Trauma und deren Folgen
Auswirkungen auf die Gehirnentwicklung bei Pflegekindern
Biografisches Erleben
• Pflegekinder entwickeln auf Grund des Filiationsbruches (Herausnahme aus der Herkunftsfamilie) entweder – massive Belastungsstörungen im Sinne von
Verhaltensstörungen oder – eine Traumaentwicklungsstörung im Sinne einer PTBS
(Posttraumatischen Belastungsstörung) oder – Kombinationen von beidem
• Manche (allerdings wenige) Pflegekinder sind so resilient, dass sie dennoch keine Störungen entwickeln
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Biografisches Erleben
• Föten registrieren bereits in der 5. – 7. Schwangerschaftswoche intrauterines Erleben
– In dieser Zeit Entwicklung des limbischen Systems (zuständig für Gefühle) mit Amygdala (Alarmsystem) und Hypocampus (Informationen über die Raum-Zeit-Struktur)
• Traumatische Erfahrungen in dieser Zeit prägen das nachgeburtliche Leben mit
– Nachgeburtliche Trigger (Auslöser) sind möglich
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Biografisches Erleben
• Transgenerationale Weitergabe von Traumen sind möglich – Telescoping – Identifikation mit dissoziierten
Anteilen von Eltern
– Unverarbeitete Traumen werden generational weitergegeben, um dort verarbeitet werden zu sollen • Dieses Phänomen wurde über drei Generationen
hinweg beobachtet – Erster (1914-1918) und Zweiter Weltkrieg (1939-1945),
Flüchtlingskinder aus diesen Kriegen, Holocaust-Überlebende (1941-1945)
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DJI-Studie von 2008
• 43% der Pflegekinder (PflK) haben Belas-tungssymptome in klinischen Bereich und bei der Verhaltensanpassung – 64% der PflK waren Gefährdungen ausgesetzt
– 12,5% der Pflk leiden unter einer diagnosti-zierten PTBS • Der tatsächliche prozentuale Anteil muss als höher
eingeschätzt werden – Bei körperlich misshandelten PflK mindestens 42%
– Bei sexuell misshandelten PflK mindestens 64%
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Störungen sind beeinflussbar
• Belastende Erfahrungen können positiv korrigiert werden – Abhängig von
• Persönlichkeit des Pflegekindes
• Bindungstyp des Pflegekindes
• Gewährleistung eines „Sicheren äußeren Ortes“ in der Pflegefamilie
• Möglichkeit der Kooperation mit der Herkunftsfamilie
• Gewährleistung von der Verarbeitung durch pädagogische Hilfestellung in der Pflegefamilie
• Unterstützung durch andere Hilfen – Beratung der Pflegefamilie
– Therapeutische Unterstützung des Pflegekindes
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Effektivität in Pflegefamilien
• Leistungen von Pflegefamilien in Bezug auf ihre Pflegekinder – Geborgenheit
– Reziproke soziale Interaktionen
– Gewährleistung und Sicherung der körperlichen Integrität
– Angemessene Versorgung mit individuellen und entwicklungsgerechten Erfahrungen
– Kontinuität von Bindung
– Kompetenter Umgang mit den „Auffälligkeiten“ der Pflegekinder
– Zulassen von Unterstützung durch helfende Personen und Institutionen
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VERARBEITUNG
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Genetisch angelegtes Bewältigungskonzept von Stresssituationen (schlimmes Ereignis)
• Schock, Verleugnung • Aufbrechende Gefühle
– Trauer – Wut
• Integration des schlimmen Ereignisses – Schlimmes Ereignis ist verarbeitet
• Schlimmes Ereignis wird „Vergangenheit“
• Das Kind kann kompensieren und mit Hilfe anderer oder sich selbst die Krise bewältigen – Selbststeuerungsfähigkeit ist (noch) möglich
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Bewältigungsmöglichkeiten von Stress-situationen
• Aufsuchen einer sicheren Bindungsperson
• Kampf oder Flucht
– Wenn das alles nicht möglich ist und der Stress durch sich selbst oder mit Hilfe anderer nicht runter reguliert werden, reagiert der Körper voll-automatisch
• Programm der Überlebenssicherung wird aktiviert
– Notfallreaktion (erfolgt in Millisekunden)
• Selbststeuerung ist nicht mehr möglich
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Notfallreaktion
• Freeze-Zustand – der Körper friert ein – Lähmung – Geschehen wird noch wahrgenommen, aber
nicht mehr gefühlsmäßig erlebt (starr vor Schreck - Katatonie)
• Totstellreflex – Kind wirkt wie abwesend - Ferneblick
– Kind fällt in Ohnmacht – Apathie
• Denken ist in diesem Zustand unmöglich – Denken wäre zu langsam – wird abgehängt, abgeschaltet
– Wenn der Körper nicht gerettet werden kann, entfernt sich das Bewusstsein!
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Notfallreaktion
• Rettung anderer, die als schwächer oder abhängig erlebt werden – Kann im Nachhinein nicht erinnert werden
• Ausschüttung von Hormonen und Neuro-transmittern – Adrenalin und Noradrenalin (ermöglicht Fluchtreaktion –
Blutdrucksteigerung)
– Dopamin (Antriebssteigerung – Motivation - Suchtphänomene)
– Cortisol (Aktiviert Stress)
– Endorphine (wirken euphorisch, regulieren Schmerz und Hunger)
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Notfallreaktion
• Dissoziation – Trennung (Distanz) der normalen Integration und Assoziation von Erlebnissen – Primäre strukturelle Dissoziation
• Ein Teil des Erlebten wurde nicht integriert, jedoch bewusst wahrgenommen und kann angetriggert werden
• Der Anlass kann erinnert werden
• Der sonstige Alltag ist überwiegend normal bewältigbar
– Beispiel • Das Kind ist von einem anderen Kind geschlagen
worden und wird dann sauer oder ängstlich, wenn diese Kind wieder auftaucht
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Notfallreaktion
– Sekundäre strukturelle Dissoziation
• Ein Teil des Erlebten wurde nicht integriert und die Reaktion wurde nicht bewusst wahrgenommen (Kind war eingefroren)
• Der Anlass kann (teilweise) erinnert und getriggert werden – Ein Teil der Persönlichkeit wird z.B. schnell wütend
– Ein Teil der Persönlichkeit wird z.B. starr, wenn er sich zurück gesetzt fühlt
– Ein Teil der Persönlichkeit hat z.B. permanent Angst vor Gefahren
• Der sonstige Alltag ist normal bewältigbar
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Notfallreaktion
– Tertiäre strukturelle Dissoziation
• Das Erlebte war so schlimm, dass verschiedene Persönlichkeiten (Unterpersonen) gebildet wurden – Multiple (dissoziative) Persönlichkeitsstörung (Identitäts-
störung)
» Es entstehen unterschiedliche Bewusstseinszentren
• Innere traumatische Kinder
• Sie haben unterschiedliche Gefühle, Alter und Verhaltens-weisen
• Sie „kennen“ sich nicht
• Sie werden durch unterschiedliche Kontexte aktiviert
• Sie haben teilweise keine Traumaerinnerung
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VERHALTENSSTÖRUNGEN
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Bindungstypen
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Sicher gebunden
Unsicher gebunden
A-Kinder unsicher-vermeidend
B-Kinder sicher
C-Kinder unsicher-ambivalent
D-Kinder desorganisiert
Verhaltensstörungen
• Nicht das Pflegekind ist gestört, sondern belastendende Beziehungserfahrungen waren für die Entwicklung störend
• Heutige Störungen im Verhalten eines Kindes sind adäquate Reaktionen auf (damals) erlebte Störungen
• Mit seinem Verhalten reagiert ein Pflegekind „normal“ in der Gegenwart auf pathologische Erfahrungen der Vergangenheit
• Problemverhalten ist ein Lösungsverhalten in dem Kontext, in welchem eine Lösung wichtig war Dr. phil. Eberhard Krüger Traumatisierte Pflegekinder 21
Verhaltensstörungen
• Allerdings:
• Manchmal reagiert das Pflegekind auch mit einer Verhaltensstörung – Auf erlebte Störungen durch das Verhalten von
Pflegeeltern oder anderen Personen oder
– Auf erlebte Störungen in der Herkunftssituation
• Das heraus zu finden kann schwierig sein – Aufgabe der BeraterInnen von Pflegefamilien
– Aufgabe von anderen unterstützenden Personen oder Institutionen
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Reaktionen von Pflegekindern
• Bei traumatisierten Pflegekinder heilt (leider) nicht die „Zeit alle Wunden“
• Hyperarousal – Hyperaktivität
– Ständige und dauerhafte Wachsamkeit, nicht wieder bedroht zu werden
• Intrusives Erleben
– Wiedererleben von traumatisierenden Situationen
– Sich aufdrängende Gedanken, Bilder, Geräuschen usw., die sich nicht weg drücken lassen
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Reaktionen von Pflegekindern
• Dissoziative Verfassungen – Das Pflegekind verhält sich (plötzlich) so, als sei
kein Gegenüber vorhanden • Es gibt keine Erklärung für das Verhalten im Hier und
Jetzt
– Das Pflegekind „teilt“ damit das Unaussprechliche von damals durch diese Inszenierung mit
• Übertragung/Gegenübertragung – Negative Beziehungserfahrungen werden auf die
Pflegeeltern übertragen, als wären diese die (als böse) erlebten Herkunftseltern
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Reaktionen von Pflegekindern
• Übertragung/Gegenübertragung – Die Pflegemutter ist in der Wahrnehmung des
Pflegekindes dann „zwei Mütter“
– Die Pflegevater ist in der Wahrnehmung des Pflegekindes dann „zwei Väter“
• Grenzverletzendes Verhalten – Zeigarnik-Effekt (Dinge zu Ende bringen wollen)
• Das Trauma (der Vergangenheit) soll aufhören, zu Ende gehen und dadurch nicht wieder kommen
– Würde das Pflegekind für das grenzverletzende Verhalten sank-tioniert (was ja eigentlich Sinn macht), würden im Erleben des Pflegekindes die Pflegeeltern zu (den damaligen) Tätern
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Reaktionen von Pflegekindern
• Täterintrojekte
– Die negativen Verhaltensweisen der Herkunftseltern sind im Pflegekind eingepflanzt und zu eigenen Handlungsweisen geworden
• Die gesunde selbst bewertende Instanz für „Gut und Böse“ ist verzerrt oder kann nicht wahrgenommen werden (dissoziiert) – Es erscheint dann oftmals, als ob das Pflegekind „lügt“
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Umgang mit „Geistern“
• Die Pflegefamilie nimmt die „Geister“ der Herkunftsfamilie durch das Pflegekind mit auf – Täterintrojekte
• Das Pflegekind wird nach der Aufnahme in die Pflegefamilie mit den „Geistern“ der Pflegefamilie konfrontiert – Eigene Familienbilder, die dem Pflegekind völlig fremd
sind
– Wünsche an das Pflegekind, welches es (manchmal) nicht erfüllen kann
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Wechselseitiges Trauma
• Aufnahme eines Pflegekindes kann dann als „traumakompensatorisches“ Verhalten verstanden werden, wenn das Pflegekind eine „therapeutische“ Funktion erfüllen soll – Erleben von z.B. Kinderlosigkeit als Hilflosigkeit oder
Ausgeliefert-Sein
• Die Bewältigung dieses Themas der Pflege-eltern kann ein hilfreiches Konzept für das Pflegekind sein (Modell konstruktiver Bewältigung)
– Sind die Themen nicht bewältigt, können sich Pflegefamilie und Pflegekind gegenseitig triggern
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Reaktionen von Pflegeeltern
• Pflegeeltern reagieren auf die Verhaltens-weisen ihrer Pflegekinder – Durch Projektion
• Pflegekindern wird das eigene (problematische) Verhalten zugeschrieben
– Durch Übertragung • Eigene negative Beziehungserfahrungen werden an den
Pflegekindern „wieder erkannt“ und dort „bekämpft“
– Durch „Traumatischen Übertragung“ • Pflegeeltern dienen als „Resonanzraum“ für verdrängte
Belastungen der Pflegekinder und werden durch die Pflegeeltern spürbar/erlebbar und oftmals von den Pflegeeltern abgewehrt
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Schulisches Lernen
• Schule ist heutzutage oft verbunden mit Anforderungen, Ärger und Mobbing
• Selbstbestimmung ist weniger möglich und triggert traumatisierte Pflegekinder
• Lernen erfordert Zusammenarbeit von linker und rechter Gehirn-Hemisphäre – Ein nicht blockierter Hypocampus (speichert Lerninhalte)
ist die Voraussetzung dafür, dass Lerninhalte gespeichert werden können
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Schulisches Lernen
• Nicht traumatisierte Kinder sind „lernsüchtig“ (genetisch angelegt)
• Bei traumatisierten Kindern ist dieses gestört, weil sie sich (immer noch) existentiell von „der Welt“ bedroht fühlen
• Bindungssicherheit kann vorerst nur in dyadischen Beziehungen (wie z.B. in der Pflegefamilie) erlebt werden, in Gruppen (ab 2) wird die 3. Person als Konkurrenz wahr genommen – Störverhalten ist dann eine „Überlebensstrategie“
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SYMPTOME
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Störungen bei Pflegekindern
• Soziale Anpassung nach außen
– Tendenz zum Stehlen
– Probleme mit Nachbarn
– Probleme mit Institutionen und formellen Gruppen
– Schwierigkeiten, akzeptiert zu werden
– Destruktives Verhalten
– Dissoziale Kontakte
– Probleme mit Gleichaltrigen Verhaltensstörungen
– Probleme im Verein
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Störungen bei Pflegekindern
• Zugang zu eigenen Gefühlen
– Motorische Unruhe
– Schwierigkeiten beim Ausdruck von Gefühlen
– Unsorgfältig mit sich selbst
– Schwierigkeiten im Austausch von Zärtlichkeit
– Probleme mit der Geschlechtsrolle
– Mangelhaftes Einfühlungsvermögen
– Distanzlosigkeit
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Störungen bei Pflegekindern
• Familiäre Identität in der Pflegefamilie
– Probleme mit der Rolle als Pflegekind
– Probleme mit Beruflichkeit des Erziehungsverhältnisses
– Probleme mit der Bezahlung der Erziehungsarbeit
– Problematisches Verhältnis zu Verwandten der Pflegefamilie
– Problematisches Verhältnis zur Herkunftsfamilie
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Störungen bei Pflegekindern
• Bindungsprobleme
– Tendenz zu Misstrauen
– Probleme mit dauerhaften Beziehungen
– Probleme mit Partnerschaftsbeziehungen
– Probleme mit den Pflegeeltern
– Taktisches Lügen
– Mangelhafte Konfliktfähigkeit
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Störungen bei Pflegekindern
• Impulsivität und Labilität
– Gefühlsschwankungen
– Mangelhafte Frustrationstoleranz
– Unordnung
– Unwirtschaftlicher Umgang mit Geld
– Suchttendenzen
– Tendenz zu Ängsten
– Tendenz zu psychosomatischen Reaktionen
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Pädagogische Sanktion
• Unterscheidung zwischen „Sanktion“ und „Strafe“
– Eine pädagogische Sanktion dient dem Pflegekind
• Dem Pflegekind wird eine Rückmeldung über die Folgen seines Tuns „inszeniert“ – Positive oder negative Verstärkung
– Eine Strafe dient den Pflegeeltern, um wieder Wirkungen erreichen zu können
• Die verlorene Wirkungsmacht in Bezug auf eine Sache wird durch Beziehungsmacht kompensiert
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Survival-Tipps
Rech-Simon, Simon (2010, 2. Auflage)
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1. Gebot
• Was immer Ihr Kind auch tun mag, es ist Ihre Aufgabe, die Kommunikation nicht abreißen zu lassen und die Beziehung zu ihm aufrecht zu erhalten!
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2. Gebot
• Wenn Ihr Kind sich so verhält wie „durch-schnittliche“ (biologische) Kinder, gehen Sie mit ihm wie mit einem „durchschnittlichen“ Kind um! Wenn Ihr Kind sich anders verhält als andere Kinder (=nicht „durchschnittlich“), dann gehen Sie mit ihm auch anders um, als Sie mit „durchschnittlichen“ Kindern umgehen würden!
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3. Gebot
• Lassen Sie sich nie auf Machtkämpfe mit Ihren Kind ein, denn Sie und Ihr Kind können dabei nur verlieren!
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4. Gebot
• Respektieren Sie die Autonomie und Grenzen Ihres Kindes. Lassen Sie die Verantwortung für sein Handeln bei ihm und denken Sie nicht, Sie wüssten, warum es sich so verhält, wie es sich verhält. Auch wenn Ihnen sein Verhalten nicht gefällt oder nicht akzeptabel erscheint: Werten Sie Ihr Kind nie als Person ab!
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5. Gebot
• Geben Sie Ihrem Kind so viel positive Rückmeldung wie nur irgend möglich, Im Zweifel bejubeln Sie auch Kleinigkeiten und vermeintliche Selbstverständlichkeiten. Werden Sie zum „Präsidenten des Fanklubs“ Ihres Kindes!
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6. Gebot
• Stehen Sie Ihrem Kind gegenüber für Ihre persönlichen Werte ein, aber tun Sie dies ohne den Anspruch, eine höhere Wahrheit oder absolute Normen zu verwalten. Vergessen Sie dabei nicht, dass Ihre alltäglichen Verhaltensweisen im Blick auf Ihre eigenen Werte aussagekräftiger sind als alle Worte.
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7. Gebot
• Seien Sie gegenüber der Außenwelt parteilich für Ihr Kind. Zeigen Sie ihm, dass Sie es bedingungslos – wie die sprichwörtliche Löwenmutter ihr Junges – verteidigen. Und tun Sie das selbst dann, wenn Sie sehen, dass Ihr Kind Unrecht hat.
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8. Gebot
• Erzählen Sie Ihrem Kind – jeweils in der seinem Alter entsprechenden Form – alles, was Sie über seine Herkunft, die biologischen Eltern und die Hintergründe und Umstände seiner Adoption wissen. Das alles sollte nicht als Geheimnis behandelt werden oder als etwas, dessen man sich schämen müsste. In diesen Erzählungen sollten Sie den biologischen Eltern Ihres Kindes immer unterstellen, dass sie stets das Beste für ihr Kind wollten. Enthalten Sie sich jeder Abwertung der biologischen Eltern, denn Sie würden damit auch Ihr Kind abwerten.
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9. Gebot
• Machen Sie sich, Ihre Identität und Ihr Selbst-wertgefühl unabhängig vom Verhalten Ihres Kindes. Schützen Sie sich vor seinen eventuellen „Ausrastern“, vor allem, wenn sie mit destruk-tiven Aktionen verbunden sind. Seien Sie darauf gefasst, dass Sie aufgrund der manchmal ziem-lich radikalen Verhaltensweisen Ihres Kinder, die nicht immer den Erwartungen und Normen Ihres sozialen Umfeldes entsprechen, selbst vorüber-gehend in eine Außenseiterrolle geraten können.
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10. Gebot
• Haben Sie Geduld, Geduld, Geduld! Behalten Sie die Zuversicht, dass früher oder später alles gut wird!
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Kern einer Traumapädagogik
• Kinder/Jugendliche sind durch Beziehungs-erfahrungen traumatisiert
• Kinder/Jugendliche sind von ihren relevanten Bezugspersonen verlassen worden
• Heilende Bindungserfahrungen sind von daher ein zentrales Anliegen der TP
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Kern einer Traumapädgogik
• Kinder/Jugendliche brauchen von daher:
– Eine absolute äußere Sicherheit - zuverlässig
– Emotionale Sicherheit durch Bindungspersonen (Pflegeeltern)
– Erleben von Selbstwirksamkeit und Selbst-ermächtigung in sozialen Bezügen
– Sich distanzieren lernen von Triggern
– Die Zuordnung ihrer Verhaltensweisen in die „richtige“ Zeit
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TP-Grundhaltung
• Die Annahme des guten Grund
– „Alles was ein Mensch zeigt, macht einen Sinn in seiner Geschichte!“
• Was war die Ursache für die Lebensbedrohung?
• Wie finde ich eine Heilung für die Verletzung?
• Wie kann ich eine derartige Bedrohung in der Zukunft vermeiden?
• Wie kann ich Schmerz vermeiden, missachten, umgehen, abschwächen oder aushalten?
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TP-Grundhaltung
• Pädagogische Intervention:
• Du machst das weil … (Du glaubst, wieder geschlagen zu werden) und hier … (wirst Du von mir oder einer anderen Person nicht geschlagen)
– Schaffen eines Zusammenhanges von Vergangenheit und Gegenwart!)
• Bilaterale Stimulation
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TP-Grundhaltung
• Wertschätzung
– „Es ist gut so, wie du bist!“
– Korrektur der Erfahrung von Ohnmacht, Hilflosigkeit, Erleben von Selbstwertverlust und Unwirksamkeitserfahrungen
– Akzeptanz ist eine nicht an Bedingungen gebundene Wertschätzung ( Tausch)
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TP-Grundhaltung
• Partizipation
– „Ich trau Dir was zu und überfordere Dich nicht!“
– Stufen der Partizipation (Kühn)
• Nicht-Information
• Manipulation
• Information
• Mitsprache
• Mitbestimmung
• Selbstbestimmung
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TP-Grundhaltung
• (Sprechende) Transparenz
– „Jeder hat jederzeit ein Recht auf Klarheit!“
– „Ich erkläre Dir, was, wann, wo und vor allem warum etwas passiert …
• von dem, was in der Vergangenheit passiert ist, was gerade war,
• von dem, was im Moment geschieht und
• von dem, was mich gleich oder in naher Zukunft erwarten wird.“
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TP-Grundhaltung
• Spaß und Freude
• „Viel Freude trägt viel Belastung!“
– Aus bindungstheoretischer Sicht bedeutet ein freudvolles Lernen, Miteinander und Spielen, dass sich Menschen wohl und sicher fühlen
– Humor als Resilienzfaktor
• Klinikclown
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