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1~ "1 ~ [Zeitschr. t Untersuchung 448 L. R o s e n t h a I e r, Reduzierende Wirkung yon ~u~ml,c~.id" Nahr.- u. GenulimiStel.

besitzt ersteres zu einer R e i c h e r t- M e i ~ 1' schen Zahl yon 25 eine Verseifungszahl yon etwa 223, letzteres dagegen eine solche yon nur etwa 220.

Vor allem aber wurden nach den amtlichen Berichten zu den im Januar [)is M£rz 1909 nur vereinzelt vorkommenden R e i c h e r t - M e i i ~ l ' s e h e n Zahlen yon 23 bis 25 ganz besonders hohe Verseifungszahlen von 224,2 bis 228,8 ermittelt.

5. Die J u c k e n a c k - P a s t e r n a e k ' s c h e Differenz wies 1909 beim obigen Butterfette durchschnitLlich mehr Minus-Differenzen als beim niederl£ndischen auf, etwa 20 gegen 2°/0; und die verh~ltnism~igen Plus-Differenzen schwankten im gleichen Jahre yon ~ 1,3 bis 6,1.

6. Sehr hohe Jodzahlen sind naeh S. P a r a s e h t s c h u k 1) fiir nordrussisches Butterfett im September charakteristisch.

7. l~berschreitungen der hSchst zul~ssigen P o 1 e n s k e 'schen Zahl des nordrus- sischen Butterfettes wurden gelegentlich der hiesigen Untersuchungen im Frfihjahr nicht ermittelt.

8. Der Wassergehalt der nordrussischen Butter betrug nach genannten monat- lichen Berichten im Jahre 1909 im Mittel 11,88°/o; der niedrigste 9,3 und der h6chste 15,4 °/0.

Ffir die freundliche Unterstfitzung, die ich bei der Ausffihrung dieser Arbeit seitens meiner Herren Mitarbeiter, Dr. P r e s c h e r und K. S a g e l , erfahren habe, danke ich beiden Herren auch an dieser Stelle bestens.

~) Zweiter Bericht tiber die T~tigkeit des Reichsmilchwirtschaftlicben Untersuchungs- amtes zu Jaroslaw 1906, S. 51.

Zur Kenntnis der reduzierenden Wirkung yon Milch, Leber nnd Itefe.

( A s y m m e t r i s e h e R e d u k t i o n a u f b i o c h e m i s c h e m W e g e . )

Von

L. R o s e n t h a l e r .

M i t t e i l u n g aus dem P h a r m a z e u t i s c h e n i n s t i t u t der U n i v e r s i t ~ t S t r a ~ - b u r g i. E.

[Eingege,~ngen am 13. Juli 1910.]

h . M i l c h .

Uber die Vorg£nge, we]che die reduzierende Wirkung der Milch bedingen, sind wir nicht genfigend unterrichtet, obgleich bereits viele Untersuehungen tiber diesen Gegenstand vorliegen. Es liegt indes nieht in meiner Absicht, fiber die sehr aus- gebreitete Literatur, die fiber die Reduktionswirkungen der Milch handelt, hier ein- gehend za beriehten. Es seien nur einige Tatsaehen hervorgehoben, deren Kennmis zur Orientierung erwfinscht sein mug.

Die Diskussionen der letzten Jahre knfipfen haupts~chllch an die bekannte Arbeit von F. S c h a r d i n g e r 2) ,,~ber das Verhalten der Kuhmilch gegen Methylen- blau u. s. w." an, obgleich auch sehon vorher Mitteilungen fiber reduzierende Wir-

i) Diese Zeitschlift 1902, 5, 1113.

30. Bs~nd. "~ 1. Oktober 19t0.j L. R o s e n t h a t e r , Reduzierende Wirkung yon Kuhmileh. 449

kungen der Milch vorlagen, und sogar schon V a u d i n 1) die Entfiirbung des Indigo a]s Reaktlon auf nicht mehr frische Milch vorgeschlagen hatte.

S e h a r d in g e r wandte bekanntlich zwei Reagenzien an, eine ~{[ethylenblau-LSsung (M.) and eine Methylen blau-Formalin-LSsung (F. M.). Letztere wird nach S e h a r d i n g e r dureh frische und altere Milch entfi~rbt, erstere nicht durch frische, w~hrend sie durch i~ltere im Zustand der Siiuerung befindliche Milch ebenfalls entf~rbt werden kann. Gekochte Milch verh{ilt sieh gegen beide Reagenzien passiv. Ffir die theoretische Deutung der S c h a r d i n g e r'schen Ergebnisse war es vor allem nStig, zu erforschen, welcher Natur die die Reaktion bedingenden Stoffe sind. Dabei stand besonders die Frage im Vordergrund, ob es sich dabei um Wirkungen yon Enzymen oder um Bakterientgtigkeit handelt. Als das Ergebnis der sich mit dieser ~Prage beschiif- tigenden Arbeiten kann, obgleich noch nicht v51lige Einmfitigkeit herrscht, doch fol- gendes als ziemllch sichergestellt gelten:

1. Bei der F. M.-Reaktion ist der Formaldehyd das reduzierende Agens, und ein in der Milch enthaltenes Enzym (Sm i d t ' s Aldehydkatatase) beschleunigt die Reaktion. Dafiir sprieht u. a. auch die yon G. B r e d i g und P. S o m m e r ~) neuer- dings gefundene Tatsache, da~ bei der F. M.-Reaktion die Milch dutch ,,anorganische Fermente" ersetzt werden kann.

2. Die M.-Reaktion ist durch die Tiitigkeit yon Bakterien verursaeht, was natiir- lich nieht ausschliel~t, dag sie doch in letzter Linie eine Enzym-Reaktion ist. Die Gegenwart einer Reduktase ist fiir Milch nicht bewiesen. Auch ist nicht sicher- gestellt, ob etwa bestimmte nieht enzymatische Produkte bakterieller T~tigkelt die direkt reagierenden Substanzen sind. In Betracht gezogen warden u. a. Schwefelwasserstoff ( S c h a r d i n g e r ) , Abbauprodukte des Caseins ( S e l i g m a n n ) .

Die KSrper, von denen bekannt ist, dag sie durch Milch reduziert werden, sind nicht sehr zahlreieh. Auger Sehwefel sind es meines Wissens bisher nut Farbstoffe (Indigo, Laekmus, Methylenblau). Dazu tritt jetzt die yon mir beobachtete und nigher studierte Reaktion: Die Reduktion der Benzoylameisensiiure zu Mandelsaure

C6HsCOCOOH -> CsHsCHOHCOOH also die Reduktion einer KetosSure zu tier. entspreehenden Alkoholsiiure.

Der Ausgangspunkt fiir diese Untersuchung war die yon mir entdeckte Tatsaehe, dab man mit Hilfe von Emulsin optisch-aktive KSrper darstellen k5nne, also bei- spMsweise aus Benza]dehyd, Blaus£ure und Emulsin das d-BenzaldehydcyanhydrinS). Es lag deshalb der Gedanke nahe, aueh andere Reaktionen unter dem Einflug von Enzymen asymmetrisch durchzufiihren. Da mit der, wenn auch sehr bestrittenen, MSglichkeit zu rechnen war, dag die Milch ein reduzierendes Enzym enthalt, so zog ich zuerst die Kuhmilch zu meinen Versuchen heran. Bereits in meiner ersten Ver- 5ffenflichung fiber dutch Enzyme bewirkte asymmetrische Synthesen habe ich dariiber berichtet, daG man mit Milch Benzoylameisens~ure in einen linksdrehenden KSrper umwandeln kann, der nichts anderes a]s 1-Mandelsiiure sein konnte und, wie jetzt die niihere Untersuchung ergeben hat, auch in der Tat diese S~ure ist4).

I) Repertoire de Pharmacie 1897, 9, 538; nach Annales de Chimie analytique vom 1. XII. 1897.

s) Zeitschr. f. physik. Chem. 1909, 70, 34. s) Biochemische Zeitschrift 1908, 14, 238; 1909, 17, 257; diese Zeitschrift 1910, 19, 89. ~) Benzoylameisensi~ure wurde deshalb zu diesen Yersuchen gewahtt, weil die darch

Reduktion daraus hervorgehende optisch-aktive Mandelsaure durch ein sehr starkes Drehangs- vermSgen (a D ~ --156o) ausgezeichnet ist, sodafi selbst ein schwacher positiver Aasfatl der Reaktion bemerkt werden konnte.

T r . . . ~ r Z e i t s c h r , f . U n t e r s u ~ h u n g 450 L. R o s e n t h a l e r , Reduzierende Wirkung yon ~unmllcn.[d" N a h r . - u. GenuiimitteL

Die Versuche wurden moistens in folgender Weise ausgefiihrt: 4 g Benzoyl- ameiscnsiiure, die mit Natriumcarbonat neutralisiert waren, wurden der Einwirkung yon 250 g Milch eine bestimmte Zeitlang, fiber die im folgenden n/iheres angegeben wird, unterworfen. Iqach geniigender Einwirkung wurde mit Salzs~ure versetzt und dadurch das Kasein, das sich zum grSl~ten Tell schon wi£hrend der Versuche ausge- schieden hatte, vollst~dig zur Ausf~llung gebracht. Das Filtrat wurde saint den vom Auswaschen des Caseins herriihrenden Waschw/~ssern wiederholt ausge/ithert, der J~tber abdestilliert und der Riickstand mit ~¢Vasser aufgenommen. Mit Hilfe yon Kieselguhr wurde fast stets eine klare LSsung erhalten (nut selten war es nStig, noch mit Benzol auszuschfittetn), die dann auf ihre optische Aktivitiit untersucht wurde. Der Kieselguhr wurde fibrigens stets so lange ausgewaschen, bis das Filtrat nicht mehr optisch aktiv war. Auf diese Weise wurde die Gesamtdrehung der entstandenen optisch-aktlven Mandelsi~ure ermittelt. Sic wird im fotgenden m i t a bezeichnet.

Wurde Milch ohne Benzoylameiscnsi~ure in derselben Weise behandelt, so wurde keine optisch:aktive Substanz erhalten.

Zur Feststellung, ob der entstandene optisch-aktive KSrper auch wirklich Mandel- s~ure war, wurde ein Tell der bei den folgenden Versuchen erhaltenen Fliissigkeiten nochmals ausgeiithert. Der Verdunstungsrfickstand der /~therischen :Fliissigkeit wurde mehrmals aus Benzol umkrystaliisiert.

Die Elementaranalyse ergab fo]gende Werte:

I. 0,1889 g Substanz gaben: 0,4360 g Kohlens~ure, entsprechend 0,1189 g ~ 62,98% Kohlenstoff 0,0966 g Wasser,

II. 0,1152 g Substanz gaben: 0,2672 g Kohlens/iure, 0,0582 g Wasser,

Demnach im Mi~iel gefunden: Kohlenstoff 63,12 °[0 Wassers~off 5,58 ,

,, 0,0966 g ~--- 5,55, Wasserstoff ,, 0,07288 g ~ 63,26, Kohlenstoff ,, 0,00847 g = 5,61 ,, Wassers~off Berechnet fiir CsHsOa

~3,16% 5,26

Schmelzpunkt 118°--119 °. Die Drehung einer w/isserlgen LSsung, die 1,2457 g

in 100 ccm enthielt, betrug - - 2,50 bei 20% Daraus berechnet sich [a]D ~ --100,34 °. Von weiterem Umkrystallisieren, durch das Schmelzpunkt and spezifsche Drehung noch h~tten erhSht werden k5nnen, wurde abgesehen, da aus den erhaltenen Werten ohnehin einwandfrei hervorging, dab es sich urn Mandels/iure handelte, die 1-Mandel- s/iure in betr/ichtlicher Menge enthielt.

Die Tatsache, dab also auch auf diesem Wege ein optlsch-aktiver KSrper zu er- halten war, veranlaBte mich, die Reaktion n~her zu untersuchen. Es sollte folgendes festgestellt werden:

1. Ist die eigentliche asymmetrische Reaktion eine Reduktion? 2. Welches slnd die optimalen Bedingungen tier Reaktion. 3. Wird die Reaktion dureh ein Enzym oder durch Bakterien hervor-

gerufen ? 1. Wenn aueh selbstverst/~ndlich die ~berffihrung der Benzoylameisens/iure in

Mandelsiiure eine Reduktion ist, so war es doch nicht von vornherein sicher, ob die Entstehung der optischen Aktiviti~t gerade mit der Reduktion verkntipft ist. Die t-Mandel- s/iure konnte mSglieherweise auf anderem Wege entstehen. Es konnte zun/ichst durch symmetrisehe Reduktion eine optisch-inaktive Mandels/iure gebildet werden, und diese konnte asymmetrisch, etwa dutch Bakterien, so zersetzt werden, .dM] der d-Anteil

20. Band. 1. 0k~ober 1910.J L. Rosen tha l e r , Reduzierende Wirkung yon Kuhmilch. 451

rascher zerstSrt wurde als der LAnteil, oder dal]/iberhaupt nur der erstere angegriffen wurde. Traf dieser Fall zu, so h~itte man durch Einwirkung von Milch anf r-Mandel- s~iure ebenfalls 1-Mandels/iure erhalten miissen. Der Versuch zeigte indes, dat3 die Mandels~ure in diesem Falle inaktlv blieb; damit ist bewiesen, dM] es sich in der Tat um eine asymmetrische Reduktion handelt. Unterstfitzt, wenn auch nicht in zwingender Weise, wird dieser Beweis durch die Tatsache, dat] man erhShte Ausbeuten an optisch-aktiver Substanz erh~lt, wenn man w~hrencl der Versuche mit Benzoyl- ameisens/~ure Wasserstoff durchleitet.

Aus den bier erw/ihnten Tatsachen geht gleiehzeitig hervor, dal] die reduzierende Substanz selbst asymmetrischen Bau besitzen mu~. Doch ist sle, wie die Versuche gezeigt haben, jedenfalls weder Milchzucker noch Traubenzueker. Aueh Abbauprodukte des Caseins kommen nicht in Frage, da eine LSsung yon Casein-lqatrium dutch Impfen mit Milch (vergl. welter unten) nicht die F/ihigkeit erhalt, Benzoylameisensiure in 1-Mandels/iure fiberzuffihren.

2. Zur Feststellung der optimalen Bedingungen wurde der Einflu~ der Zeit, der Temperatur und der yon H- und OH-Ionen untersueht.

a) Zei t . Je 8 g Benzoylameisens~ure, die hier wie bei allen folgenden Ver- suchen stets in der Form des I~atriumsalzes zur Anwendung gelangte, wurden bei 250 mit 500 g Milch angesetzt und die Drehung in der oben geschilderten Weise nach verschiedenen Zeiten bestimmt.

Sie betrug:

i"qach 24: Stunden 0o Nach I1 Tagen --30,76o ,, 4 Tagen --13,17o ,, 22 ,, --9.5,200 ,. 7 ,, -18,06o ,, 52 ,, --22,340

l~ach kurzem Ruhestadium findet also zun~ichst ein ziemlich rasches A_nsteigen der optischen Aktivit/~t start. Iqach etwa I i/a Wochen ist das Maximum erreicht. Dann folgt ein sehr langsam verlaufendes Abnehmen.

b) T e m p e r a t u r - V e r s u c h e wurden nur bei 3 Temperaturen ausgefiihrt, bei 25 °, 400 und 70 °. Die Versuehsdauer betrug dabei 8 Tage. Bei 700 wurde keine optisch-aktive Substanz gebildet; im 25°-Versuch war die zu beobachtende Drehung viermal grS~er als im 40°-Versueh. Die Versuehe wurden deshalb alle in der Folge bei 250 ausgeffihrt.

c) E i n f l u l ~ y o n H - u n d O H - I o n e n . Da be ider langen Versuchsdauer, mit der zweifellos ein Ansteigen der Acidit~t verknfipft ist, zun~chst e'me Vermehrung der optischen Aktivit~t statffindet, so geht daraus hervor, da[~ saure Reaktion nicht sch/idlich sein kann. In der Tat zeigte es sich, dat] ein Zusatz yon 10 cem i/io l~.-S/~ure beg/instigend wirkt, w~hrend dieselbe Menge iAo lq.-Kalilauge sch/idigt: 4 g Benzoylameisens/iure mit 200 g Milch in 6 Tagen ergaben: Kontrollversuch a ~ - - 5 , 7 , mit 10 ccm i/io lq.-S/iure --6,2, mit I0 ccm i/io I~'.-J~auge ~ 3 , 7 2 °.

3. Um festzustellen, ob fiberhaupt ein Enzym und bakteridlle T~tigkeit in Be- traeht kamen, wurde ein Versuch mit erhitzter Milch ausgefiihrt. Dabei bildete sich keine 1-Mandels~ure, obgleich tier Versueh nicht unter strong aseptischen Kautelen ausgefiihrt wurde und also die M5glichkeit einer Infektion bestand. Da dieser Versuch zeigte, dal] ein pr/~tormlerter w/irmebest~ndiger KSrper nicht das reduzierende Agens seln konnte, so konnte zur Brfifung der Frage fibergegangen werden, ob hier eine direkte Enzym- oder Bakterienwirkung vorlag.

~ , . , ~ l - Z e i t s c h r , f . U n t e r s u e h u n g 452 L. R o s e n t h a 1 e r, Reduzierende Wirkung von ~unmnen.[a" Nahr.- u. Genufimittel.

Zun~tchst sollte fcstgestellt werden, ob die Wirkung etwa einseitig an das Serum oder an das Casein gebunden war.

1 1 Milch wurde bei 35 ° mlt 5 g Labessenz versetzt, die, wie vorher ermi~telt wurde, auf die Versuche ohne Einflu/~ ist. Nach Ausseheidung des Caseins wurde der Niedersch]ag mit Wasser gewaschen, schlieglich mit Wasser angerfihrt und ebenso mit 4 g Benzoylamelsensaure versetzt wie 250 g des Filtrats. Der Rest des Filtrats wurde mit ~Veingeist geffillt, der Niederschlag wieder in Wasser gelSst und der LSsung gleiehfalls Benzoylameisens~ure hinzugefiigt. Das Ergebnis (nadh & Wochen) war: Mit dem Casein-Niederschlag a ~ --1,66 °, mit dem Filtrat a ~ - - 5 °, mit dem Wein- geist-Niedersehlag 0. Ein klelner Tell der reagierenden Substanz war also, so schien es, mit dem Casein ausgefallen, der grSgte Tell war im Serum, war aber daraus durch F~,llung mit Weingeis~ nlcht zu gewinnen.

Wurde dagegen das' Serum mit Magnesiumsulfat ges~ttigt, so war der Niederschlag wenn er wieder mit Wasser in LSsung gebraeht war, aktiv, nicht dagegen daM Filtrat. Wurde als F~llungsmittel Ammoniumsulfat (in Halb- oder Ganzsfittigung)oder Chlor- natrium (in Ganzsattigung) angewendet, so reagierten weder Niederschlag noch Filtrat in gewfinschter We]se.

Da diese Versuehe eine Entscheidung nieht gestatteten, so wuMe der Einflul~ einer Anzahl von Antisepticis ermittelt.

Diese Versuche, die jeweils mit 250 g Milch und 4 g Benzoylameisens~ure ausgeffihrt wurden, hatt~n fotgendes Ergebnis:

Die Reduktion wurde vollstfindig verhindert dutch Formaldehyd (5 g der 35 °/o-igen LSsung), Phenol (2,5 g), Wasserstoffperoxyd (5 g Perhydrol) und grSgere Mengen Blaus~ture (0,54 g). Sie wird nieht verhindert durch Natriumbenzoat (1 g), Salicyl- s~iure (0,25 g), Fluornatrium (0,5 g), Chloralhydrat (1,875 g), kleine Mengen Blausiiure (0,031 g), Chloroform (10 Tropfen), Toluol (10 Tropfen), Jodoform-Aeeton (1 g ,Iodo- form, 8 ccm Aceton), Rhodanammonium (0,025 g). Immerhin wirkten Rhodanam- monium und Jodoform-Aceton stark sch~digend; yon sehwacherem aber doch wohl bemerkbarem Einflu$ waren: Chloral und die kleine Menge Blausfiure.

Auch aus diesen Versuchen war indes ein bindender Schlul~ nicht zu ziehen, da durch die Antiseptica, welehe die Reaktion vS]lig verhinderten, wie Phenol, Form- aldehyd und Wasserstoffperoxyd auch Enzyme unwirksam gemacht werden kSnnen. Bakterielle T~tigkeit war nieht auszuschlie/~en, obgleich Jodoform-Aceton und Blau- saure in kleiner Menge die Reaktion nicht verhinderten, da man yon vornherein nie sagen kann, welche Widersmndskraft irgend ein Bacterium diesen Giften ent- gegensetzt.

Es wurden deshalb weiterhin Versuche darfiber angestellt, ob die im Serum vorhandene wirksame Substanz dutch Tonzellen (Pukall-Zellen) hindurchfiltriert. Das Filtrat lieferte indes keine 1-Mandels~ure. Es konnte daraus mit einiger Wahrschein- tiehkeit gesehlossen werden, dab die beobaehtete Reaktion der Tfitigkeit yon Bakterien zuzuschreiben sei. V611ig beweisend war dies jedoch nicht, da F~Ile bekannt sind, in denen aueh Enzyme yon Tonzellen zurfickgehalten wurden.

Eine einwandfreie Entseheidung brachten erst die Impfversuche. Wurden 200 g Milch 5 Stunden lung auf dem Dampfbade erhitzt und nach dem Erkalten mit e i n e m Tropfen nieht erhitzter Milch geimpft, so lieferte sie mit 4 g Benzoyl- ameisensaure nach 8 Tagen a ~ - - 3 , 1 1 °, w~hrend die gleiehe Menge sonst ebenso behandelter, aber nicht geimpfter Milch keine optisch-aktive Substanz lieferte. Damit ist

20. Band, ] 1. Oktober 1910.J L. R o s e n ~ h a l e r , Ha lphen ' s c h e Reaktion. 453

bewiesen, da~ die Reduktion der Benzoylameisens~ure zu 1-Mandelsaure auf die Tiitig- keit von Bakterien zurfickzuffihren ist. Ob dabei nicht in letzter Linie Endo-Enzyme der Bakterien in Betracht kommen, hat sich nicht entscheiden lassen. Da es sich somit nicht beweisen lie~, dal~ bier eine der enzymatischen Reaktionen (Aufbau optisch- aktiver KSrper auf enzymatischem Wege) vorliegt, die zu meinem Arbeitsgebiet ge- hSren, so habe ich davon abgesehen, Milch noch auf mehrere andere gecignete KSrper einwirken zu lassen.

B . L e b e r u n d H e f e .

Die Versuche bei denen ich ttcfe und Leber (Rindsleber) auf Benzoy]ameisensi~ure einwirken liet~, hatten ein ~ihnliches Ergebnis wie die mit Milch ausge~hrten Ver- suche. In beiden Fiillen ensteht 1-Mandelsi~ure, was ich ffir Leber bereits friiher mit- getei]t habet). Wie bei Milch, so haben sich weder bei Hefe noch bei Leber Anzeichen dafiir ergeben, da~ das reduzierende Agens ein Enzym ist. Schon das mit Filtrier- papier gewonnene Filtrat des Leberbreies erzeugte keine aktive Mandelsi~ure mehr, und auch der filtrierte Pret~saft der Here erwies sich im Gegensatz zur ttefe selbst als inaktiv.

Z u s a m m e n f a s s u n g dc r E r g e b n i s s e .

1. Kuhmilch, Here und Leber reduzieren Benzoylameisens~ure zu 1-Mandels~ure: Asymmetrische Reduktion auf biochemischem Wege.

2. Es konnte in keinem Falle bewiesen werden, da~ die in 1. genanntc Reak- tion auf ein Enzym zurfickzufiihren ist.

3. Die untersuchte reduzierende Wirkung der Milch ist eine Folge bakterieller T~tigkeit.

1) Zeitschr. des Allg. ()s~err. Apotheker-Vereines 1909, No. 18.

Bemerkungen zur Halphen'schen Reaktion. Von

L. Rosenthaler .

M i t t e i l u n g aus dem Pha rmazeu~ i schen I n s t i t u t der Universi~i~t Strai i- ba rg i. E.

[Eingegangen am 13. Juli 1910.]

Die bei der Ha lphen ' s chen Rcaktion auf BaumwollsamenSl sich abspielendcn Vorg~nge werden wohl eine endgfiltige Aufkl~trung erst dann erfahren, wenn der die Reaktion bedingende KSrper des BaumwollsamenSls aufgefunden sein wird. Solange dies aber trotz vielfacher Bemiihungen n icht gegliickt ist, mul~ man sich darauf be- schr~nken, die Bedingungen, unter denen die Reaktion eintritt, m6glichst genau zu er- ~orschen. Hier sind immer noch einige Lficken auszuffillen. Das ¥erh~lmis, in welchem der Amylalkohol zur Reaktion steht, ist z. B. noch nicht mit aller Sicher- heir ermittelt. Mitteilungen darfiber Iiegen yon P. S o l t s i e n I) vor. Dieser Forscher

i) Zeitschr. 5ffentl. Chem. 1901, 7, 25; diese Zeitschrif~ 1901, 4, 753.


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