Georg Glasze, Günter Meyer
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Die sommerliche Flucht aus denüberhitzten Städten in kühlereSommerfrische hat im NahenOsten eine lange Tradition - zumindest für die Reichen. Verbrachtendie wohlhabenden Binnentouristendie heißen Sommermonate früherin Hotels oder in angemietetenApartments am Mittelmeer und inhöher gelegenen Bergregionen, sozeichnet sich in den letzten Jahrzehnten ein neuer Trend ab: DieErrichtung bewachter Ferienwohnanlagen mit Villen und Eigentumswohnungen boomt. Trotz ähnlicherErscheinungsformen unte rscheiden sich die Rahmenbedingungenfür die Entwicklung derartiger Ferienresidenzen in Ägypten und libanon erheblich.
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Foto 2: Von staatlicher Seite errichtetes Strandresort Maraqia
vFoto 1: Strandleben in Alexandria
Temperaturen, die in den Sommermonaten um 5 bis 10 "C niedrigersind als im Binnenland, ein frischer
Seewind und ausgedehnte Sandsträndemachen die Mittelmeerküste zum attraktiven Ziel für den ägyptischen Binnentourism us. Die Anfänge reichen bis in die1850er Jahre zurück, als Alexandria nachdem Bau der Eisenbahn in wenigen Stunden von Kairo aus erreichbar wurde. DieReichen und Herrschenden - der ägyptische König ebenso wie die europäischenKolonialherren - ließen Villen und Palästeentlang des 30 km langen Küstenstreifensim Osten von Alexandria errichten, umdort die heißen Sommermonate zu verbringen. Ihrem Beispiel folgte die ägyptischeOberschicht nach der Unabhängigkeit desLand es.
Zu einem Massenphänomen wurde derSornmerurlaub in Alexandria während der1960er und 70er Jahre. Bis zu 2 Mio. überwiegend aus Kairo stammende Feriengästesowie Zehn tausende von reichen Golf-Arabern , die vor allem die größere Freizügigkeit und die vielfältigen Vergnügungseinrichtungen schätzten, bevölkerten dieStrände, Restaurants und Nachtlokale ent-
lang der Corniehe alljährlich von Mitte Julibis in den September hinein (vgl. Foto 1).Hochhäuser mit Ferienapartments schossen wie Pilze aus dem Boden. Explodierende Mietpreise, ein e extrem dichte Bebauung und völlig überfüllte Strände zeigtenbald an, das s hier die Grenzen des touristisch en Wachstums erreicht waren .
Bewachte Ferienwohnanlagenan der Nordwestküste ÄgyptensAls alternativer Standort für die weitereExpansion des sommerlichen Binnentourismus bot sich die Nordwestküste an . Diesesdünn besiedelte Gebiet wurde vorwiegendals Weide von den Herden der Aulad "AliBeduinen genutzt (vgl. Müller-Mahn 1989,Gole und Altorki 1998) . Hier wurde dieErrichtung von Sommerresidenzen für diewohlhabende einheimische Bevölkerungin so genannten "touristischen Dörfern"geplant, die als bewachte Ferienwohnanlagen auf einem rund 2 km breiten Streifenentlang der Küste westlich von Alexandriagebaut werden sollten. Der Staat übernahmab 1976 eine Pionierfunktion durch denAus bau der Infrastruktur und die Errich -
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Rückschlag für Feriensiedlungenan der NordwestküsteAb 1995 stagnierten die Immobilienpreisein den Strandresorts an der Nordwestküste
bis zwei Monate im Sommer für einenFamilienurlaub. Für den Rest des Jahresstehen die Wohnungen leer.
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= Hauptstraße
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• Zielorte des• sommerlichen Binnentourismus
Que lleNortt! Coast Developmenl Aulho rity in Burg el·cArab und Marsa Ma/ruh 1999
Entwicklungsstand
Dgenehmigt
• im Bau
• fertiggeslellt
Entwurf: G. Meyer. Ka rtograph ie : K.Schmidt-Hellerau 2002
Abb. 1: Ziele des sommerlichen Binnentourismus in Ägypten und Ferienwohnanlagen ander Nordwestküste
Das bauliche Spektrum der 30 bis 2 500Wohneinheiten umfassenden "touristischen Dörfer" reicht von reinen Villensiedlungen über Reihenhausbebauung bis zusechsstöckigen Apartmentwohnblöcken(vgl. Abb. 2, Foto 3). 70 %bis 100 %derEigentümer in den verschiedenen Strandresorts stammen aus Kairo. In der Regelnutzen sie die Ferienunterkünfte nur ein
Foto 3: Von einem Privatunternehmen errichtete Ferienwohnanlage westlich Alexandria
tung der ersten drei Strandresorts Marbella, Maraqia (vgl. Foto 2) und Marina.
Bei der Veräußerung des übrigen Küstenstreifens kamen in erster Linie Angehörige von Ministerien - allen voran das Militär - sowie leitende Angestellte von Staatsbetrieben und andere einkommensstarkeBevölkerungsgruppen zum Zuge. Wenn siesich zu Genossenschaften zusammenschlossen, wurden ihnen extrem günstige Konditionen zum Landerwerb für Feriensiedlungen eingeräumt. Eine spätere Veräußerungdes Landes versprach hohe spekulativeGewinne.
Gezieltwurde auch von Seiten derRegierung unter den ägyptischen Arbeitsmigranten in Kuwait und Saudi Arabiendafür geworben, die auf Banken in denGolfstaaten deponierten Ersparnisse inFerienwohnungen an der Nordwestküstezu investieren - mit großem Erfolg, wie dieEtablierung zahlreicher Genossenschaftenvon Auslandsägyptern und Remigrantenzeigte. Weitere finanzielle Anreize wurdenfür private Investoren gewährt, meist großeBau- und Immobilienunternehmen mitengen Beziehungen zu Regierungsmitgliedern. Sie erhielten nicht nur einen Steuererlass für die Investitionsphase, sondernauch zinsgünstige Kredite mit einer langenLaufzeitfür den Bau der Feriendörfer.
In den drei von staatlicher Seite errichteten Strandresorts begann ab 1986 derVerkauf von Villen und Apartments. DieNachfrage nach den hochgradig subventionierten Wohneinheiten war so groß, dassalle in kürzester Zeitverkauft waren. Innerhalb der nächsten zehn Jahre schnelltendie Preise für diese Wohnobjekte um bis zu700%in die Höhe. Daraufhin zogenauchdie Genossenschaften und privaten Investoren nach und begannen mit dem Baubewachter Ferienwohnanlagen an der Nordwestküste. Inzwischen sinddort 220 Projekte mit mehrals 300000 Wohneinheitengenehmigt, im Bau oderbereits fertig gestellt (vgl.Abb. 1). Entlang eines 70km langen Küstenstreifenswestlich von Alexandria istnirgendwomehr ein öffentlicher Zugang zum Strandmöglich. Hier reiht sichein bewachtes und an dreiSeiten durch hohe Mauernnach außen abgeschirmtesStrandresort an das nächste. DieWachtposten anden meist sehr aufwändiggestalteten Eingangstorenüben dabei weniger eineSchutzfunktion aus, sondern sollen vor allem sicherstellen, dass die Bewoh-ner der Ferienwohnanlageunter sich bleiben und nichtdurch Fremde gestört werden.
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Georg Glasze, Günter Meyer Bewachte Ferienwohnanlagen - NeueZiele des Binnentourismus in Ägypten und Libanon
und meist von Genossenschaften errichteten Siedlungen. In anderen noch im Rohbaubefindlichen Projekten ruht die Arbeit oftschon seit Jahren. Angesichts der geringensaisonalen Nutzungsdauer bei hohen, ganzjährigen Personal- und Wartungskostenwird vielfach überlegt, die Ferienwohnungen außerhalb der Hochsaison des ägyptischen Binnentourismus an ausländischeTouristen zu vermieten . Dafür fehlt jedochdie sonstige touristische Infrastruktur undein attraktives Hinterland.
Neue Ziel regionen desägyptischen BinnentourismusEin weiterer Grund für die sinkende Nachfrage nach Ferienwohnungen an der Nordwestküste ist darin zu sehen, dass seit Mitte der 90er Jahre bewachte, mit hohenMauern umgebene Villenviertel in unmittelbarer Nachbarschaft von Kairo angeboten werden. Die nach US-amerikanischemVorbild errichteten gated communitiessind zudem mit Golfanlagen, Schwimmbädern und anderen Freizeiteinrichtungenausgestattet. Viele wohlhabende Kairenerverkaufen ihre nur kurzzeitig genutztenFerienwohnungen an der Nordwestküste,um mit dem Erlös einen attraktiven Hauptwohnsitz mit hohem ganzjährigen Freizeitwert am Rand der ägyptischen Metropolefinanzieren zu können .
Darüber hinaus werden in den letztenJahren immer mehr bewachte Ferienwohnanlagen an der Küste des Golfs von Sueznördlich und südlich von Ra's el-Sudrgebaut. Die dortigen Villen und Apartmentssind von Kairoaus wesentlich schnellererreichbar als die Strandresorts am Mittelmeer und können deshalb auch außerhalbder sommerlichen Ferienzeit für Tages- undWochenendausflüge genutzt werden.
Vongrößter Bedeutung ist schließlichder zunehmend stärker werdende Trend,dass die städtische Oberschicht die Destinationen des internationalen Tourismus amRoten Meer für sich entdeckt. In der erstenHälfte der 90er Jahre hatten die Anschlägegegen ausländische Besucher an den traditionellen Standorten des Kulturtourismusim Niltal eine Verlagerung des internationalen Fremdenverkehrs an die Küste desRoten Meers zur Folge (Meyer 1996). Hier,in sicherer Entfernung von den durch Terroristen gefährdeten Landesteilen, konzentrieren sich seither die Investitionen auf denmassiven Ausbau neuer Zentren des internationalen Bade- und Tauchtourismus. Zwischen 1992 und 2000 schnellte am RotenMeer und auf der südlichen Sinai-Halbinselder Anteil an der gesamten Bettenkapazitätin ägyptischen Hotelsvon 10%auf 52 %empor (Steiner 2002).
Zwar stellen europäische Pauschaltouristen, die vorwiegend im Frühjahrund Herbst einen Bade- und Tauchurlaubbuchen, mit weitem Abstand die größteGästegruppe in Hurghada und Sharm
Baalbek
Bergresort
Skiresort
Strandresort
Entwurf und Zeichnung : Glosze
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-Doppel-oder Reihenhäu sermi t drei separa ten Geschos sen(je 91m' oder 130m' )
höhe r cls1.500 m
1985 unter Kontrolle der libanesischen Armeeund christlicherMilizen stehende Region
hö her als 500 m
AutobahnHauptst raße
Coza rverwa ltungsbezirk)landesgrenze
Fertigstellung
noch"1990 1990
o 5 JO- --* z.T. noch im Bau
Frei slehendes Hausmildrei separa ten Geschossen(je 87m' )
Ferienwohnanlagen mit schlechter infrastruktureller Ausstattung.
Als weitere Konsequenz werden geplante Ausbauten der Siedlungen zurückgestellt.Notwendige Wartungs- und Reparaturarbeiten unterbleiben. Immer mehr Läden undRestaurants werden geschlossen, weil sichkeine Pächter finden. Eine verhängnis-volle Spirale der Degradierung und des fortschreitenden Verfalls kennzeichnet vieleder älteren, relativ einfach ausgestatteten
F e rie nwo h n u ng e n
Fre i steh endes Hausmllzwei separaten Geschossenüe 87m' oder 174m' )
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Abb.2: Ferienwohnanlage an der Nordwestküste Ägyptens
TOURISTISCHES DORF MENA 4
zunächst und verzeichneten zwischen 1998und 2001 Preiseinbrüche von bis zu 40%.DieGründe dafür liegen einerseits in einerweitgehenden Marktsättigung und andererseits in einer gesamtwirtschaftlichen Liquiditätskrise. In dieser Situation versuchenTausende ihre Ferienwohnungen zu verkaufen - meistens ohne Erfolg. Dies giltvor allem für die weniger attraktiven Apartments in Wohnblöcken, die relativ weit vomStrand entfernt liegen, und generell für
Abb. 3: Ferienwohnanlagen im Libanon
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Abb. 4: Drei Strandresorts in der Region Kesrouane
brachten, sowie in zunehmender Zahl auchTouristen aus westlichen Ländern begannen, private Strände und jene Küstenhote lszu frequentieren, welche libanesischeInvestoren zunächst an den Sandsträndenunmittelbar südlich von Beirut err ichtethatten. Ende der 1960er Jahre entwickeltesich dann die Küste der Region Kesrouane(vgl. Abb. 3) zu einem zweiten Zentrum desBadetourismus (Glasze 1999).
Bewachte Ferienwohnanlagenals Zufluchtsort im BürgerkriegDer libanesische Bürgerkrieg seit 1975, indem neben verschiedenen libanesischenGruppen auch die syrische und die israe lische Armee sowie palästinensische MilizenKriegsparteien waren, endete erst nach 16Jahren. Dabei wechselten sich relativ ruhige und stabile Phasen mit immer neuen"Runden" des Krieges ab. In unterschiedlichen Phasen waren fast alle Regionen desLandes von Kämpfen betroffen - vor allemaber Beirut und der Südlib anon. Dabeiblieb die Küste des Kesrouane weitgehendvon kriegerischen Auseinandersetzungenverschont. Insbesondere wohlhabendechristliche Familien aus Beirut begannendeshalb, die Strandhotels in der von christlich-konservativen Milizen kontrolliertenRegion Kesrouane als exklusiven Zufluchtsort zu nutzen.
Glasze 2000
_ sonst. Siedlung
Landwirtschaft
~Mittelmeer
Aufschüttung
DieEigentümer der Hotels reagierten aufden Nutzungswandel: Sie bauten die Hotelzimmer in Apartments um und verkauftendiese. Hotelanlagen, die sich Mitte der1970er Jahre im Bau befanden, wurden alsFerienwohnanlagen fertig gestellt, die auchpermanent bewohnt werden können. NeueProjekte folgten dem erfolgreichen Modell.Während des Bürgerkrieges entstanden ander Küste des Kesrouane 14 solcher Strandressorts nach einem weitgehend einheitlichen Muster: mehrere Gebäude mit insgesamt jeweils 50 bis 800 zumeist kleinerenApartments, in wenigen Fällen auch mitBungalows oder Villen. Alle Ressorts bietenWach- und Hausmeisterservice sowie diverse Sporteinrichtungen wie Tennisplätze,Fitnessrä ume, Schwimmbäder, an der Küste zum Teil auch kleine Yachthäfen (vgl.Abb. 4 ).
Die Investoren profitierten davon,dass die Milizen die staatliche Autoritätverdrängt hatten und die öffentliche Bauaufsicht ausgefallen war. Einerseits konnten viele Bauherren die Fläche ihrer Projekte daher durch illegale Aufschüttungen insMeer vergrößern und auf diese Weise denKüstensaum und den Zugang zu vormalsöffentlichen Stränden privatisieren. Andererseits sicherten die christlich-konservativen Milizen in ihrem Herrschaftsbereichweitgehend stabile Rahmenbedingungenfür Investitionen. Die Führer der Milizen
Schwimmbad
c::::::=J Sandstrand
o Basketballfeld
[TI Tennisplatz
50 100 150 200 250mo
Strandresort
_ Apartmentgebäude
_ Läden_ Grünanlagen
el-Sheikh. Doch bieten die meisten Hotelsbesonders in den Sommermonaten, wennes westlichen Touristen am Roten Meer zuheiß ist, extrem niedrige Übernachtungspreise für einheimische Gäste an, um soden Auslastungsgrad zu erhöhen. Von diesen Sonderangeboten machen immer mehrÄgypter Gebrauch und lernen dabei auchdas höchst attraktive Angebot an touristischen Einzelhandels- und Vergnügungseinrichtungen schätzen. Inzwischen verleiht - nach Ansicht der Oberschicht inKairo - ein Ferienaufenthalt in El-Counaoder Na' arna Bayden höchsten Prestigegewinn im Vergleich zu allen anderenägyptischen Urlaubsdestinationen.
Als Konsequenz erfreuen sich dortnicht nur die Hotels steigender Buchungendurch einheimische Touristen, sondernauch die Nachfrage nach komfortablenFerienresidenzen für reiche Ägypter steigtrasch an. Für sie sind mittlerweile zahlreiche Villen- und Apartmentanlagen innerhalb oder am Rande von Projekten für deninternationalen Tourismus im Bau oderbereits fertig gestellt.
Sommerfrische im Libanongebirgeund an der libanesischen Küste
Mitdem wirtschaftlichen Aufschwung nachdem Ersten Weltkriegbegannen wohlhabende Beiruter, Villen in den nahe gelegenenOrten im Libanongebirge zu errichten - vielfach in den Dörfern, aus denen ihre Familien Ende des 19. und Anfang des 20. Ihs.nach Beirut zugewandert war. Die heißenund schwülen Sommermonate verbrachtedie libanesische Bourgeoisie in der Sommerfrische. In den 1920er Jahren entdecktenAngehörige der städtischen Oberschicht ausÄgypten, Palästina, dem Irak und Syrienebenfalls die Dörferdes Libanongebirges alsUrlaubsort für die Sommermonate. Und abden 1960er Jahren ermöglichte es der wirtschaftliche Aufschwung in der Golfregionauch einer rasch wachsenden Zahl vonFamilienaus Kuwait, Saudi Arabien undden Emiraten, die Sommermonate in Hotels,möblierten Apartments oder eigenen Villenin der libanesischen Sommerfrische zu verbringen. Die Gebirgsdörfer im Osten vonBeirut wurden so zur Sommerfrische-Destination der städtischen Oberschicht desgesamten arabischen Nahen Ostens.
Der Tourismus an der libanesischenKüste begann anders als in Ägypten erstin den 1960er Jahren eine größere Rolle zuspielen (vgl. Ritter 1974). Nicht zuletzt dieEinführung von Klimaanlagen machte denAufenthalt an der Küste jetzt attraktiver.Luxushotels in Beirut wurden zum Zieleiner neuen Generation von Golf-Arabern,die Beirut vor allem aufgrund des größerenAngebots an Vergnügungseinrichtungengegenüber den Orten im Gebirge bevorzugten. Die westlich orientierte Oberschichtaus Beirut und Auslandslibanesen, die denSommerurlaub in ihrem Herkunftsland ver-
Geographische Rundschau 55 (2003) Heft 4 61
Bewachte Ferienwohnanlagen - Neue Zieledes Binnentourismus in Ägypten und Libanon
Zu der Zeit als Sie sich entschieden zu kaufen oder zu mieten, welche Rolle spielte:
* Unterschied ist signifikant (Signifikanzniveau 5%)
FazitEin Vergleich von Ägypten und Libanonzeigt, dass sich seit den 1970er Jahrenunter den Angehörigen der städtischenOberschicht in beiden Ländern der Trenddurchgesetzt hat, die Sommerfrische abgeschirmt von der übrigen Bevölkerung inbewachten Feriensiedlungen zu verbringen. Gefördert wurde diese Entwicklungin Ägypten durch staatliche Planung underhebliche Subventionen, im Libanon durchdie zusätzliche Funktionen dieser Siedlungen als Zufluchtsorte während des Bürgerkrieges.
Ferienwohnung zum Arbeitsplatz zu pendeln. Bis Mitte der 1990er Jahre nahm dieAuslastung der Resorts in den Sommermonaten zu (vgl.Abb. 6). Nicht zuletzt dieNachfrage von Libanesen, die während desKrieges das Land verlassen hatten und jetztzumindest einen Zweitwohnsitz, einenpiedsa terre für die Sommermonate suchten, führte dazu, dass die Preise für Apartments um die Hälfte stiegen. Die Schwerpunkte der Entwicklung neuer Resortsverlagerten sich dabei in das Umland vonTripoli und Beirut. Nachdem die innereSicherheit sowie die wichtigsten Verkehrswege wieder hergestellt waren, profitierenStandorte in der Nähe der städtischen Zentren von der guten Erreichbarkeit.
Ebenso wie in Ägypten stagniert seitMitte der 1990er Jahre die Entwicklungder Ressorts. In der anhaltenden Wirtschaftskrise sahen sich zahlreiche Familien gezwungen, ihre Zweitwohnung zu verkaufen - vor allem angesichts der hohenNebenkosten. In vielen Fällen kam es wegen ausstehender Nebenkostenzahlungenzu Konflikten innerhalb der Eigentümergemeinschaft. Teilweise fehlt den Verwaltungen inzwischen Geld, um das Serviceniveau aufrecht zu erhalten, so dass sich derZustand von Gebäuden, Grün- und Freizeitanlagen deutlich verschlechterte. Zudembieten neue bewachte Apartmentanlagen,die in den 1990er Jahren in den suburbanen Höhenlagen um Beirut und Tripolientstanden sind, vergleichbare Annehmlichkeiten wie die Resorts. Die überwiegend jungen Familien, die dort eine Wohnung gekauft haben, verzichten daherzumindest vorläufig auf den Kauf einesZweitwohnsitzes. Die Konsequenz: Von1995 bis 2000 sanken die Preise in denResorts durchschnittlich um mehr als einViertel.
Die Errichtung neuer Strandresorts wirdneben der schwachen Nachfrage auch durchdie Auseinandersetzungen um die Nutzungdes öffentlichen Küstenstreifens gehemmt.Die in der Nachkriegszeit erstarkte Umweltschutzbewegung vermochte gegen die Planung von mehreren neuen Strandressortssoviel öffentlichen Widerstand zu organisieren, dass die Regierung sich gezwungensah, die Baugenehmigung zu verweigern.
Entwurf Glasze
chen (vgl.Abb. 5). Nicht zuletzt bot dasintensive Gemeinschaftsleben in den Resorts zusätzlichen Rückhalt während derKriegsjahre.
Ende der 1980er Jahre, als die Präsenzsyrischer Truppen im Nordlibanon einegewissen Stabilität garantierte, entstandennach den Vorbildern im Kesrouane auchim Nordlibanon mehrere Strandresorts, dievor allem von der sunnitischen Bourgeoisieaus Tripoli nachgefragt wurden.
Vom Zufluchtsort zumZweitwohnsitz - Resortsim NachkriegslibanonMit dem Ende der Kämpfe im Jahr 1991verloren die Resorts ihre Funktion alsZufluchtsort. Die Besitzer kehrten zumeistin die Region Beirut zurück und nutzenihre Apartments nur noch als Zweitwohnsitz für die Sommermonate - in der Regelvon Juni bis September. Für viele wohlhabende Familien aus Beirut und Tripolihaben die bewachten Ferienwohnanlagendie traditionelle Sommerfrische in den Dörfern im Gebirge ersetzt. In der Regel ziehtdabei die ganze Familie für mehrere Monate in ein Resort, das nicht mehr als 30 kmvom Hauptwohnsitz entfernt liegt. Auf diese Weise ist es möglich, täglich von der
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E ""h d d B"" kri zeitweise auch EWS im bW; n= 69rstnutzung wa ren es urger neges auschließlich ZWS im bW; n= 77
Erstnutzung nach dem Bürgerkrieg Erstwohnsitz im Libanon; n=174Erstwohnsitz im Ausland; n=41
Abb..5: Zuzugsmotivation in libanesische Ferienwohnanlagen
die Schönheit der Landschaft?
die Möglichkeit für Kinder zu spielen?
die Ruhe im Wohnkomplex?
die Sauberkeit im Wohnkomplex?
der Schutz vor Kriminalität?
der Schutz vor politischen Unruhen?
die sichere Stromversorgung?
die sichere Wasserversorgung?
die Möglichkeiten für Freizeitaktivitäten?
unterstützten die Immobilienprojekte, dasie Abgaben von den Bauherren erhieltenund zusätzlich eine "Steuer" von den Wohnungskäufern verlangen konnten. Mit demBau der Strandresorts im Kesrouane wurden während des Bürgerkriegs hohe Renditen erzielt, so dass mehrere Investoren daserfolgreiche Konzept bewachter und weitgehend autarker Ferienwohnanlagen auchauf die Gebirgsregionen des Kesrouaneübertrugen.
Die große Nachfrage im Kesrouane warneben der Suche nach einem sicheren Zufluchtsort auch dadurch bedingt, dass zahlreiche Beiruter Familien infolge des vorausgegangenen Wirtschaftsbooms sowieder Transferzahlungen libanesischer Gastarbeiter aus den Golfstaaten über genügend Kapital für eine zweite Wohnungverfügten. Der Kauf eines Apartments ineinem Ressort verhieß die Möglichkeit,die Immobilie auch nach einem Ende derKämpfe als Zweitwohnsitz zu nutzen undstimmte mit dem etablierten, prestigeträchtigen Muster des Erwerbs einer Sommerresidenz überein. Vorteile der Resortswaren zudem die weitgehend autarke Versorgung mit Wasser und Energie auf derBasis eigener Brunnen, großer Wassertanks und Generatoren sowie der Schutz,den Umzäunung und Bewachung verspra-
die Hausmeisterdienste?
das gute Klima?
•••62 Geographische Rundschau 55 (2003) Heft 4
Im Vergleich zu einem Apartment bzw.Villa außerhalb spricht für eine Ferienresidenz innerhalb eines Resorts zum einen,dass Service und Einrichtungen als clubgoods (Comes und Sandler 1993) gemeinschaftlich finanziert werden und so beispielsweise ein umfangreiches Freizeitangebot wie Sportkurse und Animationfür Kinder realisiert werden kann (vgl.Abb. 5). Zum anderen ist der Besitz einesApartments oder einer Villa in einem derResorts ein weithin akzeptiertes Mittelder sozialen Distinktion. Der von Bourdieubeschriebene "Club-Effekt" (1991) verschafft den Eigentümern in den Resortseinen Prestigegewinn.
Der Boom bei der Errichtung neuerFerienwohnanlagen an der NordwestküsteÄgyptens und an der Küste des Kesrouanehielt so lange an, wie die städtischen Elitenüber genügend Kapital verfügten und alternative Investitionsmöglichkeiten fehlten.Dies änderte sich in der zweiten Hälfte der90er Jahre, als sich in beiden Ländern diewirtschaftliche Lage verschlechterte undgleichzeitig attraktive Immobilienprojektein größerer Nähe zur Hauptstadt angebotenwurden. Das Ergebnis für die bisher favo-
risierten aber relativ peripher gelegenenResorts ist eine qualitative Entmischung:Während sich hochwertige Ferienwohnanlagen noch behaupten können, sind Verfallstendenzen in den schlechter ausgestatteten Resorts unübersehbar.
Dass der jüngste am Roten Meer umsich greifende Trend zu Großprojekten miteiner Kombination von Ferienresidenzenfür die einheimische Oberschicht undHotels für den internationalen Tourismusauch im Libanon Nachahmung finden wird,scheint eher unwahrscheinlich angesichtsder dort relativ geringen Bedeutung desinternationalen Badetourismus. I11III
Autoren
Dr. Georg Glasze. geb. 1969E-Mail: [email protected]/Forschungsschwerpunkte:Sozialgeographische Stadt-, Umwelt- und Tourismusforschung. Deutschland, Frankreich, Libanon
Prof. Dr. Günter Meyer, geb. 1946E-Mail: [email protected]/Forschungsschwerpunkte:Stadt-, Wirtschafts- und Sozialgeographie in Ägypten,Jemen, Syrien und den neuen Bundesländern
Zentrum für Forschung zur Arabischen Welt (ZEFAW),Geographisches Institut, Universität Mainz, 55099 Mainz
LiteraturBourdieu, P.: Physischer, sozialer und angeeigneterphysischer Raum. In: M. Wentz (Hrsg.): Stadt-Räume.FrankfurtjMain und New York 1991, S. 25-34
Coie, P.D. und S. Altorki: Bedouin, Settlers and HolidayMakers. Egypt's Changing Northwest Coast. Cairo 1998
Games, R. und T. Sandler: The Theory of Externalities,Public Goods, and Club Goods. Cambridge 1993
Glasze, G.: Vom Touristenziel ersten Ranges ins Abseits?Entwicklung des Tourismus im Libanon. Beiruter Blätter6/7 (1999) S. 84-95
Ders.: Die fragmentierte Stadt. Ursachen und Folgenbewachter Wohnkomplexe im Libanon. Opladen 2003(Stadtforschung aktuell 89)
Meyer, G.: Tourismus in Ägypten - Entwicklung undPerspektiven im Schatten der Nahostpolitik.Geographische Rundschau 48 (1996) S. 97-103
Müller-Mahn, D.: Die Aulad cAli zwischen Stamm undStaat: Entwicklung und sozialer Wandel bei den Beduinenim nordwestlichen Ägypten. Berlin 1989 (Abhandlungen Anthropogeographie, Bd. 46)
Ritter, W: Tourism and Recreation in the Islamic Countries. In: J.Matznetter (Hrsg.): Studies in the Geographyof Tourism. Frankfurt 1974, S. 273-281 (FrankfurterWirtschafts- und Sozialgeographische Schriften 17)
Steiner, G.: Ausländische Direktinvestitionen in denTourismussektor Ägyptens und die Strategien multinationaler Unternehmen. Mainz 2002 (Diplomarbeit am Geographischen Institut der Johannes Gutenberg-Universität)
Auslastung
80%,-------------------------------,
Gated Holiday Resorts -New Destinations of DomesticTourism in Egypt and Lebenon
by GeorgGlasze and GünterMeyer
Inthe 1980es gated holiday resortswith controlled access and surroundedby high walls started to mushroomalong the northwest coast of Egypt.220 "tourist villages"with more than300000 villasand apartments werebuilt or are still planned. Most of theseaccommodations belong to elite familiesfrom Cairo and are used less than twomonths during the summer holiday, Asimilar development was observed inLebanon during the civil war whenbeach resorts were established alongthe coast of the Kesrouane, an areacontrolled by Christian militia. Theresorts offered shelter and an excellentinfrastructure which attracted manyChristian families from war ridden Beirut.The settlements turned out to be soprofitable investments that furtherresorts were established at the beachfront and in the mountains even afterthe civil war. The boom of these gatedresorts in Egypt and Lebanon came toan end in the late 1990es when newattractive investment opportunities inluxury housing and holiday resorts wereoffered closer to the national metropolis.
19991998199719961995
Quelle:Unterlagen derVerwaltungdesStrandresorts RimalEntwurf: G/asze
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Foto 4: Wasserballturnier mit Mannschaften verschiedener libanesischer Strandresorts
Geographische Rundschau 55 (2003) Heft 4 63