Uber einige sehr emplindliche Reaktionen mit Apomorphin.
Yon F. P a v e l k a .
Aus dem chemischen Laboratorium des Radiowerkes E. Schrack A.-G.. Wien.
(Eiagelangt am 7. November 1929.)
I. Nachweis yon Nitri t und Ni t ra t ion sowie qual i tat ive Tren- h u n g beider .
Bei der Nachprfifung der in der Literatur angegebenen Er- kennungsproben auf Apomorphin ergab es sich, dab eine Reihe yon Reaktionen auf eine gemeinsame Wurzel zuriickzufiihren ist, n'~m- lich auf das Verhalten des Apomorphins in saurer LSsung 0xy- dationsmitteln gegenfiber. So wird angegeben, da{~ Apomorphin
H C
C ~,H
HC C N. CHa. HCI
E HC C CH2
C C H H2
a) bei LSsung in Salpeters&ure (Konzentration?) eine blutrote
Uber einige sehr empfindliche Reaktionen mit Apomorphin. 47
LSsung gibt 1) ; b) als 1 : 10.000 verdfinnte LSsung mit 1 Tropfen Ferriehlorid
( 1 0 ~ ) eine blaue Fgrbung gibP) ; c) in 1Toiger wgsseriger LSsung eine Minute mit 4 Tropfen
0,4%igem Kaliumbiehromat geschtittelt his zum Auftreten einer Grfinfiirbung und dann mit Essigester ausgeschfittelt, diesen dau- ernd violett fiirbt'°).
Diese Reaktionen sind nur eine Folge der oxydierenden Wirkung der angewendeten Reagenzien. Tabelle I gibt eine Ubersieht fiber den Eintr i t t der Reaktion des Apomorphins mit versehiedenen Stoffen (in essigsaurer LSsung).
Tabelle I.
C1.. Br~ J~
HCIO Fe(CN). m
Na' SOa"
÷
_[_
- i -
÷ 0 0
CIO a' ClO~' BrOa' JOa'
CrO," Hg n
I@InQ
O 0 -f- +
@ i
H-
H~O~ NQ' NO2' Fem
_
O - ! -
÷
Dabei entstehen je nach den t~edingungen offenkundig zwei Re- aktionsprodukte. In relativ konzentrierterer LSsung (Gehalt== = einige Prozente) und bei Gegenwart yon Minerals~ture oder viel Essigsgure entstehen schmutzig-r0tbraune F~illungen. Bei groger Verdfinnung entsteht in mineralsaurer LSsung eine rotbraune Fgr- bung. Diese r o t b 1' a u n e n Reaktionsprodukte ]assen sich mit den sp~tter erw~ihnten LSsungsmitteln n i c h t a u s s c h f i t t e 1 n, sie entstehen beim Erw~irmen s o f o r t. Vollkommen verschieden verhglt sich das Apomorphin in schwaeh essigsaurer (abgestumpf- ter) LSsung. Ftihrt man n~imlich die Reaktion so aus, dag man auf.1 ccm 2 his 3 Tropfen 50%iger Essigs~iure und etwas Natrium- azetat hinzufiigt (oder mineralsaure L~sungen mit Natr iumazetat abstumpft) , so entsteht 1 a n g s a m eine b 1 a u g r fin e Verbin- dung, die sich unter anderem mit Chloroform, Schwefelkohlenstoff,
1) LI,'N(;E-B~:RL, Chem.-techn. Untersuchungsmethoden, III, 916. -") Pharmaz. Ztg., 1902, 739.
48 F. Pavelka:
Essigester, Ather, Benzol, Amylazetat , Xylol, Tetraehtorkohlen- stoff mit leuchtend viole~ter Farbe a u s s c h ~i t t e 1 n 1 ~ l~ t. Da diese Violettf~rbung um einige GrSl~enordnungen empfindlicher ist, wird ftir die Zwecke der nachfolgenden qualitativen Nachweise nur ihre Biidung angestrebt.
1. N a c h w e i s v o n s a l p e t r i g e r S ~ i u r e .
Die stark verdiinnte LSsung eines Nitrites wird mit 2 bis 3 Tropfen 50%iger Essigs~iure anges:Suert und darauf 1 bis 2 mg Apomorphin in Substanz hinzugeftigt. Man erw~rmt bis nahe zum Sieden, l~il~t bis zum Erkalten stehen und schtittelt dann mit Essig- ester aus. In Tabelle IIa ist der Ausfall der Reaktion bei verschie- denen Verdtinnungen beschrieben und in IIb sind die wichtigsten Nitritreaktionen zum Vergleich angeffihrt.
Tabelle IIa. Nachweis yon N0~.
Menge Volumen Verdtinnung Ausfall der Reaktion I NOj
1 : I00.000 1 10T
2 1 ;
3 0"33 -:
4 0"20 y
1 c c m
10 ccm
5 ccm
1 ccm
1 : 10.000.000
1.15~000 000
1 : 5.000 000
~beraus kr~,ftige Reaktion, Ftirbung ges~tttigt, man braucht zirka ~ccm Essigester zum Ausschtitteln
Sehr kr~tftige Reaktion (aus geschO ttelt m[t 0 2 - 0 : 3 ccm Ester)
Deutliche Reaktion (ausgesch[ittelt mit 0.2--0.3 ccm Ester)
Noch deutlicb erkennbare Reaktion
Aus dieser Tabelle ergibt sich, dal~ bei einer Erfassungsgrenze yon 0,33[F]~ die Empi~ndlichkeit 1 : 15,000.000 betr~igt. In grSl~e- rem Volumen l~l~t sich die Empfindlichkeit noch vergrSl~ern, im kleinerem Volumen die erfal~te Menge verringern.
Bei Trinkwasseruntersuchungen schliel~en sich wohl die Mehr- zahl der in Tabelle I genannten mit Apomorphin reagierenden Stoffe aus, doch kSnnte Ferriion einen stSrenden Einfiul~ entfalten. Sauert man ]edoch stat t mit Essigsaure mit einigen Tropfen ver- dtinnter Phosphors~iure an (Phosphatzusatz allein wirkt nicht quan- t i tat iv) , so gelingt es, die Stsrung durch Fe ' " "-Ion vollkommen auszuschalten.
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Tabelle IIb.
Reaktioa Menge N~O~
1. 100 ccm
2. 3 cam
3. 100ccm
4. 20 ccm
In 10' Blaufltr- bung mit Starke und Jodkali in phosphorsaurer
L~isung
Rosaf~trbung mit H~S04 und
Brucin
Bildung yon Triaminoazo-
benzol aus Meta- phenylendiamin
Diazotierung yon Sulfanilsaure
und Kuppeiung mit
Naphtylamin
0,05 mg/1
0 , 2 mg]l ,#ben noch wahrnehm-
bar"
0~03 mg/1
0,01 rag/1 Strenger
Luftabschlu•
L. W. WINKLER, Ztschr. fiir Untersuchung der Nahrungs- und Genul~mittel, 29, 10; 1915.
Empfindlichkoit: 1:20,000 000 Erfaf~t: 5 Erfassungs~renze 5,0[F]too
LUNGE - BERL, Chem. - tecb. Untersuch. I. 522.
Emfindliehkeit: 1:5,000.000 Erfal3t: 0,6 ~" Erfassungsgrenze: 0,6[F]a
GRIESS (Ber. 11, 624; 1878), modifiziert von TIEMANN und PREUSSE.
Empfindlichkeit 1:30,000.000 Erfaftt: 3 l" Er fassung~gt-enze: 3,0[F]l~o
GRIESS, mod. yon ILOSVAY- LUNGE, Bull. soc. chim. [3J, 2, 317; 1889.
EmpfindiichkeJt: 1:100.000.000 i Erfai3t: 0.2~" I Erfassungsgrenze: 0,2[F].~
Gegeniiber der Apomorphinreaktion lassen die Reaktionen i bis 3 vorstehender Tabelle zwar die gleichen Verdiilmungen zu, erfor- dern aber das Vorhandensein bedeutend grSl~erer Nitritmengen. Die Apomorphinreaktion wird nur teilweise von 4 iibertroffen, die bei g 1 e i c h e r Erfassungsgrenze eine griil~ere Enmpfindlichkeit besitzt.
2. N a c h w e i s v o n N i t r i t i o n n e b e n N i t r a t i o n .
Nitrate reagieren in essigsaurer Liisung nicht mit Apomorphin. Es wird wohl manchmal mit Nitraten eine tiberaus schwache Re- aktion erhalten, doch riihrt diese immer yon Spuren Nitrit her. Auch verdtinnte freie Salpetersiiure reagiert nicht. Salpeters~ture grSi~erer Konzentration greift das Apomorphin als organische Sub-
50 F. Pavelka:
stanz besonders beim Erw~rmen an und die durch die Reaktion entstehende salpetrige S~ure reagiert dann s o f o r t m i t dem Apo- morphin. Dies mag anf~.nglich etwas befremdlich erscheinen, da ja, wie aus Potentialmessungen hervorgeht, die Salpeters~ure alas st~rkere der beiden Oxydationsmittel ist. Augenf~lliger ist aber die oxydierende Wirkung der salpetrigen S~ure deshalb, weft sie rascher erfolgt und die Bildung von NO~, das bei der 0xydation als Zwischenprodukt auftritt, aus HNO~ viel rascher erfolgt als aus HNQ. Bei der Salpeters~ure geht die NQ-Bildung wohl immer fiber das Anhydrid N.~Q. Zu seiner Zersetzung in NO_~ ~- 0 bedarf es aber immer der Anregung dutch Licht oder W~rme. So zeigte verdiinnte Salpeters~ure, die auch nach 24stiindigem Stehen mit Apomorphin im Dunkeln nicht reagierte, eine schwache Reaktion naeh ein- bis zweistfindigem Stehen in vollem Sonnenliehte. Im zerstreuten Tageslicht bedarf es zum Eintritt einer schwachen Reaktion eines Vielfachen dieser Zeit. Fiir die praktische Aus- wertung der Reaktion der salpetrigen S~ure bei Gegenwart von Satpeters~ure, die bei kteinsten Mengen 5 bis 10 Minuten erfordert, spielt daher die Aktivierung der Salpeters~ure durch Licht bei den in Betracht kommenden Zeiten keine Rolle.
Ist daher salpetrige S~.ure neben Salpeters~iure nachzuweisen, r, eutralisiert man mit Lauge oder Ammoniak, s~uert dann mi~ einigen Tropfen Essigs~ure an und verf~hrt wie unter 1. Liegt ein Nitrit-Nitratgemiseh vor, kann direkt auf Nitrition gepriift wet- den.
3. N a c h w e i s v o n N i t r i t i o n u n d N i t r a t i o n n e b e n - e i n a n d e r .
Die Apomorphinreaktion eignet sich auch zum empfindlichen Nachweis yon Nitration nach vorangegangener Reduktion, be- ziehungsweise zum Nachweis von Nitrit und Nitrat nebeneinander. Zu diesem Zwecke priift man in einem Tell der Probe auf Nitrit wie oben. In einem anderen Teil entfernt man die salpetrige S~.ure am besten mit Stickstoffwasserstoffs~ure~), da bei dieser Methode nicht die geringste Bildung von Salpeters~ure stattfindet. Man ffigt zu der mit Essigs~ure anges~uerten Probe eine entsprechende
3) SOMMER U. PII~CUS, B. B. 48, 1915, S. 1969.
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Menge NaN~ zu. In der K~lte geht folgende Reaktion vor sich:
HN3 + HNO., ~ H.,O + N..,O + N.,
Durch kurzes Aufkochen befreit man die LSsung yon den Re- ~ktionsprodukten und der tiberschiissigen Stickstoffwasserstoff- siiure (Sp. 37°). Dann wird abgekiihlt und mit etwas reinstem geraspelten Zink versetzt. Nach einiger Zeit (bei sehr kleinen Mengen 5 bis 10 Minuten) wird yon den Zinksp~tnen abgegossen und das gebildete Nitrit nachgewiesen.
In den Tabellen IIIa und IIIb ist die Reaktion auf NO:,-Ion den bekannten empfindlichsten Reaktionen gegeniibergestellt.
Tabelle IIIa. Nitratreaktion.
Menge NO3
12:t
1,2
1,0 7
0,5 ~"
Volumen
1 ccm
1 ccm
l0 ccm
1 ccm
Verdfinnung
1:80.000
1:800.000
1:10,000.000
1:2,000.000
Ausfall der Reaktion
Sehr kr~tftige Violettfiirbung bei Aus- schtitteln Sehr deutliche Violettfarbung beim Aus- schtitteln Sehr deutiiche Violettf~trbung beim Aus- schtitteln Deutlich wahrnehmbare Violettf~trbung
Tabelle I l lb .
lccm
lccm
lccm
Reaktion
Sofort oder all- mahlich aultre- tende Bl~.uung mit Diphenyl- aminreagens
Rosa Fii.rbung m. Brucinschwefel-
sliure
Fallung als Nitronnitrat
Nachgew. Menge
U~,ter I mg/l HN03
1 mg/l N~05
7,5 "( HNOa in 5 Stunden
deutlich
TILLMANNS und SUTTHOFF (Zeitschr. f. angew. Oh. 28, I, 471; 1915). Emptindlichkeit: 1 : 1,000.000
Erfai~t unter 1 7
L. W. WINKLER, Zeitschr. f. Untersuchung der Nahruugs- und Genul~mittel, 29, 10 (1915). Empfindlichkeit: 1 : 1,000.000.
Erfal~t 1 ~' N~O~
BUSCH, Bet. 38, 861, 4055; 1915. GUTBIER, Zeitschr. f. angew. Ch., 18, 494; 1905. Empfindlichkeit: 1 : 133.000.
Erfaitt: 7,5 7 H5103
4*
52 F. Pavelka: Uber einige sehr empfindliche Reaktionea mit Apomorphia.
Die Empfindlichkeit der beschriebenen Reaktion auf Nitrat ion mit Apomorphin fibertrifft also diese empfindlichsten Salpeter- s~urereaktionen bei weitem und auch die erfal~te Menge wird nicht unterboten.
II. Nachweis des Apomorphins.
Die Reaktion des Apomorphins mit salpetriger S~ure in schw~ch essigsaurer LSsung l~l~t sich natfirlich auch dazu verwerten, das Apomorphin in Mikromengen nachzuweisen. Die geringste Kon- zentration, die MESSNER in LUNGE-]3ERL'S ttandbuch (III, 915) ffir Erkennungsproben des Apomorphins anfiihrt, ist eine Ver- dfinnung 1 : 10.000.
Ffigt man nun zu 1 ccm einer sehr verdtinnten ApomorphinlSsung 1 Tropfen l%ige NatriumnitritlSsung hinzu, erhitzt dann n~he zum Sieden und l~l~t (bei sehr kleinen Mengen bis 10 Minuten) stehen und schfittelt dann mit 0,2 bis 0,3 cem Essigester aus, so erh~lt man noch eine deutliche Violettf~rbung des Esters bei Men- gen yon Apomorphin, die unter 10 y liegen, was einer Verdfinnung yon fiber 1:100.000 entspricht. Da die Erfassungsgrenze unter 10IF] liegt, ist dieser Apomorphinnaehweis. als mikrochemisch anzusprechen.