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L. Tscliuqajeff tc. S. @in. GTmpkxe Vwbindungm hxweiwert. Platins usw. 143

Uber komplexe Verbindungen des zweiwertigen Platins mit organischen Disulfiden und Polysulfiden.

L. TBCHUGAJEFF Und s. ILJIN.

Abhandlung V.1)

Veda& von E. FEITZMANN.

Der eine von uns hat, unter Mitwirkung einer Reihe von Mit- arbeitern gezeigt, daB das zweiwertige Platin fahig ist, komplexe Verbindungen nicht nur mit Monosulfiden von der Formel R,S zu bilden, wobei gewohnlich zwei isomere Modifikationen entstehen, sondern auch mit Disulfiden von der allgemeinen Formel

R - S- (CHJ,,-S-R , wobei zwei Formen erscheinen: eine monomere - von gelber Farbe, loslich und nur in einer isomeren Modifikation, von der Zusammen- setaung [Pt S” . Cl,], und eine dimere - von rosa oder roter Farbe, unloslich, von der allgemeinen Struktur [Pt 2 S”]PtCl,, welche, der Konstitution nach, dem sogenannten y - Salae von ENNEBUSKE [Pt - 4(CH,),S]PtC14 oder dem grunen MAGNusschen Salze [Pt - 4NHJPtC1, analog ist. Die hierbei entstehenden ringartigen Verbindungen sind von verschiedener Stabilitat, die im Zusammen- hange mit der Zahl der Ringglieder steht, welche letztere wieder von der Zahl der Methylengruppen im Disulfid (gewohnlich ist bei uns n = 1 bis 3) abhangig ist. Wir setzten unsere Untersuchungen uber diesen Gegenstand in verschiedenen R ichtungen fort und wandten uns zu Disulfiden mit komplizierterem Kohlenstoffskelett, dann zu Polysulfiden, welche in ihrem Molekul mehr als 2 Atome Schwefel enthalten, und endlich zu ungesattigten Disulfiden. Es war fur uns von Interesse, das Auftauchen beider oben erwahnten

I) Diese Untersuchung wurde im Winter 1912-1913 amgefiihrt und er- scheint als unvollendet. Die in dieser Abhandlung beriihrten Fragen fanden keine weitere Entwicklung infolge des europaischen Krieges und der russischen Revolution. Die Abhandlung ie t yon mir auf Grund des Tagebuches von S. ILJIN zusammengeatellt worden.

144 L. Tschugajeff und 8. &in.

Formen auch fur diese Reihe von Sulfiden zu verfolgen und die Eigenschaften der in ihrem Molekiil ungesattigte organische Radikale enthaltenden komplexen Verbindungen zu untersuchen. Unsere Erwartungen in dieser Hinsicht haben sich bewahrt : in allen Fallen wurde die Bildung zweier Formen beobachtet, wie aus dem Weitereti zu ersehen ist.

1. Verbindungan dee Diathyl-dithio-~dimethjltrimethylengly~olathers

Zur Darstellung dieser Verbindung wurde das von uns aus dem entsprechenden Dibromid des Pentaglykols erhaltene Disulfid in einer Menge von 0,5 g auf 1 g Kaliumchloroplatinit in w8Briger Losung angewandt. Nach dreistiindigem Schiitteln war die ursprung- liche Losung vollstandig entfarbt und der Geruch des Disulfids vollig verschwunden; es hatte sich ein kompakter Niederschlag von rosa Farbe gebildet. Der Niedemchlag wurde sorgfiiltig mit Wasser, Alkohol und Ather gewaschen und getrocknet. Dem auBerlichen Anscheine nach bildete derselbe ein rosafarbenes Pulver, welches im Mikroskop gar keine Spuren von kristallinischer Struktur zeigte.

(CH& C (CH,S * CaH6)a.

1)ie Analyse des rosafarbenen Pulvers ergab folgendes : 0,1121 g Substanz gahon 0,0479 g Pt 0,1245 g ,, ,, 0,0534g Pt

Pt . C,H,,S,. C1,. Ber. Pt 42,62%. Gef. Pt 42,72, 42,89°/0.

Die rosafarbene Verbindung reagiert mit dem Salze der ersten REIsE'Ischen Base beim Warmen, unter Bildung des griinen MAGNUS- schen Salzes, ist in den iiblichen Losungsmitteln unloslich. Beim Erwarmen dieser Verbindung in trockenem Zustande findet bei 114-116° eine fiir diese Klasse Verbindungen eigene Umgruppierung statt, wobei die gelbe Modifikation entsteht. Letztere erzielt man auch durch Erwiirmen der rosafarbenen Verbindung mit Wasser bis 70-80°.

Die gelbe Modifikation schmilzt bei 218--21S0, und bei 2200 und daruber fangt sie an, braunlich zu werden und sich zu zersetzen; dieselbe reagiert nicht mit den1 Salze der ersten REIBEI: schen Base, ist in Alkohol loslich. Aus heiBem Alkohol umkristallisiert, wurde die gelbe Verbindung einer hnalyse unterworfen, wobei folgende Resultate erzielt wurden:

0,1322 g Substanz gaben 0,0561 g Pt. Pt .C,H,,S,.CL,. Ber. Pt 42,62O/,. Gef. Pt 42,41°/,.

Komplexe VeVerbindzcngen des xweiwertigen Platim zcsw. 146

Aus dem oben Erwiihnten geht hervor, daB wir auch hier zwei Formen vorhaben: die eine - monomere - von gelber Farbe, und die andere - dimere - von rosa Farbe, ungeachtet des kompli- zierten Molekuls. Die Konstitution derselben kann durch folgende Strukturformeln dargestellt werden:

cS& cSH6 :%> C<cas-s,p~;~s-cH,>C<~~ CH*-k.. b-CH,

d H 6 &SH6

Die dimere (rote) Form.

I c S H 6 1

1 Die monomere (gelbe) Form.

2. Verbindungen den Pentaerythrit-athyl-thio-athers C(CH, - 8 C,H,),.

Die Wechselwirkung zwischen dem Tetrasulfid C(CH, S - CIS&), und dem Kaliumchloroplatinit ist von uns in zwei Richtungen ver- folgt worden, unter verschiedenen Temperaturbedingungen, niimlich in der Kalte, d. h. bei gewohnlicher Zimmertemperatur (Fall A), und beim Erwarmen (Fall B), wobei vollstiindig verschiedene Re- sultate erzielt wurden.

A. Wechselwirkung bei Zimmertemperatur. - Von der Ver- mutung ausgehend, daB sich mit den Tetrasulfiden iiberhaupt ent- weder ein oder zwei Molekule Kaliumchloroplatinit verbinden konnen, haben wir die Wechselwirkung im gegebenen Falle in drei Richtungen durchgefuhrt, indem wir zur Reaktion verachiedene relative Mengen Tetrasulfid und Kaliumohloroplatinit anwandten:

I. 0,4 g Tetrasulfid auf 1 g K,PtCl, oder 1 Mol S"" auf 2 Mol PSI, 11. 0,4g ,, ,, 095 g 9 , ), 1 Mol ), ), 1 Mol ,,

111. 0,8 g ,, ,) O,5 g ,, 1 9 2 Md 9 , 9 ) 1 Mol ,,

In allen drei Fallen bildet sich durch Schutteln ohne Erwarmen anfangs ein weiBgrauer flockenartiger Niederschlag, der gewohnlich nach Verlauf von 15-90 Minuten eine gelbe Farbung annimmt, und nach 11/a-2 Stunden in Kornchen von gelber Farbe ubergeht, dann sammelt sich der Niederschlag allmahlich in feste Klumpen, die an den Wanden des GefhBes haften. Am besten verlauft die

2. anorg. u. sllg. Chem. Bd. 136. 10

Reaktion unter den Bedingungen I, wenn auf 2 Mol Kaliumchloro- platinit 1 Mol Tetrasulfid zu stehen kommt; der Vorzug besteht darin, daB dabei ein Produkt erzielt wird, welches am reinsten ist und nach dem Platingehalt einer bestimmten Verbindung aus 1 Mol S”” und 1 Mol PtCI, am meisten zustimmt. Die Vereuehe I1 und I11 beweisen, daa, je groaere Mengen Tetrasulfid an der Re- nktion teilnehmen, desto hoher der Platingehalt in der entstehenden Verbindung wird, oder die Reaktion bekommt anscheinlich eine Riohtung, die zur Bildung einer Verbindung aus 1 Mol S”” und 2 Mol PtC1, fiihrt.

Versuch I (1 Mol Tetrasulfid auf 2 Mol Kaliumchloroplatinit). Nach dreistundigem Schutteln einer 4O/, waBrigen Losung von K,PtCl, mit Tetrasulfid, als die Losung schon eine rosa Farbe an- nahm (anfiinglich kirschenrot) und sich weiter nicht mehr entfiirbte, wurde ein kompakter Niederschlag erhalten, welcher sich schnell auf den Boden des GefaBes setzt; der Sulfidgeruch war vollig ver- schwunden. Nach weiterem Schutteln wahrend der folgenden 2-3 Stunden sammelte sich der Niederschlag in Klumpen, wobei die rom Farbung der Losung sich gar nicht iinderte. Der Nieder- schlag wurde sorgfiiltig mit Wasser, Alkshol und Ather gewaschen und getrocknet. In diesem Zustande stellt dereelbe ein feinee Pulver von blaagelber Farbe dar, dem Anscheine nech amorph. Ausbeute chva 600/,. Die Analyse dieses Pulvers ergab:

0,1284 g Subatam gaben 0,0445 g Pt. 0,1233g 9 , y, 0,0426g Pt.

Pt C,,H,,8, * C12. Ber. Pt 33,760/,. Clef. Pt 34,66; 34,65O/,.

Versuch I1 (1 Mol Tetrasulfid auf 1 Mol Kaliumchloroplatinit). Nach dreistundigem Schutteln nahm die Losung eine schwach rosa Farbung an, welche sich beim weiteren Schutteln wahrend der folgenden 3 Stunden nicht veranderte; der Sulfidgeruch war kauin zu spiiren. Der entstandene Niederschlag wurde mit Wamer, Alkohol und Ather gewaschen und getrocknet; die Farbe desselben war genau die gleiche, wie im vorigen Versuche. Ausbeute 700/,. Die Analyse des Niederechlages ergab :

0,1460g Subshnz gaben 0,0604g Pt Ber. Pt 33,76 O/,,. Gef. Pt 34,76’~/,. Pt * CI3H2&3& * (31,.

Aus diesen Zahlen folgt, daJ3 der Platingehalt urn ge- fitiegen ist.

Komplexe Verbindmqen des xweiw&igem Platins usw. 147

Versuch I11 (2 Mol Tetrasulfid auf 1 Mol Kaliumchloroplatit). Xach achtstundigem Schutteln blieb die Farbung der L6sung noch rosa ; der Sulfidgeruch ist deutlich zu vernehmen. Nach sorgfaltigem ublichen Waschen und Trocknen besaB der Niederschlag eine hellere gelbe Farbe, als die Niederschlage in den ersten zwei Versuchen. Ausbeute 70%. Der Niederschlag wurde einer Analyse unter- rrorfeii.

0,1346 g Substanz gaben 0,0473 g Pt Ber. Pt 33,76%. Clef. Pt 36,14O/,,. Pt ClaHZBS4 * C1,:

Der Platingehalt im Niederschlage ist also noch mehr gestiegen als im 11. Versuche: um 1,4%.

Alle diese Versuche zeigen, daI3 beim Verhiiltnis 2 Yo1 PtCJ1, zu 1 Mol Tetrasulfid eine Substanz entsteht, welche mit der empirischen Formel C(CH2SC2H,), PtCI, gut ubereinstimmt, vielleioht mit einer sehr kleinen Beimischung von einer anderen Verbindung. J8 grofier der flberschul3 des Sulfids wird, desto mehr wachst die Menge der Beimischung, so daS die Farbe der Niederschlage an- fiingt, sich zu verhndern. Da aber diese Substanzen unloslich sind, so ist es nicht gelungen, sie umzukristallisieren und zu reinigen. Beim Erwarmen bis auf 190° fangt die Substanz an, dunkler zu werden; bei 235O wird sie braun, dann schwarz und zuletzt zersetzt sie sich, ohne vorher zu schmelzen.

Mit dem Chlorid der ersten REIsETsChen Base reagiert diese Substanz gar nicht.

Auf Grund all des oben Erwahnten konnen wir zu der Annahme Bommen, daB dieser Substanx die folgende hochstwahrscheinliche Strukturformel zuxuschreiben sei :

C,H, C*% b-CH, S-CEZ>C<~~+Pt<:~ - 4H5 h*Hs

Es entspriiche also cler halbgesattigten monomeren Form, Lei cler zwei Schwefela tome des Tetrasulfids mit ihren Nebenvalenzen noch frei geblieben sind, die aber bei hoherer Temperatur weiter reegieren.

E. Wechselwirkung bei hoherer Temperatur. - Zur Reaktion wurden 0,8g Tetrasulfid und 2 g K,PtCl, im Verhiiltnis von 1 Mol S”” zu 2 Mol PtC1, gewahlt. Das Gemenge wurde auf dem Wasserbade wahrend 2 Stunden erwBrmt und danach wurde die

10 *

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Losung beinahe farblos. Im Resultate der Reaktion wurde ein gelber Niedersohlag erzielt, welcher sorgfiiltig durch Waschen von Kalium- chlorid und Sulfid befreit wurde.

Bei Behandlung des Niederschlages mit Chloroform erwies es sich, daB derselbe aus zwei verschiedenen Substamen besteht, die eine - in Chloroform loslich, von reiner hellgelber Farbe, und die andere - in Chloroform unloslich, von blal3gelber Farbe.

Die Eigenschaften der blaBgelben unloslichen Substana stimmen vollstiindig mit derjenigen der im vorigen Versuche in allen drei Fdlen bei Zimmertemperatur dargestellten Niederwhlage uberein. Mit dem Salze der ersten REIsETschen Base reagiert sie nicht. Die Analyse dieses Anteiles des Niederschlages ergab folgendes :

0,1560g Substanz geben 0,0544g Pt. Ber. Pt 33,75%. Pt * C,,H&34 * C1, Gef. Pt 34,12%.

Hieraus folgt, daB dieser unlosliche Anteil der Verbindung aus 1 Mol Tetrasulfid und 1 Mol PtCl, entspricht, nur etwas ver- unreinigt durch den anderen Anteil.

Was nun den hellgelben loslichen Anteil betrifft, so entsteht derselbe in vie1 groBerer Menge als der unlosliche, leicht loslich in Chloroform, a m welchem derselbe leicht umzukristallisieren ist. In reinem Zustande stellt die erwahnte Substanz ein feines Pulver von hellgelber Farbe dar; im Mikroskop - Klumpen, Kornchen und undeutliche Bildungen, die an Kristallsplitter erinnern. Die Ana- lyse des loslichen Anteils, des Pulvers, ergab:

0,1453 g Substanz gaben 0,0665 g Pt, 0,1220g ,, ,, 0,0567 g Pt.

Pt, C,,H,,S, - Cl,. Ber. Pt 46,26°/0. Gef. Pt 46,ll; 46,01%.

Die Analyse zeigt, daB die losliche Substanz eine Verbindung aus 1 Mol Tetrasulfid und 2 Mol PtCl, darstellt; sie schmilzt in kochendem Wasser : folglich liegt der Schmelzpunkt unter looo, obgleich derselbe nicht bestimmt worden ist. Mit dem Salze der ersten REISET schen Base reagiert dieselbe nicht. Dieses alles weist darauf hin, daB wir hier mit der loslichen gelben monomeren Form zu tun haben und daB ihr also folgende Struktur zuzuschreiben sei:

r

Komplexe Verbindung en des meiwwtigen Platins mu?. 149

Die rote dimere, unlkliche, mit dem ersten REIsmschen Chlorid reagierende Form, konnte unter diesen Bedingungen nicht konstatiert w erd en.

Somit elweist sich die Kompliziertheit des Sulfidmolekiils darin, erstens, daB die Wechselwirkung mit K,PtCl, bei Zimmertemperatur und selbst beim Erwarmen im Verlaufe von 2-3 Stunden erst be- endet wird, und zweitens, daB die Reaktion bei gewohnlicher Tem- peratur auf dem halben Wege stehen bleibt, wobei die ersten zwei Schwefelatome ein Mol PtCl, an sich ketten, wahrend die anderen zwei Schwefelatome das zweite Mol PtCl, nur bei Erwarmen bis 800 binden, wobei auch hier die Reaktion augenscheinlich nicht ganz zu Ende geht. Wahrscheinlich existiert fur jede Temperatur ein bestimmtes Gleichgewicht, welches von den relativen Mengen des Tetrasulfids und Kaliumchloroplatinits abhangig ist. Bei niedrigeren Temperaturen und bei UberschuS von K,PtCl, entsteht vorzuglich die Verbindung [S””PtC1J, wahrend bei hoherer Temperatur (bis zu looo) und bei UberschuB von Tetrasulfid - vorzuglich die Ver- bindung [S”” - 2PtClJ. Es ist sehr moglich, daB die dimere Form sich bei noch hoheren Temperaturen und bei grol3em uberschuese des Sulfids bilden kann.

3. Die Verbindung dee Acetylenglykobathyl-thio-iithere C,H,-S*CH CH*S.C,H,.

Beim Schiitteln entsprechender Molekularmengen von un- gesattigtem Disulfid C2H5. S * CH = CH - S - CaH, und Kaliumchloro- platinit unter gewohnlichen Bedingungen, bildet sich recht rasch (in kaum funf Minuten) anfanglich ein rosafarbener Niederschlag, welcher im weiteren leicht in die gelbe Modifikation ubergeht. Um das roBa Dimer rein zu erhalten, muS man den entstandenen rosa- farbenen Niederschlag rasch abfiltrieren, denn sonst mischt sich eine stets zunehmende Menge von gelbem Monomer bei. Der rosa Niederschlag reagiert mit dem Salze der ersten REIsEr schen Base und bildet dabei das griine M AGNUs sche Salz ; folglich stellt derselbe das Dimer [Pt * 2C,H5 - S * CH = CH - S * CaHJ - PtCl, dar. Die gelbe Substanz reagiert nicht mit dem Salze der ersten REIsEmchen Base und stellt, nach den Bildungsverhaltnissen zu urteilen, die monomere Form [Pt - C,H5. S - CH = CH - S - C,H,. Cl,] dar. Diese Moclifika-

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tionen und die Beziehungen zueinander sind genauer nicht unter- sucht w0rden.l)

Dieser Versuch ist von sehr groBem Interesse in der Hinsicht, daB derselbe auf eine stark entwickelte Fiihigkeit der ungesattigten Disulfide zur Komplexbildung hinweiat ; die Reaktion mit dem ge- sattigten Disulfide C,H,- S * CH,. CH,. S * C,H, verlauft wahrend einer Stunde, indem aber beim analogen ungesattigten Disulfide - wahrend einiger Minuten. Die Beweglichkeit des Schwefelatoms und die Tendenz zu intramolekularen Umgruppierungen ist bei den un- gesiittigten Disulfiden auch viel starker ausgepragt; so z. B. ent- steht das gelbe Monomer fur C,H, - S - CH,CH, * S * C,H, aus dem rosa Dimeren beim Sieden mit Wamer, wahrend fur das analoge ungesattigte Disulfid CzH5 - S * CH = CH S * C,H, der Ubergang ohne jegliches Erwkmen, bei Zimmertemperatur und viel schneller von- statten geht.

Zum Schlusse fuhren wir die allgemeinen Folgerungen an, zu denen wir in dieser Untersuchung gekommen sind:

1. Das Disulfid mit tertiiirem Kohlenstoffstom im Molekul bildet mit K,PtCI., beide Modifikationen: die rosa Dimere und die gelbe Monomere, ganz wie die Disulfide mit normaler Kette von der Busammensetzung R S(CH,), S R.

2. Das Tetrasulfid C(CH,SC,H& reagiert mit K,PtCI, in ver- schiedener Weise, je nach der Temperatur und den verhiiltnismlSigen Mengen der reagierepden Komponenten. Bei niedriger Temperatur und UberschuS von K,PtCl, entsteht hauptsachlich eine Verbindung, die dem Koordinationssinne nach halb gesattigt ist und von der Zusammensetzung [S"" PtC1.J ; bei erhohter Temperatur und Uber- schul3 von Sulfid entsteht hauptsachlich die monomere, gesiittigte Form [S"" - 2PtCl,]. Die Reaktion verliiuft sehr langsam infolge der Komplieiertheit des Sulfidmolekuls.

3. Das ungesattigte Disulfid C2H5SCH = CHSC,H5 bildet mit K,PtCI, beide Modifikationen; die Reaktion verlauft sehr sohnell und die intramolekulare Umgruppierung geht im Vergleich EU ana- logen geerattigten Disulfiden viel leichter vonstatten infolge der Athylenbindung im Sulfidmolekul.

1) Hiermit endet das Tagebuch und es sind keine weiteren Deten vorge- funden worden.

Kornplexe Verbindungera des xweiwortigen Platins usw. 151

Indem wir nun diese Untersuchung schlieBen, geben wir an dieser Stelle noch einige kurze Auskunfte uber die Darstellungs- niethoden und Eigenschaften des oben erwiihnten Di- und Tetra- sulfids.

1. (CHJ,C(CHaSCaH5),. Die notigen Ausgangsstoffe wurden in theoretischen Mengen im Sinne folgender Gleichungen gewiihlt :

C,H,ONa + C A S H = C,H50H + CASNa, C,&SNe + C(CH,),(CH,Br), = 2NaBr + C(CH,CHaSC&J,. Auf 10 g Pentaglykoldibromid wurden 1,5 g Na, 5,5 g C,H5SH

und 50ccm absoluten Alkohols angewandt. Das Gemisch wurde in zwei geschmolaenen Rohren im Ofen gewiirmt : anfiinglich bis looo wtihrend 1 Stunde, danp bis 150° wiihrend 2 Stunden. Beim Offnen war kein Druck wahrzunehmen. Nach Zugabe von Wasser wurde die obere olige Schicht nit Ather extrahiert und uber geschmolzene Pottasche getrocknet. Nach Entfemung von Ather und zweimaliger Destillation wurden 4 g einer farblosen Fraktion vom Schmelzpunkt 175-1760 bei 35 mm erhalten (Ausbeute 44O/,). Die Bestimmung des Schwefels nach KARIUS ergab fur diese Fraktion folgendes

0,1816 g Substanz gaben 0,4389 g BaSO, oder 0,0603 g S 0,1918g s f ,, 0,4778 g ., ,, 0,0666@; S

Das spezifische Gewicht bei 16,50: d16,5 = 0,94111. Gleichaeitig wurde das Disulfid in einer Rundflasche mit Ruck-

fluDkuhler durch WLrmen auf dem Wasserbade wahrend 8 Stunden dargestellt. Das so eraielte Produkt muJ3te zur Reinigung dreimal destilliert werden; Sp. 140-142O bei 25 mm (Ausbeute 50°/,); das- eelbe erwies sich identisch mit dem vorher dargestellten PrBparate.

Die Ausgangsmaterialien wurden ebenso in theoretisohen Mengen nach analogen Gleichungen gewghlt. Das Beaktionsgemisch wurde in Rokren gewtimt: bis 1000 1 Stunde, bis 1500 2 Stunden. Sp. 216-2180 bei 14mm (Ausbeute 40%). Die Substanz stellt eine Flussigkeit von schwachgelber Farbe (welche sogar nach dreimaliger fraktionierter Destillation nicht verschwinde t) dar.

C&,S,. Ber. S 33,36%. Gef. S 33,30; 33,02%.

2. C(CH,SC,&),.

Die Schwefelbestimmung nach KARIUS ergab : 0,1681 g Substam gaben 0,4736 g BaSO, oder 0,0651 g S 0,1749g ,, ,, 0,6213g ,, ,, 0,0716g S

CI8HsS4: Ber. S 41,04°/0. Gef. S 41,19%; 40,9C0/,,.

Das gleichzeitig in der Rundflasche mit RuckfluSkuhler auf dem Wasserbade dargestellte Produkt war anfangs unrein, von gelbroter

152 L. Tsehugajaff u. S. I&%: Kompkza V e r b ~ n d ~ ~ d s s x w 6 ~ w ~ t . ~ l ~ t i n S ~ w .

Farbe; nach viermaliger Destillation wurde eine Flussigkeit von echwachgelber Farbe, Sp. 190-1920 bei 5 mm erhalten (Ausbeute 300/,,), welche sich mit der vorherigen identisch erwies. Das epezi- fische Gewicht konnte wegen Mange1 an genugendem Material nicht beetimmt werden.

Das zur Reaktion notige Tetrabrompentaerythrit wurde laut den in der Literatur sngefuhrten Datenl) dergeetellt.

l) Joum. prakt. Chem. 64 (1896), 98.

Petmeburg, Anorganisoh Abteilung des Univw8i ta t~ laboa tm’~ , 15. Daxember 1923.

Bei der Redaktion eingegangen am 6. Februar 1924.


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