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IPO-Kommunikation Wie Vorstände in einem stark regulierten Umfeld effektvoll kommunizieren
Die Kommunikation rund um den Börsengang
entscheidet oftmals über Erfolg oder Misserfolg
eines »Going Public«. Die Wirkung der Kommu-
nikationsstrategie gegenüber den Medien als
Meinungsbildner sollte dabei nicht unterschätzt
werden. Rückt ein Vorstand etwa mit Neuigkeiten
über den Sprung aufs Parkett zu früh vor Mikrofon
und Kamera heraus, kann dies gravierende Fol-
gen haben. Im folgenden Interview erklärt Ulrich
Wiehle, Vorstand der Kommunikationsberatung
cometis AG, welche Besonderheiten bei der
Kommunikation im Rahmen eines Börsengangs
beachtet werden sollten.
Welche Vorgaben sind bei der Entwicklung einer
Kommunikationsstrategie für den Börsengang
zu beachten?
Wiehle: Zunächst einmal ist die IPO-Kommuni-
kation aufgrund der rechtlichen Vorgaben von
Seiten der BaFin streng reglementiert. So muss
sich der Unternehmenssprecher mit seinen Aus-
sagen vollkommen nach dem verpflichtend zu
erstellenden und rechtlich maßgeblichen Wert-
papierprospekt richten. Die Veröffentlichung von
Informationen, die hierin nicht beschrieben und
von der BaFin gebilligt wurden, ist daher zu ver-
meiden. Vorsicht gilt insbesondere bei zukunfts-
gerichteten Aussagen, welche die Unternehmen-
sentwicklung betreffen, wie etwa Umsatz- oder
Wachstumsprognosen. Im Extremfall können Fir-
men aufgrund solcher Zukunftsaussichten sogar
haftbar gemacht werden, wenn eine Vorhersage
nicht eintritt.
Angesichts der unsicheren wirtschaftlichen Rah-
menbedingungen öffnet sich das IPO-Fenster
inzwischen häufig nur noch für wenige Wochen.
Daher ist es empfehlenswert, den Schritt aufs Par-
kett nicht zu früh anzukündigen. Der Börsengang
ist ein komplexes Unterfangen, dessen Planungs-
prozess sich oftmals auf ein ganzes Jahr erstreckt.
So kann es leicht zu Terminverschiebungen kom-
men, welche dann in den Medien breitgetreten
werden und schon vorab ein schlechtes Licht auf
den Börsenkandidaten werfen könnten.
Wie können Unternehmen sich auf die Kommu-
nikation mit Presse und Kapitalmarkteilnehmern
im Rahmen des Börsengangs vorbereiten?
Wiehle: Gerade für Mittelständler sind das plötz-
liche Interesse am eigenen Unternehmen und die
im Zuge des Börsengangs geforderte Transparenz
in der Kommunikation völlig neu. Oftmals sind
die Börsenanwärter familiengeführte und bisher
weitgehend unbekannte Unternehmen, in denen
das Management wenig Übung im Umgang mit
Investoren, Analysten und der Finanzpresse hat.
Daher empfiehlt es sich, den Gang aufs Parkett
und die damit verbundene Transparenz in der Au-
ßendarstellung schon frühzeitig zu »üben«. Bei-
spielsweise kann vorab schon ein Geschäftsbe-
richt erstellt werden. Dann sind alle Prozesse, die
für die Erstellung der im Prime Standard gefor-
derten Unternehmensberichte und -meldungen
notwendig sind, bereits erprobt und verlaufen
reibungslos, wenn es darauf ankommt. Zudem
empfehlen wir Mediencoachings der Vorstände,
die wir stets im Rahmen unserer IPO-Kommuni-
kation durchführen und bei denen anhand von
kritischen und detaillierten Fragen die
Medienkompetenz des Managements trainiert
wird, um bestmöglich auf den Schritt in die Öf-
fentlichkeit vorzubereiten.
Grundlage für die IPO-Kommunikation ist die
Equity Story eines Unternehmens, mit der Inve-
storen von dem Börsenkandidaten überzeugt
werden sollen. Was macht eine gute und schlüs-
sige Equity Story aus?
Wiehle: Die Equity Story muss die fünf bis sechs
wichtigsten Eckpunkte des Geschäftsmodells
umfassen. Dabei sollte sie sich thematisch an
den folgenden fünf Gesichtspunkten orientieren:
Strategie, Markt & Wettbewerb, Produkte, Ma-
nagement und Zahlen. Die Equity Story ist ein
entscheidendes Instrument, um im Vorfeld eines
Börsengangs potenzielle Aktionäre anzusprechen
und das Unternehmen und sein Geschäftsmodell
bekannt zu machen.
Und mit welchen Hilfsmitteln präsentiert ein Bör-
senkandidat seine Equity Story gezielt und effek-
tiv bei Presse und Investoren?
Wiehle: Neben klassischen One-on-Ones mit
potenziellen Investoren, Pressemeldungen so-
wie Pressegesprächen und -konferenzen ist ein
großes Thema heute die Interaktivität, bezie-
hungsweise Kommunikation über Social-Media-
Kanäle. Überspitzt gesagt: Wer im Netz nicht
präsent und über Google nicht auffindbar ist,
der existiert für viele potenzielle Anleger gar
nicht. Dazu kann beispielsweise auch ein Unter-
nehmensfilm dienen, der die Equity Story des
Börsenkandidaten leicht verständlich darstellt
und für interessierte Investoren über ein Online-
Videoportal einsehbar ist. Zu beachten ist hier-
bei allerdings, dass sich auch ein Film genau an
den Vorgaben des Wertpapierprospekts orien-
tieren muss.
Ein weiteres Plus bei der Kommunikation mit
potenziellen Investoren und Journalisten sind
auch Produkte »zum Anfassen«. Das Vorführen
der Produkte bietet sich beispielsweise im Rah-
men von Pressekonferenzen und Roadshows an.
Wir haben sehr positive Erfahrungen mit einem
Fahrradhersteller gemacht, indem wir jedem In-
teressenten eine Runde auf dem neuesten E-Bike
anboten. Stellt ein Unternehmen Produkte zum
Anfassen her, empfiehlt es sich transportable Pro-
duktbeispiele zur Ansicht mitzubringen. Dies er-
höht die Wahrscheinlichkeit, dass sie einen blei-
benden Eindruck bei der Zielgruppe hinterlassen.
Und was gilt es, bei der Post-IPO-Kommunikati-
on zu beachten?
Wiehle: Wie bereits erwähnt, ist es auch für die
Kommunikation nach dem Börsengang wichtig,
frühzeitig die Weichen zu stellen und sich auf die
neuen Reporting- und Transparenzpflichten ein-
zustellen. Dies gilt sowohl für die rechtzeitige Ver-
öffentlichung von Geschäfts- und Quartalsberich-
ten, ad-hoc-pflichtigen Informationen, Directors
Dealings oder Stimmrechtsveröffentlichungen.
Werden diese Regeln einmal verletzt, hat man
schnell das Vertrauen am Kapitalmarkt verspielt.
Die Basis für das Vertrauen der Anleger aber auch
der Medien sind wahrheitsgemäße und authen-
tische Aussagen. Wichtig ist, dass der Vorstand
voll hinter seinem Geschäft steht, von seinem Un-
ternehmen und dessen Perspektiven begeistert
ist und dies auch vermitteln kann. Kommunika-
tion ist demnach ein Thema, das weder vor noch
nach dem Börsengang auf die leichte Schulter
genommen werden sollte. Denn genauso wie
sich grobe Fehler in der Kommunikation fatal
auswirken können, kann eine gezielte und profes-
sionelle Kommunikationsstrategie den Unterneh-
menserfolg durchaus beflügeln – und somit zu
einer langfristig positiven Aktienkursentwicklung
und Börsenperformance beitragen.
Ansprechpartner:
cometis AG | Michael Diegelmann
Tel: 0611-20 58 55 18
Fax: 0611-20 58 55 66
www.cometis.de | Spezialisten für Finanzkommu-
nikation, Investor Relations, Corporate Communi-
cation und Medientraining