„Generation Praktikum/Prekär“
Definition, Zahlen, Fakten
DefinitionWas heißt “prekär”?
Abgrenzung atypische und prekäre Beschäftigung
• atypisch: Als atypisches Arbeitsverhältnis wird jedes bezeichnet, das vom „Normarbeitsverhältnis“ (unbefristet, Vollzeit) abweicht
! keine Aussage über die sozial Lage der Beschäftigten
atypisch zum Beispiel auch erfolgreiche „Freelancer“
• prekär: politischere Begriff enthält Wertung, subjektive Komponente → schwierige/unsichere („prekäre“) Situation für die Betroffenen
DefinitionWas heißt “prekär”?
Definition „prekär“ nach Dörre in Anlehnung an Bourdieu:
„Als prekär kann ein Erwerbsverhältnis bezeichnet werden, wenn die Beschäftigten aufgrund ihrer Tätigkeit deutlich unter ein Einkommens-, Schutz und soziales Integrationsniveau sinken, das in der Gegenwartsgesellschaft als Standard definiert und mehrheitlich anerkannt wird. Und prekär ist Erwerbsarbeit auch, sofern sie subjektiv mit Sinnverlusten, Anerkennungsdefiziten und Planungsunsicherheit in einem Ausmaß verbunden ist, das gesellschaftliche Standards deutlich zuungunsten der Beschäftigten korrigiert.“
Hypothesen
• Prekäre Beschäftigung nimmt allgemein zu
• Besonders betroffen sind ältere ArbeitnehmerInnen über 50 Jahre und junge Menschen unter 35 Jahre und Frauen
• Praktika können häufig als prekäre Beschäftigung angesehen werden
• Immer mehr „Praktikanten“ ersetzen reguläre Stellen
• Besonders HochschulabsolventInnen werden offenbar gerne und zunehmend als Hochqualifizierte zum
Nulltarif eingesetzt
Folgen
→ Missbrauch der Arbeitskraft von jungen Menschen
→ Verdrängungs- und Vernichtungsprozesse regulärer Arbeitsverhältnisse
→ Ausfälle in der Sozialversicherung
→ Fehlende Konsumkraft
→ Individuelle Folgen: mangelhafter sozial- und arbeitsrechtlicher Schutz, keine Anwartschaften in der Sozial- und Rentenversicherung, keine Zukunfts- und Familienplanung
Indikatoren Generation Praktikum/prekär
• starker Rückgang sozialversicherungspflichtiger Vollzeitjobs
1991 → 29,5 Millionen2004 → 23,7 Millionen
• prekäre Beschäftigungsformen nehmen zu: vor allem geringfügige Beschäftigung und befristete Jobs, aber auch Praktika
2003 → 800.000 PraktikantInnen/Aushilfen in deutschen Unternehmen laut IAB
Indikatoren Generation Praktikum/prekär
Akademikerarbeitslosenquote – ein Indikator?
Praktikanten melden sich selten arbeitslos, da sie nur selten „arbeitlosengeldberechtigt“ sind.
ALG II Empfänger unter HochschulabsolventInnen: 2005 haben sich 11.000 AbsolventInnen unmittelbar nach Abschluss des Studiums arbeitslos gemeldet. Zahlen, wie viele Hochschulabsolventen damit ihr unbezahltes Praktikum finanzieren, kennt die
Bundesagentur für Arbeit aber nicht.
Indikatoren Generation Praktikum/prekär
Bei der BA gemeldete AkademikerInnen ohne Berufserfahrung
• arbeitslos gemeldeten AkademikerInnen ohne Berufsrfahrung:
2005: 68.745 → im Vergleich zu 2004 Steigerung um 17,9 %, obwohl die Arbeitslosenquote aller
AkedemikerInnen abgenommen hat.
• Arbeit suchende AkademikerInnen ohne Berufserfahrung:2005: 112.618 → 18 Prozent mehr als im Jahr 2004 und gegenüber dem Jahr 2003 sogar ein Plus von 40 Prozent
Indikatoren Generation Praktikum/prekär
Verhältnis von ausgeschriebenen Praktika zu Festanstellungen bei Online-Job-Börsen.
• Im April 2006 waren 43 % der Online-Stellenausschreibungen der DAX-Unternehmen Praktika/Studentenjobs!
• Gegenüber 2005 sind die Stellenanzeigen für Praktika um 12,8 % gestiegen
• Anteil an den gesamten Stellenausschreibungen (Festanstellungen plus Jobs für Studierende) liegt nun bei
37,4 %, bei den DAX-Unternehmen 43 %
Indikatoren Generation Praktikum/prekär
Erste Ergebnisse: Umfrage des Arbeitsbereiches Absolventenforschung der FU Berlin(Befragung des Abschlussjahrgangs 2000)
• 25 % haben noch Praktika nach dem Studium absolviert, davon waren die Hälfte nicht bezahlt
• Mehr Frauen machen Praktika: 29 % der weiblichen und 20 % der männlichen Befragten machten postgraduelle Praktika
• Besonders Jura (23 %), Sozial-, Geistes-, Kulturwissenschaft (35 %) sowie Mathematik und Naturwissenschaften (29 %)