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Rechtliche und ökonomische Auswirkungen des Mindestlohngesetzes
Till Karsten, 24.09.2015
Schlusspunkt der politischen Diskussion
Ziel 1: „Gute Arbeit muss sich einerseits lohnen und existenzsichernd sein.“
Ziel 2: „Wir wollen Arbeit für alle, sicher und gut bezahlt.“
Auszug aus dem Koalitionsvertrag
Rechtliche DiskussionVerfassungsverstoß aufgrund Tarifautonomie?
Recht gemäß Art. 9 III GG Vereinbarungen mit normativer Wirkung über Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen abzuschließen. Gesetzesentwurf: Der gesetzliche Mindestlohn soll "verhindern, dass Arbeitnehmer zu Arbeitsentgelten beschäftigt werden, die unangemessen sind und den in Art. 2 I & Art. 20 I GG elementaren Gerechtigkeitsforderungen nicht genügen". BVerfG 1999: Die Festsetzung der Löhne kann "aus Sachgründen am besten von den Tarifvertragsparteien geregelt werden, weil sie nach den Vorstellungen des Verfassungsgebers die gegenseitigen Interessen angemessener zum Ausgleich bringen als der Staat." BVerfG am 25.06.2015: Drei Verfassungsbeschwerden gegen das Mindestlohngesetz unzulässig. Zumutbarkeit des fachgerichtlichen Rechtsweges gegeben.
Verhältnis zu Tarifverträgen
Mindestlohn schon in einigen Tarifverträgen enthaltenBranchen: Fleischverarbeitung, Friseurhandwerk, Gebäudereinigung, Landwirtschaft, Wäscherei-dienstleistungen, Zeitarbeit, Pflegebranche
Vorrang bestehender tariflicher Regelungen mit Stundenlohn unter Mindestlohn bis 31.12.2016. Vermutlich Anhebung des Mindestlohns in 2017. Zugleich gelten die ungünstigeren branchenbezogenen Mindestlohntarifverträge im Jahr 2017 weiter. Allerdings: mindestens 8,50 €.
Ökonomische Diskussion
Neoklassisches Arbeitsmarktmodell
Monopsonistisches Arbeitsmarktmodell
Steigende Arbeitslosigkeit (Annahme: +1% Lohn, - bis zu 2%
Beschäftigung
Kein Nachweis von negativen Beschäftigungseffekten
Niedriglohn ist oft nicht einzige Haushaltseinnahmequelle Positive Nachfrageeffekte
Gefährden Tarifautonomie Subventionierung durch Steuerzahler entfällt
Hohe Belastung für Kleinbetriebe, insb. für Ostdeutschland
Keine negativen Effekte in Bauindustrie
Führt zu höheren Preisen DL eher betroffen, kaum im industriellen Bereich
Untersuchung der Universität Berkeley 2011: Vergleich einzelner „Counties“, die direkte Nachbarn sind, aber in unterschiedlichen Bundesstaaten liegen und dabei unterschiedliche Höhe der Mindestlöhne zwischen 7% und 20% haben. Ergebnis: Höhere Mindestlöhne haben in den Vereinigten Staaten in den vergangenen 16 Jahren keine Jobs vernichtet.
Blick über die Grenze
Großbritannien Frankreich
Höhe 6,70 £ (ca. 9,20 €) 9,61 €
Zuschuss für den Arbeitgeber 0 % 26 %
(linear abschmelzend)
deflationierter Anstieg seit 2001
28,2 %(Bruttolohn: 17,9%)
12,5 %(Bruttolohn: 11,2%)
Betroffene Beschäftigte 5,0 % 7,7 %
Praktische FragenDokumentationspflicht (§ 17 I, II MiLoG)
Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit ist innerhalb einer Woche aufzuzeichnen und zwei Jahre aufzubewahren. (gilt nicht für freie Mitarbeiter & (echte) Selbstständige und ab 2.958 €).
Ausnahme sichern für PflichtpraktikantenNormale Praktikanten sind vom Mindestlohn erfasst.
Kein Ausschluss des Mindestlohns möglichAuch ver traglich nicht, nur durch gerichtl ichen Vergleich. Sonderproblem mit tarifvertraglichen Ausschlussfristen.
Haftung des Unternehmers für SubunternehmerNach § 13 MiLoG i.V.m. § 14 AEntG muss ein Unternehmer verschuldensunabhängig haften, wenn sein Subunternehmer seine Mitarbeiter nicht ordnungsgemäß bezahlt. Aber nicht, wenn keine positive Kenntnis noch grob fahrlässige Unkenntnis.