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WA-AKTUELL,Heft118, Juli/August 201912

STIFTUNG

Begeistert vonWildpflanzen und derIdee der Selbstversorgunghatte derGeograf,GeologeundBiologeDr.Mar-kus Strauß schon länger eine Vision:Die SchaffungvonWildpflanzenparksin ganz Deutschland. Um den Traumzu verwirklichen, gründete er 2015die Stiftungsinitiative EssbareWild-pflanzenParks(Ewilpa). Der ersteParkkonnte im Juni2018 in Kemnath-Wal-deckinderOberpfalz eröffnet werden.Weitere Parkssind in der Planung.

Strauß hat im Rahmenvon Forschungs-projekten viele Jahrein Südamerika,Ne-pal und Indonesien verbracht. Erwollteweitgehend autark und naturnah lebenund beschäftigte sich deshalb intensivmit wildwachsenden Pflanzen. Heuteist er freiberuflicher Autor, Berater undDozent und seit 2017 im Allgäu zu Hau-se.Erwohnt auf dem Aichbaindthof inWiggensbach, mit dem sich RohköstlerChristian Neuberger einen Lebenstraumerfüllt hat.„Nach dem Unterrichten undVortragen außerhalb desHofeskann ichmich hier wieder erden und auftanken“,erzählt Strauß. Seine „wilden Angebo-te“ sind sehr gefragt. Mit der Hoch-schule für Wirtschaft und Umwelt in

Nürtingen-Geislingen bietet er anderenWeiterbildungsakademie die deutsch-landweit ersteund einzigeWeiterbildungauf Hochschulniveau im BereichessbareWildpflanzen an. Strauß hat zahlreicheBüchergeschrieben und gibt seinWissenund seineBegeisterungin Fachvorträgen,Seminarenund bei Kongressenweiter. Inden Medien ist er alsExpertegefragt.

Pflanzendürfen kontrolliertverwildernDabei macht er immer wieder deutlich,dass EssbareWildpflanzenParks keinekrautigen „Urwälder“ sind, sondern ar-tenreiche Landschaften,die sich in ihrerGestaltung den natürlichen Bedingun-gen desjeweiligen Standortesanpassen.Siesollten nach den örtlichen Gegeben-heitenmöglichst vielfältig angelegt sein,Baumhaine und Hecken,Wiesen,Beeren-und Kräutergärten, Streuobstwiesen,Brachflächenund Feuchtgebiete enthal-ten und soim harmonischenZusammen-spiel sowohl ein artenreichesBiotop alsaucheine idyllische Erholungslandschaftergeben. Alles,wasda wächst, darf kon-trolliert verwildern. Dasbedeutet, dasskrautig wachsendeWildpflanzen, Stau-den,Sträucherund Bäumegepflanzt wer-

den, die sich dann mit ihrer eigenen In-telligenz entwickeln und ihren Freiraumbehalten. Nur bei Bedarf wird lenkendeingegriffen. Beispielsweise durch dasjährliche MähenderWildkräuter-Wiesen,dasUmbrechen der Acker-Brache,damitdie einjährigen Wildgemüse wie Gänse-distel und Meldeund wilde Salatpflanzenwie Feldsalat,Hirtentäschel und Knopf-kraut gut gedeihen können. Außerdemfinden notwendige Rückschnitte vonSträuchern und Bäumen, besonders anden Außengrenzen des Parks,statt. „ImGegensatzzu herkömmlichen Parksundlandwirtschaftlichen Nutzflächen istder Pflegeaufwand aber gering“, erklärtStrauß.

Vorbild istdiemittelalterlicheAllmendeWildpflanzen, Wildgemüse, essbareBlü-ten und Blätter, Obst,Wildobst und Bee-ren, Nüsse, Waldbaumfrüchte dürfenkostenlos gesammelt werden. Das hatesschoneinmal gegeben. Im Mittelalterhatte fast jedes Dorf eine sogenannteAllmende, die von den Bewohnern un-terschiedlich genutzt wurde. In Anleh-nung andenmittelalterlichen Allmende-Gedankensoll der Zugang für jedermann

Kontrolliert verwildertDie Stiftung WildpflanzenParksvon Dr. Markus StraußEssbarewill möglichst vieleParksnach dem Vorbild der mittelalterlichen Allmende anlegen. Daserste Projektwurde bereits verwirklicht, anderesind in Planung.

©Be

rndSchoenfelder

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frei und unentgeltlich möglich sein,Hun-dehabenjedoch keinenZutritt.„Die Parksdienennicht nur derVersorgungmit ehr-lichenund hochwertigen Lebensmitteln,sondern auch dem sozialen Ausgleich“,betont Strauß.Sieseien zudem ein öko-logisch wertvoller Lebensraumfür vieleeinheimischePflanzen-und Tierarten.DieVorteile für die Menschenliegen auf derHand: Im Vergleich zu Kultursorten ent-halten Wildpflanzen viel mehr Vitamine,Mineralien, Spurenelemente und wert-volle sekundärePflanzenstoffewie ätheri-scheÖle,Bitterstoffe und Antioxidantien.„Wildes Gemüse,Kräuter, Blüten, Salate,Beeren,Früchte und Nüssesind eine ku-linarische Bereicherung und die idealeGrundlage für ein gesundes Leben“, istStraußüberzeugt. Vor allem dann, wenndie PflanzenohneZüchtung, Gentechnik,Dünger undAgrarchemiewachsen,keinelange Transportwege hinter sich haben,frisch sind und keinenPlastikmüll verur-sachen.

Stiftung auf demWegindie EigenständigkeitNachdem das notwendige Kapital vor-handen war, wurde Ewilpa alsein eige-ner Stiftungsfonds innerhalb der Dach-stiftung für individuelles Schenken inder GLSTreuhand gegründet. Wenn dasStiftungskapital die Höhe von 150.000Euro erreicht hat, kann eine rechtlicheigenständige Stiftung erhoben wer-den. Spenden dazu sind steuerlich ab-zugsfähig,dadie Ausrichtung der Arbeitder Stiftungsinitiative den Kriterien derGemeinnützigkeit entspricht. NebenderGründung von Parks hat die Stiftungnoch andere Ziele. Im Sinne eines„Grü-nen Klassenzimmers“will siealtesWissenüber Pflanzen und ökologische Zusam-menhänge, Selbstversorgung und dieZubereitung von Speisenmit essbarenWildpflanzen wiederbeleben. Auch willman Integration durch interkulturelleBegegnungensowie durch Nutzung derhier wachsenden essbarenWildpflanzenaus fremden Kulturen wie ausOsteuro-pa,Südamerikaund den Mittelmeerlän-dern fördern. Der Gemeine Schneeball,Bocksdorn (Goji), Sanddorn und Aroniastammen ursprünglich aus Russland.

Amaranth, Quinoa-Melde kamen ausSüdamerika,die Lippenblütler aus denmediterranen Ländern.

SozialerTreffpunktDer Park soll zudem ein sozialer Treff-punkt in der Gemeinde, im Wohnvierteloder im Stadtteil seinund die Menschendurch gemeinsamesSammelnunter An-leitung, durchVorträge,Zubereitungskur-seund gemeinsame Mahlzeiten zusam-menbringen. Eine solche Anlage kannauch eine ökologische Ausgleichsflächesein, weil sie artenreich ist, vielen Wild-tieren einenLebensraumbietet und sichdie natürliche Bodenfruchtbarkeit undder Wasserhaushalt regenerieren. „AlsErholungsgebiet für die Naherholungist die Einrichtung eines EssbarenWild-pflanzenparksein wertvoller Beitrag zurnachhaltigen Stadtentwicklung“, erklärtStrauß. Lehrer und Erzieher, die Gastro-nomie, die Landwirtschaft, der Garten-und Landschaftsbau sowie Heilberufealler Art werden miteinbezogen, indemdie Stiftung dasWissenan sieweitergibtund siealsMultiplikatoren nutzt. Um ei-nen Parkanzulegen, sollten mindestensein Drittel Hektar bis zumehreren Hekt-ar in Siedlungsnäheund gut erreichbarzurVerfügung stehen.DasGeländewirddann möglichst mit einer Wildfruchthe-cke begrenzt. Ideal wäre der Bau einesÖkohausesmit Kücheund Seminarraum.

Viele freiwillige HelferDer Park in Kemnath-Waldeck, südlichvon Waldeck rund um den Schlossbergmit der Burgruine gelegen, entstandaus 13 Teilflächen, die durch einen Er-lebniswanderweg mit Schautafeln ver-bunden sind. 2017 pflanzten freiwilligeHelfern 900 Sträucher und 100 Bäumeverschiedener Arten. Esgibt auch eineAckerbrache,die einHotel inWaldeckbe-wirtschaftet, um neben dem SchwarzenHolunder auseigenem Bio-Anbau nochweitere wilde Speisenund Getränke fürdie Hotelgäste anbieten zu können. DerParksteht jedemoffen und kannzu jederJahreszeittäglich besucht werden. rmi

www.ewilpa.net undwww.dr-strauss.net

©StiftungEw

ilpaU

teMühlbauer

EineWildrose

Der EssbareWildpflanzenParkinKemnath-Waldeckist gut beschildert

JungerGierschist ein willkommenesWildkraut im Frühjahr

Zu BeginndesRundgangsinformiertdieseTafel über denPark in

Kemnath-Waldeck