultern sichern
• Sicherungsringe an der Welle vermeiden, möglichst nur an den Wellenenden anordnen
• Nuten kürzer als Naben ausführen, damit Distanzhülsen einwandfrei an der Nabe anliegen
Bild 11-5Festlegen von Rädern bzw.Scheiben.a) durch Distanzhülsen,b) durch Wellenschultern
11.09.2010 Achsen, Wellen und Zapfen Andrej Berg 16
Gestaltungsregeln hinsichtlich der Festigkeit
• nach Möglichkeit Fertigwellen/Achsen verwenden, um die Fertigungskosten zu sparen
• feststehende Achsen gegenüber umlaufenden bevorzugen wegen günstiger Beanspruchungsverhältnisse
• Lager dicht an Scheiben und Räder setzen, um die Durchbiegung klein zu halten
11.09.2010 Achsen, Wellen und Zapfen Andrej Berg 17
Gestaltungsregeln hinsichtlich der Festigkeit
• um die Steifigkeit der Welle/ Achse konstruktiv zu verbessern gilt:– möglichst kurze Abmaße (geringere Biegemomente)
– lange Achsen/Wellen wenn möglich zwischenlagern (gleichmäßige Verteilung der Biegemomente auf der Welle/Achse)
– Hohlachse/-welle bevorzugen wegen deutlich höheren Widerstandsmoments bei gleichem Querschnitt als Vollachse/-welle
• Vorteil: Gewichtsersparnis
• Nachteil: höhere Fertigungskosten
11.09.2010 Achsen, Wellen und Zapfen Andrej Berg 18
Gestaltungsregeln hinsichtlich der Festigkeit
• Axiale Führung der Achsen und Wellen durch Ansatzflächen der Lagerzapfen oder Stellringe sichern
• Ausreichend Spiel vorsehen, um ein Verspannen bei Wärmedehnung zu vermeiden oder Einbauungenauigkeiten auszugleichen
Bild 11-6 Axiale Führung von Achsen und Wellen.a) durch Wellenschultern, b) durch Stellringe,c) bei mehrfacher Lagerung
11.09.2010 Achsen, Wellen und Zapfen Andrej Berg 19
Gestaltungsregeln hinsichtlich des elastischen Verhaltens
• allgemein ist eine hohe kritische Drehzahl anzustreben, mindestens 10-20% über der Betriebsdrehzahl
• hohe kritische Drehzahl wird erreicht durch:– Lager möglichst dicht an umlaufende Räder usw. setzen, um die
Durchbiegung klein zu halten
– bei langen Wellen auf Verdrehung (Torsion) achten
– Wellen mit umlaufenden Teilen bei hohen Drehzahlen sorgfältig auswuchten (hohe Fliehkräfte)
– Umlaufende Scheiben, Räder usw. leicht bauen
(kleines Massenträgheitsmoment und geringere Durchbiegung)
11.09.2010 Achsen, Wellen und Zapfen Andrej Berg 20
Gestaltungsregeln hinsichtlich des elastischen Verhaltens
• Verformung bei Torsionsbeanspruchung– durch die Verformung in der Welle gespeicherte
Formänderungsarbeit erzeugt Schwingungen bei Drehmomentenschwankungen
– zu großer Verdrehwinkel ergibt eine niedrige kritische Drehzahl(zul. Verdrehwinkel 0,25°- 0,5° je m Wellenlänge)
Bild 11-24: Elastische Verformungbei Torsionsbeanspruchung
11.09.2010 Achsen, Wellen und Zapfen Andrej Berg 21
Gestaltungsregeln hinsichtlich des elastischen Verhaltens
• Verformung bei Biegebeanspruchung
– Durchbiegung und Neigung werden bestimmt durch:
• Art, Größe und Lage der hierfür maßgebende Kräfte
• elastische Eigenschaften des Wellen- oder Achsenwerkstoffes
(zul. Neigung/ Durchbiegung TB 11-5 )
Bild 11-25: Elastische Verformungbei Biegebeanspruchung
11.09.2010 Achsen, Wellen und Zapfen Andrej Berg 22
Kritische DrehzahlSchwingungen, Resonanz
• Ein Körper z.B. Federstab wird durch kurzzeitig wirkende Kraft elastisch verformt
• bei Entlastung wird der Körper durch gleichgroße Rückstellkraft in Biegeschwingungen versetzt
• die Schwingungsfrequenz ist umso größer, je größer die Elastizität und je kleiner die Masse des Körpers (Eigenfrequenz)
11.09.2010 Achsen, Wellen und Zapfen Andrej Berg 23
Kritische DrehzahlSchwingungen, Resonanz
• durch Überlagerung der Erregerfrequenz mit der Eigenfrequenz (Resonanz) werden die Schwingungsausschläge nach jedem Anstoß größer, so dass u.U. ein Bruch eintreten kann
• bei Drehschwingungen kann es zu gleichen Erscheinungen kommen
• Maßnahmen: Welle und umlaufende Teile auswuchten, Steifigkeit erhöhen
11.09.2010 Achsen, Wellen und Zapfen Andrej Berg 24
Werkstoffe und Halbzeuge
• Achsen und Wellen können ohne Nacharbeit aus geraden blanken Rundstäben hergestellt werden (TB 1-6)
• Werkstoffe und Halbzeuge sollen aus wirtschaftlichen Gründen nicht hochwertiger als erforderlich gewählt werden
• für normal beanspruchte Achsen und Wellen können unlegierte Baustähle gewählt werden
• bei höher beanspruchten Wellen sind Vergütungsstähle und bei Beanspruchung auf Verschleiß Einsatzstähle vorzuziehen (TB 1-1)
11.09.2010 Achsen, Wellen und Zapfen Andrej Berg 25
Berechnungen
• die überschlägig ermittelten Durchmesser d` sind sinnvoll auf den Entwurfsdurchmesser d aufzurunden
• die Abmessungen der dazugehörigen Normteile sind zu berücksichtigen
• anschließende Durchführung der Sicherheitsnachweise
Bild 11-22: rechnerischer Durchmesser
11.09.2010 Achsen, Wellen und Zapfen Andrej Berg 26
Berechnungsformeln
• Ermittlung der Achsendurchmesser (FS 11/ 1-4)
• Ermittlung der Wellendurchmesser (FS 11/ 5-18)
• Sicherheitsnachweis (FS 11/ 19-20 und A 11-3)
• Verformung bei Torsionsbeanspruchung (FS 11/ 21-23)
• Verformung bei Biegebeanspruchung (FS 11/ 24-40)
• biegekritische Drehzahl (FS 11/ 41-43)
• verdrehkritische Drehzahl (FS 11/ 44-47)
11.09.2010 Achsen, Wellen und Zapfen Andrej Berg 27
Quellen
• Roloff/Matek: Maschinenelemente, Lehrbuch und Tabellenbuch; Vieweg Verlag, 19. Auflage, 2009, ISBN 978-3-8348-0689-5
• Roloff/Matek: Maschinenelemente, Formelsammlung; Vieweg Verlag, 9. Auflage, 2008, ISBN 978-3-8348-0534-8
• Alfred Böge: Handbuch Maschinenbau; Vieweg Verlag, 18. Auflage, 2007, ISBN 978-3-8085-1724-6
• Tabellenbuch Metall; Europa Lehrmittel Verlag, 44. Auflage, 2008, ISBN 978-3-8085-1724-6
• Fachkunde Metall; Europa Lehrmittel Verlag, 53. Auflage, 1999, ISBN 3-8085-1153-2
• http://www.abendblatt.de/ratgeber/wissen/article947506/Die-Schwachstelle-des-ICE.html