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Z. anorg. allg. Chem. 5% (1991) 73-76 J.A.Barth, Leipzig

Untersuchungen iiber Polythlocuprate(1) [Cu(S,)]- 4. Umsetzungen von NHJCu(S,)] mlt groBen kugelf&rml- gen Katlonen [l]

G. GATTOW* und T. DINGELDEIN

Ma i n z , Institut fiir Anorganische Chemie und Analytische Chemie der Universittit

I n h a 1 t s ti b e r s ic h t. Die bisher nicht bekannten Polythiocuprate(1) mit den Zusammensetzungen

[Cu,S,,] - 6Hz0 (3) wurden durch Reaktionen von in Natronlauge gelostem NH,[Cu(S,)] rnit [N(CH,)JCl, [(C,H,),N(CH,-C,H,)]CI und [(C,H,),P(CH,-C6H,)]C1 hergestellt.

Die Eigenschaften der Verbindungen 1-3 werden beschrieben und die moglichen Strukturen der Polythiocuprat(1)-Anionen diskutiert.

“(CH,)J[CuZS91 ’ 2HzO (11, [ ( ~ z ~ s ) ~ ~ ( ~ ~ ~ - ~ ~ ~ s ~ [ ~ ~ z ~ ~ l * 2HzO (2) und [(C~H,),P(CHZ-C,HS)I

Studies on Polythiocuprates(1) [Cu(S,)I- 4. Reactions of NH,[Cu(SS] with Big Spherical Cations

A b s t r a c t. The hitherto not known polythiocuprates(1) with the compositions [N(CH,)J[Cu,S9]

have been prepared by reactions of NH,[Cu(S,)], dissolved in aqueous NaOH, with [N(CH,)JCl, [(C,H,),N(CH,-C,H,)]Cl, and [(C,H,),P(CH,-C,H,)]Cl. respectively.

The properties of the compounds 1-3 are described. The possible structures of the polythiocu- prate(1) anions are discussed.

Key words: Polythiocuprates - preparation

* 2HzO (I), [(CzH@(CHz-~~Hsl [CuzS,] * 2HzO (2) and [(C,H,),P(CH,-C,H,)I[ c U & l 6H,O (3)

Laf3t man auf eine Ammonium-, Hydrazinium- oder Ethylendiammoniumpolysulfid- Losung eine Cu2+-Salz16sung einwirken, dann entstehen die entsprechenden Polythio- cuprate(1) M*[Cu(S,)] rnit x = 4 und/oder 5 [2, 31. Was passiert, wenn ein groBes ku- gelformiges Kation MI bei der Reaktion eingesetzt wird? Zu erwarten sind Polythiocuprate(1) der allgemeinen Zusammensetzung [Cu,S,]Z- rnit y > x; vgl. die Dis- kussion bei [l].

Im folgenden sol1 iiber Untersuchungen berichtet werden, bei denen als groRe Ka- tionen [N(CH,),]+, [(C2H,),N(CH2-C6H,)] + und [(C,H,),P(CH,-C,H,)] + verwendet wurden. Fur die Darstellung der Polythiocuprate(1) bieten sich u. a. folgende zwei Me- thoden an: 1 .. Umsetzungen der entsprechenden Polysulfidlosungen mit CuZ+-Salz16sungen und 2. Umsetzung von NH,[Cu(S,)] mit Losungen, die das groRe Kation enthalten.

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I. Darstellung der Polythiocuprate(1) [CU,S,.]~- mit y > x

Nach Peyronel u. Mitarb. [4, 51 sol1 [N(CH,),][Cu(S,)] entstehen, wenn in eine [N(CH,),]OH-Liisung H,S eingeleitet wird und danach Schwefel und eine Kupfer(I1)- acetat-Losung gegeben werden. Obgleich aufgrund unserer fruheren Untersuchungen [2, 31 das Entstehen u. a. auch dieser Verbindung zu erwarten ist, konnten wir das Tetrathio- cuprat(1) auf diesem Wege nicht isolieren. Trotz strenger Einhaltung der Versuchsbedin- gungen von [4, 51 und breiter Variation der Bedingungen erhielten wir als Reaktionspro- dukte immer nur CuS und Schwefel. Deshalb wurde die zweite Methode (s. oben) angewendet.

LaBt man auf eine w2Drig-alkalische Wsung von NH,[Cu(S,)], das nach 161 herge- stellt wurde, eine das entsprechende grol3e Kation enthaltende waDrige Liisung einwirken, dann entstehen als schwerlosliche Niederschlage Polythiocuprate(1) der Zusammenset- zung [N(CH,),I [CuzS,I * 2HzO (I), [(c2Hd3N(cH2-c6H5)I [cu2s71 ' 2HzO (2) und

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[(C6Hd3P(CHZ-C6H5)I [cu3sd ' 6H20 (3)* V e r s u c h s d u r c h f u h r u n g 1-3. 5,Ommol (lg)NH,[Cu(S$] werdenin 10cm30,05NNatron-

lauge gelbst. Dazu werden bei 20 "C 5,O mmol des Kations rnit dem groRen Radius (0,55 g [N(CH,),]Cl in wenig Wasser gelost, 1,2 g [(C,H,),N(CH,-C,H,)]Cl in Wasser gelbst, 2 g [(C,H,),P(CH,-C,H,)]Cl in einem Wasser/Ethanol-Gemisch (1 : 1) gelost) gegeben, wobei aus der gelbbraunen Ltisung orange ge- farbtes l, gelbes 2 und ockerfarbiges 3 ausfallen. Die Niederschlage werden abgetrennt und rnit Wasser, Ethanol und Diethylether gewaschen. Ausbeuten etwa 31% 1, 14% 2 und 19% 3 der Theorie, bezogen auf die eingesetzte Menge an NH,[Cu(S,)].

A n a1 y s e n (Methoden s. [2], die Gehalte an S und P wurden rnit Hilfe der Rbntgenfluoreszenz er- mittelt): 1 Cu 24,5 (ber. 24,2); S54 (54,8); N 2,5 (2,7); H 3,l (3,O); C 9,8 (9,1)%. 2 Cu 22,5 (ber. 21,8); S35 (38,7); N 2,6 (2,4); H 4,l (43); C 26,6 (26,9)%. 3 Cu 15,l (ber. 13,7); S 21 (27,6); P 7 (43); H 4,2 (4,O); C 43,l (43,3)%.

genden Gleichgewichte des in NaOH gelosten NH,[Cu(S,)] betrachtet: Das Entstehen der Polythiocuprate(1) 1-3 wird verstandlich, wenn man die vorlie-

NH4[Cu(S3] G NH,+ + [Cu(S,)]-, [Cu(S,)]- c u + + (S4)2-,

2[Cu(SJ- + 2 c u s + (S,)Z-, (s$- e (x-1) s + s2-.

Vgl. dazu die Untersuchungen von [2, 31 rnit Diskussionen.

XI. Eigenschaften der Polythiocuprate(1) 1-3 Orange gefarbtes 1, gelbes 2 und ockerfarbiges 3 fallen bei der Darstellung in feinkri-

stalliner Form an. Sie sind bei Raumtemperatur bestandig und zersetzen sich beim Erhit- Zen unter Schwarzfarbung (CuS): ab 160 "C, 2 ab 90 "C und 3 ab etwa 100 "C.

Die Polythiocuprate(1) 1-3 sind in Wasser nicht loslich, in Laugen losen sie sich ge- ringfugig rnit gelber Farbe, zerfallen dann aber sehr schnell in CuS und Schwefel sowie Polysulfide. In Sauren erfolgt schnelle Zersetzung in CuS, H,S und Schwefel, dabei tritt bei 2 und 3 kurzfristig eine grunfluoreszierende Farbe auf.

Die Verbindungen 1-3 losen sich sehr wenig in Dimethylsulfoxid und Dimethylform- amid mit gelber Farbe, aber auch hier tritt innerhalb von Sekunden Zersetzung ein. Es

G. GATTOW u. T. DINGELDEIN, Polythiocuprate (I) [Cu(S,)]- 15

gelang von den in Acetonitril gelosten Polythiocupraten(1) 2 und 3 Elektronenabsorp- tionsspektren anzufertigen (aber auch hier Zerfall in Minuten). Beide Verbindungen zei- gen ein Absorptionsmaximum bei etwa 220 nm, dessen Extinktion bis etwa 550 nm konti- nuierlich abnimmt. Der Extinktionsverlauf ist typisch fur Polysulfid-Ionen. Ob auch hier der Zerfall uber ein S,--Radikalanion erfolgt, wie es bei den Tetra- und Pentathiocupra- ten(1) [2, 31 der Fall ist, konnte nicht entschieden werden. Verbindung 3 zeigt zusatzlich noch ein schwach ausgepragtes Absorptionsmaximum bei 262 nm mit Schulter bei 253 nm, das vermutlich vom Kation stammt.

In den Infrarotspektren (Bereich 4000-400 cm-', KBr-PreRlinge) treten bei den Po- lythiocupraten(1) bezuglich des Anions die v(S-S)-Schwingungen bei folgenden Wellen- zahlen auk 1 bei 445,2 bei 443 und 3 bei 490 cm-'.

Z u r S t r u k t u r d e r P o l y t h i o c u p r a t e ( 1 ) 1-3 Eine Kristallstrukturbestimmung der Polythiocuprate(1) 1-3 war nicht moglich, da

bei der Herstellung keine fur Rontgenstrukturanalysen geeigneten Einkristalle erhalten wurden. Man ist somit auf Spekulationen angewiesen.

Wie wir ausfuhrlich dargelegt haben [ 11, bevorzugen Polythiocuprate(1) der allgemei- nen Formel M:[Cu,S,], wobei y > x ist, bei kleinem oder linear vergrol3ertem Kation M' die Koordinationszahl4 (verzerrt tetraedrisch) fur das Cu-Atom unter Ausbildung poly- merer Anionketten der Art [Cu(S,)];- mit x = 4 und/oder 5. GroDe kugelformige Katio- nen MI begunstigen dagegen die kleinere Koordinationszahl 3 (verzerrt planar-drei- eckig). In diesen Fallen liegen isolierte Anionencluster [CU,S,]~- mit y > x vor.

Aufgrund dieser Tatsache kann also mit einiger Sicherheit angenommen werden, daR die vorliegenden Polythiocuprate(1) 1-3 aus isolierten Anionenclustern aufgebaut sind und daa die Cu-Atome verzerrt planar von drei S-Atomen umgeben sind.

Verdoppelt man weiterhin die Formeln der Polythiocuprate(1) 1-3 und vergleicht diese mit den von Muller u. Mitarb. [7-lo] sowie von Krebs u. Mitarb. [I I] u. a. herge- stellten und strukturell gesicherten Polythiocupraten(1) [CU,(S,),(S,),-,]~- und [CU~(S,),(SJ]~-, dann ktinnen 1-3 folgendermaaen formuliert werden:

1 "(CH,)~]Z[C~,(S& 1 * 4H20, 2 [(C,H,),N(CH2-C,H,)I ,[Cu,(S,)(S,),I * 4H,O, 3 [(C&),P(CHZ-C~H ~)lz[Cu&,)41 * 12H2O.

Diese Annahmen mussen noch durch Rontgenstrukturanalysen bewiesen werden.

Unser Dank gilt dem Fonds der Chemischen Industrie fur die Bereitstellung von Hilfsmitteln.

Literatur 111 3. Mitteilung: KIEL, G.; GATTOW, G.; DINGELDEIN, T.: Z. anorg. allg. Chem. 596 (1991) 1 1 1 . [2] GATTOW, G.; DINGELDEIN, T.: Z. anorg. allg. Chem. 590 (1990) 127. [3 ] GATTOW, G.; DINGELDEIN, T.: Z. anorg. allg. Chem. 592 (1991) 84. [4] PEYRONEL, G.; DE FILIPPO, D.: Atti Soz. Nat. Modena 92 (1961) 28. [5 ] PEYRONEL, G.; DE FILIPPO, D.; PRETI, C.: Ric. Sci., Parte 11, Sez. A (2) 6 (1964) 397. [6] GATTOW, G.; ROSENBERG, 0.: Z. anorg. allg. Chem. 332 (1964) 269.

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[7] MOLLER, A.; WMER, M.; BOGGE, H.; KRICKEMEYER, E.; SCHMITZ, K.: Inorg. Chim. Acta 85 (1984) L 39.

[8] M~~LLER, A.; R~MER, M.; KRICKEMEYER, E.; B~GGE, H.: Naturwissenschaften 71 (1984) 43. [9] MOLLER, A.; SCHLADERBECK, N. H.; KRICKEMEYER, E.; B~GGE, H.; SCHMITZ, K.; BILL, E.; 'IRAuT-

[lo] MULLER, A.; R~MER, M.; B~GUE, H.; KRICKEMEYER, E.; BERGMA", D.: J. Chem. SOC., Chem.

[I11 HENKEL, H.; BETZ, P.; KREBS, B.: J. Chem. SOC., Chem. Commun. 1984,314.

WEIN, A. X.: Z. anorg. allg. Chem. 570 (1989) 7.

Commun. 1984,348.

Bei der Redaktion eingegangen am 26. September 1990.

Anschr. d. Verf.: Prof. Dr. G. GATTOW, Dip1.-Chem. T. DINGELDEIN, Inst. f. Anorg. Chemieu. Analyt. Chemie d. Univ., Johann-Joachim-Becher-Weg 24, W-6500 Mainz, Bundesrepublik Deutschland


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