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160 Zeitschrift fur anorganische Chemie. Band 252. 1443

Die Zurammenretzung von Wolframblau Von OSKAR GLEMBER und HUBERT SAWER

Im Xusammenhang rnit unseren Untersuchungenl) uber die Wolfram- verbindungen, die bei der Reduktion von Wolframtrioxyd oder Wolfram- saure mit Wasserstoff bzw. Gemischen von Wasserstoff-Wasserdampf ent- stehen, haben wir die hlauen Produkte studiert, die h i m Nachweis des Wolfrains als m'olfrainblau auftreten. Schlagt man daruber in den Lehr- buchern nach, dann findet man z. B.:

,,\'erbindet sich das Dioxyd mit hydratischer Wolframejiure, so entsteht wie bei der Molybdinsaure ein tiefblaues intermedilrea Oryd, z. B. in der Weise, da5 frischgehllte Wolframsaure mit Zink und Salzejiure behandelt wird"*).

,,Durch gelinde Reduktion von Wolframtrioxyd oder Wolframsiure in wii5riger L s u n g oder in Ber%hrung mit Wasser erhalt man intensiv blau gefarbte, amorphe Pro- dukte ran im allgemeinen nicht einheitlicher Zusammensetzung. Es handelt sich dabei wahrscheinlich um Hydroryde des intermediiren Oxyds W,O,, oder van dessen Hydraten, mehr oder weniger verunreinigt mit beigemengtem WOs oder WO,"').

,,Versetzt man die k s u n g einea Alkaliwolframats mit Salzejiure und Zink, so wird die durch die Salzsirure gefallte Wolframejiure bald priichtig blau gefarbt. Die blaue Farbe riihrt von der Bildung des Zwischenoxyds W,O, her",).

Durch diese kleitie Auswahl wird offensichtlich, da8 sich die Angaben iiber die Zusammensetzung des Wolframblau nicht auf Experimente, sondern auf Vermutungen griinden, wobei man davon absehen kann, die Formu- lierungeii des Wolframblau analog dem Molybdanblau anzufLihren, da dieses so wenig bekaiint ist wie jenes.

Wie im folgendeii dargelegt wird, laBt sich fur das Wolframblau uber- haupt keine einheitliche Formulierung durchfuhren, da seine Struktur nicht nur vom Ausgangsmaterial, sondern auch vom angewandten Reduktions- mittel abhangig ist.

Der Nachweis des Wolframs als Wolframblau kann sowohl durch Reduktion von Wolframtrioxyd, Wolframsaure oder Wolframaten in wal3riger Losung als auch durch Behandeln von metallischem Wolfram rnit konzentrierter Schwefelsaure erfolgen.

I ) 0. GLEMSER U. H. SAWER, 2. anorg. Chem. 262 (1943), 144. z, K . A. HOFMANN U. U. R. HOFMANN, Anorgan. Chemie, S. 680, Braunschweig 1939.

') H. REMY, Lehrbuch d. anorgan. Chemie 11, S. 179, Leipzig 1942. 4) F. P. TREAD-, Kurzes Lehrbuch d. analyt. Chemie I, S. 516, Leipzig U.

Wien 1920.

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0 Glemser U. H. Sauer. h e Zusammensetzung von Wolframblau 161

I . Reduktionen a) Ausgangs ina te r i a l WO8, aus H,WO, puriss. Merck durch 8stun-

digea Erhitzcn bei 800° C geworinen. WO, wird in Wasser aufgeschlammt und sa l z s a u r e Zinri (11) - c h 1 or id -

l o sung zugefugt. Das ausgefallene blaue Produkt wird nbfiltriert, mit Waeser gewabchen und dann mit Alkohol urid Ather behandelt. LaBt man das Priparat einige Tage liegen, dann 1st es w iede r zu WO, o x y d i e r t worderi; die Oxydation erfolgt im nassen Zustand schneller als im trockenen. Damit in cbereiristimmung befindet sich das Ergebnis der rontger io- g r a p h isch en U n t e r s u ch 11 ng : das gebddete Wolframblau hat sich gegeii - u b e r d e w u r sp ru r ig l i chen \TO8 k a u m v e r a n d e r t ; es fehlen im Ver- gleich mit WO, einigo Linien und es treten kleine Intensitatsunterschiede auf. Man kann das erhaltene Rontgenbild rnit den Praparaten in Beziehung bringen, die wir synthetisch aus WO, und Wolfram dargestellt haben und die im Bereich von WO,,, bie WO,,,, liegenl). Man kann wie dort annehmeri, daS bei der Reduktion Sauerstoff aus dem Gitter des WO, entfernt wird, daS aber dieser Entzug auf das Gitter nicht ohne EinfluB bleibt, wie aus der Rontgenaufnahme hervorgeht. Ein nach obiger Methode von ALLEN und GOTTSCHALK5) dargestelltes Prtiparat ist von ihnen also zu Unrecht als W,O,, formuliert worden.

gefiihrten nicht verschieden. Wird mit Zink und Salzeiiure reduziert, dann 1st cias Ergeblus \on dem oben an-

b) 1-mol. w l S r i g e Losurig v o n .4mmoniumwolf r t tmat . 1. Beim Zusatz von salzsaurer Zinn (11)-chloridosung erlialt man eiii

Wolframblaupraparat, das nach dem Abfiltrieren, Waschen und Trocknen mit Alkohol und Ather s c h o n n a c h e in igen T a g e n wiede r o x y d i e r t und gelb gcworden Tar. Im fencliton Zustand war (lie Oxydation sehon nach eiriem Tage vollstandig. Die gelbe oxydierte Substanz a i e das blaue Produkt zeigten bei dcr Rontgenaufnahme vollkommme Oberebstimmung. Das R o n t g e n b i l d w a r i d e n t i s c h m i t d e m von Wolframstbure puriss. Merck der Forme1 W0,.1,02H20 (Wassergehalt durch Gluhverlust be- stimmt). Dau Kesultat ist ahrilich dem rnit WO, erzieltcn, auch hier ist das Gitter der Wolframsaure beim Entzug von Sauerstoff - bei Vorusndensein von Sauerstoffleerstellen - noch stabil. Die leichte Aufnahme von Sauer- stoff durch das l’raparat ist daniit ohne weiteres verstandlich.

2. Reduziert mar1 jedoch rnit Zink und Salzsaure, d. h. unter Be- dingungen, bci deneri Wasfierstoff entwickelt mrd , so erhalt man ein Wolframblaupraparat, das i m nassen u n d i m t r o c k e n e n Z u s t a n d b e s t i n d i g ist. Selbst nach vieltagigem Lttgern an der Luft bei 50° C hat

&) ).: T. ALLES U. V H GOTrsrHfix, Amer. chem J. 27 (1902), 328. ___ -

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sich die Sub\taiiz riicht ,erandert. Die Rontgenaufnahme ergab die ve r - b re i t e r t e r i I r i t e r f e renzen d e a a s s e r s t o f f a n a l o g e n d e r W o l f r a m - b ronzen WO,.n-HL (n < l ) , das n i r durch Rediiktioii a115 n’olframuaure nut Wasserstoff ~ L W . eiriein Gerriiscti voii Uasserstoff-~~asserddmpf ge- winnen konnten’). Die Verbindung kriatallisiert 1111 Re0,-Typ, der Wasser- stoff wurde ungeordriet ini Gitter diigerioniriien, Sduerbtoffleerstellen H urden aahrscheinlich gemacht.

II. Reaktion von Wolfram rnit konzentrierter Schwefelrciure

1. Metallisclies \Volfram wurdv 3 Stunden iuit lioiizentrierter Srhwcfcl- siure auf 2000 C e r h i t z t , der ausgefalleiie blaue Siederschlag rnit \\‘asser, hlkohol uiid Ather genaschen und iin Exsikkator getrocknet. Der Sieder- schlag ist a n d e r L u f t b e s t a n d i g ; im Rontgenbild erweist er sich als ein Gemisch von m e t a l l i s c h e m Wol f ram m i t WO,.n-H,, diehiweeenheit von Wolfram IiiBt sich aber auBerlich nicfit festutellen. DESI~) gab an, auf diese Weise das Oxyd WO dargestellt %U liaben; rnit Ammoniak bilde diese Substanz Wolfr,zm urid lijsliches IVolframat. Letzteres steht im Einklaiig ruit unsereru Ergebnis; die Porrnel und die von DESI daran gekniipfteii Oberlegungen siiid jedocli darnit hinfillig. Der Wolframariteil im Gerniscli nurde durch Herdusloseii voii WO,.ii-H, mit Arnmoniak bestimmt : 7,4O/, Wolfram wareii irri Gemisch vorhandvn.

2. Erhitzt man metallisches Wolfram mit konzentrierter Schwefelsiiurezum S i e d e n , dann fallt ein blaues Produkt aus, das wieder ein C: e misc h v o n m e t a l l i s c h e m W o l f r a m mit WO,.n-H, ist. Die Bestimmung des Gehaltes a n metallischem Wolfram ergab im Durchschnitt 5% Wolfram im Gemisch. Auch bier ist die Formulierung des Praparates als W,O, nach UEZI‘) nicbt richtig.

3. Die Behandlung vou metallischem Wolfram mit konzentrierter Schaefelsaure be i 150 o d e r 180°C i m B o m b e n r o h r zeitigte dasvelbe Kesultat wie beim Arheiten

Tabelle I O b e r s i c h t u b e r d i e W o l f r a m b l a u p r d p a r a t e

Ausgangsmaterial

I WO, I tt’oiframatltisung 1 metall. Wolfram I Reaktionsmittel . -.. . . . . ~ ~ - .- . - . . I

~~~ ~

SnCI, - HCI , WO,-Gitter I H,WO,-Gitter mit genngfugigen unverindert

Zn . HCI \VO,. n H, I .\nderungen

I das Wasserstoffana. I loge der Wolfram- bronzen - honz. H,SO, I --

8) E. D. Dssr, J. Amer. cbem. Soc. 19 (1597), 219.

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unter normalen Bedingungeo D i e dargestellten blauen Praparate sind immer Gemislie von metalhschem Wolfram mit WO, U H, und nicht. H i e I>&I*) formuherte. W,O, oder W,0, Be1 einem I’raparat, das 8 Tage larig der Liouirhung der konzentnerteu Schwefel saure bei l8Oo C ausgesetzt wurde, wurde 2,S0

Eine Cresamtuber.icht ubrr unwre Ergebiiisse ftndet sich i n Ta- U olfrani im Gemisch gefuuderi

belle 1 Zurammenfarrung

1 W olframblau kaun nicbt eiabeitlich forniuhert uerden Seine Zusarnnieosetzung 1st t o m Ausganpmaterial und vom angewandten Keduktionsmittel abhan~g

2 Die luftempfindlicben W ollramblaupraparat e zeigen fast Leine Veranderung gegenuhrr dem \u*canpnraterial die I d tb~~s t~nd ig r i i U ~~Ifr~nipraparnte cnthaltcii alle H 0, U- H, - ____ ._

Herrn I’rof I)r A B E ~ R I T I I danheu uir fur wohluollende Uuterstutzung - Die Deutscbe Porschungsgemeinschaft unterstutzte uns i n dankenowerter Weise

dachen, l l ~ t ~ l u t fur (inoiqunsche Cheniw und Eklrlrochemw &r Technrsdren Hochschuk.

h i der Kedaktion eingegangen am 26 Juh I 9 1 3


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