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Nachdem die Europäische Zentralbank den Leitzins in zwei Schritten erhöht hatte, senkte sie diesen Ende 2011 auf das Rekordtief von 1,0 Prozent. Die Absenkung und zudem großzügige Liquiditätsspritzen für die Banken, die sich kräftig mit frischem Geld versorgten, sollten die Wirtschaft im Euroraum ankurbeln und eine mögliche Rezession bekämpfen. Die Hoffnung, dass Kapital über Staatsanleihen auch in die hochverschuldeten Peripheriestaaten fließt, die eine durchaus ansprechende Ver- zinsung bieten, erfüllte sich aber erst Anfang 2012. Die Zweifel der Anleger waren zu groß. Sie suchten den sicheren Hafen, wozu der Aktienmarkt 2011 eher nicht zählte. Es gab zwar vielversprechende Höchststände, aber auch beängstigende Tiefstände. Es war ein turbulentes Börsenjahr, in dem REITs Stärke bewiesen. –> Mehr dazu auf den Seiten 2 – 4 Niedrigzinsen, Staatsverschuldung, Bevölkerungsrückgang – diese Merkmale treffen derzeit auf viele Länder zu, darunter Deutschland und Japan. In einem Punkt unter- scheiden sie sich jedoch – noch: Während man sich hierzulande vor Inflation fürchtet, kämpft Japan gegen die Deflation. Deutschland könnte diese Entwicklung auch bevorstehen – mit überraschenden Folgen für Immobilienaktien. –> Mehr dazu auf den Seiten 5 – 6 Für Fachmärkte beginnt ein neuer Investitionszyklus: Sowohl in- als auch ausländische Investoren zeigen ein hohes Interesse an den „flachen Boxen“. Dem Marktforschungs- und Beratungsunternehmen BulwienGesa zufolge ist das Fachmarktsegment „Inves- tors Liebling“. Dr. Joseph Frechen, Bereichsleiter Einzelhandel, weiß, dass Kunden nach wie vor die Vorteile von Fachmarktlagen schätzen. Und so würden inzwischen sogar solche Einzelhändler Fachmarktflächen suchen, die bisher primär in Einkaufs- straßen der Innenstädte zu finden sind. Die gefragten Flächen sind knapp, woraus der Experte ein Mietsteigerungspotenzial ableitet – insbesondere der Restrukturierungs- bedarf vieler Märkte eröffne Renditechancen. –> Mehr dazu auf den Seiten 7 – 8 EDITORIAL Sehr geehrte Leserinnen und Leser, was die Masse der Investoren derzeit sehr bewegt, ist die Frage, ob sich ein Szenario wie 2008 wiederholen könnte. Die Subprimekrise und die daraus re- sultierende Finanzkrise mit dem Konkurs von Lehman Brothers als Höhepunkt haben damals den Immobilienmarkt und noch mehr die Immobilienaktien ge- troffen. Aktuell haben wir es mit einer Staatsschuldenkrise und einer sich dar- aus entwickelnden Bankenkrise zu tun. Im Gegensatz zu 2008 stehen die Immo- bilien nicht im Zentrum der Krise, sondern am Rande. Dieses Mal ergeben sich für Immobilien, neben Belastungen wie schlechteren Finanzierungsbedingungen, auch Chancen. Und trotz der Anzeichen für eine nachlassende Konjunktur sind die Aussichten an ausgewählten Immo- bilienmärkten positiv. In Deutschland beispielsweise ist die Arbeitslosigkeit ge- sunken. Steigende Beschäftigungsniveaus beleben die Nachfrage nach Büroflächen auch andernorts, vor allem in den asiati- schen Metropolen wie Singapur. In Lon- don werden vor allem im Westend Flächen nachgefragt. Investoren suchen vielerorts aufgrund der nach wie vor niedrigen Zinssätze eifrig nach attraktiven laufenden Erträgen. Davon sollte insbe- sondere der Immobilienaktien- und REIT- Sektor in den kommenden Quartalen profitieren. Nach den jüngsten Kurskor- rekturen sind viele Papier unterbewertet. Ihr Mario Caroli Ein Informationsdienst über Immobilienaktien und REITs AUSGABE 01 // APRIL 2012 Immobilienaktienmarkt aktuell REITS HABEN DEN BREITEN AKTIENMARKT 2011 GESCHLAGEN Asset Allocation JAPANISCHE VERHäLTNISSE Experteninterview „DER FACHMARKT IST INVESTORS LIEBLING“ +++ UNSERE THEMEN +++ UNSERE THEMEN +++ UNSERE THEMEN +++ UNSERE THEMEN +++ Der REIT -Investor Der REIT -Investor

Der REIT-Investor: Ausgabe 1 vom April 2012

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Die Themen: - REITS HABEN DEN BREITEN AKTIENMARKT 2011 GESCHLAGEN - JAPANISCHE VERHÄLTNISSE - „DER FACHMARKT IST INVESTORS LIEBLING"

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Page 1: Der REIT-Investor: Ausgabe 1 vom April 2012

Nachdem die Europäische Zentralbank den Leitzins in zwei Schritten erhöht hatte,

senkte sie diesen Ende 2011 auf das Rekordtief von 1,0 Prozent. Die Absenkung und

zudem großzügige Liquiditätsspritzen für die Banken, die sich kräftig mit frischem

Geld versorgten, sollten die Wirtschaft im Euroraum ankurbeln und eine mögliche

Rezession bekämpfen. Die Hoffnung, dass Kapital über Staatsanleihen auch in die

hochverschuldeten Peripheriestaaten fließt, die eine durchaus ansprechende Ver-

zinsung bieten, erfüllte sich aber erst Anfang 2012. Die Zweifel der Anleger waren

zu groß. Sie suchten den sicheren Hafen, wozu der Aktienmarkt 2011 eher nicht

zählte. Es gab zwar vielversprechende Höchststände, aber auch beängstigende

Tiefstände. Es war ein turbulentes Börsenjahr, in dem REITs Stärke bewiesen.

–> Mehr dazu auf den Seiten 2 – 4

Niedrigzinsen, Staatsverschuldung, Bevölkerungsrückgang – diese Merkmale treffen

derzeit auf viele Länder zu, darunter Deutschland und Japan. In einem Punkt unter-

scheiden sie sich jedoch – noch: Während man sich hierzulande vor Inflation fürchtet,

kämpft Japan gegen die Deflation. Deutschland könnte diese Entwicklung auch

bevorstehen – mit überraschenden Folgen für Immobilienaktien.

–> Mehr dazu auf den Seiten 5 – 6

Für Fachmärkte beginnt ein neuer Investitionszyklus: Sowohl in- als auch ausländische

Investoren zeigen ein hohes Interesse an den „flachen Boxen“. Dem Marktforschungs-

und Beratungsunternehmen BulwienGesa zufolge ist das Fachmarktsegment „Inves-

tors Liebling“. Dr. Joseph Frechen, Bereichsleiter Einzelhandel, weiß, dass Kunden

nach wie vor die Vorteile von Fachmarktlagen schätzen. Und so würden inzwischen

sogar solche Einzelhändler Fachmarktflächen suchen, die bisher primär in Einkaufs-

straßen der Innenstädte zu finden sind. Die gefragten Flächen sind knapp, woraus der

Experte ein Mietsteigerungspotenzial ableitet – insbesondere der Restrukturierungs-

bedarf vieler Märkte eröffne Renditechancen. –> Mehr dazu auf den Seiten 7 – 8

Editorial

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

was die Masse der Investoren derzeit

sehr bewegt, ist die Frage, ob sich ein

Szenario wie 2008 wiederholen könnte.

Die Subprimekrise und die daraus re-

sultierende Finanzkrise mit dem Konkurs

von Lehman Brothers als Höhepunkt

haben damals den Immobilienmarkt und

noch mehr die Immobilienaktien ge-

troffen. Aktuell haben wir es mit einer

Staatsschuldenkrise und einer sich dar-

aus entwickelnden Bankenkrise zu tun.

Im Gegensatz zu 2008 stehen die Immo-

bilien nicht im Zentrum der Krise, sondern

am Rande. Dieses Mal ergeben sich für

Immobilien, neben Belastungen wie

schlechteren Finanzierungsbedingungen,

auch Chancen. Und trotz der Anzeichen

für eine nachlassende Konjunktur sind

die Aussichten an ausgewählten Immo-

bilienmärkten positiv. In Deutschland

beispielsweise ist die Arbeitslosigkeit ge-

sunken. Steigende Beschäftigungsniveaus

beleben die Nachfrage nach Büroflächen

auch andernorts, vor allem in den asiati-

schen Metropolen wie Singapur. In Lon-

don werden vor allem im Westend

Flächen nachgefragt. Investoren suchen

vielerorts aufgrund der nach wie vor

niedrigen Zinssätze eifrig nach attraktiven

laufenden Erträgen. Davon sollte insbe-

sondere der Immobilienaktien- und REIT-

Sektor in den kommenden Quartalen

profitieren. Nach den jüngsten Kurskor-

rekturen sind viele Papier unterbewertet.

Ihr

Mario Caroli

Ein Informationsdienst über Immobilienaktien und REITs

ausgabE 01 // april 2012

Immobilienaktienmarkt aktuell

REITS HABEN DEN BREITEN AKTIENMARKT 2011 GESCHLAGEN

Asset Allocation

JAPANISCHE VERHäLTNISSE

Experteninterview

„DER FACHMARKT IST INVESToRS LIEBLING“

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der rEit-investorder rEit-investor

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sEitE 2

Die Sorgen um die Schuldenlasten in

vielen Ländern der Welt nahmen Anle-

gern die Investitionsfreude und sorgten

an den globalen Aktienmärkten ab Ende

Juli 2011 zu starken Verlusten. Der Akti-

enindex MSCI World zeigte im Jahres-

verlauf ein Minus von rund zehn Prozent.

Selbst der letzte Börsenmonat des Jahres

war von großen Schwankungen geprägt

– Kursgewinne von Anfang Dezember

mussten angesichts eines zunehmenden

Konjunkturpessimismus und insbeson-

dere in Sorge über die europäische

Staatsschuldenkrise wieder abgegeben

werden. Erst in den letzten Handelstagen

kehrte Hoffnung zurück, die dem globa-

len Aktienmarkt eine kleine Jahresendral-

lye bescherte. Seit dem Tiefpunkt Ende

November holte der weltweite Aktienin-

dex zirka 15 Prozent auf.

MarktbEricht dEutschland

Der Immobilienaktienindex DIMAX

konnte seit Jahresbeginn 2012 zunächst

nur mühsam die Verluste des Jahres

2011 aufholen. Seit dem Tief im Dezem-

ber gab es bis dato lediglich ein Plus von

nur knapp vier Prozent. Im Jahresverlauf

2011 hatten die deutschen Titel mit et-

wa 16 Prozent deutlich mehr als die

Konkurrenz vor allem in den USA nach-

gegeben. Der Kursverlauf ähnelt dem

des deutschen Leitindex DAX. Für beide

Indizes ging es ab Ende Juli steil bergab.

Für den DAX war 2011 mit einem Minus

von rund 18 Prozent eines der schlech-

bis Februar um mehr als 20 Prozent zu-

gelegt. REITs bewiesen erneut, dass sie

auch in einem unsicheren makroökono-

mischen Umfeld normalerweise relativ

belastbar sind.

Immobilienaktienmarkt aktuell

REITS HABEN DEN BREITEN AKTIENMARKT 2011 GESCHLAGEN

REITs haben den breiten Aktienmarkt

deutlich geschlagen. Der FTSE EPRA/

NAREIT Global REITs Index verlor im Jah-

resverlauf 2011 nur rund vier Prozent.

Vom Tiefpunkt Anfang oktober hat er

testen Jahre seiner Geschichte. Der DI-

MAX zeigte sich demgegenüber schwan-

kungsärmer – er reichte nicht an die

zwischenzeitlichen Höchststände des

DAX heran, fiel aber auch nicht so tief.

Quelle: EPRA, MSCI

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Quelle: BANKHAUS ELLWANGER & GEIGER KG © 2011

% ------ E&G DIMAX ------ DAX

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Jan 12Okt 11Jul 11Apr 11Jan 11Okt 10

MarktbEricht Europa

Die europäischen REITs haben 2011

schlechter als REITs weltweit abgeschnit-

ten. Der ERIX, Index für europäische

REITs von Ellwanger & Geiger, gab um

fast 20 Prozent nach. Insbesondere das

letzte Quartal des Jahres 2011 war fest

in der Hand der europäischen Schulden-

krise, für die trotz Regierungswechseln,

strenger Sparanstrengungen und vieler

Krisengipfel keine Lösung in Sicht war.

Zudem belastete die negative Entwick-

lung der britischen Gesellschaften, die

im Dezember in Euro allein vier Prozent

nachgaben. Der ERIX markierte Novem-

ber 2011 seinen Jahrestiefpunkt. Seitdem

holten europäische REITs jedoch wieder

fast 20 Prozent auf. Denn zahlreiche

Indikatoren für die europäischen Immo-

Page 3: Der REIT-Investor: Ausgabe 1 vom April 2012

ausgabE 01 // april 2012der rEit-investor

sEitE 3

MarktbEricht usa

Auch im Dezember 2011 haben die US-

amerikanischen REITS den breiten Akti-

enmarkt geschlagen. Besonders hervor-

getan haben sich Gesellschaften aus den

Bereichen Gesundheitswesen, Apartments

und Hotels. Zwar hat die M&A-Dynamik

im Vergleich zu vor der Finanzkrise ab-

genommen, doch im Jahresverlauf gab

es einige größere Zusammenschlüsse.

Einer brachte den weltweit größten im

Gesundheitswesen aktiven REIT mit einem

Unternehmenswert von fast 23 Milliarden

US-Dollar hervor. Gesellschaften aus

dem Gesundheitssektor sowie Unterneh-

men mit Lagerflächen für Private werden

mit hohen Aufschlägen zu den NAVs

gehandelt, während die meisten klassi-

MarktbEricht asiEn

Auch die asiatischen REIT-Gesellschaften

entwickelten sich 2011 schwächer als der

weltweite REIT-Markt. Insgesamt verlor

der FTSE EPRA/NAREIT Asia REITs Index

acht Prozent. Abwärts ging es mit starken

Schwankungen bis Jahresende. Seitdem

holten die Titel den Rückgang wieder auf.

Als einziger asiatischer REIT-Markt erziel-

te Hongkong im Dezember einen Wert-

zuwachs. Der dortige REIT-Index zeigte

zum dritten Mal in Folge eine Monatsper-

formance von mehr als fünf Prozent. Für

Aufwind sorgte unter anderem, dass die

chinesische Zentralbank erstmals nach

Quelle: BANKHAUS ELLWANGER & GEIGER KG © 2011

Immobilienaktienmarkt aktuell

drei Jahren ihren Mindestreservesatz

senkte, um angesichts nachlassender In-

flation das langsamere Wirtschaftswachs-

tum wieder zu beschleunigen. Japanische

Gesellschaften beendeten den letzten

schen Nutzungsarten zu leichten Ab-

schlägen notieren. Nach einem Auf und

Ab im dritten Quartal 2011 geht es seit

dem vierten Quartal steil aufwärts. An-

leger fokussieren sich auf Gesellschaften

mit einem geringen Verschuldungsgrad

und einem starken Management. Hatten

Monat 2011 nahezu im Einklang mit

dem asiatischen REIT-Index. Alle anderen

REIT-Märkte der Region blieben zurück.

Dabei hat sich der REIT-Markt in Singapur

am schlechtesten entwickelt.

sogar hoch verschuldete REITs zunächst

noch einen leichteren Zugang zu fri-

schem Kapital gegenüber den meisten

anderen Teilnehmer des Immobilien-

marktes, so selektierten Anleger auch im

REIT-Segment ab Jahresmitte stärker aus.

% ------ E&G ERIX (in Euro)

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Quelle: EPRA

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Quelle: EPRA

% ------ EPRA/NAREIT North America REITs (in Euro)

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Jan 12Okt 11Jul 11Apr 11Jan 11Okt 10

bilienmärkte verbesserten sich in den

letzten Monaten 2011. Regional zeigten

sich aber deutliche Unterschiede: Wäh-

rend Deutschland und die skandinavi-

schen Metropolen sich gut entwickelten,

standen die Immobilienmärkte in den

Peripherieländern unter großem Druck.

Page 4: Der REIT-Investor: Ausgabe 1 vom April 2012

ausgabE 01 // april 2012der rEit-investor

sEitE 4

ausblick

In einem sehr unsicheren ökonomischen

Umfeld waren REITs 2011 aufgrund ihrer

Ergebnisentwicklung und der attraktiven

Dividendenrendite gefragter als andere

Aktien. Dieser Trend könnte sich 2012

fortsetzen, sofern das wirtschaftliche

Wachstum nicht abbricht. Grundsätzlich

wird das Interesse an Sachwerten – insbe-

sondere Immobilienanlagen – zunehmen,

da die Liquiditätsspritzen der Noten-

banken die Geldmengen steigen lassen

und damit potenziellem Inflationsdruck

Vorschub leistet.

Insbesondere deutsche Immobilienakti-

en notieren trotz der zu Jahresende ein-

gesetzten Kurserholung immer noch mit

hohen Abschlägen auf die NAVs. Da die

Gesellschaften größtenteils gute Funda-

mentaldaten aufweisen, sind sie aktuell

stark unterbewertet – im Schnitt um

rund 30 Prozent.

Geprägt von der anhaltenden konjunk-

turellen Unsicherheit und der Schulden-

krise werden 2012 wie im abgelaufenen

Jahr in Europa verstärkt Core-Märkte im

Fokus stehen: neben Deutschland vor

allem die wirtschaftlich stabileren Länder

in Skandinavien und osteuropa, die Nie-

derlande, Frankreich und Großbritannien.

Dennoch dürfen die Peripherie-Länder

nicht außer Acht gelassen werden, denn

sie bieten unter Inkaufnahme eines ge-

wissen Risikos bewertungsbedingt selektiv

gute Investmentchancen.

In Asien sind die angekündigten (geld-)

politischen Veränderungen von ent-

scheidender Bedeutung. Der chinesi-

sche Finanzsekretär kündigte an, einen

Teil der bremsenden Maßnahmen am

Immobilienmarkt aufzuheben, falls die

Hauspreise weiter fallen sollten. Vor die-

sem Hintergrund ist Hongkong empfeh-

lenswert. Auch in Australien könnten die

erwarteten geldpolitischen Lockerungen

zur Stützung der Wirtschaft positiv für

den Immobilienmarkt sein. In Singapur

haben ausländische Immobilieninves-

toren, wegen der zusätzlichen zehnpro-

zentigen Stempelsteuer auf Wohnungs-

käufe, schlechtere Karten. Es lohnt sich

mehr, den japanischen Markt im Auge

zu behalten, wo der Renditeabstand zwi-

schen REITs und zehnjährigen Staatsan-

leihen so groß wie sonst nirgendwo ist.

Am US-amerikanischen Markt sind trotz

kleinerer Prämien auf die NAVs die

meisten Sektoren attraktiv. Gut sind die

Aussichten für REITs mit Einkaufszentren,

denn diese versprechen ein solides orga-

nisches und von Modernisierungsmaß-

nahmen getriebenes Wachstum. Des

Weiteren ist bei Apartments insbesondere

wegen der rückläufigen Eigentumsquote

mit weiterhin überproportional steigen-

den Mieten zu rechnen.

Immobilienaktienmarkt aktuell

Die Umfrageergeb-

nisse des aktuellen

Dr. ZitelmannPB-

Immobilienaktien-

Barometers zeigen

eine verbesserte

Stimmung unter

den Analysten für

Immobilienaktien. Insbesondere die

kurzfristige Perspektive hat sich

sprunghaft verbessert.

Lag die Stimmung Mitte oktober des

vergangenen Jahres noch bei null,

stieg der Stimmungsindikator nun-

mehr auf den Wert von +0,7. Uneins

sind sich die befragten 13 Analysten bei

der Höhe der Kurssteigerungen in den

kommenden drei Monaten. Sieben Ana-

lysten rechnen mit Anstiegen von 5 bis

15 Prozent, einer erwartet sogar mehr

als 15 Prozent. Die übrigen fünf Ana-

lysten sagen stagnierende Kurse voraus.

Auch auf Sicht der nächsten zwölf

Monate rechnet die Mehrheit mit stei-

genden Kursen. Drei Analysten gehen

allerdings von keiner Veränderung aus.

Der Wert des Stimmungsindikators für

die mittelfristige Sicht stieg von +0,2

auf +0,8.

Bei deutschen Immobilienaktien und

REITs liegen die Kurse immer noch deut-

lich unter ihren NAVs. Viele Gesellschaften

sind stark unterbewertet. Die niedrige

Börsenbewertung vieler deutscher Ge-

sellschaften trägt noch nicht dem Um-

stand Rechnung, dass die meisten

Unternehmen ihre „Hausaufgaben“

gemacht haben und heute etwa im Fall

von negativen gesamtwirtschaftlichen

Entwicklungen nicht mehr so verwund-

bar sind. Ich gehe davon aus, dass sich

die Kurse in diesem Jahr an die NAVs

annähern werden. Die niedrigen Be-

wertungen in Kombination mit dem

anhaltenden „Anlagenotstand“ werden

zu Kursteigerungen führen – auch wenn

diese angesichts des schwachen wirt-

schaftlichen Wachstums vielleicht noch

moderat ausfallen werden.

„diE kursE wErdEn sich dEn naVs annähErn“

Kurz-Kommentar von Helmut Kurz

Page 5: Der REIT-Investor: Ausgabe 1 vom April 2012

ausgabE 01 // april 2012der rEit-investor

sEitE 5

Bunte Reklameschilder an Hochhäusern,

immer lächelnde Menschen, modernste

Technologien – das sind wohl einige der

Bilder, die vielen in den Sinn kommen,

wenn sie an Japan denken. Das Land der

aufgehenden Sonne wird dabei von vie-

len zu Recht als ein sehr modernes Land

wahrgenommen. Doch wie andere hoch-

entwickelte Industrieländer kämpft auch

Japan mit wirtschaftlichen Problemen.

Die jüngste Vergangenheit war geprägt

vom Phänomen der Deflation, wovon

auch die Immobilien- und Aktienmärkte

betroffen waren und bis heute sind.

Nach dem Ende einer extrem ausge-

prägten inflationären Aktien- und vor

Asset Allocation

JAPANISCHE VERHäLTNISSE

allem Immobilienblase in den 1980er

Jahren erlebte Japan zwischen 1990 und

2003 eine Periode der Desinflation und

der milden Deflation. Gekennzeichnet

war dieser Zeitraum von ständig sinken-

den Zinsen sowie sinkenden Sachwert-

preisen – insbesondere jenen von Aktien

und Immobilien. Auch die Mieten sanken

kontinuierlich. Diese Prozesse wurden

flankiert von einer angespannten Finanz-

lage in allen Wirtschaftssektoren. Davon

waren Privatleute und Unternehmen ge-

nauso betroffen wie Banken und der Staat.

Im Jahr 2003 trat eine Stabilisierung auf

dem bis dahin erreichten niedrigen Ni-

veau ein. Zwar schritt die Deflation nicht

weiter voran. Die wirtschaftliche Dynamik

blieb allerdings gering.

Gleichzeitig nahm die Staatsverschul-

dung zu. Für 2011 wird sie auf rund 233

Prozent des Bruttoinlandsprodukts ge-

schätzt. Erschwerend kommt hinzu, dass

die trotz Niedrigzinsen feste Währung die

wirtschaftliche Entwicklung ausbremst.

EntgEgEngEsEtztE Entwick-

lung bEi staatsanlEihEn und

iMMobiliEn

Die Deflation blieb auch für den Immo-

bilien- und Aktienmarkt nicht folgenlos.

Hier entwickelten sich die Renditen von

Staatsanleihen und von Immobilien sehr

„prEiskorrEktur EröffnEt inVEstitionschancEn“

Interview mit Patrick Nass, Fondsmanager des E&G Fonds Global REITs

Der Fokus wird weiterhin auf Gesell-

schaften liegen, die über sehr gute Im-

mobilienobjekte verfügen und von ihrer

Bilanzstruktur her eine mögliche Kredit-

verknappung am Kapitalmarkt prob-

lemlos überstehen können. Weniger

interessant sind Gesellschaften mit gro-

ßen Projektentwicklungsaktivitäten

oder Portfolien in B-Lagen. Je nachdem,

wie sich die Schuldenkrise weiterentwi-

ckelt, könnten im Laufe des Jahres Titel

aus Südeuropa aufgrund ihrer hohen

Bewertungsabschläge wieder interes-

sant werden.

Der E&G Fonds Global REITs ist 34 Pro-

zent weniger in Nordamerika investiert

als die Benchmark. Die Fed stellt der US-

Konjunktur ein gemischtes Zeugnis aus:

Die Wirtschaft sei zum Jahresende 2011

weiter gewachsen – aber nur mit ge-

ringen Raten. Laut ifo Institut könnte

sich das Expansionstempo in der zwei-

ten Hälfte 2012 auf einem niedrige-

ren Niveau stabilisieren. Ist jetzt die

Zeit für den Einstieg?

Die Untergewichtung resultiert in ers-

ter Linie aus der hohen Bewertung der

US-amerikanischen REITs, nicht aus

der Sorge vor einer Rezession in den

USA. Eine wirtschaftliche Stabilisie-

rung mit moderaten Wachstumsraten

war unser Basisszenario. Für einen

Einstieg bei den aktuellen Bewertun-

gen müsste es zu einer deutlich stär-

keren wirtschaftlichen Erholung und

einem entsprechenden Anstieg der

Mietniveaus bei Gewerbeimmobilien

kommen.

Wie resümieren Sie

die Performance

des Fonds 2011?

Da der Fonds auf

Jahressicht mit 2,2

Prozent im Minus

lag, sind wir mit

der Wertentwick-

lung nicht vollkommen zufrieden. In

Anbetracht des schwierigen Marktum-

feldes, insbesondere aufgrund der eu-

ropäischen Schuldenkrise, ist das Ab-

schneiden jedoch in ordnung. Im

Vergleich zu unseren Wettbewerbern

erzielten wir die zweitbeste Wertent-

wicklung und mit zwölf Prozent die

niedrigste Volatilität.

Wie sieht Ihre Fonds-Strategie für 2012

aus?

Es wird 2012 keinen großen Strategie-

wechsel im Vergleich zu 2011 geben.

Page 6: Der REIT-Investor: Ausgabe 1 vom April 2012

ausgabE 01 // april 2012der rEit-investor

sEitE 6

deutlich auseinander. Bei Staatsanleihen

schwanken sie für zehnjährige Papiere

seit langem um ein bis 1,25 Prozent. Die

Renditen von Immobilien liegen zurzeit

bei rund sechs Prozent, bei REITs beträgt

die Dividendenrendite ebenfalls sechs

Prozent. Bei sonstigen Aktien lassen sich

Renditen von zwei bis drei Prozent erzie-

len. Diese ungewöhnliche Situation hält

nun schon seit langem an. Erklären lässt

sie sich mit der extremen Risikoaversion

der japanischen Großanleger und den

anhaltenden Aufkäufen von Staatsanlei-

hen durch die Bank von Japan. All das

scheint geleitet von der Furcht vor Miet-,

Gewinn- und Dividendenrückgängen.

Zu der schwachen wirtschaftlichen Dy-

namik mit ihrem leicht deflationären

Charakter trägt unter anderem die in

Japan seit Jahren schrumpfende Bevöl-

kerung bei, wobei diese Entwicklung

durch die Insellage noch begünstigt

wird. Der Bevölkerungsrückgang ist aber

bekanntermaßen kein Phänomen, das

sich nur auf Japan beschränkt. Auch viele

europäische Länder sind davon betroffen.

Und das ist nicht das einzige Spiegelbild

zu Japan. Betrachtet man die Entwick-

lung in den westlichen Industrieländern,

ergeben sich mehr und mehr Parallelen.

In als vergleichsweise sicher und stabil

bewerteten Ländern wie der Schweiz

Asset Allocation

sind die Zinsen für gute Anleihen gegen-

wärtig ungewöhnlich niedrig, die Ver-

schuldung der Staaten nimmt zu und das

Wachstum – von wenigen Ausnahmen

wie dem deutschen Export einmal abge-

sehen – ist anhaltend gering.

norMalEr Entwicklung

wird gEgEngEstEuErt

Eigentlich wäre Deflation die logische

Konsequenz der Schuldenkrise in Europa.

Doch nicht nur die britische Zentralbank

steuert einer solchen Entwicklung mit

einer immer aggressiveren Geldpolitik

entgegen, sondern inzwischen auch die

Europäische Zentralbank. Sämtliche

Maßnahmen sind darauf ausgerichtet,

eine Deflation zu verhindern. ob dies

gelingt, lässt sich nicht vorhersagen.

Möglicherweise schießen die Zentral-

banken sogar weit über das Ziel hinaus

und beschwören eine hohe Inflation

herauf. Zumindest bei den Vermögens-

werten beginnt diese auch mehr und

mehr sichtbar zu werden.

Trotz der Gegenmaßnahmen ist es aber

denkbar, dass es wie in Japan auch in

Deutschland zu einer deflationären Preis-

entwicklung kommt – mit nicht nur

negativen, sondern auch positiven Fol-

gen für Immobilienanlagen, wie sie sich

in Japan schon bald wieder – wenn viel-

leicht auch nur vorübergehend – zeigen

dürften. Hier könnten die jüngsten Ver-

suche der japanischen Notenbank, den

Yen zu schwächen, eine Phase relativ

guter Wertentwicklungen bei Immo-

bilien, REITs und Aktien im Allgemeinen

hervorrufen.

Das wiederum hätte wohl auch Auswir-

kungen auf die Anlageentscheidung

europäischer Investoren. Immer mehr

würden sich dann – zu Recht – fragen,

ob es nicht Zeit ist, den inzwischen auch

Quelle: BANKHAUS ELLWANGER & GEIGER KG © 2011

------ 10yr JGB Yield ------ JREIT Dividend Yield

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Jan 12Jan 11Jan 10Sep 09Jan 08Jan 07Jan 06Jan 05

Quelle: BANKHAUS ELLWANGER & GEIGER KG © 2011

12 months ------ trailing dividends ------ dividend estimates ------ Yield Government Bonds

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SingaporeJapanHongKong

AustraliaCanadaUSANether-lands

BelgiumGermanyFranceUnitedKingdom

JApAn: REIT-DIvIDEnDEnREnDITE vs. REnDITE 10-JähRIgER sTAATsAnlEIhEn

Page 7: Der REIT-Investor: Ausgabe 1 vom April 2012

ausgabE 01 // april 2012der rEit-investor

sEitE 7

nicht mehr so sicheren und wenig renta-

blen Staatsanleihen den Rücken zu kehren

und lieber in Immobilien, REITs und

Aktien zu investieren. Bereits heute be-

steht in Deutschland ein beachtlicher

Spread zwischen Staatsanleihen (1,8 Pro-

zent für 10 Jahre) und Mietrenditen bis

zu acht Prozent. In Japan liegt das Ver-

hältnis bei einem Prozent (10-Jahres-

Zins) zu fünf bis sechs Prozent (Mietren-

dite wie auch REITs-Dividendenrendite).

Dass es auch in Deutschland zu japani-

schen Verhältnissen kommt, kann nicht

ausgeschlossen werden. Dies hätte je-

doch nicht nur negative Erscheinungen

wie Deflation und schwaches Wirt-

schaftswachstum. Insbesondere Immo-

bilien als Anlage könnten von einer sol-

chen Entwicklung in Deutschland

zumindest selektiv profitieren.

Quelle: BANKHAUS ELLWANGER & GEIGER KG © 2011

Nikkei Real Estate Index Nikkei 225

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2012201020082006200420022000199819961994199219900

500

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3.500

JPY JPY

DEflATIon/DEflATIonspolITIk In JApAn von 1990 bIs 2012

1990 – 1995 ❙❙ Beginn der Deflation durch das Platzen der Spekulationsblase bei Aktien und Immobilen.

❙❙ Immobilienpreise fallen um drei Viertel, die Aktienmärkte stürzen ab, Großhandelspreise fallen und die Anzahl der faulen Kredite steigt

❙❙ Der offizielle Leitzins der „Bank of Japan“ wird im Laufe der fünf Jahre von 6 % auf 0,5 % gesenkt

1996 – 2000 ❙❙ Negativentwicklung des Verbraucherpreisindex

❙❙ Einführung der Nullzinspolitik: Zinssatz für Tagesgelder beträgt 0,1 %

❙❙ Nullzinspolitik wird aufgrund der sich erholenden Konjunktur kurzzeitig aufgehoben: Tagesgeldsatz wird auf 0,25 % angehoben

2001 – 2002 ❙❙ Rückkehr zur Nullzinspolitik

❙❙ Das Umstrukturierungsprogramm „Takenaka-Plan“ wird für Banken aufgelegt: Uneinbringliche Kredite müssen offengelegt, aus den Bilanzen getilgt und Kapitalerhöhungen vorgenommen werden, staatliche Unterstützung gibt es nur noch unter strengen Auflagen

❙❙ Arbeitslosenquote erreicht mit 5,5 % den Höchststand

2003 – 2007 ❙❙ Wirtschaftliche Erholung, kleiner Immobilienboom auch getrieben von ausländischen Investoren (wie damals auch in Deutschland)

2008 – 2010 ❙❙ Bedingt durch die US-Immobilienkrise und die nachfolgende Finanzkrise und die Insolvenz der US-Investmentbank „Lehman Brothers“ gerät Japan nach 2001 im Jahr 2008 erneut in die Rezession

❙❙ Der Leitzins für ungesicherte Tagesanleihen wird erneut gesenkt (von 0,5 % auf 0,1 %)

❙❙ Die Bank of Japan legt ein Kaufprogramm für ETFs und REITs auf

❙❙ Arbeitslosenquote liegt mit 4 % so niedrig wie zuletzt vor acht Jahren

❙❙ China verdrängt Japan als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt. Überalterung der Bevölkerung treibt die Deflation weiter an (21 % der Bevölkerung ist über 65 Jahre alt)

2011 und 2012 ❙❙ Bonitätsnote Japans wird von der Ratingagentur „Standards & Poor’s“ von AA auf AA- herabgestuft

❙❙ Staatverschuldung liegt bei aktuell 233 % des BIP

nIkkEI REAl EsTATE InDEx vs. nIkkEI 225

Page 8: Der REIT-Investor: Ausgabe 1 vom April 2012

ausgabE 01 // april 2012der rEit-investor

sEitE 8

Welche vorteile schätzen die konsumenten

an fachmärkten?

Es ist die Bequemlichkeit. Letztlich ist das

Auto noch immer das Verkehrsmittel

Nr.1 beim Einkaufen. Vorteile von Fach-

marktlagen sind ebenerdige und kosten-

freie Parkflächen und kurze Wege – also

insgesamt der effiziente Einkauf. Das sind

insbesondere im ländlichen Raum Vor-

teile. Bei den vereinzelten Fachmärkten

in Großstädten weichen diese allerdings

wegen der besseren öffentlichen Ver-

kehrsanbindungen und geringeren Pkw-

Ausstattung auf.

gibt es in Deutschland überall fachmärkte

oder sind bestimmte standorte prädesti-

niert?

Ein Blick auf die Fachmarkt-Deutschland-

karte zeigt, dass das Segment flächen-

deckend verfügbar ist. Hier und da finden

sich aber durchaus noch kleinere und

auch größere „weiße Flecken“ mit nur

sehr geringem Fachmarktbesatz. Diese

aber markieren demografieschwache

Regionen, die eine höhere Abdeckung

nicht tragen könnten.

Wie umfangreich ist der fachmarktbestand

in Deutschland?

Allein die größeren Fachmarktzentren

und sogenannte Fachmarktagglomera-

tionen ab 10.000 Quadratmeter Miet-

Experteninterview

„DER FACHMARKT IST INVESToRS LIEBLING“

fläche summieren sich auf mehr als

1.000 Standorte. Diesen knapp 30 Mil-

lionen Quadratmetern Fachmarktflächen

stehen „nur“ neun Millionen Quadrat-

meter in Shopping-Centern gegenüber.

Wenn Deutschland entsprechend der bevöl-

kerungsdichte mit fachmärkten abgedeckt

ist, wo gibt es noch flächenpotenziale?

Echte Freiflächen als solche sind kaum

noch ausfindig zu machen. Vielmehr

sind Flächenpotenziale viel häufiger in

Form von Umwandlungen des Flächen-

bestands gegeben. Die Betriebsformen

des Einzelhandels sind Entwicklungszy-

klen unterworfen. Insbesondere in stag-

nierenden Märkten wie dem deutschen

Einzelhandelsmarkt bedeuten Marktan-

teilsverluste der einen Betriebsform einen

Marktanteilsgewinn für eine andere.

Fachmärkte zählen seit den frühen

1990er Jahren zu den großen Gewin-

nern. Noch 1995 betrug der Marktanteil

sieben Prozent, 2000 schon zwölf Pro-

zent und inzwischen 16 Prozent. Diese

Entwicklung dürfte sich fortsetzen.

können sie bitte genauer erläutern, wo

sich Marktanteile zugunsten des fach-

marktsegments verschieben?

Bei den SB-Warenhäusern setzt eine Dif-

ferenzierung ein. Die großflächigen SB-

Warenhäuser der 70er und 80er Jahre

reduzieren – je nach Betreiber – ihre

Verkaufsflächen auf rund 5.000 Quad-

ratmeter, auf denen sie sich fast aus-

schließlich auf ihre Lebensmittelkompe-

tenz konzentrieren. Das ehemalige

Randsortiment Non-Food – also Elektro-

nik, Haushaltwaren oder Bekleidung, das

bislang dem Konzept „Alles unter einem

Dach“ diente – wird leistungsfähigen

Spezialanbietern wie Depot, Fressnapf

oder Saturn, aber auch C&A oder H&M

überlassen. Durch die Umnutzung von

Verkaufsflächen wird so sukzessive der

Übergang vom SB-Warenhaus zum Fach-

marktzentrum eingeleitet.

Welche vorteile haben diese leistungsfähi-

gen typischen Innenstadt-Einzelhändler in

fachmarktlagen?

Gegenüber innerstädtischen City-Lagen

bieten Fachmarktlagen ihnen attraktive

Ladenflächen – sowohl hinsichtlich Größe

und Ausstattungsqualität als auch durch

Kostenvorteile bei Miete und Logistik.

1A-Innenstadtlagen bleiben weiterhin

interessant. Aber zunehmend werden

sämtliche Lagen berücksichtigt, wo der

Kunde typischerweise einkauft, um so

alle Kundengruppen mit ihren jeweiligen

Standortvorlieben zu erreichen und das

Umsatzpotenzial voll auszuschöpfen.

Selbst neue Formate, die beispielsweise

aus den USA oder Südeuropa nach

Dr. Joseph Frechen ist Leiter der Nieder-

lassung Hamburg der BulwienGesa AG.

Als Real Estate und Investment Berater

verantwortet er die Beratung der Kun-

dengruppen Investoren, Finanzierer

und Projektentwickler von Einzelhandels-

objekten mit Schwerpunkt Shopping-

Center und Fachmarktzentren in

Deutschland und Europa.

Die BulwienGesa AG, mit Büros in Berlin,

Frankfurt, Hamburg und München

vertreten, zählt mit mehr als 50 Mitar-

beitern zu den großen Beratungs- und

Analysegesellschaften für den Immo-

bilienmarkt in Deutschland. Neben

Einzelhandel umfasst das Tätigkeits-

spektrum die Marktsegmente Büro,

Wohnen, Logistik sowie Senioren- und

Betreiberimmobilien.

Page 9: Der REIT-Investor: Ausgabe 1 vom April 2012

ausgabE 01 // april 2012der rEit-investor

sEitE 9

Deutschland kommen und zunächst in

die Innenstädte gehen, interessieren sich

bereits sehr früh auch für Fachmarktzen-

tren in peripheren Lagen.

Ist in fachmarktlagen der preis wichtiger

als die Attraktivität?

Der Kunde will zunächst bequem und

effizient einkaufen und das zu attraktiven

Preisen. Deshalb entscheidet er sich be-

wusst für den Kauf bei Anbietern in der

Fachmarktlage. Die Attraktivität im Sinne

von Einkaufsambiente und -atmosphäre

rangiert nicht an erster Stelle und wird

zunächst nicht zwingend erwartet. Je-

doch zeigen jüngste Entwicklungen bei

Fachmarktzentren, dass eine freundliche,

einladende Einkaufsatmosphäre und ein

preisorientierter Einkauf kein Widerspruch

sein muss. Entsprechend dürfte sich auch

der Kundenanspruch wandeln. Daher ist

davon auszugehen, dass Fachmärkte

und Fachmarktzentren eine höherwertige

Gestaltung anstreben, ohne jedoch

gleich die Anmutung innerstädtischer

Shopping-Center zu erlangen. Ein ge-

wisser Gestaltungsanspruch ist nötig, um

für neue Konzepte und Mieter attraktiv

zu sein. Das wiederum wirkt sich positiv

auf das Image und die Leistungsfähigkeit

der Fachmarktlage aus – mit den ent-

sprechenden positiven Effekten für Kun-

denansprache und -bindung bei gleich-

zeitig höheren Mieten für den

objekteigentümer.

Und bereits dieses Mietsteigerungspoten-

zial eröffnet Investitionschancen?

Entscheidet sich ein Mieter, der bisher

typischerweise in Innenstadtlagen oder

Shopping-Centern anzutreffen ist, für

eine Fachmarktlage, bringt er seine

„Mietpreiserfahrung“ mit. Ist er zum Bei-

spiel 30 Euro je Quadratmeter und mehr

in Shopping-Centern gewöhnt, so sind

für ihn beispielsweise 16 Euro je Quad-

ratmeter für aufgewertete Flächen in

Fachmarktagglomerationen akzeptabel.

Ausgehend von den vor der Aufwertung

üblichen neun Euro ist es fast eine Ver-

dopplung der Miete. Das ist eine bei

anderen Einzelhandelsimmobilien kaum

noch mögliche Mietsteigerung. Da viele

Fachmärkte beziehungsweise Fachmarkt-

zentren in die Jahre gekommen und zu

vertretbaren Kosten zu erwerben sind,

bietet sich ein erhebliches Relaunch- und

damit Mietsteigerungs-Potenzial.

Wird die Investorennachfrage nur von dieser

Aussicht auf steigende Mieten getrieben?

Da Einzelhandelsgroßflächen durch das

deutsche Baurecht stark reglementiert

sind, ist die Investorennachfrage auch als

Run auf alte Baurechte zu interpretieren.

Gegenüber Flächenneuerschließungen,

die hohe Genehmigungshürden mit sich

bringen, haben bestehende Märkte den

Vorteil, dass bereits ein Kundenkreis und

Infrastruktur vorhanden sind. Mit dem

Zugriff auf ein solch gefestigtes Wettbe-

werbsgefüge ist das Risiko viel geringer

als bei einem völlig neu zu entwickelnden

Center.

Wie sieht das Interesse der Investoren an

deutschen fachmärkten in Zahlen aus?

Auf Fachmarktzentren entfällt zwar noch

nicht so viel Kapital wie auf Shopping-

Center, die seit Jahren das Gros der In-

vestitionen auf sich vereinen. Doch

Fachmarktzentren und Fachmärkte in

Agglomerationen holen in der Gunst der

Investoren auf und verzeichneten im ver-

gangenen Jahr ähnlich hohe Investitions-

zuwächse von fast 40 Prozent. Noch tau-

chen Fachmarktzentren nicht unter den

großvolumigen Transaktionen auf, aber

das könnte sich angesichts des zunehmen-

den Investoreninteresses bald ändern.

Experteninterview

EnoRMEs flächEnpoTEnZIAl AM MARkT

DIE fAchMARkTDIchTE In DEUTschlAnD

Page 10: Der REIT-Investor: Ausgabe 1 vom April 2012

ausgabE 01 // april 2012der rEit-investor

sEitE 10

IMPRESSUM

V.i.S.d.P.:

Arnim E. Kogge,

Leiter Institutional Banking

Mitglied des Direktoriums

Bankhaus ELLWANGER & GEIGER KG,

Börsenplatz 1, 70174 Stuttgart,

Telefon 0711/2148-232

Telefax 0711/2148-250

[email protected]

Herausgeberin des vorliegenden

Dokumentes ist die

Bankhaus ELLWANGER & GEIGER KG,

Börsenplatz 1, 70174 Stuttgart,

Telefon 0711/2148-0,

Telefax 0711/2148-123

Amtsgericht Stuttgart HRA 738,

persönlich haftende Gesellschafter:

Dr. Volker Gerstenmaier, Mario Caroli.

Stand: April 2012

Die vorliegenden Informationen dienen

ausschließlich der allgemeinen Information.

Es handelt sich nicht um eine Anlage-

beratung oder Empfehlung oder eine

Finanzanalyse. Für eine individuelle Anlage-

empfehlung oder Beratung stehen unsere

Berater gerne zur Verfügung. Eventuelle

Angaben zur steuerlichen Situation können

nur allgemeiner Art sein. Abhängig von der

individuellen Situation des Steuerpflichtigen

kann sich eine abweichende steuerliche

Beurteilung ergeben.

Bei Performancedarstellungen handelt es

sich um Betrachtungen von früheren Wert-

entwicklungen. Die Angaben, Vergleiche

und Betrachtungen der Vergangenheit sind

keine Garantie und kein verlässlicher Indi-

kator für zukünftige Entwicklungen. Wert-

entwicklungen oder Renditen einzelner

Produkte werden durch diverse Faktoren

wie z.B. Markt-, Kurs-, Währungsschwan-

kungen und Transaktionskosten beeinflusst

und können zu Verlusten oder Gewinnen

führen.

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keinen Anspruch auf Genauigkeit und Voll-

ständigkeit hinsichtlich der im Dokument

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wicklungen.

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nicht in jedem Fall die Meinung des Heraus-

gebers wieder.

Die Urheberrechte für die gesamte inhalt-

liche und graphische Gestaltung liegen

beim Herausgeber und dürfen gerne ver-

wandt werden, wenn dem Herausgeber ein

Belegexemplar der Veröffentlichung zu-

gesandt wird.

2011*2010*2009200820072006200520001995

sonstige

Versandhandel inkl. Online-Handel

Fachhandel (nicht filialisiert)

Filialisten des Fachhandels

Kauf- und Warenhäuser

Discounter

Supermärkte

Fachmärkte

SB-Warenhäuser/V-Märkte

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15

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16

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DAs fAchMARkTsEgMEnT gEWInnT MARkTAnTEIlE

MARkTAnTEIlsEnTWIcklUng nAch vERTRIEbsfoRMEn In pRoZEnT AnTEIl AM EInZElhAnDEl (ohnE kfZ, bREnnsToffE, ApoThEkEn)

Quelle: HDE, * Prognose BulwienGesa AG

BEGRIFFSDIFFERENZIERUNG IM FACHMARKTSEGMENT

FACHMäRKTE (FM)❙❙ großflächiger Einzelhandelsbetrieb

❙❙ breites und oft auch tiefes Sortiment

❙❙ übersichtliche Warenpräsentation

❙❙ tendenziell niedriges bis mittleres Preisniveau

❙❙ Selbstbedienung, auf Nachfrage auch Bedienung

FACHMARKTAGGLoMERATIoNEN (FMA)❙❙ gewachsene räumliche Konzentration verschiedener Fachmärkte

❙❙ gleiche oder unterschiedliche Waren- oder Sortimentsbereiche

❙❙ lockerer Standortverbund

FACHMARKTZENTREN (FMZ)❙❙ geplante und gemanagte Einheiten mit Centercharakter

❙❙ in der Regel wenige Mieter mit großen Flächenformaten als Ankermieter

❙❙ weitere, kleinflächigere, oft preisorientierte Fachanbieter

❙❙ Frequenzbringer: SB-Warenhäuser