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S c h o n im J. 1827 beobachtete ich die Heduction des Palladiurns, wenn die Aufloswig desselhen bci gewiihnli- cller Temperatur an der Luft verdampftc. Das Palladium stellt sich als ein selir scliiln glSnzendes 3Ietallliiiutclicn dar, welches an den Wrinden dcs Gefiifses sicli anlegt, wiilirend durch das Vcrduiisten bci erhiihter Teinperiitrir das Pnlladiuiiisalz als Riickstnnd c r l d k n w i d . Es drlingle sich mir der Gedanke aiif, dill's dcr Stickstoff der ntino- sphiiriscben Luft liicr wolil dcr reducirciidc Stoff sejii moclite, ein Gedanke, welchen icli utn so weniger iiffent- lich aussprach, als inir kcine iiliiiliche W r k u n g bei nn- dern Metallsnlzcn beltnniit war; die Goldaufliisung allcin ausgenommen, welche jetloch nur d a m nacli langer Zcit cine schwache Reduction zcigt, weun sie volllioiiiiiicii neutral ist, da hingegeo dns Palladium auch atis der Aili f -

liisong, die vie1 freie Saurc e n t h ~ l t , in verhdtuil'smil'sig kurzer Zeit vollstlindig reducirt wird.

In diesen Tagen (Anfangs Septembers) fand ich mich voniiglich vernnlalst, diesc vermiitliete reducirende Wir- kung dc.i Sticlts!offs einer niihcrn Priifiiog zii unterwcr- fen, indem icli beiin Coockntriren einer Aufldsung von uralscheiii Flntin in Kihigswasser, wclches aus gleichen Theilen Salpeter- und Salzs3ure gcbildct worden war, die Ausscbeidung cines GoldhSutc1:ens auf der OberflSche dicscr, noch schr vie1 freie Saure enthaltendcn, Fliissig- keit wdlrnahm *). W e n u die angegebene Reduction der

*) Das uralsclie Platin hat n h l i c h vie1 Gold beigemeogt, welclles nur sehr scliwer von den eigentlichcn Platinerzkiirnchen getrennt werden kanti. Day Platinert selLst ltingegcn enilllilt, wie i c l ~ m i d durclr Versuclie uberreugt habe, Loin G o l d , wic denn ja ouch B e r L e I i u s keines als Bastandtlleil angzgeben hat.

138 Palladium- und der ueutralen Goldaufliisung an der at- mosphzrischen Luft die reducirende Wirkung des (reinen) Stickstoffs verlnuthen l i e t , so mufste diese Reduction des Goldes aus ciner Aufliisung, die vie1 freie und con- centrirte Saure enthalt, zu deFAnsicht leiten, dab selbst der chcuiisch mit Sau2rstoff verbundene Stickstoff - wel- che Verbindung bei Einwirkung der Wiiruie auf die Ki- schung von SaIpeter- uncl Salzsiiure leicht gebildet wer- den kann - die Reduction, wenigstens des Goldes, zu bewirken verniag.

Folgende Versuclie bestbtigen die Richtigkeit dieser Ansicli t :

1) Die gewiihdiclie Goldaufbsung, d. h. die freie S u r e eutliiilt, wurdc dergestalt mit Stickoxydgas in Be- riilirung gebracht, dafs die entnickelte Luft in die Goldaufliisung geleitct wurde ; es erfolgte bald dic Reduction des Goldes, ivclches sich theils an den Wanden des Glases fest anlegte, thcils die auf- fiteigende Ldtblase gleichsam mit einer nietallisclien HiilIe iiberzog, welche beiin l’latzeii der Blase auf der Oberfliiche der Flussigkeit als Hrititclien sich dnrsdlte. Bach kurzer.Zcit war alles Gold aus dcr Fliissigkeit ausgcschieden.

2) Eben so erfolgt die Reduction, wenn dic Goldauf- liisuug der Einwirliung der salpetrigen Siiure aus- gesetzt wird, was leicht dadurch bcwirkt werden kanu, weun eine Riihre mit Goldaufliisung in dew obern (leeren) Raum einer Flasctie gehalten wird, welche rauchende SalpetersHure (salpetrigc Salpe- tersiiure) entliiilt , iudem dann die GoldauBiisung mit den aufsteigenden Uimpfen der salpetrigen Saure in Beruhrung tritt; oder mail braucht nur die Fla-’ sche mit der rauchenden SaIpetersaure dergestaIt iiber das die Goldaiifliisung enthaltene GefiiG zu neigen, dafs die aus der Oeffnung der Flasche eut- weichenden Dampfe die Goldaufliisung beriihren.

139 3) Stickoxydl,lgas bingegen bewirkt keine Reduction

des Goldes. 4) Eben SO wenig wird von Stickoxydgas oder der

salpetrigen Saure die Reduction des Palladiiims oder irgend cines andern Metallsalzes bewirkt.

5 ) urn mich niiher zu ubcneugen, dafs die Eingangs en&nte Reduction des Palladium und der neu- tralen Goldauflbsung an der atmosph:irischen Luft vom Stickstoff herruhrt, setzte ich die Auflbsung dieser Metallsalze der Einwirkung dcrjenigcn atino- spharischeu Luft aus, welcher der Sauerstoffgehalt entzogen worden ist, wozu sich die farblose Auf- losung des salzsauren Kupferoxyduls - in Salzsiiurc am vorzuglichsten eignet *). Ungcfiilir nach 8 Ta- gen fand in dieser abgeschlossenen Luft die schwa- che Reduction des Goldes, aber keine Spur des Palladiums statt.

Das Resultat dieser Versuclie ist dcinuach folgendes: A. Der Stickstoff reducirt so~.vohl d; is Gold, als auch

das Palladium - und aus eiiiigen Erschcinungen zu schliefseu, durfte wohl aucli die Silber- und Platinaufliisiing nach langer Zeit cine Reduction er- leiden - mird dalier die ,4ufl6sung dieser Metalle Iange Zeit hindurch in Beruhrung mit der atmo- sphlriseheu Luft gelassen, so erfolgt init dein Ver- damp fen der Flussigkeit zugleich die Reduction, Dieses Verdunsteii ist die Bedingung der stattfin- denden Reduction, indeiii der Stickstoff nur in so- fern dein aiifgeliisten Metalloxyd seiuen Sauerstoff zu entziehen im Stande ist, als zugleich die S u r e des Salzes beim Verdunsten mit entmeicht. Daher

* ) Die meistcn Kiirper, welche der AtmosphHre leicht den Sauer- stoff entziehn , entwickeln entweder bei dieser Oxydation eina Luft oder hwclicn D h p f e aus, die entweder die Reduction oder die Zersetzung der Goldaufliisung bewirken konnen, welches letztere selbst ntit dem gawiihnlichen Clilorzinn der Fall ist.

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wird das Palladium, obgleich weit weniger rcdu- cirbar als das Gold, an der atmosph%ischen Luft volllio~~imen reducirt, das Gold aber niir ziuii Thell; weil die Auflbung jenes Metalls bis zuln trocbnen Rucksfand bei gewiilinlicher Teinperatur verdunsfet, die Goldaufl6sung aber nicht, welclie vielinehr, F\ ie bekaunt, als lrry~tallisirbares Salz a i l der Luft zcr- fliefst. Auch ist es leicht begreiflicli, dafs es bei der Palladiuinaufliisung von keiiiem wesentlichen Einflu[s ist, ob sie neutral oder saucr ist, und wird im ersten Fallc die Reduction etwas sclinellcr er- folgen, die Go1d;iufIiisung liingegen wird nur dann zum Theil reducirt, wenn sic iieutral ist. Die saure zeigt iiacli melirercn Monnten keine Spurcn von re- ducirtcm Golde. Endlich ist es leicht bcgreiflich, dafs durch das Verdiinuen mit Wasser die Re- duclion begiiristigt wird.

B. Dafs der mit Sauerstoff chclnisch verbundenc Stick- stoff wie Stickoxydgas und salpctrigc Siiure die Aufliisung des Goldes weit sclincllcr uud vollstiii- diger aIs der reina Stickstoff reducirt, ist uicht auf- fallend, indeiii der Stickstoff ein iihnliches Vcrhal- ten wie audere in verschiedeiieiu Grade oxydir- bare K6rper in dieser Hiiisicht zcigt, wie z. B. der Schwefcl im Allgclneineu weit weniger rediicirend nls die scbweflige SSurc ist. Wcnn ferner das Stickoxytlulgas keine Reduction be\\ irlct, so ist die- ses sowolil in dcr gcringeren Ouydirharkeit, als aucli iu dcr weit inuigern Verbiudung der Bestand- theile dieser Luft, gegen die dcr Salpeterluft rind salpetrigen SSure gchalten, gegi iindet. Der W-i- derspruch liiiigegcii, der dario zu liegen scheint, daL die Palladiulnaufliisung wcder ron der Salpeter- Iuft, noch von deii salpetrigen SYuren (anmittelbar) reducirt w i d , was leiclit diirch den verscliiedenen Grad der Verwandtschaft dieses oxydirten Stick-

141 staffs zum SanerstofP und der des Palladiums zum Sauerstoff und zur Satire - S O W O ~ ~ der Aufliisung a]s der durch Einwirkul~g des oxydirten Stickstofh auf die Flussigkeit sich bildenden salpetrigen oder Salpetersaure - aufgehobeu , w ofiir ebenfalls der Sch\vefel und die schweflige Siiure, in Riicksicht ihres Verhaltens zur Silberaufliisung, als Beispiel ;Ingefuhrt werdcn kiinnen, indein diesc Siure, ob- gleich im Allgenieinen redocirender als der Schwe- fel, dennocli das Silber aus der Aufliisung nicltt reducirt, wShrend der Schwefel, obgleich langsam und schwach , die Reduction bewirkt. Nach dieser Erorterung ist es Ieicbt einzusehen, dafs bei der Reduction des Goldes durch Stickoxyd und salpe- trige Skire, die Verdunnung der Goldaufliisung mit Wasser nicht nur bedeutend fijrdernd, sondern sogar nothwendig ist, indein eine concentrirte Auf- liisang mit freier Saure von dcr salpetrigen Same gar oft, und von der Salpeterluft nur im Anfang reducirt wird. Daher endliclt der Grund leicht ein- zusehen ist, warum die Goldau€l6sung, wcnn sie lange in Beruhrung mit der salpetrigen Siiure bleibt, (nach Vers. 2.) keine Reduction zeigt, meil das an- fangs rrc'ucirte Gold durch die gebildete Mischiing von Salpeter und Salzsaure wieder aufgeliist wird. Diese Erscheinung der anf;inglichen Reduction und des nachherigeu Wiederauflijsens wird wieder um so sicherer und schneller stattfinden, je mehr freie Salzsaure die Goldaufliisung bei einer bestimmten Concentration enthalt. Schliefslich ist es wohl iiber- fliissig zu erwahnen , dafs bei dieseu Versuchen iiber die reducirende Wirkung des Stickstoffs das Licht ausgeschlossen worden ist.


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