Notizen zur Vorlesung Mathematik für Materialwissenschaftler I 1
Kapitel 3
Kapitel 3:
Aus der Natur und Technik: Funktionen
Der Funktionsbegriff Mathematisch
Polynome
Rationale Funktionen
Trigonometrische Funktionen
Inverse Funktion
Exponentialfunktion und Logarithmus
Notizen zur Vorlesung Mathematik für Materialwissenschaftler I 2
Eine Funktion f weist jedem Element einer Definitionsmenge A (einem "x-Wert") genau ein
Element einer Zielmenge B (einen "y-Wert") zu. Eine Funktion hat demnach die explizite
Eigenschaft:
Jedem x-Wert aus dem Definitionsbereich wird genau ein y-Wert zugeordnet.
Oft kann man eine Zuordnungsvorschrift angeben, man nennt sie Funktionsgleichung.
Funktionsbegriff Mathematisch
Definition 3.1 einer Funktion (Mengentheoretisch):
Eine Funktion von der Menge A in die Menge B ist eine Menge f, die die folgenden
Eigenschaften hat:
• f ist eine Teilmenge von A × B (kartesisches Produkt), also eine Menge von Paaren (a, b),
wobei a in A und b in B gilt.
• zu jedem Element a von A gibt es genau ein Element b von B (geschrieben f(a)), so dass das
Paar (a,b) Element von f ist.
Menge A Menge B Definitionsmenge Zielmenge
Notizen zur Vorlesung Mathematik für Materialwissenschaftler I 3
Alternativ: Oft möchte man aber auch die Wertemenge B explizit Teil der Funktion machen, und
definiert: Ein Tripel f = (A, B, R) bestehend aus zwei Mengen A und B sowie einer Relation R A × B heißt Funktion
von A nach B, wenn gilt: zu jedem Element a von A gibt es genau ein Element b von B (geschrieben f(a)), so
dass das Paar (a,b) Element von R ist. Eine Funktion ist also durch ihren Graphen R und die Angabe der
Menge B bestimmt.
Funktionsbegriff Mathematisch
Daneben gibt es noch den Begriff partielle Funktion, der besonders in der Informatik verwendet wird. Hier wird nicht verlangt, dass jedem Argument ein
Wert zugeordnet wird, es wird lediglich verlangt, dass es höchstens einen zugeordneten Wert gibt. Dies ist keine Funktion im hier definierten Sinne; solche
heißen in diesem Kontext totale Funktion.
Schreib- und Sprechweisen:
statt der Teilmengenschreibweise aus der Mengenlehre: BAf
spricht man “Funktion f von A nach B” und schreibt: BAf :
statt der Elementschreibweise aus der Mengenlehre fyx ),(
schreibt man: f(x) yxfxf oder )(:
Sprechweisen: „x wird abgebildet auf f von x“
„x wird f von x zugeordnet“
„y ist f von x“
„y ist das Bild von x unter der Abbildung f“
Die Definitionsmenge A wird auch Definitionsbereich oder Domain genannt. Die Elemente von A heißen
Funktionsargumente, salopp auch „x-Werte“ (unabhängige Variable), die Zielmenge B wird auch Codomain
genannt, die Elemente von B heißen salopp auch „y-Werte“. Funktionswerte heißen dagegen nur diejenigen
Elemente von B, die tatsächlich als Bild eines Arguments auftreten. (Bild- und Urbildmenge)
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Allgemeine Eigenschaften:
Eine Funktion ist injektiv, wenn jedes Element des Wertebereichs höchstens ein Urbild hat.
Sie ist surjektiv, wenn jedes Element des Wertebereichs mindestens ein Urbild hat.
Sie ist bijektiv, wenn sie injektiv und surjektiv ist, also wenn jedes Element des Wertebereichs genau ein Urbild hat.
Sie ist idempotent, wenn f(f(x))=f(x) für alle Elemente x des Definitionsbereichs gilt.
Sie ist eine Involution, wenn f(f(x)) = x für alle Elemente x des Definitionsbereichs gilt.
Eine zweistellige Funktion f heißt kommutativ, wenn f(x,y)=f(y,x) für alle x und y aus der Definitionsmenge gilt.
Funktionsbegriff Mathematisch
Das Bild (engl.: image) eines Elements x der Definitionsmenge ist einfach f(x).
Das Urbild eines Elements y der Wertemenge ist die Menge aller Elemente des Definitionsbereichs, deren
Bild y ist. Man schreibt f -1(y) = { x in A : f(x) = y }. Man sagt auch Faser von y.
Graphische Darstellung: Alle Punkte: (x,f(x)) werden in ein Koordinatensystem eingetragen
z. B.:
Definition 3.2 in diesem Zusammenhang
heißt die Menge:
A x|f(x))(x,G Graph von f
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Polynome
In der elementaren Algebra ist eine Polynomfunktion oder kurz Polynom eine Funktion P(x) der Form:
Polynome in der elementaren Algebra (“Schulmathematik”, reelle Zahlen):
Definition 3.3:
0
1
1
1
1
0
...)( axaxaxaxaxPn
n
n
n
n
i
i
i
wobei als Definitionsbereich für die Variable x jeder beliebige Ring in Frage kommt, z.B. ein Körper oder ein
Restklassenring. Meist werden aber die reellen oder die komplexen Zahlen genommen; man spricht dann auch
kurz von reellen bzw. komplexen Polynomen.
Die ai stammen aus dem Definitionsbereich und werden Koeffizienten genannt. Als Grad des Polynoms wird der
höchste Exponent n bezeichnet, für den der Koeffizient des Terms (Monom) anxn nicht null ist. Dieser Koeffizient
heißt Leitkoeffizient. Ist der Leitkoeffizient 1, dann heißt das Polynom normiert. Der Koeffizient a0 heißt
Absolutglied. a1x wird als lineares Glied bezeichnet, a2x2 als quadratisches Glied und a3x
3 als kubisches.
Polynome des Grades:
• 0 werden konstante Funktionen genannt (z. B. P(x) = -1).
• 1 werden lineare Funktionen genannt (z. B. P(x) = 3x + 5).
• 2 werden quadratische Funktionen genannt (z. B. P(x) = 3x² - 4x + 2).
• 3 werden kubische Funktionen genannt (z. B. P(x) = 4x³ - 2x² + 7x - 2).
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Polynome
• Der Fundamentalsatz der Algebra besagt, dass ein komplexes Polynom vom Grad n genau n komplexe
Nullstellen hat; dabei müssen Nullstellen entsprechend ihrer Vielfachheit gezählt werden, beispielsweise
hat das Polynom (x - 2)2 eine doppelte Nullstelle bei x = 2. Polynome lassen sich mit Hilfe des
Wurzelsatzes von Vietá in ein Produkt von Linearfaktoren zerlegen.
Vietá: Jedes (normierte) Polynom n-ten Grades mit Koeffizienten in den komplexen Zahlen lässt sich als
Produkt von n Linearfaktoren darstellen.
x1, x2, ..., xn sind die Nullstellen des Polynoms; auch wenn alle Koeffizienten a0, a1,... reell sind, können die
Nullstellen komplex sein. Nicht alle xi müssen verschieden sein.
• Gibt es ganzzahligen Nullstellen eines Polynoms mit ganzzahligen Koeffizienten, so sind dies Teiler des
Absolutgliedes.
• Die Nullstellen von Polynomen ersten, zweiten, dritten und vierten Grades lassen sich mit Formeln exakt
berechnen (z. B. pq-Formel), dagegen lassen sich Polynome höheren Grades nur in Spezialfällen exakt
faktorisieren.
• Polynome ungeraden Grades mit reellen Koeffizienten haben immer mindestens eine reelle Nullstelle.
Als Nullstellen oder Wurzeln eines Polynoms werden jene Werte von x bezeichnet, für die der Funktionswert
P(x) null ist. Sie sind also die Lösungen der Gleichung P(x) = 0. Ein Polynom über einem Körper (oder
allgemeiner einem Integritätsbereich) hat stets höchstens so viele Nullstellen, wie sein Grad angibt.
n
i
inn
n
n
n
nxxxxxxxxaxaxaxaxP
1
110
1
1
1
1......)(
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Interpolation
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Rationale Funktionen
Definition 3.4:
Quotienten von Polynomen: m
n
m
m
m
m
n
n
n
n
j
m
j
j
i
n
i
i
Q
P
bxbxbxb
axaxaxa
xb
xa
xq
xpxr
01
1
1
01
1
1
0
0
...
...
)(
)()(
r(x) heißt rationale Funktion
Sie wird auch gebrochen rationale Funktion genannt. Die Nullstellen einer solchen Funktion werden durch die
Nullstellen des Polynoms Pn im Zähler bestimmt. Sie ist nicht definiert, falls der Nenner Qm eine Nullstelle hat.
Für das Verhalten für x gegen Unendlich sind die Grade der Polynome entscheidend:
• Ist der Zählergrad größer als der Nennergrad, geht der Wert der rationalen Funktion gegen Unendlich mit x
gegen Unendlich.
• Ist der Zählergrad kleiner als der Nennergrad, so geht die Funktion gegen Null mit x gegen Unendlich.
• Sind die Grade gleich, so strebt sie asymptotisch gegen einen endlichen Wert
Ist das Nennerpolynom Qm vom Grad 0 , also m = 0, so spricht man von einer ganzrationalen Funktion.
Ist m > 0 , so handelt es sich um eine gebrochen rationale Funktion.
Ist m > 0 und n < m, so handelt es sich um eine echt gebrochen rationale Funktion.
Ist m > 0 und n >= m, so handelt es sich um eine unecht gebrochen rationale Funktion. Sie kann über
Polynomdivision in ein Polynom und eine echt gebrochen rationale Funktion aufgeteilt werden.
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Rationale Funktionen, Eigenschaften
Y
x
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Generell gilt:
Nullstellen von P -> Nullstellen von f
Nullstellen von Q -> Polstellen von f
Ausnahme: Nullstellen die sowohl zu P als auch zu Q gehören.
Rationale Funktionen: Nullstellen, Polstellen
Zugehöriger Linearfaktor kommt im Nenner öfter vor als im Zähler => an der Stelle ist eine Polstelle
Zugehöriger Linearfaktor im Nenner nicht öfter als im Zähler => an der Stelle ist eine Definitionslücke
Hebbare Singularität:
)1(
)()(
2
x
xxxr
Singularitäten mit und ohne Vorzeichenwechsel: z.B. : )(
1)(
42xx
xr
)8(
1)(
3x
xr
Singularitäten vom Typ “0/0” ?
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Singularitäten allgemein: L’Hospital
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Rationale Funktionen: Asymptote
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Trigonometrische Funktionen
Ursprünglich sind die Winkelfunktionen als
Seitenverhältnisse in rechtwinkligen
Dreiecken und daher nur für Winkel von 0 bis
90 Grad definiert:
also:
inβ αcosβcosαsinβ)αsin(
inβ αsinβcosαcosβ)αcos(
)θ(in- )θsin( ),θcos()θcos(
1)θ(cos)θ(sin22
s
s
s
Definition 3.5 der trigonometrischen Funktionen am
Einheitskreis:
Beweis z.B.: http://mo.mathematik.uni-stuttgart.de/inhalt/erlaeuterung/erlaeuterung38/
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θsinθcos2θ2sin
θsin-θcosθ2cos
)θcos()2
πθ(in ),θsin()
2
πθcos(
)θsin()πθ(in ),θcos()πθcos(
22
s
s
Weitere Beziehungen
Spezielle Punkte: Nullstellen Polstellen:
definiertnicht ,π/2)(n πtan ; 0 ) tan
0π/2)cos(n π ) sin n
(n π
(n π
Analytische Definition über Taylerreihe!
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Umkehrfunktion, Inverse Funktion
Bei der Weg-Zeit Darstellung wird typischerweise der Ort als Funktion der Zeit angegeben x(t). Oft ist jedoch auch
die umgekehrte Frage wichtig: Wann war er/sie/es an einem bestimmten Ort, t(x)?
Definition 3.6:
(siehe unten)
Siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Umkehrfunktion
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Umkehrfunktion, Inverse Funktion
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Der Begriff Komposition bedeutet in der Mathematik meist die Hintereinanderschaltung von Funktionen, auch
als Verkettung oder Hintereinanderausführung bezeichnet.
Der Begriff Komposition kann von Funktionen auf Relationen und partielle Funktionen verallgemeinert werden.
Die Darstellung einer Funktion als Verkettung zweier oder mehrerer, im allgemeinen einfacherer Funktionen
ist zum Beispiel in der Differential- und Integralrechnung wichtig, wenn es darum geht Ableitungen mit der
Kettenregel oder Integrale mit der Substitutionsregel zu berechnen.
Komposition, Verkettung
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Unter dem Logarithmus (griech.: logos = Verständnis, arithmos = Zahl) versteht man in der Mathematik das
Ergebnis der Auflösung der Gleichung
y = ax
nach der Unbekannten x, geschrieben als
x = loga(y).
Logarithmus
Der Logarithmus (zur Basis a) einer Zahl y ist also
derjenige Exponent x, mit dem man die Basis a
potenzieren muss, um die Zahl y zu erhalten.
Die Logarithmusfunktion ist die Umkehrfunktion der
Exponentialfunktion; sie kann zum Auffinden der Werte zur
Auflösung obiger Gleichung herangezogen werden. Für
jede vorgegebene Basis (oder Grundzahl) a>0, ergibt sich
dabei eine andere Logarithmusfunktion loga.
Den Funktionswert loga(y) nennt man den Logarithmus von y zur Basis a. Das Argument y heißt
Logarithmand, gelegentlich auch Numerus.
Im Sprachgebrauch wird häufig die Logarithmusfunktion selbst auch kurz als Logarithmus bezeichnet.
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Rechnenregeln
Basisumrechnung: Um Logarithmen zur Basis b mithilfe von Logarithmen einer beliebigen Basis a zu
berechnen, verwendet man den Zusammenhang:
Produkte: yxxyaaa
logloglog
Quotienten: yxy
xaaa
logloglog
Potenzen: xrxa
r
aloglog
Wurzeln: xn
xxa
n
a
n
alog
1loglog
1
Eine logarithmische Spirale ist eine Spirale, die mit jeder Umdrehung den Abstand von ihrem Mittelpunkt, dem
Pol, um den gleichen Faktor vergrößert. In umgekehrter Drehrichtung schlingt sich die Kurve mit
abnehmendem Radius immer enger um den Pol. Jede Gerade durch den Pol schneidet die logarithmische
Spirale stets unter dem gleichen Winkel. Wegen dieser Eigenschaft spricht man auch von einer
gleichwinkligen Spirale. Die sogenannte Goldene Spirale ist ein Sonderfall der logarithmischen Spirale...
Nautilus: logarithmische Spirale
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Excurs: Schwingungen
Schwingungen, Gedämpfte Schwingungen, erzwungene Schwingungen
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Exponentialfunktion
Mathematische Definition 3.7 der Exponentialfunktion zur Basis e von . Sie
kann auf den reellen Zahlen auf verschiedene Weise definiert werden. Zwei
Möglichkeiten sind:
Definition als Potenzreihe, genannt Exponentialreihe:
Definition als Grenzwert einer Folge mit :
Die Konvergenz der für die Definition der Exponentialfunktion verwendeten Reihe
lässt sich für alle x mit dem Quotientenkriterium zeigen:
Sei eine unendliche Reihe mit den Summanden an gegeben. Ist nun
, dann konvergiert die Reihe S absolut. Existiert ein Grenzwert, so
(supremum=“sup” ist definiert als die kleinste obere Schranke einer Menge) wird eine Folge als konvergent bezeichnet, ansonsten als divergent.
101
lim
!
)!1(limlim;
!
1
1
n
x
n
x
n
x
a
a
n
xa
nn
n
nn
n
n
n
nErweiterung: