Stolperchancen II
Schulleitungen berichten von Perspektiven. Bundesweit.
Schule. Vielfalt. Potenziale.
„Stolperchancen“ geht in die zweite
Runde und wir, Antonietta Zeoli und
Luigi Giunta, freuen uns, in Zusammen-
arbeit mit den Kollegien, die an der
Realisierung dieser neuen Auflage mitgewirkt
haben, die „Chance“ zu bieten, neue Perspektiven
interkulturellen Schullebens aufzuzeigen. Mut
zur Vielfalt bedeutet auch, das Wagnis innovativer
Schulkultur einer inklusiven Schule einzugehen.
Mit „Stolperchancen II“ möchten wir, im Gespräch mit
Schulleitern verschiedener Bundesländer, auf mutige Wege in der
Schulentwicklung aufmerksam machen.
Wir wollen als Lehrkräfte
und Landeskoordination in
Nordrhein-Westfalen zeigen,
dass „Stolpern“ im Schulalltag
dazugehört. Die „Chancen“,
die sich daraus ergeben,
gilt es zu entdecken.
Viel Spaß beim Lesen!
Drei Sätze vorweg
Vernetzung für die ZukunftHinweis: Zur besseren Lesbarkeit haben wir auf die zusätzliche Nennung der weiblichen Form verzichtet, selbstverständlich sind mit Lehrern auch immer Lehrerinnen gemeint, mit Schülern auch Schülerinnen usw.
Für den Inhalt der Textbeiträge sind die Autoren verantwortlich.
Schulentwicklung im Zeichen kultureller Vielfalt – wie
Schulleitungen und Lehrkräfte gemeinsam in die Zukunft gehen,
zeigt die neue „Stolperchancen“-Broschüre. Durch Einblicke
in verschiedene Bundesländer möchte die Publikation zum
übergreifenden Erfahrungsaustausch beitragen
und anregen. Der Cornelsen Verlag freut sich,
das Engagement mit dem Netzwerk der
Lehrkräfte mit Zuwanderungsgeschichte
in Nordrhein-Westfalen fortzusetzen.
Impressum
Kontakt über:Hauptstelle RAA Nordrhein-WestfalenDr. Antonietta P. ZeoliE-Mail: [email protected]
Redaktion und Kontakt:Cornelsen Verlag Judith Krieg, Abteilung Presse- und ÖffentlichkeitsarbeitMecklenburgische Straße 53, 14197 BerlinE-Mail: [email protected]
Layout und Herstellung:Cornelsen Verlag, WerbeabteilungMecklenburgische Straße 53, 14197 Berlinwww.cornelsen.de
Fotos von:Michael MietheOstpreußendamm 177, 12207 BerlinTelefon: 030/768 86 949E-Mail: [email protected](Titel, S. 3, 8, 9, 12, 13, 16, 17, 22, 23, 26, 27, 30, 31, 34, 35)
Yaman CommunicationsOskar-Hoffmann-Str. 25, 44789 BochumTelefon: 0234/58 87 404Telefax: 0234/58 87 406E-Mail: [email protected] (Titel, S. 3, 4, 6, 7, 10, 11, 14, 15, 18, 19, 24, 25, 28, 29, 32, 33, 29)
3
Dimensionen der interkulturellen Öffnung von Schule
Dieses spezifische Potenzial kommt aber nur dann
erfolgreich zum Tragen, wenn die Lehrkräfte mit
Zuwanderungsgeschichte in ihrem alltäglichen
pädagogischen Handeln die notwendige
Unterstützung erfahren. Es muss selbstverständlich
betont werden, dass interkulturelle Pädagogik eine
Aufgabe aller Lehrkräfte ist und nicht an eine spezielle
Gruppe delegiert werden kann.
Die Arbeit der Lehrkräfte mit Zuwanderungs-
geschichte muss zudem eingebunden werden in
einen Gesamtprozess der interkulturellen Öffnung von
Schule, der sich in den Dimensionen von Personal-,
Organisations- und Unterrichtsentwicklung vollzieht.
Eine besondere Rolle bei dieser Unterstützung kommt
hierbei vor allem den Schulleitungen zu.
Die Beiträge dieses Heftes zeigen eindrucksvoll, dass
Schulleitungen dieses wichtige Potenzial zu würdigen
wissen und gezielt für die interkulturelle Öffnung der
Schule einsetzen.
Edwin Stiller,
Referent für Grundsatzfragen der Lehrerausbildung
Ministerium für Schule und Weiterbildung,
Nordrhein-Westfalen
Das spezifische Potenzial der Lehrkräfte mit Zuwanderungsgeschichte
Viele Lehrkräfte mit Zuwanderungsgeschichte
bringen, so die Einschätzungen internationaler
und nationaler Expertinnen und Experten, ein
zuwanderungsspezifisches kulturelles und soziales
Kapital mit in den Lehrerberuf, das sie durchaus von
„urdeutschen“ Lehrkräften unterscheidet.
Ihre eigene oder auch familiäre Zuwanderungs-
biografie gibt ihnen die Energie des Aufbruchs,
ihr überwiegend harter Weg zum schulischen und
beruflichen Erfolg prägen ihr Improvisationsvermögen,
ihre Selbstdisziplin und ihren Durchhaltewillen.
Professionell verbinden sie mit dem Lehrerberuf in
vielen Fällen die „Mission“, zur Veränderung von
Schule beizutragen und Zuwandererkinder gezielt
zu unterstützen. Dies ist auch ein Grund dafür, dass
sich dem nordrhein-westfälischen Netzwerk der
Lehrkräfte mit Zuwanderungsgeschichte in kurzer Zeit
über vierhundert Kolleginnen und Kollegen aus allen
Schulformen und Landesteilen angeschlossen haben.
Dabei ist es wichtig zu betonen, dass die Beteiligung
am Netzwerk ein freiwilliger Akt ist. Es erfolgt also
eine Selbstverpflichtung in professioneller Hinsicht,
ein bewusstes Aufnehmen der Rolle als Lehrkraft
mit Zuwanderungsgeschichte.
Der Beitrag von Lehrkräften mit Zuwanderungs-
geschichte zur interkulturellen Öffnung der Schule
Eine Vorbemerkung
4 5
• 942 Schüler, 143 davon haben nicht die Staatsangehörigkeit ‚deutsch’ • 91 Lehrkräfte, sieben davon mit Migrationshintergrund• DasSchulprofil: Heterogenität als Chance und Bereicherung;
Jahrgangsteams; Individuelle Förderung; Gesunde Schule; 60’-Rasterwww.gesamtschule-rosenhoehe.de
Tätigkeit als Sozialarbeiterin entschei-
dend. Natürlich sah ich die Chance,
dass du, da du aus Istanbul stammst
und die Facetten der eigenen Herkunfts-
kultur kennst, den Schülern diese
differenzierte Sichtweise vermitteln
kannst.
Die Förderung der Muttersprache ist
im Laufe der Zeit in den Hintergrund
getreten. Wichtig ist, dass die Mutter-
sprachenlehrer auch gut Deutsch
können. Wir haben jetzt eine neue
Türkischlehrerin, die das erfüllt.
Der Vorbildcharakter der Lehrkräfte
mit Migrationshintergrund ist für alle
Kinder und Jugendlichen sehr wichtig.
Diese Lehrkräfte zeigen, dass sie es mit
Unterstützung der Eltern, womöglich
der Institutionen, geschafft haben,
erfolgreich zu sein.
Ihre Tätigkeit als Mathelehrer, als
Englischlehrer usw. soll auch gegenüber
den Eltern als eine Selbstverständlichkeit
deutlich werden.
Konntest du mit der wachsenden
Vielfalt im Kollegium und/oder in
der Schülerschaft Veränderungen
beobachten?
Es gab keine negativen Auswirkungen,
fast keine Abgrenzungen untereinander.
Gibt es besondere Projekte im
Bereich der Interkulturalität an
unserer Schule?
Wir veranstalten ein „Sommerfest
der Kulturen“, mit internationalen
Spielen, Speisen und Getränken. Und
dann haben wir natürlich Ansätze für
Interkulturalität in allen Fächern. Der
Religionsunterricht bietet beispielsweise
eine gute Möglichkeit, indem wir neben
den christlichen auch andere Religionen
dieser Welt behandeln und auf damit
zusammenhängende Gebräuche,
Rituale, Feste eingehen. Die Kinder
mit Migrationshintergrund können
hierbei ihre Kenntnisse und Erfahrungen
einbringen. Unser Mensaangebot
berücksichtigt den religiösen Hinter-
grund der Kinder. Wir führen Klassen-
und Kursfahrten nach England,
Frankreich, Österreich, Spanien durch
und haben Kontakte zu Schulen in
Frankreich, Polen und Russland.
Welche Potenziale hast du in der
Einstellung von Lehrkräften mit
Zuwanderungsgeschichte gesehen
oder siehst du jetzt darin?
Bei deiner Einstellung beispielsweise
waren deine Fächer (Mathematik,
Englisch, Spanisch) und deine frühere
Allerdings gab es einmal einen
Konflikt zwischen einzelnen Schülern
mit türkischem und solchen mit
kurdischem Hintergrund. Ernste
Schwierigkeiten haben sich nicht
daran festgemacht. Im Gegenteil: der
Umgang im gegenseitigen Respekt
und die wechselseitig unterstützende
Kooperation haben sich bewährt und
sind bereichert worden um weitere
Facetten. Das gilt für Schüler, Kollegium
und auch die Elternschaft.
Manchen Eltern mit Migrationshinter-
grund muss allerdings noch mehr Mut
gemacht werden, teilzunehmen.
Welche Unterstützung durch andere
Institutionen würdest du dir für die
Weiterentwicklung des Unterrichts
wünschen?
Sprachunterricht für manche Eltern
wäre wichtig. Ich würde allerdings
keinen dazu zwingen. Durchgehende
Sprachförderung in allen Fächern,
Sprachtests, Förderunterricht: alles das
muss fortgesetzt und fortentwickelt
werden. Individuelle Förderung
kommt denen zu Gute, die das auch
annehmen.
Welche Visionen hast du für die
Zukunft der Schüler unserer Schule?
Den Vorschein einer besseren Welt an
dieser Schule leben, einer Welt ohne
Diskriminierung, in der Vielfalt nicht
als hinderlich erscheint, sondern als
Bereicherung für alle.
Wir müssen die Kinder und Jugend-
lichen spüren lassen, wie viel sie
können, und sie anhalten nicht
aufzugeben in ihrem Bemühen, sich
die Welt anzueignen und sich zu
engagieren.
Kulturell spezifische Codes, die einen
angenehmen Umgang miteinander
ermöglichen, sollten nicht versteckt,
sondern gelebt werden – so sind viele
Schüler mit türkischem Hintergrund
ausnehmend freundlich.
„Der Vorbildcharakter der Lehrkräfte ist sehr wichtig!“
Diderk Wirminghaus,
Schulleiter der Gesamtschule
Rosenhöhe seit 1997,
im Gespräch mit
Nilgün Isfendiyar
(türkischer Hintergrund),
Lehrerin für Mathematik, Englisch,
Praktische Philosophie und Spanisch.
Gesamtschule RosenhöheNordrhein-Westfalen (Bielefeld)
i
6 7
• 1900 Schüler aus mindestens 32 verschiedenen Staaten Migrantenanteil mindestens 35 %• 99 Lehrkräfte, drei davon mit Migrationshintergrund• DasSchulprofil: Fünf große Abteilungen: Berufsschule, Berufsfachschule, Fachoberschule, Berufliches Gymnasium, Fachschule für Sozialpädagogikwww.helene-weber-berufskolleg.de
Helene-Weber-BerufskollegNordrhein-Westfalen (Paderborn)
Andreas Czorny, OStD,
Schulleiter des Helene-Weber-
Berufskollegs seit November 2004,
im Gespräch mit
Andreas Prieb
(moldawischer Hintergrund),
Lehrer für Mathematik und Sport.
zu Deeskalation. Ich könnte mir
vorstellen, diesen Prozess in Zukunft
noch systematischer zu gestalten.
Ich bin mir sicher, dass die Schüler die
Kollegen mit Migrationshintergrund als
positive Vorbilder sehen, als jemanden,
der sich durch seinen Einsatz und
Willenskraft in eine Position gebracht
hat, die man selber als Schüler
anstreben möchte.
Bei dem Lehrereinstellungsverfahren
achten wir zunächst auf die
Qualifikation der Bewerber. Wenn wir
allerdings die Gelegenheit haben, bei
etwa gleicher Qualifikation Lehrer mit
Migrationshintergrund einstellen zu
können, nehmen wir dies gerne wahr.
Konnten Sie mit der wachsenden
Vielfalt im Kollegium oder in der
Schülerschaft Veränderungen
beobachten?
In den letzten Jahren ist zu beobachten
und positiv anzumerken, dass Sprach-
schwierigkeiten bei der wachsenden
Anzahl von Migranten stark abgenom-
men haben. Wenn sie auftreten, dann
in der Schriftsprache, so dass wir uns
bei der Förderung darauf konzentrieren.
Die Kollegen mit Migrationshintergrund
Gibt es besondere Projekte im Bereich
Interkulturalität an unserer Schule?
Konkrete Projekte haben wir noch
nicht. Da aber der Anteil an Schülern
mit Migrationshintergrund an unserer
Schule über 30% liegt, haben wir
2,5 Stellen zusätzlich bekommen, um
Integrationsarbeit zu leisten. Durch
diese Ressourcen können wir in Klassen,
die einen besonders hohen Anteil
an Migranten haben, zwei Lehrer
einsetzen und durch Teamteaching
viel sensibler auf Schwierigkeiten der
Schüler reagieren und insgesamt bei der
Integration intensiver helfen.
Welche Potenziale haben Sie in der
Einstellung von Lehrkräften mit
Zuwanderungsgeschichte gesehen
oder sehen Sie jetzt darin?
Bei den Lehrern mit Migrationshinter-
grund sehe ich nicht nur fachliches,
sondern vor allem fachübergreifendes
Potenzial. Gerade die Zweisprachigkeit
spielt für mich eine große Rolle: Wenn
die Schüler in ihrer Herkunftssprache
angesprochen werden und vor allem
von einem Kollegen, der ihre Kultur und
Umgehensweise richtig interpretieren
kann, führt es in Spannungssituationen
sind ein wichtiger Teil des Kollegiums.
Die zusätzlichen Facetten bereichern
das Kollegium sehr und tragen – was
heute nicht zu unterschätzen ist – zur
besseren Verteilung u. a. kultursensibler
Aufgaben und damit zur entspannten
Atmosphäre bei.
Welche Unterstützung durch andere
Institutionen würden Sie sich für die
Weiterentwicklung des Unterrichts
wünschen?
Leider ist zu beobachten, dass vor
allem bei männlichen Schülern mit
Migrationshintergrund die Abschluss-
quote noch relativ niedrig ist. Da sehe
ich noch Potenzial in der Elternarbeit.
Über das Bildungsbüro des Kreises
Paderborn versuchen wir, die Eltern
dieser Schüler stärker mit einzubinden.
Es sind bereits 12 sogenannte
Bildungsbotschafter unterschiedlicher
Herkunft in Kommunen unseres Kreises
aktiv. Diese Ansprechpartner erleichtern
den Informationsfluss enorm. So
werden die betreffenden Familien eher
in die Lage versetzt, die Chancen, die
das Schulsystem bietet, tatsächlich zu
nutzen.
Diese Angebote würde ich gern
vermehrt nutzen bzw. ausweiten.
Gegen negative Grundströmungen,
die manchmal im Elternhaus
vorherrschen, kann die Schule schwer
angehen. Da brauchen wir die
gemeinsame Anstrengung der Eltern,
Schulen und Kommunen, um tatsächlich
alle Schüler mit Migrationshintergrund
dazu zu bringen, ihre Möglichkeiten
auszuschöpfen.
Welche Visionen haben Sie für die
Zukunft der Schüler unserer Schule?
Die Zukunft arbeitet für uns. Da bereits
vor der Einschulung durch den Delfin-
4-Test darauf geachtet wird, dass
die Sprachkompetenzen vorhanden
sind, wird es in absehbarer Zukunft
hoffentlich so sein, dass alle Schüler
ihren Weg machen – egal aus welchem
Land und welcher Schicht sie kommen.
Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass
in 10–15 Jahren Statistiken über die
Entwicklung der Schüler mit und ohne
Migrationshintergrund unüblich sind …
Migration und Schulabschluss „Ich sehe Potenzial in der Elternarbeit.”
i
8 9
•Ca. 300 Schüler aus 35 Nationen (WSO)•48 Lehrkräfte, zur Zeit des Gesprächs drei mit Migrationshintergrund (WSO)•DasSchulprofil: Integration von Seiteneinsteigern und behinderten Kindernwww.wso-berlin.de
Hannelore Weimar,
Schulleiterin der Werner-Stephan-
Oberschule seit 2005,
im Gespräch mit
Mengü Özhan
(türkischer Hintergrund),
Lehrkraft für Chemie, Biologie und
Ethik; Koordinatorin des
Berliner Netzwerks für Lehrkräfte
mit Migrationshintergrund.
Werner-Stephan-Oberschule7. Integrierte Sekundarschule
Berlin (Tempelhof-Schöneberg)
um langfristig gegen jegliche Form
von Diskriminierung, insbesondere
Rassismus, vorzugehen.
„Schule ohne Rassismus – Schule mit
Courage” stellt keine Auszeichnung
für bereits geleistete Arbeit dar,
sondern bedeutet Selbstverpflichtung
für die Gegenwart und die Zukunft.
Das Vermitteln von Werten der
Interkulturalität in der Schule ist in
einer kosmopolitischen Stadt wie Berlin
unabdingbar. Unsere Schüler, die in
zwei Kulturen leben und aufwachsen,
brauchen starke, lebensnahe Vorbilder
in der Schule, an denen sie sich
orientieren können. Lehrkräfte mit
Zuwanderungsgeschichte vermitteln
Interkulturalität authentisch. Sie
stellen gelungene Lebensmodelle
für das erfolgreiche Zusammenspiel
zwischen Schulkultur und Integration
dar. Auch verfügen sie über ein
„Wer sich zu den Zielen dieses
Netzwerks bekennt, unterschreibt
folgende Selbstverpflichtung:
1. Ich werde mich dafür einsetzen,
dass es zu einer zentralen Aufgabe
einer Schule wird, nachhaltige und
langfristige Projekte, Aktivitäten
und Initiativen zu entwickeln, um
Diskriminierungen, insbesondere
Rassismus, zu überwinden.
2. Wenn an meiner Schule Gewalt,
diskriminierende Äußerungen oder
Handlungen ausgeübt werden,
wende ich mich dagegen und setze
mich dafür ein, dass wir in einer
offenen Auseinandersetzung mit
diesem Problem gemeinsam Wege
finden, uns zukünftig einander zu
achten.
3. Ich setze mich dafür ein, dass
an meiner Schule ein Mal pro
Jahr ein Projekt zum Thema
Diskriminierung durchgeführt wird,
besonderes Potenzial an interkultureller
Kompetenz durch ihre persönliche
Bildungsbiographie. Das wirkt sich
neben dem adressatenorientierten
Unterrichten und Beraten auch
im wirksamen Kommunizieren bei
Erziehungsfragen aus. Leider gibt es
nach wie vor zu wenig Lehrpersonal mit
Zuwanderungsgeschichte.
Ich selber bin in meiner Berufspraxis
stetig mit Veränderungen konfrontiert.
Meine Erfahrung ist, dass allein ein
erhöhter Anteil an Schülern und/
oder Lehrkräften mit vielfältigen
Zuwanderungsgeschichten eine
Schule nicht zwangsläufig verändern
muss. Letztlich ist es Offenheit für die
Arbeit mit Kindern und Jugendlichen,
die Veränderungen schafft. Durch
beständiges Interesse und aktive
Auseinandersetzung mit den zu
lösenden pädagogischen Aufgaben
kommen wir unserem wichtigsten
Bildungsziel näher: in Selbstwirksamkeit
und im Selbstvertrauen gebildete,
gestärkte junge Menschen, die ihr
Leben in die Hand nehmen.
Ich wünsche mir, dass wir als Schulen
bei unserem Bildungsprozess noch
offensiver durch verschiedene
Kulturinstitutionen unterstützt
werden. Mit „wir“ meine ich alle
Akteure von Schule: Schüler,
Eltern, pädagogisches und
nichtpädagogisches Personal.
„An unserer Schule herrscht ein Schulklima der gegenseitigen Freundlichkeit und Wertschätzung, Achtung und Akzeptanz.“
DasistdieersteRegelfürdenLern-undLebensortWerner-Stephan-
OberschuleinBerlin.IneinemmehrstufigenBeratungs-und
AbstimmungsprozessentwickelndieSchülergemeinsamRegelnfür
dasVerhaltenanihrerSchule–dassogenannteSchulversprechen.
„UnsereSchulegehörtdemNetzwerkSchule ohne Rassismus –
Schule mit Couragean“,soHanneloreWeimar,dieSchulleiterin.
Diversität der Vorbilder unserer Schüler
ist in meiner Auffassung einer „guten
Schule“ Normalität. Meine Kollegen
und ich arbeiten für eine inklusive
Schule, die möglichst Bildungs- und
Erziehungsbedürfnisse aller Schüler
anspricht.“
i
10 11
•700 Schüler aus 22 Nationen •51 Lehrkräfte, zwei davon mit Migrationshintergrund•DasSchulprofil: Gewaltprävention, soziales Lernen und Berufswegeplanungwww.schlossbergschule-vaihingen.de
i
War die Situation an Ihrer Schule
ein Anlass für die Einstellung von
Lehrkräften mit Zuwanderungs-
geschichte?
Ja. Als „Brennpunktschule“ mit
einem hohen Anteil von Schülern mit
Migrationshintergrund haben wir
ganz gezielt nach Lehrkräften mit
Zuwanderungsgeschichte gesucht. Es
wurden auch Stellen dementsprechend
ausgeschrieben.
Welche Potenziale haben Sie in der
Einstellung von Lehrkräften mit
Zuwanderungsgeschichte gesehen
oder sehen Sie jetzt darin?
Die Lehrkräfte dienen den Schülern als
Vorbild; an Ihnen, Herr Gebre, sehen sie
unter anderem die Möglichkeit, einen
Weg vom Hauptschulabschluss bis zu
Abitur und Lehramtsstudium zu gehen,
Sie führen den Schülern vor Augen,
dass sie Erfolg haben können. Zudem
haben unsere Lehrkräfte in einigen
Bereichen ein besseres Verständnis
für die Schüler und können somit
vertrauensvoller auf sie eingehen,
was den Schülern die Möglichkeit
eröffnet, Konflikte anders zu lösen
Gibt es Besonderheiten an
unserer Schule?
Die Schlossbergschule ist eine
teilgebundene Ganztagesschule,
die von Schülern aus 22 Nationen
besucht wird. Wir bieten an vier
Nachmittagen verlässlich Unterricht
oder Betreuungsangebote an,
auch der Mittagstisch und die
Hausaufgabenbetreuung finden an
diesen Tagen regelmäßig statt. Schüler
mit Migrationshintergrund werden
in einer Vorbereitungsklasse anhand
eines Sprachförderkonzepts besonders
und individuell gefördert. Für die
Schüler der Klassen eins bis sechs
gibt es am Nachmittag kostenlosen
Sprachförderunterricht. Außerdem
unterhalten wir Kooperationen
mit Kirchen, Vereinen und sozialen
Einrichtungen, Bildungspartnerschaften
mit zwei Betrieben und viele andere
Aktivitäten.
Eine Schule, die viele Schüler aus der
ganzen Welt besuchen, muss weltoffen
sein. Daran arbeiten wir! Ich bin sehr
gern Rektorin dieser Schule, weil alle
zusammenwirken, um unseren Schülern
einen guten Start zu bieten.
als mit verschiedenen Gewaltaktionen.
Die Auseinandersetzung verschiebt sich
aufs Verbale, ruhigere Gespräche sind
möglich. Allein die Anwesenheit von
Lehrkräften mit Migrationshintergrund
beugt auch Rassismus vor.
Konnten Sie mit der wachsenden
Vielfalt im Kollegium Veränderungen
beobachten?
Ja, ein besserer, vertrauensvoller
Umgang miteinander und ein beid-
seitiges Verständnis für die Situationen,
die man im Schulalltag
antrifft. Zum Beispiel die
Möglichkeiten, Konflikte
gemeinsam zu lösen,
die im oder außerhalb
des Unterricht entstehen
können. Einfacher wird
etwa der Zugang zu
Schülern, die sich durch
eine „Andersartigkeit“
stigmatisiert fühlen und
zurückziehen oder auch
bei Schwierigkeiten
darauf berufen, beispiels-
weise wenn sie sich nicht
an Regeln halten.
Da liegt eine Wechsel-
wirkung vor, die wir
nun eher durchbrechen
können, wir erreichen die
Schüler besser.
Welche Unterstützung durch andere
Institutionen würden Sie sich für die
Weiterentwicklung des Unterrichts
wünschen?
Wir kooperieren bereits mit Kirchen,
der Jugendarbeit und Vereinen.
Diese Zusammenarbeit möchten
wir verstärken und weiter vertiefen.
Außerdem wären wir daran interessiert,
mit Moscheen zu kooperieren. Wir
erleben beispielsweise, dass einige
Schüler den Islam sehr persönlich
auslegen, in Bezug auf das, was
sie dürfen oder nicht dürfen, eine
vertiefte beziehungsweise reflektierte
Auseinandersetzung wäre hierbei sicher
hilfreich.
Welche Visionen haben Sie für die
Zukunft der Schüler unserer Schule?
Wir wünschen uns für unsere Schüler
sowohl eine gute Ausbildung für
den Beruf, als auch eine gute soziale
Ausbildung und dadurch eine bessere
Integration in unsere Gesellschaft.
Sie sollen einfach die Chancen nutzen,
die ihnen offen stehen.
„Allein die Anwesenheit von Lehrkräften mit Migrationshintergrund beugt Rassismus vor.“
Kathrin Lang,
Schulleiterin der Schlossbergschule
Vaihingen an der Enz seit 2003,
im Gespräch mitBrani Berhane Gebre
(eritreische Herkunft),Lehrer für Mathematik, Erdkunde, Technik, Informatik.
Schlossbergschule Vaihingen an der EnzGrund- und Werkrealschule
Baden-Württemberg (Vaihingen)
12 13
•Über200 Schüler, davon 78 mit Migrationshintergrund • Rund 80 Lehrkräfte, davon zwei mit Migrationshintergrund•DasSchulprofil: Vielfalt als Chance; Toleranz und Weltoffenheitwww.christophorusschule-bonn.de
i
AnderChristophorusschulewerdenmehrals
200Schülermitsehrunterschiedlichenkörperlichen
undmotorischenBeeinträchtigungenunterrichtet.
MitarbeiterunterschiedlicherBerufsgruppenwie
Förderschullehrer,Fachlehrer,Krankengymnasten,
Ergotherapeuten,Sprachtherapeuten,Kinder-
krankenschwesternundvieleandereermöglichen
eineumfassendeindividuelleFörderungund
BetreuungderSchüler.
für Alle“ erhielt die Christophorusschule
für diese Schulpartnerschaft 2010 den
Sonderpreis.
Seit Juni 2006 ist die Christophorus-
schule mitarbeitendes Mitglied der
UNESCO-Projektschulen. Anlass für
die Bewerbung war, dass Schüler
aus 21 verschiedenen Nationen bei
uns unterrichtet werden. Es finden
internationale Feste und Aktionen statt.
Schüler der Oberstufe führen im
Rahmen der Berufsvorbereitung „Fit for
Job“ den „Kleine Welt Laden“, wo
sie fair gehandelte Produkte verkaufen.
Frau Lambsdorff betont, dass „stets
Vielfalt, Toleranz und Weltoffenheit“
gefördert werden sollen. Eine Form
dieser Vielfalt bestünde sicherlich auch
in der gezielten Einstellung von Lehr-
kräften mit Zuwanderungsgeschichte.
Die Christophorusschule soll ein
Lebensraum sein, in dem die sonder-
pädagogische Förderung die individu-
ellen Entwicklungspotenziale und
Stärken nutzt und weiterentwickelt.
Ziel für alle Schüler ist eine weitgehend
selbstständige und eigenverantwortliche
Lebensführung.
An der Christophorusschule finden
verschiedene Projekte im Bereich
der „Interkulturalität“ statt. Seit
2002 gibt es regelmäßige Kontakte
und gegenseitige Besuche mit der
Behinderteneinrichtung UTAIM
El May auf Djerba in Tunesien.
Ziel ist es, voneinander und von
der anderen Kultur zu lernen. Im
Rahmen des Schulwettbewerbs des
Bundespräsidenten zur Entwicklungs-
politik „Alle für Eine Welt – Eine Welt
Da neue Lehrkräfte aber meist durch
Versetzungen an die Christophorus-
schule kommen, sei ein Zuwanderungs-
hintergrund eher Zufall, wie Frau
Lambsdorff feststellt. „In unserer Schule
haben wir einen Anteil von Schülern mit
Migrationshintergrund von ca. 40 %.
Wenn sich dies in der Lehrerschaft in
Ansätzen widerspiegelt, kann das nur
positiv sein.“
Laut Frau Lambsdorff sind Verände-
rungen in der Schülerschaft und im
Kollegium im Hinblick auf die Hetero-
genität schwer zu messen. „Ich denke
aber, dass mit wachsender Anzahl der
Lehrkräfte mit Zuwanderungsgeschichte
in der Arbeit mit Kindern neue Impulse
sichtbar werden. Nicht zu unterschätzen
sind die Auswirkungen im Kollegium.
Hier kann es zu einem Austausch
führen, der für das Verständnis auf
beiden Seiten sicherlich förderlich ist.“
Dies würde sich auch positiv auf die
Elternarbeit ausüben, da Lehrkräfte
mit Zuwanderungsgeschichte
bei ausländischen Eltern oft ein
„Vorschussvertrauen“ genießen.
Frau Lambsdorff betont, dass für die
Weiterentwicklung des Unterrichts
„die Lehrwerke für Sachunterricht und
Deutsch auf ihre Einstellung hinsichtlich
der Vielfalt in allen Bereichen noch
einmal unter die Lupe genommen
werden sollten“.
Im Hinblick auf Visionen für die Zukunft
der Schüler der Christophorusschule
wäre es der Wunsch von Frau
Lambsdorff, dass „alle Schüler, die
diese Schule verlassen, eine für sie
passende Ausbildung und Arbeitsstätte
Gemeinsam auf dem Weg „Viele Menschen können sich gar nicht vorstellen,
wie vielfältig unsere Schule ist.“
Susanne Gräfin Lambsdorff,
seit 6 Jahren Schulleiterin der
Christophorusschule,
im Gespräch mit
Suna Rausch
(serbischer Hintergrund),
Lehrkraft für Lern- und
Körperbehindertenpädagogik,
Geographie und Werken.
ChristophorusschuleFörderschule
Nordrhein-Westfalen (Bonn)
finden.“ Sie betont, dass im Rahmen
der Inklusionsdebatte ein neues Bild
von Vielfalt Veränderungen mit sich
bringen wird und wünscht sich, dass
Heterogenität normal sein sollte.
„Viele Menschen können sich gar nicht
vorstellen, wie vielfältig unsere Schule
ist.“
Um davon ein Bild zu vermitteln, bekam
die Christophorusschule im Juli 2010
eine neue Schulverfassung. Ganz im
Sinne von „Gemeinsam auf dem Weg“.
14 15
•Ca. 1300 Schüler, davon 242 mit ausländischem Pass, mehr als 40 Nationen• Ca. 100 Lehrkräfte, davon 8 mit Migrationshintergrund•DasSchulprofil: Europaschule; offene Ganztagsschule;
bilingualer Französischzweig; Abi Baccalaureatwww.liebigschule.de
Sie haben immer Erfahrung in
bestimmten, auch speziellen Bereichen
mitgebracht und waren durch ihren
Hintergrund eine Bereicherung.
Eine solche Zusammensetzung des
Kollegiums spiegelt die Gesellschaft
wider, so wie sie in Deutschland,
in Frankfurt ist. Am Anfang meiner
Schulzeit haben viele Eltern nach-
gefragt, ob die Lehrkraft vernünftig
deutsch könne, bloß weil eine Lehrkraft
zum Beispiel einen fremden Namen
hatte. Solche Fragen kommen heute gar
nicht mehr auf, da tritt eine Normalität
ein. Für die Eltern ist entscheidend, ob
jemand seine Arbeit gut macht.
Welche Visionen haben Sie für die
Zukunft der Schüler Ihrer Schule?
Damla Sen: Meine Vision ist eigentlich
Konnten Sie mit der wachsenden
Vielfalt im Kollegium Veränderungen
beobachten?
Damla Sen: Als ich an die Liebigschule
kam, war ich nicht die erste Lehrerin
mit Migrationshintergrund. Es gab
bereits Lehrerinnen mit griechischer
Zuwanderungsgeschichte, mehrere
Europaschullehrer aus Rumänien,
Spanien u.a. Daher war ich sozusagen
kein „Exot”. Viele haben mich zu
Beginn angesprochen und gefragt,
ob ich mich bereit erklären würde, bei
Elterngesprächen mit türkischsprachigen
Eltern anwesend zu sein. Ich finde
dies völlig in Ordnung und unterstütze
meine Kollegen dahingehend gerne.
Sabine Brieske: Seit Beginn meines
Schuldienstes kenne ich Lehrkräfte aus
dem Ausland, vor allem spanische,
italienische oder französische Lehrer.
für die Schulgemeinde, so auch eine
Lehrkraft mit Migrationshintergrund.
Eine gute Lehrkraft führt den Schülern
durch ihre Arbeit vor Augen, dass es
sich lohnt, in Bildung zu investieren. Ich
hatte gar nicht daran gedacht, dass Sie
Migrationshintergrund haben, Frau Sen,
Sie sind eine gute Lehrerin, aber durch
Ihren kulturellen Hintergrund bringen
Sie einen Pluspunkt mit, der zusätzlich
positiv für die Schule ist.
Welche Potenziale haben Sie in der
Einstellung von Lehrkräften mit
Zuwanderungsgeschichte gesehen
oder sehen Sie jetzt darin?
Sabine Brieske: Die Lehrkräfte haben
eine Vorbildfunktion für Schüler mit
Migrationshintergrund. Außerdem
können sie teilweise eher Verständnis
für Probleme mit den Kindern
aufbringen, weil sie die kulturellen
Hintergründe verstehen. Lehrer mit
Migrationshintergrund werden jedoch
häufig von Schülern und Kollegen in die
Rolle des Vermittlers gedrängt, obwohl
nicht alle diese Funktion übernehmen
möchten. Dies sehe ich als Problem an.
Wenn sich jemand dadurch reduziert
fühlt, ist es für die Kollegen belastend.
Gibt es besondere Projekte im Bereich
Interkulturalität an Ihrer Schule?
Sabine Brieske: Mit Frau Kouklan Zaide
haben wir eine Kulturmittlerin an der
Schule, die Elterngespräche führt und
einen Muttertreff organisiert, bei dem
die Mütter auch Deutsch lernen
können. Gemeinsam mit der Biblio-
thek Rödelheim veranstalten wir außer-
dem türkisch-deutsche Leseabende.
Regelmäßig führen wir „colored
glasses“-Workshops durch, die mithilfe
von Simulationsspielen Andersartigkeit
thematisieren. Schüler sollen so für
Stereotype und Vorurteile sensibilisiert
werden. „Colored glasses“ ist ein Kon-
zept der Schüleraustausch-Organisation
YFU. Erwähnenswert ist außerdem, dass
mehrere unserer Schüler Stipendiaten
der Start-Stiftung sind.
War die Situation an Ihrer Schule
ein Anlass für die Einstellung von
Lehrkräften mit Zuwanderungs-
geschichte?
Sabine Brieske: Prinzipiell und für die
Zukunft gilt, dass ich gezielt nach guten
Lehrern suche. Jemand, der „mehr”
mitbringt, mehr Vielfältigkeit oder
Erfahrung, ist dabei eine Bereicherung
„Die Zusammensetzung des Kollegiums spiegelt die Gesellschaft wider …“
Sabine Brieske,
Schulleiterin der Liebigschule
seit September 2010,
im Gespräch mit
Damla Sen (türkischer Hintergrund),
Lehrerin für Deutsch und Geschichte.
Liebigschule FrankfurtGymnasium
Hessen
schon Realität. Als Schülerin war ich
die einzige Türkin aus meiner Grund-
schulklasse, die auf ein Gymnasium
ging. Heute bilden die Klassen
längst Vielfalt ab. Ich hatte gar keine
Lehrer mit Migrationshintergrund.
Mittlerweile sehe ich viele Schüler mit
Zuwanderungsgeschichte, die sich für
diesen vielseitigen Beruf interessieren,
und das ist wunderbar.
Ich selbst war Stipendiatin des
„Horizonte“-Programms der Hertie-
Stiftung, das ich zukünftigen
Lehramtsstudenten ans Herz legen
möchte (www.horizonte.ghst.de).
Sabine Brieske: Ich wünsche mir,
dass jeder so wahrgenommen wird,
wie er als Person ist, unabhängig
vom kulturellen Hintergrund, von
Nationalität, Religion oder Hautfarbe.
Das ist meine Vision.
i
16 17
•171 Schüler• 14 Lehrkräfte mit Lehramtsanwärtern•DasSchulprofil: Individuelle Förderung; faires Miteinander und Teamarbeitwww.thomas-schule.de
i
Thomas-SchuleGrundschule
Nordrhein-Westfalen (Düsseldorf)
Frau Varriale, die Sie in Italien Ihr
Staatsexamen abgelegt haben und
aus dem Herkunftssprachenunterricht
kommen, als kompetente Beraterin zur
Seite zu haben. Und selbstverständlich
dürfen wir die vielen anderen Kollegen
nicht vergessen, die alle Ideen über-
zeugt mitgestaltet und mitgetragen
haben.
Hatten Sie eine bestimmte Vorstellung
von der Weiterentwicklung des Schul-
profils, die die Einstellung von Lehr-
kräften mit Zuwanderergeschichte
beeinflusst habt?
Aufgrund unserer Erfahrungen
und eines regen Austausches aller
Beteiligten hat sich unser Schulprofil
weiterentwickelt.
Ich glaube, dass gerade die Mischung
unserer Lehrer dafür verantwortlich
ist. Wir haben einerseits Kollegen,
die ihre im Heimatland gewonnenen
Erfahrungen einbringen und sie mit
den Vorgaben der Richtlinien und
Lehrpläne (z. B. für das Fach Englisch)
verbinden. Andererseits haben sich alle
Lehrer unserer Schule zu einem offenen
Kollegium entwickelt, das gemeinsam
den Unterricht und verschiedene
Projekte plant und durchführt.
Gibt es besondere Projekte im Bereich
Interkulturalität an unserer Schule?
Vor sechs Jahren haben wir von der
Bezirksregierung Düsseldorf und dem
italienischen Staat die große Chance
bekommen, an der Thomas-Schule
den bilingualen Zweig für Italienisch
einzuführen. Das bedeutet, dass
Deutsche, Italiener und Kinder mit
einem anderen Migrationshintergrund
gemeinsam die italienische Sprache
lernen.
Inzwischen zieht unser Projekt
immer weitere Kreise. Wir konnten
die Unterstützung vieler Menschen
gewinnen und arbeiten beispielsweise
mit einer italienischen Musikerin
zusammen oder mit einer Journalistin,
die ein zweisprachiges Zeitungsprojekt
durchführte. An unserer Schule gibt
es motivierte Eltern, die mit Kindern
Theaterstücke einübten, die nicht nur in
unserer Schulgemeinde, sondern auch
bei verschiedenen außerschulischen
Veranstaltungen für große Begeisterung
sorgten.
Diese Aktivitäten sind natürlich nur
möglich, wenn man auf engagierte
Mitarbeiter mit Visionen bauen kann.
Wir hatten das große Glück, Sie,
Welche Potenziale haben Sie bei
der Einstellung von Lehrkräften mit
Zuwanderungsgeschichte gesehen
oder sehen Sie jetzt darin?
Bilingualer Unterricht in der Grund-
schule ist ohne Muttersprachenlehrer
überhaupt nicht möglich. Ein großer Teil
unserer Schüler spricht Italienisch im
Elternhaus. Da sie jedoch überwiegend
Dialekt sprechen, ist das sprachliche
Vorbild für sie besonders wichtig.
Unsere Italienischlehrer haben einen
großen Einfluss auf diese Eltern. Sie
sind in der Lage, deren Ängste schneller
abzubauen und ein Vertrauensverhältnis
aufzubauen. Immer wieder versuchen
sie, an dem neuralgischen Punkt der
Integration zu arbeiten, nämlich einem
größeren Bildungsbewusstsein.
Konnten Sie mit der wachsenden
Vielfalt im Kollegium und/oder in
der Schülerschaft Veränderungen
beobachten?
Natürlich! Diese Veränderungen liefen
jedoch nach einiger Zeit, zumindest bei
den Eltern, in ganz unterschiedliche
Richtungen. Da gab es auf der einen
Seite die engagierten Eltern der
Italienisch-Klasse, die die Schule in
allen Bereichen unterstützten, die
bei sämtlichen Schulveranstaltungen
„tonangebend“ waren, zum anderen
die Eltern der Parallelklassen, die
sich zurückgesetzt fühlten, weil das
Italienisch zur sehr in den Vorder-
grund rückte. Darauf mussten wir
reagieren und ein Konzept anbieten,
mit dem sich alle Eltern unserer Schule
identifizieren können.
Welche Unterstützung durch andere
Institutionen würden Sie sich für die
Weiterentwicklung des Unterrichts
wünschen?
Wir genießen Unterstützung von vielen
Institutionen und sind dankbar dafür,
denn ohne diese würde unser Konzept
scheitern. Wir arbeiten erfolgreich mit
Italienisch ist gleichberechtigt „Ein Konzept, mit dem sich alle identifizieren können.“
dem Schulamt in Düsseldorf und dem
italienischen Generalkonsulat in Köln
zusammen. An dieser Stelle wollen wir
uns auch bei Frau Dr. Zeoli, der Landes-
koordinatorin des Netzwerkes von
Lehrkräften mit Migrationshintergrund
bedanken, die viele spannende Projekte
anbietet.
Welche Visionen haben Sie für die
Zukunft der Schüler unserer Schule?
Eigentlich haben sich meine Visionen
bereits verwirklicht. Interkulturelles
Lernen, Integration, früher Fremd-
sprachenerwerb sind Begriffe,
die sich an unserer Schule mit Inhalt
gefüllt haben.
Margarete Sander,
Schulleiterin der Thomas-Schule
seit 2003,
im Gespräch mit
Maria Varriale
(italienischer Hintergrund),
Lehrerin für Italienisch, Deutsch
und Erziehungswissenschaften.
18 19
Unterrichtsmaterialien und
InterkulturalitätEin Gespräch mit Autoren und Beratern des Cornelsen Verlags
Das Lehren und Lernen im
interkulturellen Umfeld stellt alle
Beteiligten vor Herausforderungen.
Welche Rolle können dabei aus
Ihrer Sicht Unterrichtsmaterialien
und Lehrwerke spielen?
Mahir Gökbudak: Materialien und Lehr-
werke bilden den Rahmen einer Unter-
richtsstunde. Um teilzunehmen, müssen
Schüler mit ihrem Vorwissen an das
jeweilige Thema anknüpfen können.
Dies gilt selbstverständlich auch für
Schüler mit Migrationshintergrund.
Daher sollte man die verschiedenen
Interessen und kulturellen Einflüsse
der Schüler widerspiegeln. Denn nur
was für die Kinder und Jugendlichen
subjektiv bedeutsam ist, ist für sie auch
lernenswert.
von Institutionen und in mündlichen
Kommunikationssituationen, unge-
steuert, ohne Regeln, ohne Progression.
Außerdem haben sie meist wenig
Erfahrung mit der Schriftsprache.
Lehrwerke können daher die korrekte
Regelbildung unterstützen, die für den
Schulerfolg unabdingbaren Fähigkeiten
in der Schriftsprache fördern und den
Kindern Strategien zur Bewältigung der
Anforderungen vermitteln.
Mahir Gökbudak: Texte in Lehrwerken
enthalten oft sprachliche Eigenheiten
oder spezielle Sachverhalte, die für
Schüler mit einem nicht deutschen
Hintergrund schwer zu verstehen sind.
Diese Barrieren erschweren eine sinn-
volle Arbeit im Unterricht. Kulturelle
Vielfalt und eine heterogene Schüler-
klientel erfordern differenzierte
Materialien und Aufgaben.
werden sollte. Dies bedeutet vielfach
eine Reduktion von Komplexität, die ich
nicht befürworte, da der Bildungsweg
unserer Schüler ja weitergehen soll.
Lehrwerke sollten so gestaltet sein,
dass Schüler z.B. Textlesefähigkeiten
oder naturwissenschaftliches Denken
entwickeln. Unter sprachlicher Vielfalt
verstehe ich nicht nur die Tatsache, dass
viele Sprachen gesprochen werden,
sondern dass Schüler angeregt werden,
sich mit ihrer Sprache auseinander-
zusetzen. Das Verständigungsmedium
an Schule ist die deutsche Sprache in
jeglicher Form und in jedem Medium.
Wie unterstützen Sie die Weiter-
entwicklung von Lehrwerken, wo
sehen Sie besondere Aufgaben?
Dr. Tagrid Yousef: Unterschiedliche
Lebenswelten haben nicht nur Schüler
mit Migrationshintergrund. Daher
sollten Lehrwerke Querschnittsthemen
präsentieren, die von vielen geteilt
werden. Die Auswahl muss sich am
Prinzip der Alltagsnähe orientieren und
die Vielfalt des Lebens wiedergeben.
Die Darstellung des Unterrichtsstoffes
darf nicht verkümmern, Schüler
benötigen die Herausforderung.
Die Materialien sollten deshalb
didaktische Ansätze liefern, die
Binnendifferenzierung und individuelle
Unterrichtsgestaltung erlauben.
Mahir Gökbudak: Ein zentrales Anliegen
meiner Arbeit ist die Interkulturalität.
Dabei geht es mir nicht darum, die
Unterschiede der verschiedenen
Kulturen zu fokussieren, sondern die
Gemeinsamkeiten zu betonen.
Insgesamt brauchen wir mehr
Menschen mit Migrationshintergrund,
die Schulmaterialien erarbeiten. Von
ihrem Wissen sollte man profitieren.
LehrkräftemitMigrationshintergrunderschließenneuePotenzialefür
ihrejeweiligeSchule.BeipositivenSchullaufbahnen,dieindieWahldes
Lehrerberufesmündenkönnten,spielenUnterrichtsentwicklungund
FörderungderSchülereinewichtigeRolle.EinGesprächmitAutoren
undBeraternbeleuchtet,wieUnterrichtsmaterialienhierbeiunterstützen
undwelchePerspektiveeineZuwanderungsgeschichteeröffnet.
Nermin Erdogan: Schon zu meiner
Schulzeit habe ich mir Materialien
gewünscht, die der kulturellen Vielfalt
entsprechen. Leider entnehmen Sie
dieser Aussage, dass dieser Wunsch
unerfüllt blieb. Doch heute bin ich in
der Lehrerrolle und setze meine Ideen
aktiv um. Ein banales Beispiel ist die
Namensgebung. Ist es so schwer, dass
Max, Mehmet und Paolo gemeinsam
mit Christina, Selin und Medina
auftauchen? Eigentlich sollte das keine
Besonderheit mehr sein: In unserer
Gesellschaft ist das Realität.
Dr. Tagrid Yousef: Als ich zur Schule
ging, war ich eine von wenigen
Schülerinnen mit Zuwanderungs-
geschichte. Heute sehen die Verhält-
nisse anders aus. Unterrichtsmaterialien
müssen ebenfalls „mit der Zeit gehen“,
das heißt, sie müssen flexibel sein und
sich dem kulturellen Wandel anpassen.
Schaut man sich die Lehrwerke an,
so kann man feststellen, dass diese
ein wenig offener, bunter und
ansprechender werden.
Dr. Yurdakul Cakir: Kulturelle Vielfalt
bedeutet auch, dass Kinder mit unter-
schiedlichen Ausgangssprachen in der
Schule auf Deutsch unterrichtet werden.
Deshalb sollten Lehrwerke zum einen
unterschiedliche Sitten und Gebräuche
thematisieren und zum anderen die
Mahir Gökbudak,
(türkischer Hintergrund),
Lehrer für Deutsch, Gesellschaftslehre
und Arbeitslehre WirtschaftAutor Doppel-Klick,Differenzierende Ausgabe
Dr. Yurdakul Cakir: Ich stehe den
Autoren der Lehrwerke, deren Beraterin
ich bin, sowie dem Cornelsen Verlag in
religiösen, kulturellen und sprachlichen
Fragen zur Verfügung. Ich sehe meine
Hauptaufgabe darin, die Probleme
der mehrsprachigen Kinder beim
Textverstehen und beim Schreiben von
Texten zu verdeutlichen, damit in allen
Fächern an einer Lösung gearbeitet
wird.
Nermin Erdogan: Bei meiner Arbeit
an der neuen Fassung eines Biologie-
Lehrwerkes lege ich besonderen Fokus
auf die kulturelle Vielfalt. Ich habe
bereits Unterrichtsbeispiele erstellt:
Die Reaktionen auf Tagungen waren
überaus positiv.
sprachlichen Fähigkeiten der Kinder
berücksichtigen, die Deutsch als Zweit-
oder gar als Drittsprache haben.
Wie können Materialien und
Lehrwerke dazu beitragen,
Schüler optimal zu fördern?
Nermin Erdogan: Die Lernenden
müssen sich angesprochen fühlen.
Dies sollte über die Sprache, etwa die
Wortwahl erfolgen. Sprachkompetenz,
als Basisqualifikation für alle Fächer,
muss außerdem auf die Nebenfächer
ausgeweitet werden.
Dieser Anforderung kann das Fach
Deutsch nicht alleine gerecht werden.
Dr. Yurdakul Cakir: Kinder mit Deutsch
als Zweitsprache erwerben das
Deutsche zum großen Teil außerhalb
Yurdakul Cakir,
(türkischer Hintergrund),Studienrätin im Hochschuldienst, Universität Duisburg-EssenBeraterin für die Lehrwerke der die das / eins zwei drei
Dr. Tagrid Yousef: An dieser Stelle
erscheint es mir sehr wichtig darzu-
legen, dass in den Lehrwerken keine
Reduktion von Interkulturalität auf den
Migrationshintergrund vorgenommen
20 21
Nermin Erdogan,
(türkischer Hintergrund),
Lehrerin für Sport, Biologie und
Naturphänomene,Autorin Fokus Biologie
Tagrid Yousef,
(palästinensischer Hintergrund),
Lehrerin für Biologie und Physik,
Dozentin Ruhr-Universität, Bochum,Beraterin für Lehrwerke im Bereich Naturwissenschaften
• 39 Lehrkräfte, 2 davon mit Migrationshintergrund, 4 Referendare, 4 Sozialpädagogen• Rund 460 Schüler, 84 – 90 % Migrationsanteil, etwa 50 Nationen im Stadtteil vertreten • DasSchulprofil:Naturwissenschaftliches, berufsorientierendes und
bilinguales Profil; Förderung der Medienkompetenzwww.szk-bremen.org
i
Hatten Sie eine bestimmte Vorstellung
von der Weiterentwicklung des
Schulprofils, die die Einstellung
von Lehrkräften mit Zuwanderer-
geschichte beeinflusst hat?
Der Islamkundeunterricht bedurfte
einer Person, die selbst dieser religiösen
Richtung angehört und die authentisch
und offen ist. Prinzipiell wollen wir gute
Lehrer an unserer Schule haben. Eine
Zuwanderungsgeschichte ist nicht per
se ein Aushängeschild, als zusätzliche
Kompetenz aber sehr willkommen.
Welche Potenziale haben Sie bei
der Einstellung von Lehrkräften mit
Zuwanderungsgeschichte gesehen
oder sehen Sie jetzt darin?
Unsere Schüler mit Migrationshinter-
grund sehen dadurch, dass es möglich
ist, in dieser Gesellschaft anzukommen.
Die Schüler werden individuell
begleitet, bei Elterngesprächen können
Probleme besprochen werden, die
in ihrer Herkunft, in ihrer Tradition
liegen. Es ist ein Vorteil zu wissen,
wieso z.B. dieser Junge der „Prinz“
ist, warum ein Mädchen nicht mit auf
Klassenfahrt fährt. Durch die bessere
Kenntnis der Lebensumstände unserer
Schüler zeigen wir Wertschätzung.
Gibt es besondere Projekte im Bereich
Interkulturalität an unserer Schule?
Beispiele waren der „Afrikanische
Abend“ und ein Abend mit dem Thema
„Beschneidung von Mädchen“. Es ist
jedoch nicht entscheidend, besondere
Projekte zum Thema Interkulturalität zu
gestalten, Interkulturalität muss gelebt
werden. Die Botschaft lautet: „Du bist
einer oder eine von uns allen. Du bist
etwas Besonderes, weil du ‚du’ bist“.
Der Ortsteil Tenever gehörte früher
zu einer „gutbürgerlichen“ Gegend,
doch im Laufe der Zeit kam es zu einer
sozialen Entmischung.
Der frühere Schulleiter reagierte darauf,
indem er Kollegen an die Schule holte,
die die häufigsten Muttersprachen
abdecken konnten. Die Zahl der Kinder,
die an Deutsch-als-Zweitsprache-Kursen
teilnehmen, ist auf 10 bis 14 gesunken.
Darüber hinaus war diese Schule eine
der ersten, die das Fach „Islamkunde“
einführten: mit dem Ziel, eine
gemeinsame Wertekultur zu schaffen
und der religiösen Ausrichtung
Wertschätzung entgegenzubringen.
Hinzukommt, dass die Kinder Kritik von
Lehrern mit Migrationshintergrund eher
akzeptieren, weil sie merken: Es hat
etwas mit der Sache zu tun, nicht mit
ihrer Herkunft.
Konnten Sie mit der wachsenden
Vielfalt im Kollegium und/oder in
der Schülerschaft Veränderungen
beobachten?
In diesem Kollegium gab es schon
immer verschiedene Nationen, dasselbe
gilt für die Schülerschaft. Wir haben
keine Veränderungen wahrgenommen.
Unsere Probleme mit Schülern sind vor
allem durch bildungsferne Elternhäuser
geprägt und zwar unabhängig
von einem Migrationshintergrund.
Die soziale Infrastruktur dieses
Stadtteils ist die eines Dorfes, jeder
kennt jeden. Und das hat auch
Auswirkungen auf die Schule.
Viele Schüler kennen die Wertevor-
stellungen der Mehrheitsgesellschaft
nicht. Muslimischen Kindern ist zum
Beispiel oft nicht klar, dass in der
Mehrheitsgesellschaft das Christentum
an erster Stelle steht, weil das in ihrem
Umfeld nicht so ist. Dies führt auch zu
gegenseitiger Kontrolle im Stadtteil, auf
die Mitbewohner wird Druck ausgeübt,
was wir an der Schule ebenfalls spüren.
Welche Unterstützung durch andere
Institutionen würden Sie sich für die
Weiterentwicklung des Unterrichts
wünschen?
Verlage könnten mehr für die Ethik-
Fächer herausgeben, die Lehrerinstitute
müssten auf diesem Gebiet viel mehr
leisten. Konsulate, wie das spanische
oder das italienische, tun sehr viel für
Schüler aus ihren Ländern. Das fehlt uns
bei islamisch geprägten Ländern.
Welche Visionen haben Sie für die
Zukunft der Schüler unserer Schule?
Wir wollen „eine Schule für alle“
sein, den Begriff „Inklusion“ in seiner
ganzen Breite füllen. Wir müssen mit
Gleichheit und Differenzen umgehen;
uns nicht an Defiziten orientieren,
sondern die Vielfalt als einen Schatz an
Möglichkeiten begreifen.
„Interkulturalität muss gelebt werden.“ Durch Interesse und Kenntnis Wertschätzung zeigen
Gerd Menkens,
Schulleiter der Oberschule an der
Koblenzer Straße seit 2000, und
Philine Tempelmann,
Konrektorin seit 2007,
im Gespräch mit
Sibel Besir (türkischer Hintergrund),
Lehrerin für Deutsch, Kunst und
Islamkunde.
Oberschule an der Koblenzer StraßeBremen
22 23
• 700 Schüler, davon ca. 30% mit Migrationshintergrund• 45 Lehrkräfte• DasSchulprofil: Bilingualer Zweig;
Naturwissenschaftlich-technische Klasse; Eliteschule des Sportswww.pestalozzi-realschule-wattenscheid.de
i
An der Pestalozzi-Realschule werden
Feste und Feiertage der verschiedenen
Glaubensrichtungen reflektiert. Neben
dem evangelischen und katholischen
Religionsunterricht wird auch das
Fach Praktische Philosophie und
Ethik angeboten. Schüler anderer
Konfessionen bekommen hier die
Möglichkeit, sich kritisch mit ihrem
Glauben auseinanderzusetzen.
Gibt es besondere Projekte im Bereich
Interkulturalität an unserer Schule?
Interkulturalität ist fester Bestandteil
der Persönlichkeitsentwicklung unserer
Schüler, daher gehören interkulturelles
Lernen und Leben zum Leitbild
unserer Schule. Deutlich wird dies in
Einzelprojekten, im Fachunterricht und
im Schulleben.
Im Rahmen der Vorbereitung und
Durchführung von Projekttagen mit
Vertretern aus Politik, Religion, Kunst
und Kultur gibt es zahlreiche Beispiele,
wie partizipatives Arbeiten mit
Migrantenorganisationen möglich ist.
In diesem Kontext empfangen wir
Gäste aus verschiedenen Bereichen,
wie Charlotte Knobloch,
Shirin Ebadi, Philip Murphy oder
den brasilianischen Künstler Romero
Britto. Unsere Schüler besuchen auch
außerschulische Veranstaltungen wie
Lesungen oder Diskussionen.
2010 fand außerdem der dritte
trilaterale Jugendaustausch statt,
der Jugendliche aus Israel, Palästina
und Deutschland zusammenbringt.
War die Situation an unserer Schule
Anlass für die Einstellung von Lehr-
kräften mit Zuwanderungsgeschichte?
Ja, im positiven Sinne. Es erfolgt eine
ressourcenorientierte Einstellung, die
von einer aus Kollegen zusammen-
gesetzten Auswahlkommission mitbe-
stimmt wird. Lehrkräfte mit Migrations-
hintergrund sind Fachkräfte wie alle
anderen auch, doch sie bringen ein
besonderes Plus mit. Sie haben zum
Beispiel eine höhere Empathiefähigkeit
im Hinblick auf den Umgang mit
Schülern mit Zuwanderungsgeschichte
und deren Eltern.
Wir haben deshalb entschlossen,
Sie, Frau Jaouhar, als Beratungslehrerin
einzusetzen. Die Schüler bekommen
von Ihnen spezielle Informationen
bezüglich ihrer Schullaufbahn,
finanzieller Möglichkeiten, über
Schüleraustausch, Praktika etc.
Auf diese Weise können wir ebenfalls
enger in Kontakt mit außerschulischen
Partnern treten. Wichtig ist vor
allem, dass alle Schüler eine Lehrkraft
sehen, die ihnen Mut macht und eine
berufliche Orientierung bieten kann –
„Ich habe es geschafft – Du kannst das
auch!”
Hatten Sie eine bestimmte Vorstellung
von der Weiterentwicklung des
Schulprofils, die eine Einstellung
von Lehrkräften mit Zuwanderungs-
geschichte beeinflusst hat?
Neben den bereits genannten
Bereicherungen ist das Thema Sprach-
förderung im Fach Deutsch durch eine
Lehrkraft mit Zuwanderungsgeschichte
ein großes Plus. Auch das stärkere
Einbeziehen der Eltern von Kindern
mit Migrationshintergrund – bei der
intensiven Förderung ihrer Kinder –
wird erleichtert.
Konnten Sie mit der wachsenden
Vielfalt im Kollegium und/oder in
der Schülerschaft Veränderungen
beobachten?
Besonders in der Schüler-Lehrer-
Beziehung sind Veränderungen zu
beobachten. Die Schüler begegnen der
Lehrkraft mit Zuwanderungsgeschichte
mit Neugier; Fragen bezüglich der
Herkunft, der Glaubensrichtung, den
persönlichen Erfahrungen werden mit
großem Interesse gestellt. Im Kolle-
gium werden die Ressourcen der Lehr-
kraft geschätzt und es entsteht ein Aus-
tausch, der den Blick der Kollegen ohne
Neugier prägt die Begegnungen „Ich bin glücklich, denn ich kann nur gewinnen.”
Silvia Zens,
Schulleiterin der Pestalozzi-Realschule
seit 2002,
im Gespräch mit
Karima Jaouhar
(marokkanischer Hintergrund),
Lehrkraft für Deutsch, Geschichte,
Politik und Berufswahlvorbereitung.
Pestalozzi-RealschuleNordrhein-Westfalen (Wattenscheid)
Zuwanderungsgeschichte erweitert.
Auch in der Elternarbeit wird die Ein-
stellung der Lehrkräfte mit Migrations-
hintergrund als Bereicherung gesehen,
da sie die moderne Gesellschaft
abbildet, die durch Vielschichtigkeit
geprägt ist.
Welche Unterstützung durch andere
Institutionen würden Sie sich für die
Weiterentwicklung des Unterrichts
wünschen?
Für den Bereich der Elternarbeit würde
ich mir wünschen, dass Beratungs-
gespräche im Hinblick auf die Erziehung
und Bildung nicht ausschließlich auf
eine Nation ausgerichtet werden,
sondern ein Austausch unter allen
Eltern stattfindet.
Welche Visionen haben Sie für die
Zukunft der Schüler unserer Schule?
Ich wünsche mir, dass unsere Schüler
bei einer Fußball-WM, im Endspiel
Deutschland gegen ihr Herkunftsland,
egal wie das Spiel ausgeht, sagen
können: „Ich bin glücklich, denn ich
kann nur gewinnen!“
24 25
• Grundschule: 260 Schüler, davon ca. 30% mit Migrationshintergrund; Werkrealschule: 215 Schüler, davon ca. 50% mit Migrationshintergrund• 45 Lehrkräfte• DasSchulprofil:Individuelle Förderung; Auszeichnung durch das
Boris Berufswahlsiegel; Schülerfirma; Ganztagesbetriebwww.keplerschule-schorndorf.de
Konnten Sie mit der wachsenden
Vielfalt im Kollegium Veränderungen
beobachten?
Den Schülern mit Zuwanderungs-
geschichte ist anzumerken, dass sie mit
höherer Motivation in die Klasse gehen.
Jungen, die sonst gerne „flotte Sprüche
klopfen“, zeigen Respekt. Und auch
insgesamt wirkt sich Ihre Anwesenheit
sehr positiv auf unser Schulklima aus.
Wie Sie mir selbst sagten, wird Ihre
interkulturelle Kompetenz mehr gefragt,
als Sie vor dem Studium dachten.
Welche Unterstützung durch andere
Institutionen würden Sie sich für die
Weiterentwicklung des Unterrichts
wünschen?
Ich würde mir eine engere Zusammen-
arbeit mit kulturellen Vereinigungen von
Welche Potenziale haben Sie in der
Einstellung gesehen oder sehen
Sie jetzt darin?
Lehrkräfte mit Migrationshintergrund
haben sicher das Potenzial, Sprachen
und Kulturen zu vermitteln. Das fängt
bei einfachen Dingen an – beim Eltern-
brief etwa, oder bei der Möglichkeit,
Gespräche mit Eltern zu führen, ohne
dass fremde Dolmetscher die Rede-
bereitschaft behindern. Die Vorbild-
funktion der Lehrkräfte mit Zuwan-
derungsgeschichte ist auch für die
Eltern wichtig, und die familiäre Unter-
stützung ist entscheidend für den
Schulerfolg. Migranten, die in Deutsch-
land mit Arbeit und/oder Studium etwas
erreicht haben, sollten öfters in die
Öffentlichkeit treten. Dies hoffen
wir durch Lehrkräfte mit Migrations-
hintergrund einfacher zu erreichen.
Türkisch spricht – und wir haben
glücklicherweise Sie, Frau Sarmisak,
gefunden. Nach Abschluss Ihrer ersten
Dienstprüfung haben Sie dann ja im
Ganztagesbetrieb und bei den Förder-
angeboten mitgearbeitet. Sehr rasch
bemerkten wir, dass insbesondere viele
türkischstämmige Jugendliche Achtung
vor Ihnen hatten. Unter anderem
führten diese guten Erfahrungen zum
Entschluss, Ihnen den Referendarsdienst
an unserer Schule zu ermöglichen.
Durch einen glücklichen Zufall bekamen
wir außerdem eine russischstämmige
Lehrkraft als Krankheitsstellvertreterin.
Sie war Lehrerin, bevor sie nach
Deutschland kam und musste vor dem
Studium ihr Deutsch verbessern. Ihre
2. Dienstprüfung hat sie erfolgreich
abgelegt, aber leider keine Festan-
stellung erhalten. Durch ihre eigenen
Erfahrungen beim Spracherwerb war
sie für alle neu eingewanderten Schüler
eine kompetente Lehrerin, die rasche
Lernfortschritte erzielte.
Dieses Potenzial sollten wir noch mehr
ausschöpfen.
Gibt es Besonderheiten an unserer
Schule?
Die Keplerschule ist eine Schule mit
Ganztagesbetrieb. In diesem Rahmen
versuchen wir, Kindern mit Migrations-
hintergrund ihre Muttersprache in
Arbeitsgemeinschaften zu vermitteln.
Dies gelingt uns mit Kooperations-
partnern. Der Jugendmigrationsdienst
finanziert Lehrkräfte für das Erlernen
und Vertiefen der russischen Sprache.
In Zusammenarbeit mit der Moschee
in Schorndorf und dem türkischen
Konsulat wird Türkischunterricht
angeboten. Ziel ist es, den Schülern
die erfolgreiche Teilnahme an der
Prüfung der Sonderfremdsprache zu
ermöglichen.
Schüler, die erst im schulpflichtigen
Alter zuziehen und kein oder wenig
Deutsch können, besuchen zunächst
eine Vorbereitungsklasse.
War die Situation an unserer Schule
ein Anlass für die Einstellung von
Lehrkräften mit Zuwanderungs-
geschichte?
Für die Begleitung einer Studienfahrt
in die Türkei wurde eine Lehramts-
studentin gesucht, die fließend
„Bildung bedeutet auch, etwas für sich gelernt zu haben, das Freude macht.“Kompetenz durch eigene Erfahrung beim Spracherwerb.
Dieter Leins,
Schulleiter der Kepler-Schule
seit 2002,
im Gespräch mit
Emel Sarmisak
(türkischer Hintergrund),
Lehrerin für Deutsch, Geschichte und
Politikwissenschaft.
Kepler-Schule Grund- und Werkrealschule
Baden-Württemberg (Schorndorf)
Migranten wünschen, die sich im
Schulwesen regelmäßig in außer-
unterrichtlichen Veranstaltungen
einbringen könnten.
Welche Visionen haben Sie für die
Zukunft der Schüler unserer Schule?
Ich wünsche mir, dass unsere Schüler in
Zukunft Bildungschancen unabhängig
von ihrer sozialen Herkunft bekommen.
Dabei ist für mich Bildung nicht nur
gleich Abitur und Studium. Bildung
bedeutet auch, für sich etwas gelernt
zu haben und zum Beispiel Handwerker
zu sein, weil einem das Freude macht
und Erfüllung gibt. Bildung versetzt uns
in die Lage, andere besser zu verstehen
und intensiver und glücklicher am
Leben teilzuhaben.
i
26 27
• 61 Lehrer, 4 Lehrkräfte mit türkischem Migrationshintergrund• Ca. 700 Schüler• DasSchulprofil:dreizügiges Gymnasium; sprachliches und
natur-wissenschaftliches Profil; viele Förderungsprogramme und Aktivitäten für Migrantenkinder
www.grillo-gymnasium.de
i
Gegenzug Wertschätzung zu erhalten.
Zum anderen zeigen die aktuellen
wissenschaftlichen Ergebnisse, dass
Kinder mit Migrationshintergrund in
ihrer Muttersprache sicher sein müssen,
um entsprechende Fremdsprachen-
befähigung zu gewinnen.
Über Kooperationen schaffen wir auch
im Freizeitbereich Berührungspunkte
zwischen deutschen und ausländischen
Schülern. Und Erfolge lassen sich nach-
weisen: Im vergangenen Abiturjahrgang
betrug der Anteil an Schülern, die einen
Migrationshintergrund haben und
ihre Schullaufbahn bei uns erfolgreich
mit einem Abitur abgeschlossen
haben, 41 %.
War die Situation an unserer Schule
ein Anlass für die Einstellung von
Lehrkräften mit Zuwanderungs-
geschichte?
Nicht wenige unserer ausländischen
Schüler kommen aus sozial eher ein-
fachen Verhältnissen, bringen aber
Potenziale mit. Diesen Schülern wollen
wir klarmachen, dass ihnen die Akade-
mikerlaufbahn offensteht. Diese Bot-
schaft lässt sich gut vermitteln, wenn
Tag für Tag ein Lehrer mit Migrations-
hintergrund den Unterricht übernimmt.
Gibt es besondere Projekte im Bereich
„Interkulturalität“ an unserer Schule?
Hier in Gelsenkirchen leben wir Inter-
kulturalität schon seit 30 Jahren. Das
Stadtbild ist durch einen vergleichsweise
hohen Ausländeranteil geprägt, dies
spiegelt sich bei uns an der Schule
wider: Durch alle Stufen hindurch
beträgt der Anteil an Schülern mit
Migrationshintergrund (d. h. mindes-
tens ein Elternteil ist im Ausland
geboren) ca. 35 %, in den unteren
Klassen beträgt der Anteil bereits
40 – 50 %. Die meisten der Schüler
mit Migrationshintergrund sind
türkischstämmig. Diesen Tatsachen
gilt es sinnvoll zu begegnen.
In den Klassen 5 und 6 wird mutter-
sprachlicher Ergänzungsunterricht
erteilt, ab Klasse 7 wird das Fach
Türkisch als gleichberechtigte 2. Fremd-
sprache angeboten. In der Oberstufe
können Grund- und Leistungskurse
im Fach Türkisch angewählt werden.
Islamische Unterweisung findet statt
und Förderunterricht Deutsch als Zweit-
sprache in Kooperation mit der RAA.
Zum einen geht es um Signale der
Wertschätzung gegenüber der Kultur,
Sprache und Religion anderer Nationen.
Dies ist der beste Boden, um im
Auch für die Eltern dieser Schüler sind
unsere Lehrkräfte mit Migrations-
hintergrund oft wichtige Ansprech-
partner: Etliche von ihnen hatten in
ihren Herkunftsländern nur eine kurze
Schulzeit und entwickeln bei der Vor-
stellung, ihr Kind gehe auf ein
Gymnasium, Ängste in der Art „Kann
ich meinem Kind helfen, wenn es Schul-
probleme hat?” Ich habe Gespräche
miterlebt, in denen hier wirksam
entgegengearbeitet wurde. Meine
Erfahrungen zeigen: Haben die Eltern
ihr Kind erst einmal bei uns angemeldet,
entwickelt sich in den meisten Fällen
eine positive Eigendynamik bis hin
zum Abitur. Es gilt, die Kontakt- und
Schwellenängste zum Gymnasium
abzubauen.
Und nicht zuletzt sei hier das Kollegium
erwähnt: Im alltäglichen Umgang
werden auf natürliche Art und Weise
Hemmschwellen gesenkt und Vertrauen
aufgebaut.
Hatten Sie eine bestimmte Vorstellung
von der Weiterentwicklung des Schul-
profils, die eine Einstellung von Lehr-
kräften mit Zuwanderungsgeschichte
beeinflusst hat?
Mir ist wichtig festzuhalten, dass keine
Lehrkraft auf Migrationshintergrund
reduziert wird. Bei der Einstellung
stehen fachliche, persönliche und päda-
gogische Kompetenzen im Vorder-
grund. Wenn jemand zusätzlich eine
Zuwanderungsgeschichte besitzt, kann
dies den Bewerber unter Umständen
attraktiv machen. In unserem
Kollegium haben sieben Lehrkräfte eine
Zuwanderungsgeschichte, drei von
ihnen haben Fächerkombinationen, die
mit ihrem Hintergrund nichts zu tun
haben. Ich habe den Wunsch, diese
Zahl in den nächsten Jahren aufgrund
der eben genannten positiven Effekte
zu erhöhen.
Welche Unterstützung durch andere
Institutionen würden Sie sich für die
Weiterentwicklung des Unterrichts
wünschen?
Wir haben u. a. durch die RAA und die
Mercator-Stiftung viel Unterstützung
erhalten, wie etwa die Förderungs-
angebote für Schüler aller Stufen für
eine Verbesserung der Schulleistungen.
Auf diese Zusammenarbeit legen wir
viel Wert und wollen sie in Zukunft
weiterhin pflegen.
Welche Visionen haben Sie?
Die Ganztagsidee weiter auszubauen ist
mir ein wichtiges Anliegen. Der Ganztag
sollte an allen Tagen angeboten wer-
den: mit Betreuungszeiten bis 17 Uhr,
zumindest für einen Teil der Schüler.
Kontaktängste zum Gymnasium abbauen „Meist entwickelt sich eine positive Eigendynamik.“
Manfred Gast (OStD),
Schulleiter des Grillo-Gymnasiums
seit 1998,
im Gespräch mit
Mahmut Ezikoglu
(türkischer Hintergrund)
Lehrer für Mathematik und Sport.
Grillo-GymnasiumNordrhein-Westfalen
(Gelsenkirchen)
28 29
• 3200 Schüler, Nationenmix mit Schwerpunkt bei türkischstämmigen Schülern, Migrantenanteil bei etwa 60 %
• 119 Lehrkräfte, 7 % davon mit Migrationshintergrund• DasSchulprofil:Individuelle Förderung, besondere Bildungsangebote
für Jugendliche aus bildungsfernen Schichten; Vermittlung von „Soft Skills“ wie Sozial- und Methodenkompetenz
www.bvs-berufskolleg.de
Helga Wölbert,
Schulleiterin des Barbara-von-Sell-
Berufskollegs seit 2007,
im Gespräch mit
Martin Tkocz
(polnischer Hintergrund),
Lehrer für Wirtschaftswissenschaften
Wirtschaftsinformatik, Handel,
Absatz, Marketing und Politik.
unterschiedlichen (Aus-)Bildungsfragen
und Lebenslagen, Bindeglied zwischen
Schule, Eltern und Schülern mit und
ohne Migrationshintergrund wird
jedoch von einer auf Förderung des
Individuums ausgerichteten Umgebung
deutlich verstärkt. Für ihre unmittelbare
Gestaltung ist meine Schulleiterin, Frau
Wölbert, verantwortlich, die uns die
Schule und ihr spezielles Engagement
näher bringen kann.
Martin Tkocz, Lehrer am
Barbara-von-Sell-Berufskolleg:
Das Wort Beruf ist für mich sehr eng
mit dem Wort Berufung verbunden.
Zum Gefühl, berufen zu sein, gehört für
mich jedoch mehr als die Möglichkeit
der Vermittlung von Wissen und
Kompetenzen. Vielmehr verstehe ich
mich als Lebenschancenvermittler.
Mir ist es wichtig, meine Schüler bei
der konstruktiven Auseinandersetzung
mit sich selbst, ihrer Umwelt sowie der
Ausprägung der eigenen, gesicherten
Identität zu unterstützen.
Dazu zählt die Chance
der Erkenntnis, dass
Stolpersteine auch die
Möglichkeit bieten, neue
Wege zu entdecken und
für sich zu nutzen. Viele
unserer Schüler – vor
allem diejenigen mit
Zuwanderungsgeschichte
– sind sich ihrer eigenen
Kraft und ihres Wertes
nicht bewusst. Mein
persönlicher Beitrag als
Fachexperte, Berater in
Helga Wölbert, Schulleitung:
Das Barbara-von-Sell-Berufskolleg ist ein
kaufmännisches Berufskolleg. An dieser
Schule ist jeder allgemeinbildende
Abschluss möglich. Profilkennzeichnend
sind die große Zahl junger Frauen in den
Bildungsgängen sowie der hohe Anteil
von Schülern mit Migrationshintergrund
(bis zu 75% Schüler in einer Klasse).
Die Interkulturalität und die große
Heterogenität im Leistungsbereich
unserer Schüler fordern von den Kolle-
gen einen ganz besonderen Einsatz.
Deshalb ist ein sehr ausdifferenziertes
Konzept zur „Individuellen Förderung“
im Schulprogramm verankert und
gelebter Alltag für alle Beteiligten.
Hierfür haben wir in diesem Jahr das
Siegel der „Individuellen Förderung“
des Landes NRW erhalten.
Projekte sind z. B. der „Mittagstisch“
(HöHa) und „Kochen“ (Handelsschule)
als Differenzierungskurse, in denen
kulturelle Unterschiede thematisiert
werden. Natürlich ist uns dabei
die Vermittlung unserer hiesigen
Kulturtechniken wichtig.
Im Kurs „Interkulturelle Begegnungen“
werden Länder, deren Geschichte und
Kultur analysiert und die Ergebnisse für
eine Ausstellung aufbereitet. Außerdem
findet regelmäßig ein Zukunftstag
statt. 300 Schüler nehmen an Aktionen
der Betriebe aus der Region teil und
können sich vor Ort für eine Lehrstelle
bewerben. Aber natürlich müssen
auch die Rahmenbedingungen für eine
gelungene Integration und das Auflösen
von kulturellen Schranken in den
Köpfen stimmen.
In meiner dreijährigen Amtszeit habe ich
fünf Kollegen und die Schulassistentin
mit Migrationshintergrund eingestellt.
Vielfalt gibt es damit auch im
Kollegium. Das eröffnet neue
Sichtweisen für alle Kollegen und es
macht den Schülern Mut zu sehen, dass
eine ganz praktische, sichtbare Chance
besteht, einen hoch-qualifizierten
Beruf in Deutschland auszuüben.
So gesehen haben diese Kollegen
eine Vorbildfunktion für gelungene
Integration.
Die Kollegen mit Migrationhintergrund
verfügen über eine interkulturelle
Kompetenz, die sich auf vielen Ebenen
der Schule bezahlt machen kann.
Ganz besonders gute Erfahrungen
machen wir im Zusammenhang mit
Beratungen und Elternarbeit. Zu den
Rahmenbedingungen gehört auch die
Ressourcenfrage. Wir brauchen Lehrer-
ressourcen zur Unterstützung unserer
Vorhaben.
Ich wünsche mir Unterstützung in
Bezug auf eine bessere Vernetzung
mit den Eltern aus anderen Nationen
in unseren vollzeitschulischen
Bildungsgängen.
Beruf: Lern- und Lernchancenvermittler.
Barbara-von-Sell-BerufskollegNordrhein-Westfalen (Köln) i
30 31
• 428 Schüler, Migrantenanteil ca. 60 %, 17 Nationen• 25 Lehrkräfte, 17 fest• DasSchulprofil: sprachlicher Schwerpunkt; Ganzheitlicher Ansatz;
Lernen am Vorbild; Bewegte Schulewww.theodor-heuss-schule.com
i
Helga Fendt,
Schulleiterin der Theodor-Heuss-Schule
seit 1996,
im Gespräch mit
Ilknur Çelik (türkischer Hintergrund)
Lehrerin für Sozialkunde, Deutsch,
Mathe und Kunst. Frau Çelik
unterrichtet mit Ausnahme von
Religion, Englisch und Sport alle
Fächer, plus „Lernen lernen“.
Fokus auf den achtsamen Umgang mit
den Menschen gerichtet. Aufgrund des
stetig steigenden Anteils von Kindern
mit Migrationshintergrund (ca. 60 %)
haben wir eine Lehrkraft mit türkischen
Wurzeln eingestellt.
Gibt es besondere Projekte an
unserer Schule?
Wir führen an der Schule interkulturelle
Wochen und Projekte durch, um uns
besser kennen zu lernen und das fried-
liche Miteinander untereinander zu
stärken. So haben wir zum Beispiel
einen internationalen Flaggenpfad
aus Fliesen im Schulhof gestaltet, auf
dem sich alle Nationen unserer Schule
wiederfinden.
Unter dem Motto „Jeder ist anders,
jeder ist etwas Besonderes“ haben
unsere Schüler gemeinsam Figuren
modelliert. Damit ist jeder einzelne
Schüler in der Aula vertreten.
Innerhalb einer interkulturellen
Woche sind die Eltern der Kinder
mit Migrationshintergrund aktiv
geworden – sie haben mit Schülern
Tänze einstudiert oder ein Buffet
aus Spezialitäten ihrer Heimatländer
zusammengestellt.
In den vergangenen Jahren haben wir
zusätzlich zu unserem ursprünglichen
Schwerpunkt „Achtsamer Umgang mit
der Natur“ – die Schule ist mehrfach mit
Preisen ausgezeichnet worden – den
Welche Potenziale haben Sie in der
Einstellung von Lehrkräften mit
Zuwanderungsgeschichte gesehen
oder sehen Sie jetzt darin?
Der Anteil der türkischstämmigen
Schüler liegt an unserer Schule bei
ca. 30 %. Ihre Einstellung, Frau Çelik,
bringt vielfältige Vorteile mit sich. Zu
nennen sind etwa die Unterstützung
von Kollegen bei Elterngesprächen
und die Vermittlung von Hintergrund-
informationen bezüglich Sprache,
Kulturen und Mentalität. So können
auch die anderen Kollegen Verhaltens-
weisen von Schülern und Eltern mit
Migrationshintergrund in bestimmten
Situationen besser verstehen. Bei
Schülern mit türkischer Sprache ist eine
höhere Akzeptanz zu beobachten: Sie
fühlen sich besser angenommen, die
Lehrkraft ist eine der „Ihren“.
Auch bei den türkischen Eltern werden
Hemmungen abgebaut. Sie kommen in
die Schule ohne befürchten zu müssen,
nicht verstanden zu werden. Sie gelten
außerdem als Bindeglied zwischen den
Kulturen: Als „interkulturelle Beraterin“
helfen Sie dabei, Vorurteile abzubauen.
Und nicht zuletzt haben Sie Vorbild-
funktion, nach dem Motto: „Sie hat’s
geschafft!“
Konnten Sie mit der wachsenden
Vielfalt im Kollegium Veränderungen
beobachten?
Zu beobachten ist, dass die
Ausländerfeindlichkeit abnimmt, dass
weniger beleidigende rassistische
verbale Äußerungen fallen. Auch die
türkischen Eltern sind aufgeschlossener
geworden und besuchen öfter
Elternabende und Sprechstunden.
Insgesamt ist die Atmosphäre zwischen
den deutschen und den türkischen
Eltern entspannter.
Welche Visionen für die Zukunft der
Schüler unserer Schule haben Sie?
Es ist mir ein Anliegen, das immer noch
nicht ganz befriedigende Niveau bei der
Beherrschung der deutschen Sprache zu
verbessern.
Noch mehr Kinder mit Migrationshinter-
grund sollen in die Lage versetzt
werden, eine weiterführende Schule
(Gymnasium, Realschule) zu besuchen.
Ingesamt ist es mein Ziel, Inklusion
voranzutreiben, nach dem Motto
„Es ist normal, verschieden zu sein“.
„Es ist normal, verschieden zu sein.“Inklusion vorantreiben.
Theodor-Heuss-SchuleGrundschule
Bayern (Memmingen)
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• ca. 1.000, davon 90 % mit Migrationshintergrund, 50 verschiedene Nationen• 91 Lehrkräfte, einschließlich 4 Sozialpädagogen• DasSchulprofil: Musikklassen in Jahrgang 5 und 6, danach
jahrgangsübergreifend; Eigenverantwortliches Lernen, Lehrer als Lerncoach; Intensive Berufsorientierung, z. B. „Praxisklassen“ in Jahrgang 9 und 10
www.gskirchdorf.de
i
Bodo Giese,
Schulleiter der Stadtteilschule Kirchdorf
seit 2007,
im Gespräch mit
Igor Fux (kroatischer Hintergrund),
Lehrer für Deutsch und Englisch.
Gibt es besondere Projekte im Bereich
„Interkulturalität“ an unserer Schule?
Wir haben eine Schülerschaft mit sehr
hohem Anteil von Schülern mit
Zuwanderungsgeschichte, mehr als
90 %. Unser Profil orientiert sich an
der Schülerschaft. In der Oberstufe
haben wir ein Türkisch-Profil,
welches zusätzlich die Bedeutung der
Muttersprache vieler Schüler bekräftigt.
Zudem finden Kursfahrten nach
Istanbul zu einer Partnerschule statt.
Interkulturalität ist fächerübergreifend
ein Thema, etwa in der Jungen- und
Mädchenarbeit. Für die Mädchen
gibt es nachmittags einen Treff, der
von einer Sozialpädagogin begleitet
wird. An einem speziell für die Jungen
ausgerichteten Programm wird noch
gefeilt, bis jetzt gibt es den Boys
Club, in dem in kleinen Gruppen über
Themen gesprochen wird, die „Jungen“
beschäftigen. Lernen im interkulturellen
Kontext ist nicht thematisch punktuell
zu betrachten. Die Schülerinitiativen
„Internationale Teestube“ und „Schule
gegen Rassismus – Schule mit Courage“
beispielsweise sind fester Bestandteil
unserer Schulkultur. Es handelt sich
dabei nicht um Einzelmaßnahmen.
Hatten Sie eine bestimmte Vorstellung
von der Weiterentwicklung des Schul-
profils, die eine Einstellung von
Lehrkräften mit Zuwanderungs-
geschichte beeinflusst hat?
Ich würde mir eine höhere themen-
bezogene Sensibilität wünschen.
Die Perspektive auf schulisches Leben
muss sich öffnen. Es reicht nicht, sich
medienwirksam mit einzelnen Projekten
zu präsentieren. Es geht auch um
nachhaltige Schulentwicklung, die
Schule fest mit dem Stadtteil vernetzt
und somit entscheidender Teil des
gesellschaftlichen Lebens wird.
Eben um eine Schule der Vielfalt.
„Es geht um nachhaltige Schulentwicklung.“
Stadtteilschule KirchdorfHamburg
Konnten Sie mit der wachsenden
Vielfalt im Kollegium Veränderungen
beobachten?
Die Kollegen mit Zuwanderungs-
geschichte „schlagen Brücken“ zu
großen Teilen der Schülerschaft und
sind wichtige Partner im Bereich der
kultursensiblen Elternberatung.
Welche Visionen haben Sie für die
Zukunft der Schüler unserer Schule?
Ziel müsste es sein, dass der öffentliche
Diskurs sich verändert. Irgendwann
muss es irrelevant werden, ob eine
Lehrkraft einen Migrationshintergrund
hat oder nicht. Es handelt sich um einen
gleichwertigen Lehrerkollegen, der mit
seinen bilingualen und bikulturellen
Erziehungserfahrungen einen wichtigen
Beitrag zur Öffnung von Schule und zur
interkulturellen Öffnung der Kollegien
leistet. Dies sollte nicht hervorgehoben,
sondern in Deutschland Normalität
werden.
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Schleswig-HolsteinNetzwerkLiCAULehramt international an der CAUMelanie KornChristian-Albrechts-Universität zu KielTel.: 0431-1880 1266E-Mail: [email protected]/licau
BerlinBerlinerNetzwerkfürLehrkräftemitMigrationshintergrundLandeskoordinatorin: Mengü ÖzhanHabelschwerdter Allee 45, 14195 BerlinRaum KL24/224Tel.: 030-83 85 52 94E-Mail: [email protected]@fu-berlin.de
BayernLeMi–NetzwerkfürLehrkräftemitMigrationsgeschichteHatice Tanirgan-LutzE-Mail: [email protected]
Alparslan Bayramli, Sprecher des Netzwerks E-Mail: [email protected]
HamburgNetzwerk„LehrkräftemitMigrationshintergrund“Landeskoordination: Hülya Ösün, Faried RagabLandesinstitut für Lehrerbildung und SchulentwicklungFelix-Dahn-Str. 3 (Raum 306)20357 HamburgTel: 040/42 88 42-584, -585E-Mail: [email protected] [email protected] [email protected]/netzwerk
BremenJutta SählbrandtFreie Hansestadt BremenDie Senatorin für Bildung und WissenschaftLeiterin des Referats 33 – Zielgruppenförderung Katharinenstr. 12–14, 28195 BremenE-Mail: [email protected]
Prof. Dr. Yasemine KarakasogluUniversität BremenE-Mail: [email protected]
Nordrhein-WestfalenNetzwerkLehrkräftemitZuwanderungsgeschichteDr. Antonietta P. ZeoliBurgplatz 2, 40213 DüsseldorfTelefon: 0211/899 88 30 Telefax: 0211/892 93 [email protected]
Nordrhein-WestfalenNetzwerkLehramtsstudierendemitZuwanderungsgeschichteLuigi Giunta E-Mail: [email protected] an der TU Dortmund:Veronika TimpeE-Mail: veronika.timpe@ tu-dortmund.dewww.aaa.uni-dortmund.de
Baden-Württemberg„MigrantenmachenSchule“„VielfaltimKlassenzimmer–VielfaltimLehrerzimmer“Martha Aykut, Landeshauptstadt Stuttgart Abteilung Integration, Eberhardstr. 61, 70173 Stuttgart Tel. 0711/216-7640, E-Mail: Martha [email protected] www.stuttgart.de/migranten-machen-schule
Regionale Netzwerke: Sabine Hagenmüller-Gehring, Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg Schlossplatz 4, 70173 Stuttgart, Tel. 0711/279-2715,E-Mail: [email protected]
Netzwerke – bundesweitIn vielen Bundesländern entstehen Initiativen
zur interkulturellen Öffnung von Schule:
ein Überblick mit Ansprechpartnern
Baden-Württemberg
Unter dem Motto „Vielfalt im Klassenzimmer – Vielfalt im Lehrerzimmer“ arbeitet die Landes-hauptstadt Stuttgart seit 2006 daran, mehr Schüler/-innen aus Migranten- familien für den Lehrerberuf zu interes-sieren. Das Netzwerk setzt sich auch dafür ein, die Ressourcen von Lehrer-kräfte mit Migrationshintergrund sicht-bar und für die Schulentwicklung und Lehrerbildung nutzbar zu machen.
„Migranten machen Schule!“ – Regionale Netzwerke zur inter- kulturellen Öffnung von Unterricht und Schule in Baden-WürttembergDas Stuttgarter Projekt wird im Schul-jahr 2010/11 zu einem Landesprojekt ausgebaut. Auf der Ebene der Staat-lichen Schulämter entstehen regionale Netzwerke zur Wahrnehmung unter-schiedlicher Aufgaben in der Beratung und Fortbildung von Lehrkräften und Schulen.
Berlin
Wir sind ein Netzwerk von ehrenamtlich tätigen Lehrkräften, Lehramtstudierenden und Lehramt-anwärterinnen und -anwärtern mit Migrationshintergrund. Unser Ziel ist es, Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund für den Lehrerinnen- und Lehrerberuf zu interessieren, sie im Hinblick auf die Studien- und Berufswahl zu beraten und sie in verschiedenen Phasen ihrer Ausbildung als Mentoren zu begleiten.
Unsere ehrenamtliche Arbeit hat zwei Schwerpunkte:• Mitwirkung beim Berliner
Schülercampus für Schülerinnen und Schüler mit Berufsziel Lehrkraft
• Individuelle Begleitung und Beratung von Schülerinnen und Schülern sowie Studierenden in Mentorien.
Bayern
Wir sind ein Netzwerk von Lehrkräften mit Migrationshintergrund, die ihrer Lehrtätigkeit in allen bayerischen Schularten nachgehen. Ein Schwerpunkt unserer Arbeit ist die Verbesserung des Schulerfolgs von Kindern/Jugendlichen mit Migrations-hintergrund in Bayern. Zurzeit sind wir mit der Organisation unseres Netzwerks sowie dem bayerischen Schüler-Campus beschäftigt.
Bremen
In Kooperation der Senatorin für Bildung und Wissenschaft und der ZEIT-Stiftung wird erstmalig in Bremender Schülercampus „Mehr Migranten werden Lehrer“ durchgeführt. Termin: 26. bis 29. März 2011.
Die Gründung eines Netzwerks ist in Planung.
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Schleswig- Holstein
Niedersachsen
Nordrhein- Westfalen
Hessen
Hamburg
Bremen
Brandenburg
Sachsen-Anhalt
Thüringen
Sachsen
Bayern
Saar- land
Rheinland- Pfalz
Baden- Württemberg
Mecklenburg- Vorpommern
Berlin
HamburgNetzwerk „Lehrkräfte mit Migrationshintergrund“Mit der Kick-Off-Veranstaltung des Netzwerks „Lehrkräfte mit Migrations-hintergrund“ im September 2010 im Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung hat Hamburg einen ersten Schritt auf dem Weg zum multi- kulturellen Lehrerzimmer gemacht.Zudem haben 150 Lehrkräfte und Päda- gogen, die selbst eine Einwanderungs-
geschichte haben, im Rahmen des feier-lichen Auftakts ihr Interesse an einem Engagement im Netzwerk bekundet; erste Projekte mit außerschulischen Kooperationspartnern sind angelaufen.
Bei Interesse an einem Engagement im Netzwerk freuen sich die Landeskoordi-natoren über Ihre Kontaktaufnahme.
Schleswig-Holstein
LiCAU ist ein Netzwerk für Lehramts-studierende aller Fächer und Nationa-litäten an der Christian-Albrechts- Universität zu Kiel. Ziel ist, kulturelle Vielfalt an Schulen bewusst zu machen und Chancen, die in dieser Vielfalt liegen, aufzuzeigen. Gemeinsam mit Kommilitoninnen und Kommilitonen werden extracurriculare, praxisorientierte Angebote zur Erwei- terung der eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten entwickelt. LiCAU ist ein lebendiges Netzwerk, in dem Lehramtsstudierende hinhören und sich austauschen, entwickeln und gestalten, umsetzen und begeistern, frei nach dem Motto: Miteinander arbeiten – voneinander lernen!
Nordrhein-Westfalen Hauptstelle RAA c/o RAA Düsseldorf, Dr. Antonietta P. [email protected] www.raa.de
Projekte in Nordrhein-Westfalen
Das Sprechergremium Die Landeskoordination
Cahit Basar
Netzwerksprecher
Gymnasiallehrer
Luigi Giunta
stellvertretender Netzwerksprecher,
Gymnasiallehrer
Apostolos Katsikaris
Gymnasiallehrer in Porz
Jenny Minich
Berufsschullehrerin in Köln
Carlos Barrasa
Gymnasiallehrer in Bonn
Dr. Antonietta P. Zeoli
Landeskoordinatorin des Netzwerks
der Lehrkräfte mit Zuwanderungs-
geschichte, Gymnasiallehrerin
Netzwerk Lehramtsstudierende mit Zuwanderungsgeschichte TU Dortmund NRWAus einem erfolgreichen Projekttag an der TU Dortmund ist ein Studierenden-netzwerk hervorgegangen, das interkulturelle Veranstaltungen und Workshops anbietet. Ziel des Netzwerkes ist es, den Austausch kulturellen Wissens und kulturspezifischer Erfahrungen an der TU Dortmund zu fördern. Das Netzwerk unterstützt Studierende beim Übergang ins Hauptstudium, zum Master oder Referendariat und vermittelt Kontakt zu Lehrkräften mit Zuwanderungsgeschichte.
„Kickst Du mit?“ Intercup-NRW: das SchulturnierGemeinsam mit Schüler/-innen, Lehrkräften, Eltern, Unterstützern und Kooperationspartner unterschiedlicher Herkunft und Arbeitsbereichen gestaltet das Netzwerk einmal im Jahr ein Fußballturnier als Ort der Begegnung. Oberstufenschüler/-innen aus NRW spielen um den Pokal und stellen sich Profis. Beim Intercup 2010 waren über 400 Teilnehmende und Gäste anwesend; es spielten 32 Mannschaften.
QualifizierungsmaßnahmenSchul- und Fachleitung, Berufsorientierungsberater, Interkulturelle Fachmessen, Diversity Management, kultursensible Elternarbeit, Mentoring
Ein Impuls für die interkulturelle Öffnung von Schule
Das Netzwerk der Lehrkräfte mit Zuwanderungsgeschichte in Nordrhein-Westfalen, bestehend aus über 400 Kolleginnen und Kollegen, engagiert sich ehrenamtlich für Integration, Bildung und Schul- entwicklung. Die konzeptionelle Anlage ist biographisch angelegt: Schüler – Studenten – Referendare – Lehrkräfte.
Lehrkräfte mit Zuwanderungsgeschichte verkörpern als Personen das, was gesell-schaftlich gelingen muss: Aufstieg durch Bildung! Die Kolleginnen und Kollegen stehen mit ihrer Netzwerkarbeit als Bei-spiel für eine Pädagogik der Ermutigung und einer Kultur des „Willkommen-seins“. Als authentische Vorbilder leben sie vor, dass sich Anstrengung lohnt.
Zukünftig muss der Vielfalt im Klassen-zimmer eine Vielfalt in Lehrerzimmern sowie Schulleitungsbüros gegenüber- gestellt werden. Lehrkräfte mit Zuwanderungsgeschichte können durch ihre „Gatekeeper-Funktion“ systematisch zum Abbau institutioneller Diskriminierung beitragen. Als in Deutschland ausgebildete Fach- kräfte mit bilingualer und bikultureller Milieuerfahrung können Lehrer nicht deutscher Abstammung authentisch neue interkulturelle Perspektiven in den Fachunterricht im Austausch mit den Schulkollegien aller Bildungseinrichtungen eröffnen. Zuwanderungsgeschichte ist eine wertvolle Ressource. Lehrerinnen und Lehrer mit Migrationshintergrund tragen dazu bei, den Blick für das kulturelle und soziale Kapital an Schule zu schärfen.
Fachtagungen, Kongresse, Vernetzung der NetzeExpertenwissen im Bereich interkultureller Kommunikation im Handlungsfeld wird an Interessierte weitergegeben. 2010 fand in Paderborn der Bundeskongress „Lehrkräfte mit Migrationshintergrund“ statt. Ziel ist unter anderem eine bundesweite Vernetzung von Initiativen. Eine wichtige Rolle spielt die Zusammenarbeit mit den Lehrerverbänden, Gewerkschaften und dem Cornelsen Verlag.
Schülercampus „Mehr Migranten werden Lehrer“ in NRW Der Schülercampus ist eine Initiative der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius. In Zusammenarbeit mit dem Netzwerk der Lehrkräfte mit Zuwanderungs-geschichte und anderen Fördern fand er 2010 bereits zum zweiten Mal in Düssel- dorf statt. Der dreitägige Kompaktkurs vermittelt Schülern mit Einwanderungs-geschichte Einblicke in das Lehramtsstudium und die Chancen des Lehrerberufes.
Netzwerk „Lehrkräfte mit Zuwanderungs- geschichte in Nordrhein-Westfalen“
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P971
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POD
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Die interkulturelle Öffnung von Schule schreitet voran:
Stolperchancen II präsentiert innovative Wege in
der Schulentwicklung bundesweit. Im Gespräch
zwischen Schulleitungen und Lehrkräften mit
Zuwanderungsgeschichte zeichnen sich die Chancen
und Herausforderungen einer Schule für alle ab –
heute und in der Zukunft. Ein Überblick über Initiativen
und Netzwerke rundet die Broschüre ab.
Stolperchancen II ist ein Kooperationsprojekt des
Netzwerkes „Lehrkräfte mit Zuwanderungsgeschichte
NRW“ und des Cornelsen Verlags.