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162 Zeitschrift fur anorganische iind allgemeine Chemie. Band 322. 1963

Beitrage zur Chernie des Schwefels. LX.l)

Bestimmung des HemmpotentiaIs der inneren Rotation des Disulfans

Von F. FEHEE urld K. SEYPRIED 2,

JTit G Abbildungen

Inhaltsiibersieht Es wird eine JlcSanordnung beschrieben, die die Bestimmung der Molwiirmen yon Sulfanen

im Gaszustand bei Drucken der GroBenordnung Ton Torr gestattet. Aus den mit Hilfe dieser Anordnung bei verschiedenen Temperaturen gememenen. Molwiirmen des Disulfans wurde unter Berucksichtigung der geometrischenDaten und Normalschwingungsfrequenzen der Disulfanmolekel fur die mittlere Hohe der beiden die innereRotation behindernden Potential- schwellen ein Wert von 3,O & 0,5 kcal/Mol ermittelt.

Summary An apparatus is decsribed which allows the measurements of molar heats of sulfanes in the

gaseous state a t pressures near lo-* torr. From the molar heats of disulfane measured by means of this apparatus at different temperatures, the mean height of the two potential barriers restricting the internal rotation of the H,S, molecule, has been determined to be

V, = 3,0 f O,5 kcal/mole,

with respect to dimensions and normal vibration frequencies of the molecule.

Fur die Berechnung thermodynamischer Funktionen des Disulfaris ist, wenn die Methoden der statistischen Thermodynamik angewendet werden sollen, die Kenntnis der Hohe der die innere Rotation behindernden Poten- tialschranken erforderlich. Das Hemmpotential dieser Verbindung ist dar- uber hinaus auch in theoretischer Hinsicht von Interesse, da zur Zeit noch sehr weiiig experimentelle Daten uber gehenimte innere Rotation anorgani- scher Molekeln vorliegen.

Die Erniittlung des Hemmpotentials erfolgt in1 Falle des Disulfans, da eine Torsionsfrequeriz im bIolekelspektruni dieser Suhstanz bisher nicht ein-

l) 59. Mitteilung: F. FEIIBR u. K. SEYFRIED, Z. anorg. allg. Chem. 322, 155 (1963). ') K. SEYFRIED, Dissertation, Koln 1961.

F. F E H ~ R u. K. SEYFR~ED, Hemmpotential der inneren Rotation des Disulfans 163

deutig nachgewiesen wurde, am einfachsten aus der Molwarme im gasfor- inigen Zustanti. Subtrahiert man von der gemessenen Molwarme die von den Freiheitsgraden der Translation, Rotation und Schwingungen der Mole- keln herriihrenden Anteile, so erhalt man den auf die innere Rotation ent- fallenden Anteil C,,, der von RTZER und GWINN~) in Abhangigkeit von den Parametern Vo/RT und l/Q, tabelliert wurde. V,, bedeutet hier das Hemm- potential der inneren Rotation und Qf die Verteilungsfunktion der inneren Rotation fur den Fall, daB V, gleich Null ist.

Mit HiIfe der Tabelle konnen die Molwlrmen der inneren Rotation bei Kenntnis von Yo und Q, fur die meisten vorkommenden Hemmpotentiale iiber einen groSen Temperaturbereich sehr genau berechnet werden. Um- gekehrt laBt sich aber auch ITo ails empirischen Werten von C,, ermitteln. Die Tabelle ist an sich fur symnietrische Rotatoren berechnet ; die Achse der inneren Rotation mu13 gleichzeitig Hauptt(ragheitsachse der beiden gegen- einander rotierenden Gruppen sein. Obwohl beim Disulfan diese Redingung nicht genau erfullt ist, 1aSt sich die Tabelle dorh mit guter Naherung auf diese Verbindung anwenden, wenn man das reduzierte Tragheitsmoment der inneren Rotation nach einer von PITZER4) angegebenen Methode korrigiert.

Betrachtet man C,, hei vorgegebenem Qf allein als Funktion des Hemm- potentials, so ergibt sich keine eineindeutige Zuordnung : Zu einem Wert der Molwiirme konnen zwei Werte des Hemmpotentials gehoren. Nan mu6 des- halb, wenn keine andereMoglichkeit besteht, den richtigenlvert auszuwahlen, die Molwarmen bei mindestens zwei nicht zu nahe beieinander liegenden Temperaturen kennen.

F E H ~ R und SCHLTLZE-RETTMER 6 , bestimmten die Molwarnie des gas- fijrmigen Disulfans bei 298 OK und schatzten daraus V, zu 2,7 kcaljMol ab. Dicse Schatzung war dadurch moglich, daB der erhaltene Wert von 2,06 cal/Grad - Mol fur C,, gerade dem Maximum der Kurve der Molwarmen der inneren Rotation als Funktion des Hemmpotentials bei 298°K ent- sprach. Da das Maximum jedoch relativ flach ist, war die Pehlergrenze des erhaltenen Wertes mit -1 1 , 2 bzw. ~ O,P kcal/Mol sehr groB.

Es war deshalb erforderlich, das Hemmpotential durch Messung der Molwarme bei zwei relativ weit auseinander liegenden Temperaturen ge- nailer festzulegen. Wegen der mit steigender Temperatur zunehmenden Zer- fallsneigung der Sulfane konnten diese Messungen nur unterhalb von etwa 30 "C durchgefuhrt werden. Die Djfferenz der beiden MeStemperaturen niuBte mindestens 50°C betragen, so daf3 die von F E H ~ und SCHULZE- RETTMER verwendete Striimungsmethode bei der tieferen Temperatur wegen

K. 8. PITZER u. W. D. GWINN, J. chem. Physics 10, 428 (1942). 4, K. s. Prrzm, J. chem. Physics 14, 239 (1946). j) F. F E H ~ R u. R. SCHULXE-RETTMEE, Z. anorg. allg. Chem. 295, 262 (1958).

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des zu geringen Dampfdrucks des Disulfans nicht mehr anwendbar war. Aus diesen Grunden erschien es als gunstig, die auf SCHREINER~) zuruck- gehende Warmeleitfahigkeitsmethode zu benutzen, die mit sehr geringen Gasdrueken arbeitet und recht genaue Messungen gestattet.

In der Mitte eines etwa 2 cm u-eiten Rohres, im folgenden BleSzelle ge- nannt, das sich in einem Bade konstanter Temperatur befindet, ist ein elek- trisch geheizter Metalldraht ausgespannt. Befindet sich in dem Rohr ein Gas vom Druck p mit dem Molekulargewicht M, der Molwiirme C, und dem mittleren Akkomodationskoeffizienten OL gegenuber dem Drahtmaterial, ist die Temperatur des Bades T°K und die des Drahtes (T + 6)"K, so gilt nach KNUDSEN') fiir die in der Zeiteinheit durch das Gas vom Draht mit der Oberflache F abgeleitete Warme f& :

Diest: Beziehung ist nur dann in guter Naherung erfullt, wenn die mittlere freie Weglange der Gasmolekeln groSer als etwa das Zwolffache desDra,ht- durchmessers ist ".

Von den zur Rerechnung von C, am G1. (I) benotigten GroBen sind P, M und T vorgegeben, wahrend Q.p: p und 6 im Versuch bestimmt werden kon- nen.

Eine Schwierigkeit besteht in der Ermittlung des Akkomodatiodoeffizienten, die bei Benutzung von Transporterscheinungen, wie z. B. der Wiirmeleitung, die Kenntnis der Mol- wiirme voraussetzt. Dagegen bereitet eine direkte Bestimmung von durch Mesrung des Tem- -peratursprungs zwischen Gas und wiirmeabgebender Fliiche betriichtliche experimentelle Schwierigkeiten und ist zudem nicht sehr genau. Es zeigte sich jedoch im Verlaufe der vor- liegenden Untersuchungen, daB die MeBergebnisse nur dann eine befriedigende ubereinstim- mung mit der Theorie der inneren Rotation zeigen, wenn man fur den mittleren Akkomoda- tionskoeffizienten des Disulfans gegeniiber Platin in dem betrachteten Temperaturbereich einen sehr nahe bei 1 liegenden Wert annimmt. (Begriindung siehe weiter unten.)

Wendet man G1. (I) auf zwei verschiedene Gase an, so ergibt sich durch Kombination der beiden Gleichungen :

Qg,

Q, p1 a, 4 (Cvl + R/'4 lin-I? p2 Z2 6, (Cv2 + R!'4 VM;.

_ - ~~ ~~ ~. ~-

Wiihlt man bei gleicher Leistungsaufnahme des Heizdrahtes die Gasdrucke nun so, d a B beide Gase dieselbe Warmeleitfiihigkeit besitzen, dann wird Q,, = Q,, und 6, = 6,, so daO man C,,, wenn C,,, a, und a2 bekannt sind, aus

6, E. SCHREWER, Z. pliysik. Chem. 112, 1 (1924). 7 ) M. KNUDSEX, Ann. Physik 34, 593 (1911). 8 ) K. SCHHFER u. H. GERSTACKER, Z. Elektrochem., Ber. Bunsenges. physik. Chem. 60,

874 (1956).

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berechnen kann. Eine andere Moglichkeit beateht darin, daB man etwa gleiche-Drucke von Vergleichs- und MeBgas anwendet und die bei dem gleichen 6 von beiden Gasen transportierten Warmemengen nach einer von S C ~ F E R und GERSTACKER~) angegebenen Methode bestimmt. Die gesuchte Molwarme C,, ergibt sich dann aus:

Bei Anwendung von GI. (11) hiingt die Genauigkeit von C,, im wesentlichen nur von der Fehlergrenze der Druckmessung ab, wiihrend in G1. (111) zusiitzlich die beiden Wiirmemengen Q,, und Q,, mit ihren Fehlermoglichkeiten eingehen. Dafiir l&Bt sich aber im letzteren Falle der Druck so wiihlen, daB er in das Gebiet der gr6Bten Genauigkeit dea Mano- meters fallt. Im Verlaufe der vorliegenden Untersuchungen wurden beide Methoden ange- wandt. Als Vergleichsgas wurde Xenon vemendet, dessen Molwiirme und dkkomodations- koeffizient gegen Platin bekannt sind.

1. MeBverfahren Die zur Messung der Molwarme des Disulfans verwendete Apparatur

ist in Abb. 1 schematisoh dargestellt.

Abb. 1. Die MeBapparatur

V, ist ein als Puffervolumen dienender 6-Liter-Kolben, an den unten die MeBzelle M und oben das Membranmanometer Ma angesetzt ist. Der Kolbenhals triigt die Gaspipette P,, die zum EinlaB des zur Xmometereichung benutzten Heliums bzw. des Vergleichsgases (Xenon) dient, einen Kernschliff, an den uber die Pipette P, und einen Rundkolben yon 350 ml die Sulfanfalle S angeschlossen wird, sow-ie den Hahn H,, der die mit Silikagel als Gettersubstanz gefiillte Falle G, abschliebt. t b e r den Hahn HI und die Kiihlfallen P kann die Apparatur mit einer Quecksilberdiffusionspumpe evakuiert werden. In dem 350-ml-Kolben V, werden mittels der Gaspipette P, bestimmte Drucke des Eich- bzw. Vergleichsgases eingestellt. Das Queck- silbermanometer Me gestattet es, den in V, herrschenden Druck auf 0,l Tom genau zu be- stimmen.

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Fiir die Messung der Warmeleitfiihigkeit wurden zwei MeSeellen venvendet (Abh. 2 und 3), die sich durch die Anordnung der Zuleitungsdrtihte und die Weite des Rohres, das sie mit dem Kolben V, verbindet, unterscheiden. Der 174 mm lange und 0,04 mm dicke Mel3draht aus

. Abb. 2 Abb. 3

Abb. 2 und 3. Die MeSzellen

- physikalisch reinem Platin wird durch eine aus Platinblech gebogene Feder gespannt. Die ebenfalls aus Platin bestehenden Strom- bzw. Potential- leitungen sind so bemessen, da13 die Enden des MeBdrahtes sich bei der Messung praktisch auf der Temperatur des Bades befinden. Die Bestimmung der vom MeBdraht aufgenommenen elektrischen Leistung und seiner Tem- peratnr erfolgt durch Messung des am Draht und an einem mit diesem in Reihe geschalteten Vergleichswider- stand bestehenden Spannungsabfalls mittels eines Priizisionskompensators. Als Stromquellen fur den Kompen- sator bzw. den MeSdraht dienen Blei- akkumulatoren von 4 bzw. 12Volt Spannung und 40 bzw. 180 Ampere- stunden KapazitLt.

Der Hauptteil der vor- liegenden Messungen wurde mit der in Abb. 2 dargestellten MeBzelle durchgefuhrt. Uie mit der MeBzelle nach Abb. 3 bei 200,8 OK durchgefiihrten Mes- sungen - in der Tabelle der MeBergebnisse durch einen Stern gekennzeichnet - dien- ten neben der Restimmung der MolwSrme gleichzeitig einer Kontrolle der iiber den gas- kinetischen Wirkungsquer- schnitt des Disulfans - siehe weiter unten - gemachten An- nahmen. Als Bader konstanter Tcmperatur wurden schmelzen- des Eis und festes CO, verwen- det .

Zur Messung des Disulfandruekes in der Apparatur konnte nur ein von der Gasart unabhsngiges Manometer verwendet werden. Das im Verlaufe

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der vorliegenden Untersuchungen benutzte Membranmanometer ist in Abb. 4 dargestellt.

Das eigentliche MeRorgan bildet eine 0,015 mm dicke Glimmermembran mit einem Durch- messer yon 110 mm, auf der ein kleiner Spiegel befestigt ist. Die Anzeige des Druckes erfolgt durch einen Lichtzeiger von,3,5 m Liinge. Daa Vakuum im Mantelraum des Xanometers wird durch eine mit Silikagel gefullte und mit fliissiger Luft gekiihlte Getterfalle - GI in Abb. 1 - aufrecht erhalten. Durch diese Anordnung werden, wenn die zum Evakuieren der Apparatur dienende Quecksilberpumpe abgestellt ist, Erschutterungen der Membran vermieden. Des Manometer wird durch einen an einen Umlaufthermostaten angeschlossenen Waasermantel auf konstanter Temperatur gehalten. Die Eichung des Manometers erfolgt durch Entspannen geeigneter Mengen Heliums aus der Pipette P, in das MeBvolumen zwischen den Hiihnen HI, He, H,, H, und FI,. Bei Zugabe einer Pipette Helium von 10 Torr wird dabei ein Druck von 1,59 . loa Ton: eingestellt. Die Empfindlichkeit der Membran iindert sich zuweilen sprung- haft durch iiuRere Einwirkungen wie z. B. starke Erschutterungen oder zu groBe Belastung. Deshalb mu13 die Manometereichung vor und nach jeder Messung der Wiirmeleitflihigkeit uberpriift werden. Abb. 5 zeigt eine typische Eichkurve. Die Unsicherheit der Druckmesaung b e t r w bei 3 . 10-8 Torr &tl./, und bei 10" Torr &0,5%.

Abb. 4. Das Manometer

Abb. 5. Eichkurve des Nano- meters (die mit verschiedenen Umrandungen versehenenMeB- punkte sind in zweitiigigem

Abstsnd aufgenommen)

Vor dem Zusammenbau mussen alle Teile der Apparatur, die mit Sulfandampf in Beriih- rung kommen, mit heiBer Chromschwefel&ure und anschlieDend mit heider konzentrierter Salzsiiure behandelt werden. Das Kachspiilen muR mit bidePrtilliertem Wasser erfolgen.

Zur Bestimmung der Molwarme nach G1. (11) wird in der duroh etwa einwochiges Evakuieren entgasten Apparatur ein Disulfandmck von etwa 3.10" Torr eingestellt. Das Einbringen des Sulfandampfes geschieht in der Weise, daD die Substanz unter Wasserstrahl- vahum aus der Falle S uber H, in eine mit C0,-Methanol gekiihlte Falle destilliert, und die fur die Messung benotigte Menge durch P, aus dem Dampfstrom entnommen wird. Man stellt nun den Heizstrom des MeDdrahtes so ein, daI3 die Temperatur des Drahtes 20 bis 30°C iiber der des Bades liegt. Um den EinfluB einer langsamen Disproportionierung des Disulfans

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a d die MeBergebnisse zu eliminieren, werden die Widerstiinde des Meljdrahtes etwa 30 Minuten lang in Abstiinden von 5 bis 10 Minuten gemessen. Der fur frischen Sulfandampf geltende Drahtwiderstand wird dann durch graphische Extrapolation auf den Zeitpunkt des Einlassens ermittelt. Die Vergleichsmessungen mit Xenon werden bei einer Reihe verschiedener Drucke ausgefuhrt. Die Bestimmung des Xenondrucks, der die gleiche Temperaturdifferenz zwischen Draht und Bad, wie sie beim Disulfan gemessen wurde, ergibt, erfolgt durch graphische Inter- polation.

Sol1 die Molwiirme nach G1. (111) bestimmt werden, so ermittelt man zuniichst die Heizleistung, die erforderlich ist, damit der Meljdraht im Hochvakuum eine bestimmte mitt- lere fibertemperatur 6 - etwa 15°C - annimmt. Nach Einstellen eines Disulfandruekes von 5 bis 9 - Torr wird dann etwa eine Stunde lang in Abstiinden von 10 Minuten die Heiz- leistung bestimmt, die in der nun gasgefiillten Meljzelle dieselbe Drahttemperatur wie im Hochvakuum bewirkt. Die Ermittlung der fur unzersetzten Sulfandampf geltenden Heiz- leistung erfolgt wieder durch graphische Extrapolation. Die Vergleichsmessung mit Xenon wird in analoger Weise durchgefuhrt.

Da sich die Meljzelle nicht a d derselben Temperatur befindet wie die ubrige Appmatur, miissen die mit dem Membranmanometer gemessenen Drucke h,insichtlich der thermomoleku- laren Druckdifferenz nach

korrigiert werden. D bedeutet hier den Durchmesser des Terbindungsrohres zwischen der MeSzelle und V, und L die mittlere freie Wegliinge des Gases. In dem bei den vorliegenden Messungen interessierenden Bereich, 1 < D/L < 10, kann fur f (D/L) die von SCHIERWATERs) abgeleitete und experimentell geprufte Funktion aIs gute Xaherung verwendet werden. Die mittlere freie Wegliinge wird nach

1 L 1% n 4 n rk

berechnet, wobei n die spezifische Molekelzahl und 4n r i der StoSquerschnitt der Molekeln bei

der Temperatur T OK ist. r! h h g t nach I$ = von der Temperatur ab. Im Falle

des Xenons ist rL = 1,78 cma und T, = 252 "K10). Beim Disulfan ist keine der beidelr Gr6ljen bekannt. Ubertragt man jedoch den fur alle Substamen, von denen Molrefraktion und gaskinetischer Wirkungsquerschnitt bekannt sind, annahernd geltenden Wert von 0,79 fur den Quotienten aus dem Quadrat des aus der Molrefraktion berechneten und dem Quadrat des gaskinetisch bestimmten Molekelradius auf das Disulfan, so ergibt sich aus der Molrefrak- tion von 17,6 cm': r&2Sa = 4,6. em2. Die SUTHERLAND-KOnStante T, kann nur grob aus der Lage dieser GroBe beisubstanzen, die hinsichtlich ihres Siedepunktes und ihresMolcke1- radius mit dem Disulfan vergleichbar sind, zu etwa 600°K abgeschatzt werden. Bei der Be- rechnung dcr Fehlergrenze der vorlipgenden Messungen wurde fur rLHZSa ein Fehler von rf; 0,6 . cm2 und fur TeIi,Se ein Fehler von + 100, - 50 "K angenommen. Die gute Ober- einstimmung der im Temperaturgebiet um 200 "K mit den MeISzellen nach Abb. 2 bzw. 3 er- haltenen Molwiirmen legt jedoch den SchluIS nahe, daS d i p Schatzung genauer ist, als den angegebenen Fehlergrenzen entspricht.

Im Falle der Nessungen nach Gleichung (111) wird fur die Korrektur der Heizleistung hin- sichtlich der Warmeableitung durch die Enden des MeIjdrahts auSer der Lange und dern

1 + 2 i

9) F. W. SCEUERWATER, Dissertation, Heidelberg 1955. 10) R. JAECKEL, Kleinste Drucke, Berlin-Gijttingen-Heidelberg 1950.

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I I Lfd. I TtI I T m Nr. ,

Volumen des Drahtes die Wlmeleitfiihigkeit des Plattihs benotigt. Der zur Auswertung der Messungen bei 200,8 OK und 207,7 OK verwendete Wert von 0,164 cal/cm - sec . Grad ergibt sich durch Interpolation aim der Kurve der ~~lEDEMANN-FRANZsChen Zahlen des Platins.

Die Berechnung der Summe der Translations-, Rotations- und Schmingungswhnen des Disulfans erfolgt nach den ublichen Methoden der statistisohen Thermodynamik. Das voll- stlindige Schwingungsspektnun der Disulfanmolekel wird im RAMAN-Effekt beobachtet und zeigt die folgenden Frequenzen'l) : 509 cm-1, 883 om-1 (zweifach entartet) und 2504 om-l (zweifadi enhrtet). Das nach PITZER korrigierte reduzierte Triigheitsmoment deer inneren Rotation der Sulfanmolekel betrlgt 1,443 10-10 g . cm2.

I I 1 Bemer- I I 1 kungen G e r . 1 C1r I Cvgem.

11. MeSergebnisse In Tab. 1 sind die Ergebnisse der einzeliien Messungen zusammengestellt.

To bedeutet dabei die Badtemperatur, T, = To + 812 die mittlere Me& temperatur in OK, Cvgem. die gemessene Molwarme des Disulfans, Cbcr. die berechnete Summe der Translations-, Rotations- und Schwinguagswarmen und C,, die Molwarme der inneren Rotation in cal/Grad . Mol.

In Abb. 6 sind die fur C, erhaltenen Werte in *4bh%ngigkeit von T, aufge- tragen. Die kreisformig umrandeten ; I f t , , , , , ! Punkte stellen die Ergebnisse der vor- liegenden Untersuchungen dar. Der MeDpunkt bei 298 O K wurde der Arbeit von F E H ~ R iind SCHULZE-RETTMER ent- nomrnen. Die durchgezogenen Kurven sind mit Hemmpotentialen von 2,5 7/4yl

(Kurve ')7 3 9 0 (Kurve ''1 und 3,5 Abb. 6. Gemessene und berechnete Werte Mol (Kurve 111) berechnet. Von diesen von C,,

83==

20G No m a

11) F. FEEOR, W. LAOE u. G. WINKHAUS, Z. anorg. allg. Chem. 288,113 (1956).

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pa& sich die mittlere Kurve den MeBergebnissen am besten an. so daB man fur das Hemmpotential der inneren R,otation des Disulfans 3,O kcal/Mol erhalt.

Aus den Fehlergrenzen der einzelnen in die Bereehnung der Nolwarmen der inneren RO- tation eingehenden GroBen ergeben sich fur die Einzelwerte von C,, folgende Fehler:

Messung 1 bis 4: & 0,16 cal/Grad . Mol, Messiing 5 : & 0,27 cal/Grad - Moll2), Messung 6: &00,22 cal/Grad. Mol, Messung 7 und 8: 3 0,17 cal/Grad. Mol. Fur die Fehlergrenze des Hemmpotentials ergibt sich &us diesen Werten: & 0,5 kca1,”ol.

Auf Grund der Lage der im Temperaturbereich uni 287 O K gemessenen Molwiirmen der inneren Rotation la& sich nun auch eine dussage iiber den mittleren Akkomodationskoeffizienten des Disulfans gegen blankes Platin machen. Die Auswertung der Messungen wurde unter der Voraussetzung, daB die Akkomodationskneffizienten von Xenon und Disulfan gleich sind, durchgefiihrt. Dabei ergaben sich fur C, Werte, die gerade dem Maximum aller fur das Disulfan in diesem Temperaturbereich bei Hemmpotentialen zwischen 0 und 00 moglichen Werte entsprechen. Da der Akkomodat’ ,ions- koeffizient des Xenons gegen Platin hier praktisch gleich 1 ist, mufiten sich aber, falls aHZs, von ax verschieden ware, iiber das Maximum der mogli- chen Werte hinausgehende Ci, ergeben. Daraus folgt: cxHIK, = ax = 1. Ila der Akkomodationskoeffizient eiiies Gases mit abnehmender Temperatur nicht abnimmt, mu13 aHSs, auch bei den tieferen MeRtemperaturen gleich 1 sein.

F E H ~ R und MWNZNER~~) konnten zeigen, daW sich das Absorptionsspek- trum cler Sulfane im ultravioletten Bereich deuten lafit, wenn man fur die Schwefelkette eine BIesomerie annimmt, an der Grenzstrukturen mit nicht lokalisierteii Elektronen beteiligt sind. Es ist deshalb wahrscheinlich, da13 die Behinderung der inneren Rotation des Disulfans in Analogie zu den beim 1,S-Butadien vorliegenden Verhaltnissen im wesentlichen durch einen partiellen Doppelbindungscharakter der S-S-Bindung bedingt ist. Wshrend sich jedoch im Falle des 1,3-Butadiens die beiden den Potentialminima der inneren Rotation entsprechenden Konfigurationen der Molekel durch Wechselwirkung der gegeneinander rotierenden Gruppen energetisch unter- scheiden, sjnd im Falle des Disulfans fur die Potentialmaxima verschiederie Hohen zu erwarten. Nimmt man an, daB sich die Wechselwirkung der S-H- Gruppen im wesentlichen auf COULOMBsche Krafte zwischen den Bindungs- dipolen beschrankt, was man in Anbetracht der relativ grol3en LBnge der

la) Die relativ gmBe Fehlergrenze dieses MeOwerts ist durch die Unsicherheit des Wir-

13) F. F E H ~ R u. H. MVNZNER, Chem. Ber., im Druck. kungsquerschnitts des Disulfans bedingt.

F. FEH~R u. K. SEYFRIED, Hemmpotential der inneren Rotation des Disulfans 171

S-S-Bindung als in erster Niiherung gegeben ansehen kann, so l5Bt sich die Differeiiz der Potentialmaxima zu etwa 0; 7 kcal/Mol abschatzen.

Der Bechtel Corporation, San Franzisko, danken wir fur die Unter- stutzung dieser Arbeit.

Koln, Institut fur Anorganische Chemie der Cniversitat.

Bei der Redaktion eingegangen am 11. Oktober 1962.


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