Vorlesung: Geburtskunde und Geburtshilfe Großtier Sommersemester 2007, 6. Fachsemester
- Neonatale Adaptationsperiode
2007 AGTK Wehrend
Blastogenese: Befruchtung zweischichtige KeimscheibeHund: 16 TageRind: 14 TagePferd: 14 Tage
Embryonalperiode: Anlage sämtlicher OrganeHund: bis 4.- 5. WocheRind: bis 6. Woche
Pferd: bis 6. Woche
Fetalperiode: Ausdifferenzierung der Organe
Definitionen
Rind 4. Wochen post conceptionem
2007 AGTK Wehrend
Geburt – Partus (lat. Geburt, Entbindung)
post natum
Neonat – Natus (lat. geboren)
Muttertier
post partum
- antepartale Phase
- peripartale Phase
- intra partum/ sub partum
- postpartale Phase/ postnatale Phase
2007 AGTK Wehrend
Partus
NestflüchterNesthocker
- Höhere relative Geburtsmasse
- Motorik und Sensorik entwickelt
- Milch: höherer Laktoseanteilniedrigerer Fettanteil
- Mineralisierung des Skelettes
2007 AGTK Wehrend
Übergang vom Fetus zum Neonat
Intrauterin- Kontinuierliche Energiezufuhr
- Thermoregulation durch die Mutter- Entgiftung durch die Mutter- Schutz vor Mikroorganismen
Extrauterin- diskontinuierliche Energiezufuhr – Verdauung mit initialer Hungerphase- Thermoregulation- Entgiftung- Exposition mit Mikroorganismen
2007 AGTK Wehrend
Energetischer Status sub partu
Letztes Trimester der Gravidität:- Fettdepots- Glykogenspeicher- Proteinspeicher in der Muskulatur
Während der Geburt:- Adrenalinausstoß- Hypoxie- Kortisolausschüttung
GlykogenolyseLipolyse
ein Problem der Prämaturität
Einflussfaktoren: Alter, Ernährung der Mutter, Zustand der Plazenta (funktionelle Fläche, Durchblutung)
2007 AGTK Wehrend
Veränderungen nach der Geburt
- Umstellung bzw. Anpassung der Organfunktionen wird als neonatale Adaptation bezeichnet.
- Umfasst folgende Bereiche:- Herz-Kreislauffunktion- Atmung- Verdauungssystem- Thermische Adaptation- Nierenfunktion
2007 AGTK Wehrend
Herz-Kreislauffunktion
Charakteristika des fetalen Kreislaufes- über Plazenta oxygeniertes Nabelvenenblut über die Vena portae und Kapillargebiet der Leber in die Vena cava caudalis
- bei Wdk. und Flf. auch direkter Weg von der Vena portae in die Vena cava caudalis (Ductus venosus)
- in der Vena cava caudalis Vermischung mit venösem Blut- zum rechten Vorhof- über Formen ovale (Öffnung in der Vorhofscheidewand) gelangt der größte
Teil des Blutes in den linken Vorhof- vom linken Vorhof in die linke Kammer, von dort in die Aorta- das Blut aus dem rechten Ventrikel gelangt in die Arteria pulmonalis- hoher Lungenwiderstand, daher aus der Arteria pulmonalis über den Ductus
arteriosus in die Aorta
2007 AGTK Wehrend
Aus: Schnorr u. Kressin, 2001
2007 AGTK Wehrend
Herz-Kreislauffunktion Umstellung bei Geburt- plazentare Durchblutung fällt weg- Anreicherung von CO2 im Blut- Entfaltung des Brustkorbes- Atmung setzt ein- durch die Entfaltung der Lunge fällt der
pulmonale Widerstand- aus der Lunge gelangt „viel“ Blut in den
linken Vorhof – Druck steigt- durch die Öffnung des Lungenkreislaufes und den Verschluss der Nabelvene (Zufluss für den rechten Vorhof) fällt der Druck im rechten Vorhof- funktioneller Schluss des Foramen ovale- Der Aorta steigt gegenüber dem Druck in der Arteria pulmonalis- funktioneller Schluss des Ductus arteriosus
Problem für den Neonaten: Herz mit kleinem Schlagvolumen muss Blut in ein Gefäßsystem mit großem Widerstand pumpen: Höhere Herzfrequenz beim Neonaten als beim adulten Tier. 2007 AGTK Wehrend
Herz-Kreislauffunktion
- hohe Herzschlagfrequenz - hoher Energieverbrauch
- schnelle Ermüdungserscheinungen
- labile Kreislaufsituation
Aus: Walser u. Bostedt, 19902007 AGTK Wehrend
Abnabeln
Rind:- reißt während der Austreibung- Nachteil der Hinterendlage
Schaf und Ziege:- wie Rind
Pferd:- erst nach der Austreibung- postnatale Blutübertragung- präformierte Rissstelle
Schwein:- reißt während der Austreibung- Zusammenhang zwischen Abnabelung und Vitalität
2007 AGTK Wehrend
Nabelversorgung- durch Muttertier- durch den Betreuer
2007 AGTK Wehrend
Vorgänge beim Abnabeln
- Zug und damit Dehnung
- Riss der Gefäße
- Arterien schnellen nach innen(starke Intima und Media)
- Einrollen der Intima
- Venenwand fällt zusammen, zieht sichnicht so weit in das Abdomen zurück
Klinische Bedeutung: Eintrittspforte für Infektionserreger
2007 AGTK Wehrend
Atmungstrakt
- Entwicklung einer metabolisch-respiratorischen Azidose, da plazentare Durchblutung abnimmt und pulmonaler Gasaustausch noch nicht möglich
Verminderte plazentare Durchblutung
Hypoxie
Zentralisation
Anaerobe Situation
Metabolische Azidose
Respiratorische Azidose
Kein pulmonaler GasaustauschCO2 , pH
Atemstimulus
Ausgleich der Azidose
Partus
2007 AGTK Wehrend
Atmungstrakt
Verlauf des Blut-pH-Wertes bei 30 Fohlen post natum (Gorlt, 2004)
2007 AGTK Wehrend
Atmungstrakt
- kurze Phase der Apnoe post natum- Phase der Schnappatmung- Übergang zur regelmäßigen Atmung- höhere Atemfrequenz beim Neonaten als beim adulten Tier - Alveolen entfalten sich mit dem ersten Atemzug- Reduktion der Oberflächenspannung der Alveolen durch Surfactant- Beim Durchtritt durch das mütterliche Becken wird der Großteil der Flüssigkeit aus den Lungen herausgepresst.
Surfactant:- Gemisch aus Phospholipiden und Proteinen - Synthese in den Pneumozyten Typ 2- ohne Surfactant – Kollabieren des Alveolen (Atelektase)
2007 AGTK Wehrend
Durchschnittliche pH-Werte im Blut gesunder, gefährdeter
und lebensgefährdeter Kälber
6,606,706,806,907,007,107,207,307,407,507,60
0 1 5 15 30 50 80 120 180 5h 12h 36h 72h
Zeitpunkt nach der Geburt in Minuten bzw. Stunden (h)
pH gesund
gefährdet
lebensgefährdet
Nach der Geburt muss schnell Sauerstoff aufgenommen werden, um den pH-Wert im Blut zu heben.
2007 AGTK Wehrend
Thermogenese
Verschiedene Möglichkeiten der Thermogenese- Kältezittern: unwillkürliche Kontraktionen der Muskulatur
- Nachteil: hoher Energieverbrauch- Verbrauch von braunen Fettgewebe
- nicht beim Ferkel- Entkoppelung der Atmungskette- Wärme wird direkt frei und nicht über den Umweg über ATP- Steuerung über den Sympathikus
- Die Fähigkeit der Thermogenese ist stark an die Nahrungszufuhr und die endogenen Reserven gekoppelt.
Verlauf der rektalen Körpertemperatur bei 115
Kälbern post natum
2007 AGTK Wehrend
Thermogenese
Konvektion
Verdunstung
Strahlung
- Luftbewegungen
- Umgebungstemperatur
- Bodenbeschaffenheit
- Tierbesatz
- Luftfeuchtigkeit
2007 AGTK Wehrend
Niere
- Fähigkeit der ausreichenden Wasser- und Salzretention erlangt die Niere erst postnatal
- bei Störungen kommt es schnell zu einer Überschreitung der Funktionsfähigkeit der Nieren
- klinische Bedeutung: Neonaten leiden sehr schnell an einer Exsikkose
2007 AGTK Wehrend
Verdauungstrakt- Neben der Aufnahme, dem Abbau, der Verdauung und der Resorption der Milch auch Funktion der Resorption maternaler, kolostraler Antikörper
- Aufgrund der Plazentaschranke können bei den gängigen Haussäugetieren nicht genügend maternale Antikörper in den Fetus
übergehen, um ihm einen passiven Infektionsschutz nach der Geburt zu geben.
- Die Fähigkeit der Antikörperresorption ist post natum zeitlich begrenzt.
- Dauer der Resorption: in der Regel nach 24 Stunden post natum nicht mehr möglich
- Die „Darmschranke bleibt umso länger auf“, je später Kolostrum aufgenommen wird.
- lokale Wirkung von IgA
- Abbau und Verbrauch maternaler AK – Produktion eigener AK
- immunologische Lücke 2007 AGTK Wehrend
Unterstützung der Aufnahme kolostraler Antikörper- höherer pH-Wert im Magen- Trypsininhibitoren im Kolostrum- niedrige proteolytische Aktivität im Darm
Aus: Knottenbelt et al., 2004
2007 AGTK Wehrend
Fragen
- Welche Veränderungen im Kreislaufsystem stellen sich intra und post natum ein?
- Wie betreibt der Neonat Thermogenese und welche Störfaktoren können wirksam werden?
- Beschreibe die Blut-Gas-Verhältnisse intra und post natum?
- Wie kommt es zur Aufnahme kolostraler Antikörper in den neonatalen Organismus?
2007 AGTK Wehrend