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24 b a d i s c h e z e i t u n g gesund leben montag, 8 . september 2014

Wenn der Zahn schmerztWenn der Zahn schmerzt„Wie lässt sich erklären, dass man„Wie lässt sich erklären, dass manZahnschmerzen an Stellen hat, an de-Zahnschmerzen an Stellen hat, an de-nen schon lange keine Zähne mehrnen schon lange keine Zähne mehrsind?“sind?“„Treten Schmerzen direkt nach einer„Treten Schmerzen direkt nach einerZahnentfernung auf, handelt es sichZahnentfernung auf, handelt es sichhäufig um eine Entzündung der Wun-häufig um eine Entzündung der Wun-de“, erklärt Doktor Tobias Fretwurstde“, erklärt Doktor Tobias Fretwurstvon der Klinik für Mund-, Kiefer- undvon der Klinik für Mund-, Kiefer- undGesichtschirurgie am Univer-Gesichtschirurgie am Univer-sitätsklinikum Freiburg.sitätsklinikum Freiburg.„Treten Schmerzen jedoch„Treten Schmerzen jedochlange nach einer Zahnent-lange nach einer Zahnent-fernung auf oder spürtfernung auf oder spürtman diese an Stellen,man diese an Stellen,an denen kei-an denen kei-ne Zähnene Zähnemehr vorhan-mehr vorhan-den sind oderden sind oderüberhaupt nieüberhaupt niewaren, so könnenwaren, so könnendiese von vielendiese von vielenunterschiedlichenunterschiedlichenStrukturen der Mund-Strukturen der Mund-höhle ausgehen“, sagthöhle ausgehen“, sagtFretwurst. PrinzipiellFretwurst. Prinzipiellkönnen Schmerzen inkönnen Schmerzen inder Mundhöhle und imder Mundhöhle und imGesichtsbereich durchGesichtsbereich durchverschiedenste Ursa-verschiedenste Ursa-chen ausgelöst werden. Verdächtigechen ausgelöst werden. Verdächtigefindet man im Mundbereich zahlreich:findet man im Mundbereich zahlreich:Erkrankungen an Nachbarzähnen, Kno-Erkrankungen an Nachbarzähnen, Kno-chen, Zahnfleisch, Zunge, Gaumen,chen, Zahnfleisch, Zunge, Gaumen,Kieferhöhle, den großen Kopfspeichel-Kieferhöhle, den großen Kopfspeichel-drüsen oder der Mundschleimhaut etwadrüsen oder der Mundschleimhaut etwakönnten Beschwerden auch an unty-könnten Beschwerden auch an unty-pischen Stellen auslösen, verrät derpischen Stellen auslösen, verrät derSpezialist. „Bei Zahnschmerzen, dieSpezialist. „Bei Zahnschmerzen, diebis in den Kopf und das Ohr ausstrahlen,bis in den Kopf und das Ohr ausstrahlen,kann auch das Kiefergelenk betroffenkann auch das Kiefergelenk betroffensein“, sagt Fretwurst. Zudem könntensein“, sagt Fretwurst. Zudem könntenauch neurologische Erkrankungen zuauch neurologische Erkrankungen zuunklaren Schmerzen führen. Aufgrundunklaren Schmerzen führen. Aufgrundder vielfältigen Ursachen sollten Be-der vielfältigen Ursachen sollten Be-troffene bei unklaren Beschwerdentroffene bei unklaren Beschwerdeneinen Zahnarzt aufsuchen oder sicheinen Zahnarzt aufsuchen oder sicheiner Fachklinik für Mund-, Kiefer- undeiner Fachklinik für Mund-, Kiefer- undGesichtschirurgie vorstellen, rät derGesichtschirurgie vorstellen, rät derFachmann. woFachmann. wo

S P R E C H S T U N D EZahnkiller mögen’s süß52 Millionen Zahnfüllungen im Jahr 2013 weisen Karies als einer der häufigsten Krankheiten in Deutschland aus / Von Tanja Wolf

Seit der vierten Deutschen Mundgesund-heitsstudie (DMS IV) ist dokumentiert,dass die Zwölfjährigen die gesündestenZähne in Europa haben: Im Durchschnitthaben diese Kinder weniger als einenZahn, der kariös oder gar durch Karies be-reits verlorengegangen ist. Noch in denachtziger Jahren, sagt der Arbeitskreis fürZahnheilkunde, zählte Deutschland zu denIndustrieländern mit der höchsten Karies-rate. 1991 füllten die Ärzte noch mehr als84 Millionen Zähne. Seither sinkt die Zahlstetig. 2013 wurden laut Kassenzahnärztli-cher Bundesvereinigung noch 52,4 Millio-nen Füllungen abgerechnet.

Trotzdem ist Karies weiterhin eineVolkskrankheit und weltweit eine der häu-figsten nicht ansteckenden Krankheiten.Beim Welt-Karies-Kongress, zu dem sichForscher jüngst in Greifswald trafen, ginges um die verbleibenden Probleme: Wur-zelkaries etwa sowie Prophylaxe und Be-handlung bei Bevölkerungsgruppen mithohen Karieswerten. Wie also kann Kariesin Zukunft noch besser vermieden odertherapiert werden?

ZÄHNE PUTZENGanz wichtig, muss aber richtig gemachtwerden. Viele Menschen putzen zu kurz,ungenau oder zu fest. Letzteres kann diewichtige äußere Zahnschicht schädigen.Entscheidend ist neben der Putztechnikdie Wahl der Zahnpasta: Fluorid ist nach all-gemeiner Forschungslage unverzichtbar.„Es wäre sogar zu überlegen, den geringe-ren Fluoridgehalt in Kinderzahnpasta zuüberdenken“, sagt Stefan Zimmer, Profes-sor für Zahnerhaltung und PräventiveZahnmedizin an der Universität Wit-ten/Herdecke. „Deutschland ist nebendenNiederlandenundderSchweizdas ein-zige Land mit dieser Reduzierung.“

ZUCKER VERMEIDENLeider nur eingeschränkt möglich. „Einestarke Zuckerreduktion im Alltag ist unrea-listisch“, sagt Zimmer. Denn Zucker ist janicht nur in Süßigkeiten, sondern auch inMüsli,Ketchup,ObstundFruchtsäften.Zu-dem können auch stärkehaltige Lebensmit-tel zu Karies führen. Dennoch ist es ratsam,Zuckerkonsumzureduzieren. Schädlich istjedoch weniger die Menge als die Fre-quenz: Häufige zuckerhaltige Zwischen-mahlzeiten schaden mehr als eine TafelSchokolade auf einmal. Denn bereits einegeringe Menge Zucker senkt den pH-Wertim Mund. Das liegt an den Bakterien im

Zahnbelag. Sie ernähren sich von Zuckerund scheiden beim Stoffwechsel Säurenaus. „Liegt der pH-Wert unter 5,7, beginntdie Entkalkung“, sagt Stefan Zimmer. Undje häufiger das vorkommt, desto wenigerkann der Speichel die Zähne wieder mine-ralisieren, also Mineralstoffe einbauen. Eskommt zu Karies.

ZUCKERERSATZ VERWENDENMan unterscheidet Süßstoffe und Zucker-austauschstoffe. Süßstoffe eignen sich we-gen ihrer hohen Süßkraft vor allem als Zu-ckerersatz in Getränken, etwa in Kaffeeoder Limonaden (light oder zero). Ihr Vor-teil: Sie werden im Mund nicht zu Säureumgewandelt. Zu den Süßstoffen gehörenSaccharin, Cyclamat und auch Stevia. Zu-ckeraustauschstoffe wie Sorbit und Xylitsind ebenfalls nicht karies-auslösend.Schon in den 70er Jahren zeigten finnischeStudien, dass Erwachsene, die mit Xylit ge-süßte Kaugummis oder andere Lebensmit-tel aßen, weniger Karies bekamen als jene,die Haushalts- oder Fruchtzuckerprodukte

aßen. Xylit-Kaugummis helfen quasi dop-pelt: Das Kauen fördert den Speichelfluss,was wiederum gut für die Remineralisationder Zähne ist. Vorsicht bei Produkten mitdem Zusatz „zuckerfrei“ oder „ohne Zu-ckerzusatz“. Sie enthalten statt Haushalts-zucker Glukose, Fruktose, Laktose oderMaltose – und können ebenso Karies auslö-sen. „Schon ein Teelöffel Haushaltszuckerin einer Tasse Tee oder Kaffee ist karies-för-dernd“, sagt Stefan Zimmer.

BAKTERIEN BEEINFLUSSENDie Bakterien, die sich im Zahnbelag ein-nisten, sind ein entscheidender Faktor fürKaries. Schon 1954 zeigte ein Tierversuch,dass keimfreie Ratten trotz einer Fütterungüber rund 200 Tage mit einer kohlenhyd-ratreichen Kost und fünfprozentigem Zu-ckerwasser keine Karies bekamen, dieKontrollgruppe mit gezielt bakteriell infi-zierten Ratten aber sehr wohl. Also ver-sucht man, den Bakterien-Biofilm zu beein-flussen. Zum Beispiel mit Arginin, einerAminosäure, die von den Bakterien zu Am-

moniak verstoffwechselt wird. Das wieder-um,erklärtElmarHellwig,DirektorderKli-nik für Zahnerhaltungskunde am Uniklini-kum Freiburg, „erzielt eine Pufferwirkungim Biofilm“. Der pH-Wert steige auf ein fastneutrales Niveau und die Demineralisationnehmeab.Argininwirdbereits inZahnpas-ta angeboten. Mehrere klinische Studienzeigten, so Hellwig, dass mit einer fluori-dierten, argininhaltigen Zahnpasta einebessere kariesreduzierende Wirkung er-zielt werden könne als mit einer reinen flu-oridhaltigen Zahnpasta. Untersuchungengibt es auch zu Probiotika, die Milchsäure-bakterien enthalten und eventuell den bak-teriellen Hauptübeltäter Streptokokkusmutans reduzieren. Es gibt bereits probioti-sche Zahnpasta, die Datenlage ist nach An-sicht von Experten jedoch dünn. Ohnehinist das Zusammenwirken der zahlreichenBakterienarten im Mund komplex und bisheute nicht ganz entschlüsselt. Und nichtbei allen Kariesformen – Schmelzkaries,Dentinkaries und Wurzelkaries – treten diegleichen Bösewichte auf.

BOHREN ODER NICHT?Die Möglichkeiten, Karies ohne Bohrerbeizukommen, sind bislang auf Initialka-ries beschränkt, funktionieren also nur imAnfangsstadium. Bei der Kunststoffinfiltra-tion wird ein dünn fließender Kunststoffauf die Poren gegeben. Er härtet aus undverschließt den Weg für Bakterien und Säu-ren. „Das kann ein Fortschreiten einer Ini-tialkaries stoppen“, sagt Elmar Hellwig.Doch das Verfahren ist aufwendig und teu-er. Bei tieferer Karies geht es weiterhin nurmechanisch, allerdings tendiert die Zahn-medizin verstärkt dazu, nicht mehr mög-lichst tief und gründlich zu bohren. EineRestkaries zu belassen scheint vertretbarund verringert die Gefahr, dass beim Boh-ren der Nerv getroffen wird.

AltbekannteInfektionskrankheitSchon mehr als 1000 Jahre vor Christuswar die Zahnkrankheit bekannt. Manglaubte bis ins 19. Jahrhundert, dassein „Zahnwurm“ sich ins Zahninnerefrisst. 1889 erkannte ein amerikanischerZahnarzt die wahre Ursache: dass Bak-terien, die sich von Zucker ernähren,für die Fäulnis verantwortlich sind. Zujener Zeit entstand auch die Bezeich-nung „Plaques“ für die auf den Zähnenhaftenden Beläge. Die Säuren, die die

H I N T E R G R U N D

Bakterien ausscheiden, demineralisie-ren die Zahnhartsubstanzen (Zahn-schmelz, Dentin) – es entsteht ein Loch.Am Ende einer unbehandelten Zahn-karies steht immer der Totalverlust desZahnes. Übrigens ist Karies keine „ech-te“ Infektionskrankheit, denn es kom-men keine Krankheitserreger in denKörper, die sich dort vermehren. Diefür Karies entscheidenden Bakteriengehören zur Mundflora und richtennicht per se Schaden an. „Erst die Ver-änderung der oralen Umweltbedingun-gen erhöht ihre Virulenz“, sagt ProfessorStefan Zimmer. tw

BH führt nicht zu KrebsDas Tragen eines BH erhöht offenbarnicht das Brustkrebsrisiko. Dies ergabeine in der Fachzeitschrift „CancerEpidemiology, Biomarkers & Preven-tion“ veröffentlichte Studie von For-schern in den USA. Hintergrund derUntersuchung waren Spekulationen,wonach ein enger BH den Abtransportvon Zellabfall behindern könnte unddamit ein Brustkrebsrisiko darstelle.Auch erkranken Frauen in den Indus-triestaaten häufiger an Brustkrebs alsin Entwicklungsländern. „Das Risikowar ähnlich hoch, egal wie viele Stun-den pro Tag eine Frau einen Büsten-halter getragen hat oder in welchemAlter sie mit dem Tragen eines BHbegonnen hatte“, erläuterte der For-scher Lu Chen. AFP

E-ZigaretteTabak-Experten haben einem sehr kri-tischen Bericht der Weltgesundheits-organisation (WHO) zu E-Zigarettenwidersprochen. In dem WHO-Berichtwürden die Risiken der elektrischenZigaretten übertrieben, die möglichenpositiven Effekte als Alternative zumTabakkonsum dagegen unterschätzt,heißt es in einem im Fachmagazin„Addiction“ veröffentlichten Beitrag.„Wir waren überrascht über den ne-gativen Ton des Berichts, wir haltenihn für irreführend“, erklärte AnnMcNeill vom nationalen Suchtzentrumam Londoner King’s College. „E-Ziga-retten sind neu und wir haben mitSicherheit noch nicht alle Antwortenüber ihre längerfristigen Auswirkungenauf die Gesundheit. Wir wissen aber,dass sie viel sicherer sind als (herkömm-liche) Zigaretten, die jedes Jahr weltweitmehr als sechs Millionen Menschentöten.“ sda

K U R Z G E M E L D E T

Für Fall einer Ebola-Infektion gerüstetStuttgart verfügt über eine von bundesweit acht Isoliereinheiten / Räume sind mit Schleusen abgesichert

Das Robert-Bosch-Krankenhauses inStuttgart sieht sich gut den Fall vorberei-tet, dass auf der einzigen Isoliereinheit imLand ein Ebola-Patient aufgenommenwerden muss. „Wir sehen uns gut ge-wappnet“, sagt Eduard Stange, Facharztfür Innere Medizin und Gastroenterolo-gie nach Abschluss einer Übung.

Die Isoliereinheit ist eine von acht Sta-tionen in Deutschland, in der ein mögli-cher Ebola-Kranker behandelt werdenkann. Ihre Einrichtung kostete etwa dreiMillionen Euro. Für die 24-stündige Be-treuung eines Patienten mit einer hoch-

ansteckenden Krankheit fallen knapp11000 Euro an. „Die Wahrscheinlichkeiteines Ebola-Verdachtsfalles ist relativhoch“, sagt der erfahrene Chefarzt Stan-ge. Dass es sich am Ende aber tatsächlichum das gefährliche Tropenvirus handle,sei sehr unwahrscheinlich.

Zunächst muss gewährleistet sein, dass„zwischen Flughafen und Krankenhauszu keiner Zeit die Gefahr besteht, dass dasVirus sich verbreitet“, so Oberarzt OliverMüller. Der Patient wird in der Isolierein-heit – auf der ansonsten Normalbetriebherrscht – unter Quarantäne gestellt. Die

Isoliereinheit sei innerhalb von vier Stun-den einsatzbereit, zwei Türen riegeltenden Stationsbereich hermetisch ab. Inzwei Zimmern können je zwei Patientenbehandelt werden. „Realistisch gesehenhätten wir aber nur einen Patienten, derEbola-Symptome aufzeigt, und eine mög-liche Kontaktperson“, sagt Müller.

Aus einem separaten Kontrollraumwird das Patientenzimmer überwacht.Das Anlegen der Schutzanzüge dauert je-weils rund zehn Minuten. Blut-, Leber-und Nierenwerte können mit Hilfe vonUltraschall- und Röntgengeräten sowie

Mikroskopen im Zimmer des Patientenund im Labor der Isoliereinheit unter-sucht werden. Für die Virusdiagnostikmüssen die Proben nach besonderen Vor-gaben verpackt, an einen speziellen Ku-rier übergeben und zur Auswertung nachHamburg zum Bernhard-Nocht-Institutfür Tropenmedizin gebracht werden.

Im Arbeitsbereich herrscht Unter-druck, damit aus dem Zimmer keine Vi-ren strömen, im Anzug hingegen Über-druck. Wer die Einheit verlässt, muss eineSchleuse passieren und wird mit einerDesinfektionslösung geduscht. dpa

Konsequent auf die Zähne zu achten ist eine gute Voraussetzung, sie auch zu behalten. F O T O S : D P A

Da muss wohl der Bohrer ran.

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