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Mpu was man wissen muss

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Page 1: Mpu   was man wissen muss
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Zum Inhalt:

So bestehen Sie die MPU.Zur Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) gibt es viele Vorurteileund Unsicherheiten. Dieser Ratgeber vermittelt das notwendige Wissen unddie relevanten Fakten. Geschrieben von zwei erfahrenen Experten (einemVerkehrspsychologen und einem Fachanwalt für Verkehrsrecht) beleuchtet derRatgeber alle Aspekte rund um die MPU.

Was ist eine MPU und wann wird sie angeordnet?Ablauf und Kosten der MPU?Rechte und Pflichten des Betroffenen?Verfahrensrechtliche Möglichkeiten?Wie gehe ich strategisch richtig vor, um die MPU zu bestehen?

Anhand ganz konkreter Lebenssachverhalte wird das Thema verständlichaufbereitet. Praxistipps und wichtige Hinweise helfen dabei, die MPU sicher zubestehen.

Zu den Autoren:

Uwe Lenhart ist Rechtsanwalt, Spezialist für Verkehrsstrafrecht, Fachanwaltfür Verkehrsrecht, Fachanwalt für Strafrecht und Mitglied des FachausschussesVerkehrsrecht der Rechtsanwaltskammer Frankfurt am [email protected], www.lenhart-ra.deHorst Ziegler ist Diplom-Psychologe, Fachpsychologe für Verkehrspsychologieund Supervisor BDP, im TÜV Hessen fachlich und organisatorischverantwortlich für über 20 Begutachtungsstellen für Fahreignung undVorstandsmitglied der Landesverkehrswacht [email protected]

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MPU

Was man wissen muss

Uwe Lenhart und Horst Ziegler

Page 4: Mpu   was man wissen muss

So nutzen Sie dieses Buch

Die folgenden Elemente erleichtern Ihnen die Orientierung im Buch:

BeispielDie Beispiele veranschaulichen die Ausführungen.

Die Merkkästen enthalten Empfehlungen und hilfreiche Tipps.

Auf den Punkt gebracht

Am Ende der Kapitel finden Sie eine kurze Zusammenfassung desbehandelten Themas.

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Inhalt

So nutzen Sie dieses Buch

Vorwort

Wissenswertes rund um die MPUMPU heißt: Begutachtung der FahreignungBegutachtungsstellen für FahreignungRechtliche Vorgaben an die MPUKosten einer MPUWie viele MPU gibt es pro Jahr?MPU-Ergebnisse in Deutschland 2010Wirksamkeitsergebnisse der MPU

Anordnung einer MPU: Der Betroffene hat ein echtes Problem

Zweifel an der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen …… wegen Alkohol… wegen Drogen- oder Medikamentenmissbrauchs… wegen Straftat(en) i. Z. m. dem Straßenverkehr… wegen Anhaltspunkten für hohes Aggressionspotenzial… wegen erheblicher Verstöße gegen das Verkehrsrecht… wegen einer Krankheit… wegen mangelhaftem Sehvermögen… wegen Auffälligkeiten bei der Fahrerlaubnisprüfung

Maßnahmen der FahrerlaubnisbehördeÄrztliches GutachtenMedizinisch-psychologisches GutachtenSachverständigengutachten

Ablauf und Teilbereiche der MPUDie FragestellungenAblauf MPULeistungsuntersuchungÄrztlicher TeilVerkehrspsychologischer TeilAbschluss der Untersuchung und Gutachten

Verfahrensrechtliches zur MPUKann die MPU-Anordnung angefochten werden?Wann ist ein MPU-Gutachten mangelhaft?Können die Gutachtenkosten erstattet werden?

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Wann ist ein MPU-Gutachten ungültig?Wie sieht es mit Verjährungsfristen aus?Dürfen ausländische Erkenntnisse verwendet werden?Gibt es so etwas wie eine Nachbegutachtung?Wahrheitswidrige Angabe in der MPU

Beschränkung der Fahrerlaubnisentziehung

Verbot, fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge zu führen

Verzicht auf die Fahrerlaubnis

Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis

Kann ich mich gegen Maßnahmen der Behörde wehren?

Negative MPU – Was nun?Kontaktaufnahme mit dem GutachterEinspruch bei FahrerlaubnisbehördeVerwaltungsgerichtsverfahren

Wie bereite ich mich auf eine (neue) MPU vor?Welche MPU-Berater/-Beratungen sind empfehlenswert?Erneute MPU nach RückfallMPU nach Verstößen in der Probezeit

MPU-Umgehung durch EU-Fahrerlaubnis?

Fachliteratur und Internetfundstellen

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Vorwort

Zum Thema „medizinisch-psychologische Untersuchung“, kurz MPU, gibt eseine große Zahl an Vorurteilen sowie unsinnige und auch beängstigendeGeschichten, die Betroffene und Interessierte immer wieder verunsichern undirritieren. Was stimmt wirklich? Was muss man erfüllen, um eine MPU zubestehen? Muss man wirklich solche Angst haben oder liegt die Messlatte nichteher sogar sehr niedrig? Ist das Ganze ein Glückspiel und reine Willkür?In diesem Buch sollen das notwendige Wissen und die relevanten Fakten aufden Punkt gebracht werden. Mithilfe des einen oder anderen Praxistippskönnen Sie unnötige Fehler und falsche Strategien vermeiden.Der Ratgeber gibt nicht nur denjenigen Autofahrern, bei denen eineFahreignungsbegutachtung angeordnet wurde, Tipps zum Bestehen. Vielmehrzeigen wir allen Verkehrsteilnehmern Lebensumstände auf, die daran zweifelnlassen, dass man zum Führen eines Fahrzeugs geeignet ist.Man sollte die Bedingungen kennen, um die MPU bestehen zu können. Einefrühzeitige Vorbereitung durch Gespräche mit entsprechenden Experten (z. B.Psychologen und Ärzten) ist dabei oft Grundvoraussetzung.Wenn man alle diese Faktoren kennt, ist das Bestehen einer MPU kein„Glücksspiel“ mehr, vor dem man Angst haben muss, sondern die MPU isttransparent, berechenbar und fair. Sie kann für den Einzelnen eine wichtigeHilfestellung für sein zukünftiges Verhalten im Straßenverkehr sowie für seingesamtes Leben sein.

Uwe Lenhart und Horst Ziegler

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Wissenswertes rund um die MPU

MPU heißt: Begutachtung der Fahreignung

Bei der MPU geht es im Wesentlichen um die Erfassung und die Einschätzungder persönlichen Fahreignung von Personen, die am Straßenverkehrteilnehmen wollen. Die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen umfasst

die körperliche und geistige Fahrtauglichkeit sowiedie charakterliche Zuverlässigkeit.

Die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen kann aufgrund körperlicher,geistiger oder charakterlicher (sittlicher) Mängel beschränkt oderausgeschlossen werden.Die Erstellung eines Gutachtens über die Fahreignung dient derFahrerlaubnisbehörde dazu, über die Entziehung oder Neuerteilung derFahrerlaubnis entscheiden zu können. Sobald der Behörde Tatsachen bekanntwerden, die sie an der Eignung des Fahrerlaubnisinhabers zum Führen vonKraftfahrzeugen zweifeln lassen, muss sie diesen nachgehen. Sie ordnetentweder die Vorlage einer ärztlichen Untersuchung oder einer MPU an.

Die ärztliche Beurteilung der Fahreignung kommt vor allem bei Bedenkenim Hinblick auf ein besonderes körperliches oder geistiges Leiden inBetracht.Das Gutachten eines Facharztes wird in der Regel bei auf bekanntgewordenen Tatsachen beruhenden Bedenken gegen die allgemeinekörperliche Eignung gefordert.

Die Fahrerlaubnisbehörde kann auch die Vorlage des Gutachtens eines amtlichanerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehranordnen. Dies kommt in Betracht, wenn zu klären ist, inwieweit körperlicheBeeinträchtigungen durch technische Einrichtungen ausgeglichen werdenkönnen.Ist die Fahrerlaubnis durch ein Gericht, z. B. wegen einer Trunkenheitsfahrt,oder durch die Fahrerlaubnisbehörde, z. B. wegen Erreichens oderÜberschreitens der 18-Punkte-Grenze, entzogen worden, erteilt die Behördenach Ablauf einer entsprechenden Sperrfrist nicht ohne Weiteres eine neueFahrerlaubnis. Bei bestimmten Gründen für die Fahrerlaubnisentziehung – z.B. Trunkenheitsfahrt mit 1,6 oder mehr Promille Blutalkoholkonzentration –

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besteht die Vermutung, dass die Person auch weiterhin nicht zum Führen einesKraftfahrzeugs geeignet ist. Die Behörde gibt dem Fahrerlaubnisinhaber bzw.Antragsteller die Möglichkeit, sie davon zu überzeugen, dass Eignunggleichwohl besteht oder mittlerweile wieder besteht.Die Behörde formuliert konkrete Fragestellungen wie z. B.:

Ist zu erwarten, dass der zu Untersuchende auch zukünftig unterAlkoholeinfluss fahren wird?Liegen als Folge eines unkontrollierten Alkoholkonsums Beeinträchtigungenvor, die das sichere Führen eines Kraftfahrzeugs infrage stellen?

Im Gegensatz zur Überführung von Verkehrssündern wegenOrdnungswidrigkeiten oder Straftaten – hier muss der Staat für eineVerurteilung nachweisen, dass ordnungswidriges oder strafbares Verhaltenbegangen wurde – kommt es im Fahrerlaubnisrecht zu einerBeweislastumkehr: Der Fahrerlaubnisinhaber oder Antragsteller muss bzw.darf die Behörde davon überzeugen, dass Eignung besteht oder mittlerweilewieder besteht. Gelingt ihm dies nicht, wird die Fahrerlaubnis entzogen oder –im Falle vorangegangener Entziehung – der Antrag auf Neuerteilung derFahrerlaubnis abgelehnt. Weigert man sich, das – begründet – angeordneteGutachten vorzulegen, darf die Behörde auf Ungeeignetheit zum Führen vonKraftfahrzeugen schließen. Dann wird davon ausgegangen, dass derFahrerlaubnisinhaber seine Ungeeignetheit verbergen möchte.Eine MPU bietet damit Schutz und Chance:

Auf der einen Seite müssen andere Verkehrsteilnehmer geschützt werden,wenn sich ein Fahrer als ungeeignet erwiesen hat: Ein solcher Fahrer darfso lange nicht fahren, bis er seine Fahreignung wieder nachgewiesen hat.Auf der anderen Seite bietet die MPU die individuelle Chance für jedenEinzelnen, seine Fahreignung unter Beweis zu stellen und damit wiedereine Fahrerlaubnis zu bekommen.

In der MPU werden deshalb auch keine Beweise für die Ungeeignetheitgesucht, sondern Argumente für eine Entlastung und für die Bewertung, ob inder Zukunft damit gerechnet werden darf, dass es nicht mehr zuVerkehrsauffälligkeiten kommt.Die Entscheidung darüber, ob Eignung vorliegt, trifft die Fahrerlaubnisbehördeund die MPU dient ihr als Unterstützung bzw. Hilfsmittel: Denn die Behördeverfügt nicht über die notwendige Fachkenntnis, um über dieWahrscheinlichkeit einer erneuten Auffälligkeit entscheiden zu können.

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Begutachtungsstellen für Fahreignung

Damit sichergestellt ist, dass die gutachterlichen Bewertungen mit derentsprechenden Sach- und Fachkenntnis erfolgen, dürfen medizinisch-psychologische Gutachten/Untersuchungen nur von speziellenBegutachtungsstellen für Fahreignung (BfF) erstellt werden: Sie erhalten eineamtliche Anerkennung. Die Anerkennungsvoraussetzungen sind in derFahrerlaubnisverordnung (FeV) in der Anlage 14 geregelt. DieRahmenbedingungen sind in den Anforderungen an Träger vonBegutachtungsstellen für Fahreignung detailliert beschrieben und unterwww.bast.de im Bereich Qualitätsbewertung nachzulesen.

Auf der Homepage der BASt findet sich auch eine Liste der gegenwärtig14 akkreditierten und anerkannten Träger von Begutachtungsstellen inDeutschland. Ebenso findet man dort eine Liste der gegenwärtig über270 Begutachtungsstellen in Deutschland, die nach Träger und nachPostleitzahlen geordnet ist und regelmäßig aktualisiert wird.

Rechtliche Vorgaben an die MPU

Die fachlich-inhaltlichen Anforderungen an die Durchführung der MPU und dieErstellung der Gutachten sowie die Grundsätze für die Durchführung derUntersuchung sind in der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) in der Anlage 15definiert. Das Gutachten ist demnach unter Beachtung folgender Grundsätzezu erstellen:

Das Gutachten muss in allgemein verständlicher Sprache abgefasst sowienachvollziehbar und nachprüfbar sein. Die Nachvollziehbarkeit betrifft dielogische Ordnung (Schlüssigkeit) des Gutachtens. Sie erfordert dieWiedergabe aller wesentlichen Befunde und die Darstellung derSchlussfolgerungen, die zur Beurteilung führen. Die Nachprüfbarkeit betrifftdie Wissenschaftlichkeit der Begutachtung. Sie erfordert, dass dieUntersuchungsverfahren, die zu den Befunden geführt haben, angegebenund, soweit die Schlussfolgerungen auf Forschungsergebnisse gestützt sind,die Quellen genannt werden. Das Gutachten muss aber nicht im Einzelnendie wissenschaftlichen Grundlagen für die Erhebung und Interpretation derBefunde wiedergeben.Das Gutachten muss in allen wesentlichen Punkten insbesondere im

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Hinblick auf die gestellten Fragen vollständig sein. Der Umfang einesGutachtens richtet sich nach der Befundlage. Bei eindeutiger Befundlagewird das Gutachten knapper, bei komplizierter Befundlage ausführlicherformuliert.Im Gutachten müssen die Vorgeschichte und der gegenwärtige Befundgetrennt dargestellt werden.

Weitere grundsätzliche rechtliche und fachliche Rahmenbedingungen undVorgaben für die Durchführung der MPU sind in den „Begutachtungsleitlinienzur Kraftfahrereignung“ definiert, die durch die Bundesanstalt fürStraßenwesen (BASt) erstellt und aktualisiert werden. DieBeurteilungsleitlinien mit den notwendigen fachlichen Kommentierungen sinddazu gut in der entsprechenden Fachliteratur nachzulesen.Die speziellen Beurteilungskriterien für die einzelnen Fallgruppen, die alsMaßstab für die Bewertung durch die Gutachter anzuwenden sind und diedurch die Landesbehörden als einheitlicher fachlicher Rahmen festgelegt sind,werden von den zuständigen Fachgesellschaften (Deutsche Gesellschaft fürVerkehrspsychologie e. V. – DGVP und Deutsche Gesellschaft fürVerkehrsmedizin e. V. – DGVM) kontinuierlich weiterentwickelt und angepasst.Auch diese Kriterien können detailliert nachverfolgt werden.

Kosten einer MPU

Die Kosten einer MPU sind in der Gebührenordnung für Maßnahmen imStraßenverkehr (GebOSt) für jede Fragestellung festgelegt. Beispielhaftwerden einige Fragestellungen und die entstehenden Kosten nach derGebührenordnung (Stand Dezember 2011) dargestellt:

Kosten der MPU wegen: in Euro

Alkohol 338

Drogen/Medikamente 338

Verkehrsauffälligkeiten (Punkte) 289

Straftaten 289

körperlicher und geistiger Beeinträchtigungen 204

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neurologischer/psychiatrischer Beeinträchtigungen 289

Achtung: Zu diesen Kosten kommen noch zusätzliche hinzu!

Zu den in der Tabelle angegebenen Kosten kommen die jeweilige MwSt. undmeist 15 bis 20 € für eine Zweitschrift auf kopiergeschütztem Spezialpapier.Der Endbetrag liegt dann in etwa zwischen 260 und 420 € – je nachFragestellung.Bei den Drogen- und Medikamentenfragestellungen kommt zusätzlich nocheine Pauschale für die notwendigen Laboruntersuchungen hinzu, die bei 128 €liegt, sodass man hier dann über 570 € erreicht.Wird innerhalb der MPU noch eine Haaranalyse notwendig, um zusätzlicheAbstinenzdokumentationen zu erbringen, werden diese Kosten u. U. ebenfallsnoch zusätzlich fällig. Diese liegen je nach Träger unterschiedlich hoch, wobeiman auch hier zwischen 200 und 250 € rechnen muss.Liegen zwei oder mehrere Fragestellungen vor, wird zusätzlich zur höchstenGebühr noch eine weitere halbe Gebühr veranschlagt. Bei den gängigenMehrfachfragestellungen ergeben sich dann Summen von etwa 600 bis 775 €.Wird eine psychologische Fahrverhaltensbeobachtung aufgrund vonproblematischen Leistungsbefunden in der MPU fällig, muss man hier noch mitetwa 200 € Zusatzkosten rechnen, die an die BfF gehen. Weitere Kosten fürden Fahrschulwagen mit dem Fahrlehrer kommen noch zusätzlich dazu sowiedie Kosten für die Fahrstunden zur Vorbereitung auf dieFahrverhaltensbeobachtung.Muss man einen vereidigten Dolmetscher zur MPU hinzuziehen, fallenebenfalls Zusatzkosten an. Einige Begutachtungsstellen haben hier günstigeAngebote und übernehmen die Organisation und Einbestellung derDolmetscher.

Wie viele MPU gibt es pro Jahr?

Im Jahr 2010 wurden insgesamt 101.596 MPU durchgeführt – aus folgendenGründen:

Mit 54 % bildeten die Alkohol-Fragestellungen die größte Gruppe der MPU-Gutachten, wobei der größere Anteil der zu begutachtenden Klienten (29%) erstmalig mit Alkohol aufgefallen war;

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die drogen- und medikamentenbezogenen Untersuchungsanlässe bilden mit20 % die zweitgrößte Gruppe;

danach kamen die „Verkehrsauffälligkeiten ohne Alkohol“ (15 %);

Personen mit körperlichen und/oder geistigen Mängeln waren mit wenigerals 1 % vertreten;

sämtliche übrige Anlässe ergaben für das Jahr 2010 in der Summe 11 %.

Gemessen an der Gesamtzahl aller fahrberechtigten Verkehrsteilnehmerbetrifft eine MPU nur eine sehr kleine Gruppe von Kraftfahrern. Im Jahr 2010mussten sich damit lediglich ca. 0,19 % der rund 50 MillionenFahrerlaubnisinhaber einer MPU unterziehen. Dieser Zahlen sollte man sichbewusst sein, wenn eine MPU absolviert werden muss.

Auf den Punkt gebracht

Als Betroffener einer MPU gehört man zu einer sehr kleinen Minderheit. Dassollte man sich klar machen und überlegen, wo die Hintergründe undUrsachen für diese Situation liegen könnten.

MPU-Ergebnisse in Deutschland 2010

Für das Jahr 2010 sind für die wichtigsten Fallgruppen folgenden Zahlen an dieBundesanstalt für Straßenwesen (BASt) gemeldet worden:

Fallgruppe geeignet§ 70-

nachschu-lungsfähig

unge-eignet

Alkohol erstmalig 51,2 % 13,2 % 35,6 %

Alkohol wiederholt 44,5 % 12,8 % 43,7 %

Drogen +Medikamente 60,0 % 9,5 % 30,5 %

Verkehrsdelikte 53,1 % 17,6 % 29,3 %

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Strafdelikte 59,0 % 8,3 % 32,7 %

Alkohol-, Verkehrs-und Strafdelikte 43,2 % 11,7 % 45,1 %

Alkohol- undDrogendelikte 53,2 % 6,7 % 45,1 %

Die Ergebnisse der MPU zeigen, dass die oft kolportierten Zahlen über extremhohe Durchfallquoten nicht stimmen. Über alle Fallgruppen gerechnet bedeutetdas:

53,5 % der MPU-Teilnehmer erreichen ein positives Ergebnis und werdenals geeignet eingestuft.11,4 % bekommen eine Nachschulungsempfehlung für einen Kurs nach §70 FeV und können innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes nacherfolgreicher Beendigung dieser Maßnahmen ebenfalls wieder dieFahrerlaubnis erhalten.Nur 35 % werden als ungeeignet eingestuft und müssen danach wieder eineMPU machen, um die Fahrerlaubnis zu erhalten.

Bedenkt man, dass eine MPU-Anordnung nicht ohne Grund erfolgt und dass ofteine große Gefahr für erneute Auffälligkeit im Verkehr vorliegt – weshalb jaeine MPU angeordnet wird –, scheint die Zahl ungeeigneter Personen ehernicht so hoch auszufallen. Wenn man also hört und liest, dass extrem vielePersonen an einer MPU scheitern, sollte man aufmerksam betrachten, woraufsich die Daten stützen und welchen Zweck solche Zahlen erfüllen sollen.In der Praxis hört man von Durchfallquoten von 70 bis 80 % bei einererstmaligen MPU-Begutachtung. Ob jemand zum ersten oder wiederholten Malzu einer MPU antritt, kann aber von den Trägern gar nicht erhoben werden, daviele Betroffene beim zweiten Versuch zu anderen Begutachtungsstellen gehenoder das Ergebnis ihrer Erstbegutachtung nicht an die Fahrerlaubnisbehördenweitergeben, sodass es auch nicht Bestandteil der Führerscheinakte ist. Es gibtalso nur die Ergebnisse je Fallgruppe pro Jahr, ohne Bezug darauf, ob man eineErstbegutachtung oder eine wiederholte MPU-Begutachtung gemacht hat.Weshalb werden also trotzdem immer wieder Fantasiezahlen berichtet? Dazugibt es mehrere Erklärungsansätze:

Häufig versuchen MPU-Teilnehmer, die ein negatives Ergebnis bekommenhaben, sich mit solchen Zahlen zu erklären und zu entschuldigen. Wenn

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sowieso fast jeder durchfällt und man gar keine Chance hat, bin ich vor mirselbst und meiner Umgebung auch entschuldigt.Die Medien greifen solche Informationen gerne auf, um über „vermeintlicheMissstände“ berichten zu können, ohne dass der Hintergrund sauberrecherchiert wird.Außerdem gibt es einen Trend – um nicht zu sagen eine Strategie – beiunseriösen MPU-Vorbereitern, zu versuchen, so viel Angst vor der MPU zumachen, dass der Betroffene bereit ist, viel Geld für die Angebote zuzahlen, da er ja sonst gar keine Chance hat, seine Fahrerlaubniswiederzubekommen.

Betroffene brauchen sich nicht vor vermeintlich hohen Durchfallzahlenzu fürchten. Die realen Zahlen liegen deutlich niedriger und die MPU zubestehen ist kein Hexenwerk, das man nur mit teurenVorbereitungsmaßnahmen bestehen kann.

Wirksamkeitsergebnisse der MPU

Im Jahr 2010 wurde durch den Verband der Technischen ÜberwachungsvereineVdTÜV und den darin zusammengeschlossenen Trägern von amtlichanerkannten Begutachtungsstellen zusammen mit der Uni Bonn eine Studiezur Bewährung von einmalig und wiederholt mit Alkohol im Straßenverkehrauffällig gewordenen Kraftfahrern nach einer MPU durchgeführt. Untersuchtwurde die Verkehrsbewährung von 1.600 Personen, die zwischen November2005 und Oktober 2006 eine MPU in den beteiligten Organisationenabsolvierten. Das Ergebnis wurde über einen Zeitraum von drei Jahren anhandvon Eintragungen aus dem Verkehrszentralregister (VZR) beim Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) überprüft. Die alkoholauffälligen Fahrer mit MPU-Teilnahmewurden mit Fahrern verglichen, die im gleichen Zeitraum nur mit einerOrdnungswidrigkeit (Alkoholfahrt unter 1,1 Promille) aufgefallen waren undnach einem einmonatigen Fahrverbot wieder fahren durften, ohne eine MPUmachen zu müssen.Bei Auswertung der Ergebnisse zeigte sich, dass sich die Rückfallquote allerbetrachteten MPU-Fallgruppen, die noch einmal in unterschiedlicheUntergruppen aufgeteilt waren (positiv und Kursempfehlung § 70 sowieerstmalig und wiederholt auffällige Fahrer), sich weder untereinander nochvon den Rückfallquoten der Ordnungswidrigkeiten-Gruppe (OWi) wesentlichunterschieden. Die MPU-Gruppen haben also nicht schlechter abgeschnitten als

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die OWi-Gruppe, die ja keine MPU machen musste, weil hier keine besondereRückfallgefahr angenommen wird. Im Einzelnen zeigten die Gruppen folgendeRückfallergebnisse:

Alkohol

Erstauffällig Wiederholt

MPUpositiv 6,5 % (21/325) 8,3 % (27/326)

§ 70 8,0 % (25/312) 6,8 % (20/296)

OWi 8,2 % (261/3180) –

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Anordnung einer MPU: Der Betroffene hat einechtes Problem

Das Problem Alkohol

Wer im Rahmen des „sozial Üblichen“ trinkt, erreichtBlutalkoholkonzentrationen von 1 bis 1,3 Promille – und ist dann schonordentlich betrunken. Blutalkoholkonzentrationen von 1,5 und mehr Promilleerreichen (und dann noch Auto fahren) nur diejenigen, die „gut im Training“sind, also regelmäßig über einen längeren Zeitraum große und deutlich überdem sozialen Maß liegende Mengen zu sich nehmen.Eine Analogie zum Sport illustriert diese Problematik anschaulich: Nehmen wireinen Marathonlauf: Ohne entsprechendes Training startet man und nachwenigen Kilometern wird man erschöpft und total kaputt aufhören und stehenbleiben. Nur ein gut trainierter Läufer ist überhaupt in der Lage, einenMarathonlauf zu beenden. Je besser er trainiert ist, umso leichter steckt er dieenormen Belastungen weg. Das Training für einen solchen Marathonlauf kannganz unterschiedlich aussehen. Man kann jeden Tag trainieren und laufen,man kann seine Laufeinheiten aber auch komprimieren und an bestimmtenTagen besonders viel trainieren. Ohne eine gewisse Größenordnung schafftman jedoch nicht die Grundlage dafür, einen solchen Lauf absolvieren zukönnen.Eine sehr hohe Trinkmenge, die 1,6 Promille und mehr entspricht, stellt –ähnlich einem Marathonlauf – eine riesige körperliche Belastung dar. Einuntrainierter Alkoholtrinker hört deutlich unter einem Promille auf zu trinken,weil er sich körperlich sehr unwohl fühlt. Die Personen, die wegen einerAlkoholauffälligkeit mit hoher Promillezahl zu einer MPU müssen, sind keinenormalen Gelegenheitskonsumenten, die mal zum Essen oder bei einer Feierein paar Gläser Bier oder Wein mehr als üblich zu sich nehmen.

Auf den Punkt gebracht

Bei einer Alkohol-MPU sollte sich jeder klar darüber sein, dass seinbisheriger Alkoholkonsum keine „normale“ Größenordnung hatte!

Das Problem Punkte

Wenn man wegen hoher Punktezahl im Verkehrszentralregister (VZR) inFlensburg zu einer MPU muss, sollte man sich Folgendes vergegenwärtigen:Insgesamt waren zum 01.01.2010 8.951.000 Personen im

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Verkehrszentralregister in Flensburg registriert.

Das sind bezogen auf die etwa 50 Millionen Fahrerlaubnisbesitzer inDeutschland nur 17,9 % – davon sind übrigens nur 22 % Frauen.Von diesen eingetragenen Personen haben 19,6 % gar keine Punkte mehrauf ihrem Konto, da diese zwischenzeitlich wieder gelöscht worden sind.Deutlich mehr als die Hälfte – nämlich fünf Millionen – sind lediglich mit 1bis 3 Punkten belastet.Rund 1,6 Millionen der eingetragenen Personen weisen 4 bis 7 Punkte auf;hier finden sich schon viele „Mehrfachtäter“ oder Personen mit einerStraftat im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr, die mit mindesten 5Punkten geahndet wird.Lediglich 456.000 Menschen oder 5,1 % der im Verkehrszentralregistererfassten Personen haben 8 bis 13 Punkte auf ihrem Konto.Nur 0,7 % (66.000) haben 14 und mehr Punkte. Bezieht man diese 66.000Personen dazu noch auf die Gesamtzahl der Fahrerlaubnisinhaber von etwa50 Millionen, so sind es sogar nur noch 0,13 % aller Personen inDeutschland, die eine Fahrerlaubnis besitzen, und eine solche Punktzahlerreichen.

Wem trotz absoluter Löschungsfrist der Einträge wegen Bußgeldsachen vonderzeit noch fünf Jahren, Verwarnung, Anordnung eines Aufbauseminars undverkehrspsychologischer Beratung wegen 18 und mehr Punkten dieFahrerlaubnis entzogen wird, hat ein Problem, das in seiner Person zu findenist und in der Art und Weise, wie er mit den Problemstellungen undGefahrensituationen im Verkehr umgeht! Man möge diesbezüglich auchbedenken, dass man ja nicht bei jedem Verstoß erwischt wird. Das Verhältnisvon entdeckten und unentdeckten Geschwindigkeitsdelikten liegt bei1:10.000!

Auf den Punkt gebracht

Derjenige, der von einer MPU „betroffen“ ist, beispielsweise durch Punkte,hat ein persönliches Problem, das er selbst verursacht hat – und er solltesich dessen bewusst sein!

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Zweifel an der Eignung zum Führen vonKraftfahrzeugen …

Es gibt eine ganze Reihe von Lebenssachverhalten, die Zweifel an der Eignungzum Führen von Kraftfahrzeugen begründen können. Zumeist erfährt dieFahrerlaubnisbehörde diese durch eine Mitteilung der Polizei unmittelbar nachdem Vorfall, in den überwiegenden Fällen einem Verkehrsunfall.Die Polizei muss Informationen über Tatsachen, die auf Mängel hinsichtlich derEignung einer Person zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen lassen, derzuständigen Fahrerlaubnisbehörde übermitteln. Dies geschieht regelmäßignoch am Tag des Vorfalls.

Man sollte gegenüber den Unfallbeteiligten oder der Polizei keinesfallskörperlichen oder geistigen Ausfall als Unfallursache angeben, wie z. B.„Ich weiß auch nicht, wie das passiert ist, mir wurde auf einmal schwarzvor Augen“.Teilen Sie auch nicht mit, dass Sie Medikamente eingenommen haben.Diese könnten Ihre Fahreignung beeinträchtigt oder ausgeschlossenhaben. Die Folge kann nämlich die Anordnung einer ärztlichenUntersuchung, einer MPU oder die Entziehung der Fahrerlaubnis sein.

Woher übrigens die Fahrerlaubnisbehörde ihre Kenntnisse hat, ist unerheblich.Wenn beispielsweise ein Nachbar der Behörde glaubhaft anzeigt, dass jemandallabendlich sturzbetrunken mit dem Auto nach Hause kommt oder dortrauschende Drogenpartys feiert, reicht dies, um mindestens eine ärztlicheUntersuchung zur Frage von Alkoholabhängigkeit oder Drogenkonsumanzuordnen.Folgende Umstände können an der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugenzweifeln lassen – mit der Folge der Anordnung einer ärztlichen odermedizinisch-psychologischen Untersuchung durch die Fahrerlaubnisbehörde:

… wegen Alkohol

Trunkenheitsfahrt mit 1,6 oder mehr Promille

Die Fahrerlaubnisbehörde ist verpflichtet, nach der Verurteilung wegenTrunkenheit im Verkehr mit 1,6 oder mehr Promille Blutalkoholkonzentration(BAK), bei der die Entziehung der Fahrerlaubnis ausgeblieben ist, oder dem

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Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis nach vorangegangenem Entzugwegen einer solchen Tat eine MPU anzuordnen.Gilt wegen Trunkenheitsfahrt mit einem Auto der Grenzwert von 1,1 PromilleBAK, macht sich derjenige, der Fahrrad fährt, erst ab einer BAK von 1,6Promille strafbar. Die Folge ist regelmäßig eine Geldstrafe. Zur Entziehung derFahrerlaubnis und Verhängung einer Sperrfrist für deren Neuerteilung kommtes aber – im Gegensatz zu einer Trunkenheitsfahrt mit dem Auto – nicht.Allerdings ist die Fahrerlaubnisbehörde berechtigt, eine MPU zu fordern, wennjemand mit einer BAK von mindestens 1,6 Promille Fahrrad fährt. Das giltauch schon für einen Ersttäter. Ein negatives Ergebnis oder die Missachtungdieser Anordnung haben die Entziehung der (Kraftfahrzeug-)Fahrerlaubnis zurFolge.

Am besten sollte man gleich nach der Trunkenheitsfahrt durch Teilnahmean einem geeigneten Kontrollprogramm mit dem Nachweis derAlkoholabstinenz beginnen. Wer mit einer hohenBlutalkoholkonzentration im Straßenverkehr auffällt, muss sich nämlichden Vorwurf gefallen lassen, ein Alkoholproblem zu haben.

MPU auch unter 1,6 Promille Blutalkoholkonzentration?Ein Autofahrer wird an einem Werktag nach Arbeitsende gegen 16.45 Uhrmit einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von 1,34 Promille angetroffen. Erbeging weder Fahrfehler, noch zeigten sich körperliche Auffälligkeiten. Hierkönnten zusätzliche Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauchbegründen, weshalb es unerheblich ist, dass sich kein BAK-Wert von 1,6Promille ergab.

Der sogenannte Geselligkeitstrinker verträgt alkoholische Getränke allenfallsbis zu einer BAK von 1 bis 1,3 Promille. Zweifel an der Kraftfahreignungergeben sich daraus, dass eine derartige BAK schon am Nachmittag einesnormalen Arbeitstages erreicht wird, sich der Betroffene noch fahrtüchtigfühlte und keine Ausfallerscheinungen aufwies. Die Anordnung einer MPU wärenicht zu beanstanden.

Wiederholte Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unterAlkoholeinfluss

Ein Autofahrer wird zum zweiten Mal bei einem Verstoß gegen die 0,5-Promille-Grenze, § 24a Straßenverkehrsgesetz, erwischt. Es gibt jeweils vierPunkte im Verkehrszentralregister, Geldbuße und Fahrverbot. Letzteresbeträgt wegen wiederholter Begehung statt einem Monat drei Monate.

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Die Fahrerlaubnisbehörde hat auch dann eine MPU anzuordnen (sie ist dazuverpflichtet und hat kein Ermessen),

wenn zwar keine Alkoholabhängigkeit, jedoch Anzeichen fürAlkoholmissbrauch vorliegen,wenn zu klären ist, ob der Alkoholmissbrauch nicht mehr besteht,bei wiederholten Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unterAlkoholeinfluss.

Verdacht auf Alkoholabhängigkeit oder Alkohol-missbrauch

Ein Führerscheinbesitzer wird mit schwerer Alkoholisierung angetroffen. Erist nicht Auto gefahren. Es muss mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zubefürchten sein, dass der Betroffene wegen seines exzessivenTrinkverhaltens für andere Verkehrsteilnehmer zu einer Gefahr werdenkönnte. Etwa dann, wenn er als Berufskraftfahrer tätig ist und damit –abgesehen von seinen arbeitsfreien Zeiten – täglich am Straßenverkehrteilnimmt.

Angesichts der typischen Abbauzeiten von Alkohol im Körper liegt in solchenFällen ein Dauerkonflikt vor zwischen der Neigung, oft und in größerenMengen Alkohol zu konsumieren, sowie der Verpflichtung, im nüchternenZustand ein Kraftfahrzeug zu führen. Obwohl der Fahrerlaubnisinhaber garnicht alkoholisiert gefahren ist, können diese Feststellungen die Annahme vonAlkoholmissbrauch begründen und der Behörde Anlass zur Anordnung derBeibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens über dieFahreignung geben.

Spätestens in diesem Fall sollte man sich mit seinem Alkoholproblemauseinandersetzen und mit dem Nachweis der Alkoholabstinenz durchTeilnahme an einem geeigneten Kontrollprogramm beginnen.

… wegen Drogen- oderMedikamentenmissbrauchs

Fahren unter Rauschmitteleinwirkung

Ordnungswidrig handelt, wer unter Wirkung eines berauschenden Mittels imStraßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt (§ 24a Straßenverkehrsgesetz). Von

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der Bußgeldstelle wird gegen den Ersttäter ein Bescheid mit einer Geldbußeüber 500 Euro, einem Fahrverbot von einem Monat und 4 Punkten imVerkehrszentralregister erlassen.Bereits unmittelbar nach dem Geschehen teilt die Polizei derFahrerlaubnisbehörde die Drogenauffälligkeit mit. Neben dem Bußgeld- oderStrafverfahren wird die Behörde aufgrund desselben Sachverhalts entwedergleich die Fahrerlaubnis entziehen oder ein ärztliches bzw. medizinisch-psychologisches Gutachten anordnen – und das teilweise bis zu sechs Monatenach der eigentlichen Drogenfahrt. Denn wer harte Drogen oder regelmäßigCannabis konsumiert oder wer den gelegentlichen Konsum von Cannabis unddas Führen von Kraftfahrzeugen nicht trennen kann, ist ungeeignet zumFühren von Kraftfahrzeugen.Der Betroffene muss dann durch ärztliche Untersuchung, Gespräche mitPsychologen und Drogentests nachweisen, dass er keine Rauschmittel mehreinnimmt. Da der Betroffene meist nicht in der Lage ist, zumUntersuchungszeitpunkt die Abstinenz rückwirkend für sechs oder bis zu zwölfMonate nachzuweisen, kommt es nicht zu einer positiven Begutachtung. Dieskann dann zu dem Ergebnis führen, dass der Autofahrer zwar bereits dieStrafe für die Drogenfahrt verbüßt und das Fahrverbot bereits wiederaufgehoben ist, ihm aber die Fahrerlaubnisbehörde später wegen derselbenSache die Fahrerlaubnis entzieht.

Der auffällig gewordene Autofahrer muss sich darüber bewusst sein, dasssich in derartigen Fällen Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehördeanschließen. Bereits ab dem Vorfall sollte der Betroffene sich für einenspäteren Nachweis der Abstinenz Drogenscreenings unterziehen.

Annahme von Betäubungsmittelabhängigkeit

Oft versuchen Angeklagte in Strafverfahren wegen schwerer Straftaten gegenLeib und Leben anderer eine mildere Strafe zu erhalten, indem sie angeben,betäubungsmittelabhängig zu sein und die Tat sozusagen im Drogenrauschbegangen haben. Derartige Urteile werden der Fahrerlaubnisbehördeübersandt, sodass neben dem Verlust der Freiheit dann regelmäßig nachAnordnung von fachärztlicher oder medizinisch-psychologischer Untersuchungnoch der Verlust der Fahrerlaubnis folgt.

Dürfen Personen, die Methadon nehmen, Auto fahren?Bei Methadon handelt es sich um ein Betäubungsmittel im Sinne desBetäubungsmittelgesetzes, sodass dessen Einnahme im Regelfall die Eignung

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zum Führen von Kraftfahrzeugen ausschließt. Es kommt nicht darauf an, obdas Mittel „missbräuchlich“ oder aufgrund ärztlicher Verschreibung konsumiertwurde, sondern allein darauf, ob es überhaupt eingenommen wurde.Nur in seltenen Fällen ist eine positive Beurteilung der Fahreignung vonPersonen, die sich in einer regelgerecht durchgeführten Methadon-Substitutionbefinden, möglich. Besondere Umstände können dies im Einzelfallrechtfertigen. Die Einnahme anderer psychoaktiver Substanzen, inklusiveAlkohol, muss ausgeschlossen sein: Nachzuweisen durch geeigneteregelmäßige zufällige Kontrollen (Urin-, Haaranalyse) innerhalb des letztenJahres. Kann dieser Nachweis nicht erbracht werden, ist von der fehlendenFahreignung auszugehen. Die Fahreignung kann dann nur durch einmedizinisch-psychologisches Gutachten nachgewiesen werden, auch wenn dieMethadon-Behandlung zwischenzeitlich erfolgreich abgeschlossen wurde.

Verdacht auf Einnahme von Betäubungsmitteln

Anlässlich einer Fahrzeugkontrolle werden bei einem Autofahrer fünfGramm Haschisch gefunden. Die Fahrerlaubnisbehörde ordnet die Vorlageeines ärztlichen Gutachtens an.

Personen, die Betäubungsmittel einnehmen, sind in der Regel ungeeignet zumAutofahren. Eine Ausnahme stellt der einmalige oder gelegentlicheCannabiskonsum dar. Hier bestehen nur dann Eignungszweifel, wenn manbeim Fahren unter dem Einfluss der Substanz erwischt wird. Bereits derNachweis kleinster Mengen einer rauschwirksamen Substanz stellt das Fahrenunter Rauschmitteleinwirkung dar.Dies oder konkrete Verdachtsmomente dafür, dass der Betroffene den Konsumvon Cannabis und die aktive Teilnahme am Straßenverkehr nicht zuverlässigzu trennen vermag, ermächtigt die Behörde, dem Führerscheininhaberaufzugeben, bestimmte Gutachten über seine Kraftfahreignung vorzulegen.Beschränken sich die polizeilichen Feststellungen auf den bloßen Besitz vonCannabis, reicht dies nicht aus, an seiner Eignung zu zweifeln. Andershingegen, wenn über den Besitz hinaus weitere Erkenntnisse vorliegen – zumBeispiel wenn die Reste eines Joints im Aschenbecher des Fahrzeugs gefundenwerden.

Verdacht auf Arzneimittelmissbrauch

Nicht nur wer unter Alkohol oder Drogen Auto fährt, macht sich strafbar. AuchMedikamente im Straßenverkehr können weitreichende Folgen haben. Soenthalten einige Schnupfen- und Hustenpräparate z. B. Codein und Alkohol.

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Diese Substanzen haben Auswirkungen auf die Fahrtauglichkeit. Das Führeneines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung sogenannter berauschender Mittelstellt eine Ordnungswidrigkeit (Fahren unter Rauschmitteleinwirkung, § 24aStraßenverkehrsgesetz) dar.Einzige Ausnahme: wenn die Arznei vom Arzt für einen konkretenKrankheitsfall verschrieben und entsprechend dieser Verordnungeingenommen wurde. Wird die Polizei aber aufmerksam, weil derFahrzeuglenker Fahrfehler begeht oder körperliche Ausfallerscheinungen zeigt,steht eine Strafbarkeit wegen „Trunkenheitsfahrt“ im Raum. Die Folge sindGeldstrafe und Entziehung der Fahrerlaubnis. Regelmäßig lässt die Fahrt unterMedikamenteneinfluss Zweifel an der Eignung zum Führen vonKraftfahrzeugen aufkommen. Selbst wenn die Polizei nicht einschreitet, kanndie Fahrerlaubnis auf dem Verwaltungsweg entzogen oder eine MPUangeordnet werden.

Lesen Sie den Beipackzettel immer aufmerksam! Halten Sie Rücksprachemit Ihrem Arzt, ob durch die Medikamenteneinnahme die Fahrtüchtigkeitbeeinträchtigt wird und wie viele Stunden nach der Einnahme manwieder ein Fahrzeug führen darf.

… wegen Straftat(en) i. Z. m. dem Straßenverkehr

Schon eine einzige erhebliche Verkehrsstraftat kann berechtigte Zweifel ander Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen begründen. Deshalb darf dieFahrerlaubnisbehörde im Verfahren zur Wiedererteilung der Fahrerlaubnis einmedizinisch-psychologisches Gutachten verlangen. Wird diese Begutachtungverweigert, führt das zur Ablehnung des Antrags auf Neuerteilung derFahrerlaubnis.

Wegen vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung in Tateinheit mit Nötigungim Straßenverkehr wurde einem Autofahrer die Fahrerlaubnis entzogen.Beim Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis ordnete die Behörde dieBeibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens über dieKraftfahreignung des Antragstellers an. Dieser lehnte es ab, sich einerBegutachtung zu unterziehen.Daraufhin wurde der Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis mit derBegründung abgelehnt, die straf- und verkehrsrechtliche Vorgeschichterechtfertige durchaus Eignungsbedenken. Die vorsätzlicheStraßenverkehrsgefährdung zeige ein hohes Maß an Rücksichts- und

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Verantwortungslosigkeit, weil der Betroffene nur des eigenen schnellerenVorankommens wegen andere Verkehrsteilnehmer massiv gefährdet habe.Diesem Verhalten sei zu entnehmen, dass der Betroffene die Durchsetzungseiner vermeintlichen eigenen Rechte denjenigen andererVerkehrsteilnehmer voranstelle.

Höchstgerichtlich wird die Auffassung vertreten, dass Zweifel an derFahreignung nicht erst dann berechtigt seien, wenn wiederholt gegenverkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen werde. Vielmehrreiche eine einzige Straftat aus, wenn sie erheblich sei. In den einschlägigenVorschriften des Fahrerlaubnisrechts werde der wiederholten Begehung vonVerstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze der – nur –einmalige, dafür aber erhebliche Verstoß gegenübergestellt.Kommt es zu einer Verteilung wegen (mehrerer) „Straftaten, die imZusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen“, z. B. Nötigung imStraßenverkehr in drei Fällen oder Straßenverkehrsgefährdung in Tatmehrheitmit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort, ordnen die Fahrerlaubnisbehördenregelmäßig die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens an.

Der Verteidiger in Verkehrsstrafverfahren sollte sich immer bemühen –sofern Verfahrenseinstellung oder Freispruch unmöglich erscheinen –,eine Verurteilung wegen „nur“ einer Straftat oder mehrerer Straftaten insogenannter tateinheitlicher Begehung zu erreichen. Hierauf kann sichder Verteidiger in Gesprächen mit Staatsanwaltschaft und Gericht unterUmständen verständigen. Dann bleibt dem Betroffenen eine MPU erspart.

… wegen Anhaltspunkten für hohesAggressionspotenzial

Bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen,insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzialbestehen, kann ebenfalls eine MPU verlangt werden. Als solche Straftatenversteht die Rechtsprechung Vergehen, die eine Veranlagung desFahrerlaubnisbewerbers zu Rohheit oder eine geringe Hemmschwellegegenüber der körperlichen Integrität anderer Menschen erkennen lassen. InBetracht kommen die Straftatbestände

der schweren und gefährlichen Körperverletzung,des Raubes sowie

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der Vergewaltigung.

Sofern es – aus welchen Gründen auch immer – zu einer Entziehung derFahrerlaubnis gekommen ist und im Rahmen des Antrags auf Neuerteilung derFahrerlaubnis festgestellt wird, dass der Antragsteller schon einmal einevorsätzliche Körperverletzung begangen hat, ordnen dieFahrerlaubnisbehörden erfahrungsgemäß eine MPU an.Zwar kann auch durch die Begehung einer Reihe weiterer Straftaten einekriminelle Energie des Täters zum Ausdruck kommen, dies reicht aber für dieAnnahme eines Aggressionspotenzials nicht aus. Die Fahrerlaubnisbehörde istnicht für die Bekämpfung der Allgemeinkriminalität zuständig, sondern fürsolche Maßnahmen, die befürchten lassen, dass der Fahrerlaubnisinhaber oder-bewerber erneut in schwerwiegender Weise solche Vorschriften verletzen unddadurch für die Allgemeinheit zur Gefahr werden könnte. Die Erkenntnisse derFahrerlaubnisbehörde können sich sowohl aus strafgerichtlichen Urteilen alsauch Mitteilungen der Polizei ergeben. Eine rechtskräftige Verurteilung, diedem Täter hohes Aggressionspotenzial bescheinigt, ist nicht erforderlich.Da es in der einschlägigen Fahrerlaubnisverordnung keinen Katalog vonStraftaten, bei denen Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzialbestehen, gibt, steht es im Ermessen des zuständigen Sachbearbeiters bei derFahrerlaubnisbehörde, ob dieser eine MPU anordnet.Zwar kann man jede Entscheidung überprüfen lassen, dies führt aber bei einerEignungsüberprüfung gegenüber (noch) Inhabern einer Fahrerlaubnis zumEntzug derselben und bei einem Antrag auf Neuerteilung zu dessenVersagung. In jedem Fall kostet die Wahrnehmung der Rechte Zeit ohneFührerschein. Und wie die Sache letztendlich ausgeht, ist oft nichtabzuschätzen. Aber selbst wenn man irgendwann Recht bekommt – nachWiderspruch, Klage und Berufung können leicht zwei Jahre vergehen – wärees besser gewesen, sich der Anordnung einer MPU zu „beugen“. Die MPU istkein Buch mit sieben Siegeln. Wer sich richtig vorbereitet, wird die MPUbestehen!

… wegen erheblicher Verstöße gegen dasVerkehrsrecht

Ein Autofahrer begeht Geschwindigkeitsüberschreitungen um 22, 43 und 23km/h innerhalb von acht Monaten. Diese werden mit sechs Punkten imVerkehrszentralregister eingetragen.

Regelmäßig wird die Fahrerlaubnisbehörde bei Erreichen bestimmter

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Punktestände tätig:

Bei 8 Punkten wird verwarnt,bei 14 wird ein Aufbauseminar angeordnet undbei 18 und mehr Punkten wird die Fahrerlaubnis entzogen.

Es ist aber auch möglich, eine MPU außerhalb des sog. Punktesystemsanzuordnen. Und zwar bei erheblichen oder wiederholten Verstößen gegenverkehrsrechtliche Vorschriften. Die Verstöße müssen eine bestimmte Qualitäthaben oder unter besonderen Umständen begangen worden sein. Eine bloßeinmalige erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung reicht noch nicht aus.Treffen aber Häufigkeit, Rücksichtslosigkeit oder vorsätzliche Begehungzusammen, beispielsweise Tempoverstoß „aus Spaß“ an der Fahrleistung oderaus einem Geltungsbedürfnis heraus, reicht dies für Eignungszweifel aus. Inderartigen Fällen kann eine Gutachtenanordnung selbst bei „nur“ dreiVerstößen und „nur“ sechs Punkten berechtigt sein.

… wegen einer Krankheit

Es gibt Krankheiten, die die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugenausschließen. Hierzu zählen z. B.

Störungen des Gleichgewichts (ständig oder anfallsweise auftretend),Herzrhythmusstörungen mit anfallsweiser Bewusstseinstrübung oderBewusstlosigkeit,Zuckerkrankheit mit Neigung zu schweren Stoffwechselentgleisungen,akute organische Psychosen,Manien und schwere Depressionen,akute schizophrene Psychosen oderschwere Niereninsuffizienz mit erheblicher Beeinträchtigung.

Andere Krankheiten wiederum können Beschränkungen auf bestimmteFahrzeugarten oder Fahrzeuge, ggf. mit besonderen technischen Vorrichtungengemäß ärztlichem Gutachten, eventuell zusätzlich medizinisch-psychologischem Gutachten und/oder Gutachten eines amtlich anerkanntenSachverständigen oder Prüfers oder Auflagen wie regelmäßige ärztlicheKontroll- oder Nachuntersuchungen in bestimmten zeitlichen Abständenerfordern.

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Nach einem Verkehrsunfall machte die Polizei der zuständigenFahrerlaubnisbehörde folgende Mitteilung:„Der Betroffene hielt zunächst am rechten Fahrbahnrand und ließ seineEhefrau aussteigen. Er wollte sich noch rückwärts in die Parklückemanövrieren. Sodann beschleunigte plötzlich der Pkw aus ungeklärtenGründen, sodass der Betroffene die Kontrolle über das Fahrzeug verlor undzunächst rückwärts über den rechtsseitigen Bürgersteig fuhr und dabei zweiBäume touchierte, dann über die Fahrbahn fuhr, dabei einen weiterenBaum touchierte und dort gegen ein Bushaltestellenhäuschen fuhr und diesvöllig zerstörte.Der Betroffene legte daraufhin den Vorwärtsgang ein, woraufhin dasFahrzeug erneut extrem beschleunigte und diesmal vorwärts fuhr. DerBetroffene stieß gegen einen weiteren Baum und knickte diesen um.Das Fahrzeug setzte durch den Zusammenstoß auf dem Stamm des Baumesauf, wodurch die Vorderreifen in der Luft hingen, sodass der Pkw keinenVortrieb mehr hatte.“Die Fahrerlaubnisbehörde machte Bedenken an der gesundheitlichenEignung zur Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr geltend undordnete die Durchführung einer Begutachtung durch einen amtlichanerkannten Sachverständigen oder Prüfer (Fahrprobe) an.

Sowohl für die Ablegung einer solchen Fahrprobe und Vorlage des Ergebnisses,als auch für die Übersendung einer Erklärung, sich auf eigene Kosten derentsprechenden Begutachtung zu unterziehen, werden Fristen gesetzt. DieKompensation von Krankheiten oder Mängeln durch besondere menschlicheVeranlagung, durch Gewöhnung, durch besondere Einstellung oder durchbesondere Verhaltenssteuerungen und -umstellungen sind möglich.Fachärztliche Untersuchungen können jedoch nur von bestimmten Ärztendurchgeführt werden, die in der Fahrerlaubnisverordnung in § 11 genaufestgelegt sind.Die Auswahl von Ärzten, Sachverständigen oder Prüfern mit der erforderlichenQualifikation obliegt dem Betroffenen. Man ist nicht verpflichtet, nurdenjenigen zu benennen, der von der Fahrerlaubnisbehörde vorgeschlagenwird.

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Suchen Sie sich zunächst einen in Betracht kommenden Gutachter.Legen Sie diesem die Aufklärungsanordnung der Fahrerlaubnisbehördevor, lassen Sie sich „voruntersuchen“ und fragen Sie den Gutachter, ob erdie Fragestellung der Behörde im Falle deren Auftrags in Ihrem Sinnepositiv beantworten könnte. Erst dann teilen Sie derFahrerlaubnisbehörde dessen Namen und Anschrift auf derEinverständniserklärung mit. Wird nur eine Fahrprobe angeordnet,nehmen Sie zur Vorbereitung ein paar Fahrschulstunden mit einemFahrlehrer Ihrer Wahl.

… wegen mangelhaftem Sehvermögen

Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen,

dass die Anforderungen an das Sehvermögen nicht erfüllt werden oderdass andere Beeinträchtigungen des Sehvermögens bestehen, die dieEignung zum Führen von Kraftfahrzeugen beeinträchtigen,

kann die Fahrerlaubnisbehörde die Vorlage eines augenärztlichen Gutachtensanordnen. Mithilfe dieses Gutachtens soll dann die Entscheidung über dieErteilung/Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung vonBeschränkungen/Auflagen vorbereitet werden.In der entsprechenden Verordnung sind die Anforderungen an dasSehvermögen geregelt. Erreicht der Proband den für die entsprechendeFahrzeugklasse vorgeschriebenen Mindestwert, ist er geeignet, ist dies nichtder Fall, ist er ungeeignet, das entsprechende Fahrzeug zu fahren.

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Experten haben in ausführlichen Untersuchungen ermittelt, dass dieErgebnisse der Sehschärfeprüfung ein und desselben Probandenzwischen den verschiedenen Untersuchern erheblichen Schwankungenund Abweichungen unterworfen sind. Sie können im Vergleich zumtheoretisch exakten Ergebnis durchaus eine Größenordnung von +/– 0,2bis 0,3 erreichen (der Wert 1,0 entspräche dabei 100 % Sehschärfe).Daher ist also durchaus möglich, dass im Gutachten des einenAugenarztes eine Sehschärfe von beispielsweise 0,6 (= 60 %Sehschärfe) angegeben wird, der nächste hingegen 0,4 und der Folgende0,8 attestiert. Dies hat vor allem bei den im Gesetz festgelegtenGrenzwerten von 0,2 und 0,5 eine erhebliche Bedeutung.

… wegen Auffälligkeiten bei derFahrerlaubnisprüfung

Stellt der Sachverständige oder Prüfer während einer Fahrprüfung Tatsachenfest, die ihn an der körperlichen oder geistigen Eignung des Bewerberszweifeln lassen, hat er der Fahrerlaubnisbehörde Mitteilung zu machen undden Bewerber hierüber zu unterrichten.

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Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörde

Grundlage der Beurteilung, ob jemand (bedingt) zum Führen eines Fahrzeugsgeeignet ist, ist in der Regel

ein ärztliches Gutachten,ein medizinisch-psychologisches Gutachten oderein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers fürden Kraftfahrzeugverkehr.

Ärztliches Gutachten

Die Anordnung, ein ärztliches Gutachten beizubringen, kommt dann inBetracht, wenn an der körperlichen oder geistigen Eignung gezweifelt wird. Inderartigen Fällen scheiden ein medizinisch-psychologisches Gutachten oder einSachverständigengutachten aus.Die Fahrerlaubnisbehörde bestimmt auch, wer das Gutachten erstellen soll:

ein Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation,ein Amtsarzt (Arzt des Gesundheitsamtes oder anderer Arzt der öffentlichenVerwaltung),ein Arbeits- oder Betriebsmediziner,ein Rechtsmediziner oderein Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung (MPU-Stelle).

Die Behörde muss die genaue Fachrichtung angeben. Nicht jeder Umstand, derauf einen möglichen Eignungsmangel hindeutet, ist als hinreichender Grundfür die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens anzusehen.

Mögliche Gründe für die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens

Psychische Auffälligkeiten wie aggressives Verhalten auch außerhalb desStraßenverkehrs können die Anordnung rechtfertigen.Ein hirnorganisches Syndrom rechtfertigt die Gutachtenanordnung, ebensoein epileptisches Anfallsleiden.Hohes Alter allein ist nicht entscheidend dafür, ob eine Begutachtungangeordnet wird. Es kann aber unter Umständen dazu ausreichen, wennder Autofahrer durch unsichere Fahrweise oder einen augenscheinlich

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unerklärlichen Unfall aufgefallen ist. Allerdings rechtfertigt auch beifortgeschrittenem Alter ein Verkehrsverstoß nur dann die Aufforderung,ein amtsärztliches Gutachten beizubringen, wenn dieser auf altersbedingteLeistungsminderung hindeutet.

BeispielZur Erklärung eines Verkehrsunfalls gibt ein Fahrzeugführer gegenüber derPolizei an, Gas- und Bremspedal verwechselt zu haben und im Übrigen ander Parkinsonschen Krankheit zu leiden. Nach einem Verwarnungsgeldwegen Unfallverursachung erhält er von der Fahrerlaubnisbehörde dieAnordnung, ein ärztliches Gutachten über seine Fahreignung vorzulegen.

Im Falle der Parkinsonschen Krankheit ist beispielsweise die Fähigkeit,Personenkraftwagen sicher zu führen, nur bei erfolgreicher Therapie oder inleichteren Fällen der Erkrankung gegeben. Ein positives verkehrsmedizinischesGutachten könnte zu dem Ergebnis kommen, dass der Erkrankte dieFahrerlaubnis unter bestimmten Auflagen behalten darf: z. B. regelmäßigeNachuntersuchungen alle zwei Jahre. Bei negativem Gutachtenausgangentzieht die Führerscheinstelle regelmäßig die Fahrerlaubnis.

Eine leichtfertige Äußerung gegenüber der Polizei kann den Führerscheinkosten!

Manchmal wird die Fahrerlaubnisbehörde erst Monate oder ein Jahr und späternach einem Drogenvorfall tätig. Dann wäre es unverhältnismäßig, sofort dieFahrerlaubnis zu entziehen oder sofort eine MPU anzuordnen. Hier kann zurAbklärung der Eignungszweifel die Vorlage eines ärztlichen Gutachtensangeordnet werden. Dabei soll die Frage geklärt werden, ob aktuell nochDrogen konsumiert werden. Die Fragestellung der Fahrerlaubnisbehörde lautetin diesen Fällen: „Liegt bei dem zu Untersuchenden ein Konsum vonBetäubungsmitteln vor, der seine Eignung als Kraftfahrzeugführer infragestellt?“

Im Rahmen des ärztlichen Gutachtens wird auch einUntersuchungsgespräch geführt, in dem die Angaben des Betroffenen mitden Kenntnissen der Fahrerlaubnisbehörde verglichen werden.

Der zu Untersuchende gibt z. B. an, nur einmal im Leben Kokain konsumiertzu haben – und das 24 Stunden vor dem Vorfall, durch den er bei derPolizei auffällig wurde. Wenn in der seinerzeit vorgenommenen Blutprobedas Abbauprodukt von Kokain, Benzoylecgonin, gefunden wurde, kann diese

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Angabe nicht stimmen.Der Nachweis dieses Abbauprodukts in einer Blutprobe ist nach einmaligemKonsum nur 8 bis 10 Stunden möglich. Nur bei hoch dosiertem undchronischem Konsum wird eine Nachweisbarkeit von 12 bis 24 Stundenangenommen. Insofern bleiben Zweifel entweder in Bezug auf dieZeitangaben, die Dosis oder die Einmaligkeit des Konsums. Mit den Mitteln derärztlichen Untersuchung kann das nicht aufgeklärt werden. Regelmäßig würdedie Fahrerlaubnisbehörde bei diesem Ergebnis im Anschluss eine medizinisch-psychologische Untersuchung anordnen.

Zur Vorbereitung auf eine Anordnung der Fahrerlaubnisbehörde(ärztliches, medizinisch-psychologisches oder sonstiges Gutachten) ist esratsam, Einsicht in die Führerscheinakte zu nehmen. Dies ist direkt beider Fahrerlaubnisbehörde möglich. Lassen Sie sich dort Kopien derrelevanten Aktenbestandteile geben. So stellt man sicher, keine Angabenzu machen, die den Kenntnissen der Fahrerlaubnisbehördewidersprechen. Informieren Sie sich außerdem über logischeZusammenhänge und fachliche Erklärungen. So können Sie vermeiden,Angaben zu machen, die unmöglich und unpassend sind.

Bei der Erstellung von rein (fach)ärztlichen Gutachten im Bereich vonDrogenauffälligkeiten legt § 14 der FeV fest, unter welchen Umständen eineärztliche Begutachtung ausreicht, um die Eignungszweifel zu klären.Tatsachen, die im Falle von Cannabiskonsum Eignungszweifel begründen, sindjeweils in eigenen Regelungen der Bundesländer festgehalten. Ein ärztlichesGutachten kann angeordnet werden, wenn

jemand unter Cannabis-Einfluss am Verkehr teilgenommen hat,es Hinweise gibt, dass gewohnheitsmäßiger Cannabiskonsum vorliegt.

Werden polizeiliche Mitteilungen über die Sicherstellung anderer Drogen oderMedikamente an die Fahrerlaubnisbehörde weitergeleitet, kann dies ebenfallsdie Anordnung eines ärztlichen Gutachtens verursachen – auch wenn dieentsprechende Person nicht am Straßenverkehr teilgenommen hat. Da vieleDrogen ein ganz erhebliches Suchtpotenzial haben, besteht hier die hoheWahrscheinlichkeit, dass dauerhafter Drogenkonsum vorliegt, der dieKraftfahreignung grundsätzlich infrage stellt oder ausschließt. In solchenFällen wird deshalb meist direkt die Fahrerlaubnis entzogen.Die rechtlichen Anforderungen, die an ein ärztliches Gutachten gestelltwerden, sind dabei keine anderen als diejenigen, die an ein medizinisch-

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psychologisches Gutachten gestellt werden (siehe Anlage 15 FeV) und sieentfalten auch beide die gleichen verwaltungsrechtlichen Wirkungen. Sieunterliegen jedoch nicht der Qualitätskontrolle durch die Bundesanstalt fürStraßenwesen (BASt).Die Fahrerlaubnisbehörde selbst muss prüfen, ob das Gutachten dengeforderten Qualitätsstandards entspricht. Bei ärztlichen Gutachten fallenimmer wieder deutliche Qualitätsmängel auf. Ursache dafür ist die großeAnzahl an zugelassenen (Fach-)Ärzten, die oft keine ausreichendenverkehrsmedizinischen Kenntnisse oder Erfahrung bei der Erstellung solcherGutachten haben. Kritisch muss angemerkt werden, dass bereits eineeinmalige 2-tägige Weiterbildung den Qualifikationsnachweis (Facharzt „mitverkehrsmedizinischer Qualifikation“) für die Erstellung der ärztlichenGutachten ermöglicht.Bei der Anordnung von ärztlichen Gutachten legt deshalb in vielen Fällen auchgleich die Fahrerlaubnisbehörde fest, wo diese durchzuführen sind. Damit wirdsichergestellt, dass ein ausreichender Qualitätsstandard erreicht wird. DieFahrerlaubnisbehörde beruft sich dabei auf die Fahrerlaubnisverordnung mitdem § 11. Oft werden dabei Ärzte von amtlich anerkanntenBegutachtungsstellen bestimmt, damit das erstellte Gutachten auchanschließend ohne weitere Schwierigkeiten und Reklamationen durch dieBehörde akzeptiert werden kann.

Es ist darauf zu achten, dass der begutachtende Arzt nicht derbehandelnde Arzt sein darf und dass dies im Gutachten ausdrücklichbestätigt wird.

Die Preise für solche ärztlichen Gutachten (nach § 11 FeV) sind – imGegensatz zu den behördlich festgelegten Gebühren bei der MPU – freivereinbar und schwanken deshalb sehr stark zwischen den einzelnen Ärzten.Man sollte nicht jeden Preis akzeptieren. Allerdings sollte man sich aber auchbewusst sein, dass ein extrem günstiges Gutachten unter Umständen auchweniger sorgfältig erstellt wird. In diesem Zusammenhang besteht die Gefahr,dass die Fahrerlaubnisbehörde das Gutachten wegen Qualitätsmängeln nichtakzeptiert.

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Wenden Sie sich im Zweifelsfall an einen der Ärzte derBegutachtungsstellen – sie haben in jedem Fall die notwendigeErfahrung. Fragen Sie die Mitarbeiter der Fahrerlaubnisbehörde odereinen Fachanwalt – sie werden Sie an einen entsprechenden Arztweitervermitteln.

Medizinisch-psychologisches Gutachten

In folgenden Fällen kann (Ermessensentscheidung) die Fahrerlaubnisbehördedie Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anordnen:

Wenn nach Prüfung eines ärztlichen oder eines Gutachtens eines amtlichanerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehrzusätzlich ein medizinisch-psychologisches Gutachten erforderlich ist.Zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von denVorschriften über das Mindestalter für die Erteilung einer Fahrerlaubnis.Bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfungmitgeteilt worden sind.Bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegenverkehrsrechtliche Vorschriften.Bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit demStraßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit demStraßenverkehr stehen.Bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen,insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzialbestehen, oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugsbegangen wurde.Bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn die Fahrerlaubnis wiederholtentzogen war oder der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem dervorgenannten Gründe beruhte.Wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen zuüberprüfen ist.Wenn der Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe Zuwiderhandlungenbegangen hat, die nach den Umständen des Einzelfalls Anlass zu derAnnahme geben, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist

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In folgenden Fällen hat die Fahrerlaubnisbehörde (obligatorisch) dieBeibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen:

Wenn nach dem ärztlichen Gutachten zwar keine Alkoholabhängigkeit,jedoch Anzeichen für Alkoholmissbrauch vorliegen, oder sonst Tatsachen dieAnnahme von Alkoholmissbrauch begründen.Wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unterAlkoholeinfluss begangen wurden.Wenn ein Fahrzeug im Straßenverkehr mit einer Blutalkoholkonzentrationvon 1,6 oder mehr Promille geführt wurde.Bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn die Fahrerlaubnis aus einemder vorgenannten Gründe entzogen war.Wenn sonst zu klären ist, ob Alkoholmissbrauch oder Alkoholabhängigkeitnicht mehr besteht.Bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn die Fahrerlaubnis wegenAbhängigkeit oder Einnahme von Betäubungsmitteln oder missbräuchlicherEinnahme von Arzneimitteln entzogen war.Wenn zu klären ist, ob der Betroffene noch abhängig ist oder – ohneabhängig zu sein – weiterhin Betäubungsmittel oder missbräuchlichArzneimittel einnimmt.Bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn die Fahrerlaubnis wegenErreichens oder Überschreitens der 18-Punkte-Grenze entzogen war.Bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis auf Probe, wenn die Fahrerlaubniswegen innerhalb der verlängerten Probezeit nach Aufbauseminarbegangener weiterer Zuwiderhandlungen entzogen war.

Sachverständigengutachten

Eine 78 Jahre alte Frau verursacht einen Verkehrsunfall. Sie wollte nachrechts abbiegen. Dabei übersah sie eine Fahrradfahrerin, erfasste sie undschleifte das Fahrrad 50 Meter mit. Der Verkehrsunfallanzeige nach konntesie erst durch eine Zeugin zum Anhalten gebracht werden und hatte wedervon dem Zusammenstoß noch von dem verkeilten Fahrrad etwas bemerkt.Das Strafverfahren wegen Verdachts der fahrlässigen Körperverletzungwurde gegen Zahlung eines Geldbetrags eingestellt. Die Staatsanwaltschaftinformierte die Fahrerlaubnisbehörde. Diese ordnete die Durchführung einerFahrverhaltensprobe an.

Bei der Fahrverhaltensprobe wird im Beisein eines Fahrlehrers durch einen

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amtlich anerkannten Sachverständigen oder einen Prüfer für denKraftfahrzeugverkehr eine praktische Fahrprobe im Straßenverkehrdurchgeführt. Diese läuft ähnlich wie eine Fahrerlaubnisprüfung ab.Die Fahrerlaubnisbehörde kann aber auch eine Leistungstestung mit einerFahrverhaltensbeobachtung durch einen Verkehrspsychologen in eineranerkannten MPU-Stelle anordnen. Hier wird eine Reihe definierterVerhaltenskategorien (Spur-, Geschwindigkeits-, Kommunikations- undAbstandsverhalten sowie sicherndes Verhalten und Art derFahrbahnbenutzung) gezielt registriert. Außerdem wird das Fahrverhaltennach weiteren Kategorien (Risiko-, Partner- und Konfliktverhalten,Aufmerksamkeit, Orientierung, Anpassung, Antizipation) beobachtet.

Nehmen Sie zur Vorbereitung ein paar Fahrstunden mit dem Sie späterwährend der Fahrverhaltensprobe begleitenden Fahrlehrer.

Die Notwendigkeit, ein Gutachten eines amtlich anerkanntenSachverständigen oder Prüfers vorzulegen, kann

sich auch aus dem Inhalt eines zuvor eingeholten ärztlichen odermedizinisch-psychologischen Gutachtens ergeben oderzur Klärung der Frage erforderlich sein, ob ein körperlich behinderterFahrerlaubniserwerber eventuell mit besonderen Hilfsmitteln einKraftfahrzeug der von ihm beantragten Fahrerlaubnisklasse sicher führenkann. In diesem Fall könnte die Erteilung einer beschränkten Fahrerlaubnisoder einer Fahrerlaubnis mit Auflagen infrage kommen.

Einverständniserklärung

Jeder schriftlichen Aufklärungsanordnung fügt die Fahrerlaubnisbehörde eineErklärung bei, dass sich der zu Untersuchende damit einverstanden erklärt,sich der angeordneten Begutachtung auf eigene Kosten zu unterziehen. Aufder Erklärung ist die Begutachtungsstelle oder der Gutachter anzukreuzenoder anzugeben, bei wem die Untersuchung stattfinden soll.

Man ist nicht verpflichtet, nur die MPU-Stelle bzw. den Gutachter zubenennen, der von der Fahrerlaubnisbehörde vorgeschlagen wird.

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Kreuzen Sie auf der Einverständniserklärung auf jeden Fall an, dass Sieden Gutachter nicht von seiner Verschwiegenheitsverpflichtungentbinden.

Beide Gutachtenexemplare sollen zunächst einmal zu Ihnen nach Hausegeschickt werden. Keinesfalls soll ein Exemplar direkt an dieFahrerlaubnisbehörde geschickt werden. Sollte nämlich das Gutachten zueinem negativen Ergebnis kommen, nehmen Sie den Antrag auf Neuerteilungder Fahrerlaubnis zurück bzw. lassen sich mit einem Bescheid derFahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis entziehen. Zu gegebener Zeit kanndann ein (neuer) Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis gestellt werden.

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Ablauf und Teilbereiche der MPU

Die Fragestellungen

Die ärztliche und medizinisch-psychologische Untersuchung muss

anlassbezogen,unter Verwendung der von der Fahrerlaubnisbehörde zugesandten Vorgängeüber den Betroffenen undnach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen

durchgeführt werden. Um dies zu ermöglichen, legt die Fahrerlaubnisbehörde– unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Falles – in der Anordnungdes Gutachtens fest, welche Fragen klärungsbedürftig sind. Diese teilt dieBehörde zunächst einmal dem Betroffenen in der Untersuchungsanordnungund dann – nach Einverständnis des Betroffenen mit der Untersuchung – dervon dem Betroffenen ausgewählten Begutachtungsstelle für Fahreignung(MPU-Stelle) mit.Die Anordnung des Gutachtens muss den Sachverhalt, aus dem sich Zweifel ander Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ergeben, in verständlicher Formbeinhalten. Die Fahrerlaubnisbehörde genügt ihrer Mitteilungs- undDarlegungspflicht gegenüber dem Betroffenen nur durch substantiierteDarlegung der Tatsachen, auf denen diese Zweifel beruhen. Die Fragestellungmuss klar, deutlich und so bestimmt formuliert werden, dass der Adressatetwas damit anzufangen weiß und diese auch in Zusammenhang mit demAnlass für die Fragestellung bringen kann.

Beispiele für FragestellungenAusreichend sind z. B.

„Ist der zu Untersuchende trotz der genannten Bedenken und vermutlichaltersbedingter gesundheitlicher Einschränkungen in der Lage, sicher einKraftfahrzeug der Klasse 3 zu führen?“ oder„Ist zu erwarten, dass der zu Untersuchende auch zukünftig unterAlkoholeinfluss fahren wird und/oder liegen als Folge eines unkontrolliertenAlkoholkonsums Beeinträchtigungen vor, die das sichere Führen einesKraftfahrzeugs infrage stellen?“

Wird ein fachärztliches Gutachten verlangt, muss die Fahrerlaubnisbehörde die

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Fachrichtung des Arztes angeben.Die Auflage, ein Gutachten beizubringen und sich untersuchen zu lassen, istnicht gesondert anfechtbar, da es sich um eine bloße Aufklärungsanordnunghandelt.

Ignorieren Sie aber eine nicht den Formalien entsprechendeFragestellung (was genau will die Behörde eigentlich?) nicht einfach!

Wird nämlich auf die Gutachtenanordnung nicht reagiert (also kein Gutachtenvorgelegt), wird ein Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis abgelehnt oderdie Fahrerlaubnis entzogen – Widerspruch und Klage haben hier keineaufschiebende Wirkung. Bis zu einem Widerspruchsbescheid oder einemGerichtsurteil bleibt es bei dem Verlust des Führerscheins.Maßgeblich ist allein der Anlass für eine Gutachtenanordnung: Begründetdieser Zweifel an der Fahreignung oder nicht? Hierauf kommt es an. Dies giltes zu prüfen bzw. rechtlich zu bewerten. Im Übrigen kann dieFahrerlaubnisbehörde die Fragestellung auch im weiteren Verlauf des(Widerspruchs-)Verfahrens anpassen und konkretisieren. Sich einerUntersuchung zu widersetzen ist in den weit überwiegenden Fällenunbegründet!

Ablauf MPU

Nachdem man bei der Fahrerlaubnisbehörde festgelegt hat, bei welcheranerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (BfF) man seine MPUmachen lassen will, wird die Führerscheinakte dorthin gesandt.Die beauftragte BfF legt auf der Basis der Fragestellung(en) der Behörde unddem Akteninhalt fest, welchen Umfang die Untersuchung haben muss. Danachsetzt sich die BfF schriftlich mit dem MPU-Teilnehmer in Verbindung undinformiert ihn über die weitere Vorgehensweise und die Kosten. Meist werdendiesem Schreiben allgemeine Informationsmaterialien zur MPU beigelegt.

Untersuchungskosten und TerminIn der Regel informiert die BfF den MPU-Teilnehmer zunächst darüber, dass diefestgelegten Untersuchungskosten zu entrichten sind und dass er nachGeldeingang zur Untersuchung eingeladen wird. Die Untersuchungskosten sindin der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt) amtlichfestgelegt – sie wird in allen Begutachtungsstellen angewendet.

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Wenn das Einladungsschreiben kommt und der vorgeschlagene Termin nichtwahrgenommen werden kann, vereinbart man telefonisch einenAlternativtermin. Der Termin ist immer nur als Vorschlag zu verstehen. Fallsman aber zu kurzfristig einen Termin absagen muss, kann es jedoch sein, dassAusfallkosten für einbestellte Gutachter berechnet werden, die nichtanderweitig beschäftigt werden können.

Falls Sie plötzlich erkranken oder beruflich verhindert sind, lassen Siesich entsprechende Bestätigungen durch den Arzt oder den Arbeitgebererteilen, um ggf. Zusatzkosten zu verhindern.

Manche Begutachtungsstellen haben kein Vorauszahlungssystem undorganisieren den Geschäftsbetrieb über Barkasse: In solchen Fällen bekommtman sofort den Untersuchungstermin mitgeteilt und bringt den zu zahlendenBetrag bar zur Untersuchung mit. In vielen Stellen ist auch die Zahlung perScheckkarte möglich (bitte vorher abklären).

Falls man einen früheren Untersuchungstermin möchte, setzt man sichmit der Begutachtungsstelle in Verbindung und stimmt sich über diemögliche Vorgehensweise ab: Je nach Träger und Stelle kann manbeispielsweise statt Vorkasse Barzahlung vereinbaren oder absprechen,dass man kurzfristig bei Ausfällen einspringen kann und angerufen wird.

Man geht grundsätzlich einen Werkvertrag nach §§ 157, 242 des BürgerlichenGesetzbuches mit der Begutachtungsstelle ein. Es besteht kein Anspruch aufeinen bestimmten Gutachter. Wie bereits erwähnt: Der untersuchende Arztoder Psychologe darf nicht der behandelnde Arzt oder Psychologe sein. Zudemist in der FeV in Anlage 15 geregelt, dass ein Gutachter einer BfF keinevorbereitenden Maßnahmen für eine MPU oder Kurse zur Wiederherstellungder Fahreignung nach § 70 der FeV durchführen darf.

Formalien vor der UntersuchungAm Untersuchungstag selbst wird in der Regel zunächst eineIdentitätskontrolle mit dem Personalausweis bzw. einem gültigen Passdurchgeführt. Anschließend werden die MPU-Teilnehmer über den Ablauf desUntersuchungstermins informiert und die weiteren notwendigen Dokumentedurchgesprochen und unterschrieben. Dies sind Einverständniserklärung zurVerarbeitung und Speicherung der persönlichen Daten, Vereinbarungen zurZweitschrift des Gutachtens und ggf. Einverständniserklärungen zum Versanddes Gutachtens.

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Die MPU selbst gliedert sich in drei Teilbereiche mit

einer Leistungstestung,der medizinischen Untersuchung unddem verkehrspsychologischen Gespräch.

In der Regel beginnt man mit dem Ausfüllen von Fragebögen, in denen zumeinen die biografischen Daten und zum anderen die bisherigen medizinischwichtigen Dinge erfragt werden: Dies sind Angaben zu gegenwärtigen oderfrüheren Medikamenteneinnahmen, der Krankheitsvorgeschichte,medizinischen Besonderheiten und ob man sich am Untersuchungstag gesundund leistungsfähig fühlt, um an der Untersuchung teilnehmen zu können.Damit sichern sich die Gutachter ab, um bei eventuell schlechtenLeistungstests nicht nachträglich diesen Entschuldigungsgrund akzeptieren zumüssen.

Wenn man sich nicht ausreichend fit und gesund fühlt, muss und sollteman dies spätestens beim Ausfüllen des medizinischen Erhebungsbogensangeben. Bei Befindlichkeitsstörungen sollte man sich nicht der MPUunterziehen. Dies kann sich auf die Leistungsergebnisse negativauswirken.

Bei Alkoholfragestellungen wird man spezifisch nach Störungen undSymptomen befragt, die im Zusammenhang mit dem Alkoholkonsum stehenkönnen. Auch frühere und gegenwärtige Alkoholkonsummengen können undwerden erfragt. Bei Drogen- und Medikamentenkonsum in der Vorgeschichtewerden auch diese Dinge abgefragt. Welche Drogen oder Medikamente hatman wann und wie oft konsumiert?

Es ist sehr wichtig, sich die früheren Trink- bzw. Konsummengen anDrogen/Medikamenten klar zu machen, damit man bei der schriftlichenund mündlichen Befragung genaue und nachvollziehbare Angabenmachen kann.

Leistungsuntersuchung

Die Leistungsuntersuchung ist in der Regel der nächste Schritt in der MPU.Hier werden grundlegende geistige bzw. psychisch-funktionale

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Voraussetzungen überprüft, um am Straßenverkehr ausreichend sicherteilnehmen zu können.Umfang und Art der durchgeführten Tests richten sich nach denFragestellungen der Behörde und den Ergebnissen, die erreicht werden.Gegenwärtig gibt es drei verschiedene Verfahren, die in den BfF eingesetztwerden:

ACT + REACT TESTSYSTEM ART 2020 vom Kuratorium fürVerkehrssicherheit, Wien, und der Firma TBZ, Österreich. Diese Gerätewerden noch in vielen BfF eingesetzt, sie werden aber seit einiger Zeit nichtmehr hergestellt und vertrieben. Die noch vorhandenen Geräte werdennach und nach durch das Wiener Testsystem WTS ersetzt, das alsStandardgerät der Zukunft gilt. Eine anschauliche Demonstration derLeistungstestung am ART2020 kann unter folgendem Link beim TÜV Südangeschaut werden: http://www.tuev-sued.de/fuehrerschein_pruefung/aktuell_informiert/mpu_im_filmWiener Testsystem WTS der Firma Schuhfried. Das WTS ist dasStandardsystem in vielen BfF und wird auch zukünftig seine Position nochstärker ausbauen, da das Testgerät ART 2020 nicht mehr produziert wird.Das WTS ist auch in vielen medizinischen und psychologischen Praxen imEinsatz. Detaillierte Dokumentationen sind auf der Homepage der FirmaSchuhfried zu finden: http://www.schuhfried.at/wiener-testsystem-wts/alle-testverfahren-nach-anwendungsgebieten/verkehr-strasse/Testsystem Corporal von Dr. M. Berg, vertrieben durch die Firma Vistec AG.Dieses Testsystem wird besonders bei den Begutachtungsstellen der DEKRAeingesetzt. Weiterführende Informationen hierzu können über dieHomepage der Firma Vistec recherchiert werden: http://www.vistec-ag.de/frameset_01h.html

Die Aufgabe aller Testsysteme bei der MPU ist, die kraftfahrrelevantenBereiche

der psychischen Belastbarkeit,der Orientierungsleistung,der Konzentrations- und Aufmerksamkeitsleistung sowiedes Reaktionsvermögens

zu erfassen. Zu jedem dieser Bereiche gibt es in der Regel mindestens zweiTests, damit man bei Wiederholungstestungen auf ein zweites Verfahrenausweichen und die Befunde doppelt absichern kann.

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Je nach Fragestellung werden unterschiedlich viele Tests durchgeführt. Bei denStandardfragestellungen werden in der Regel nur zwei bis drei Testverfahrenverwendet. Sind dort die geforderten Werte erreicht, wird der Test beendet.Bei Spezialfragestellungen, die die Leistungsfähigkeit bei den Betroffenen –insbesondere bei körperlichen Erkrankungen – erfassen müssen, wird dagegenentsprechend intensiver und mit mehreren Testverfahren gearbeitet. In denFällen, in denen es um die psychische Mindestausstattung zum Führen vonKraftfahrzeugen geht, kommen ebenfalls Intelligenztests zum Einsatz. Aucheine Reihe weiterer Testverfahren aus den jeweiligen verkehrsrelevantenLeistungsbereichen können eingesetzt werden.

LeistungsmessungErfasst wird die Leistung auf einer Skala von 0 bis 100. Diese Testergebnissewerden „Prozentrangwert“ genannt. Der Prozentrang (PR) gibt an, wie vielProzent einer vergleichbaren Gruppe von Personen – gemessen an derGesamtnorm – schlechtere bzw. gleiche Leistungen erzielt haben. Maximalerreichbar ist ein PR von 100, die schlechteste Leistung erhält den PR 0. Dermittlere Wert (PR 50) spiegelt die durchschnittlich zu erwartende Leistungwider.

Bei Fahrerlaubnisklassen der Gruppe 1 nach den Begutachtungsleitlinien(Pkw- und Motorradfahrer) ist zu fordern, dass in allen eingesetztenVerfahren der Prozentrang 16 erreicht oder überschritten werden muss.Ausnahmen können Grenzwertunterschreitungen sein, wenn sie durchsituationsbedingte Einflüsse erklärt werden können (Ablenkungen,Störungen usw.). Hier wird aber meistens ein Ersatz- oderWiederholungstest durchgeführt.Hiervon kann nur abgesehen werden, wenn in einzelnen Untertests beiAbweichungen nach unten Kompensationsmöglichkeiten gegeben sind undsichergestellt ist, dass eine Mängelanhäufung ausgeschlossen ist.Bei den Bewerbern oder Besitzern der höheren Fahrerlaubnisklassen derGruppe 2 nach den Beurteilungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung (Lkw-und Busfahrer sowie Fahrgastbeförderer) gelten deutlich höhereGrenzwerte. Dort wird gefordert, dass in der Mehrzahl der eingesetztenVerfahren der Prozentrang 33 erreicht oder überschritten werden muss,dass aber der Prozentrang 16 in den relevanten Verfahren ausnahmsloserreicht sein muss.

An Personen, die eine deutlich höhere Verantwortung im Straßenverkehrtragen müssen, werden somit auch deutlich höhere Leistungsanforderungengestellt. Hier ist es auch irrelevant, ob eine Person – gemessen an ihrer

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Altersgruppe – noch eine ausreichende Leistung erbringt. Wichtig zu wissen istdabei aber auch, dass man keine sehr guten Leistungen erbringen muss. Manmuss nur die Mindestanforderungen erreichen, die bei PR 16 liegen. Diesbedeutet, dass nur noch 16 % der Personen in der (Referenz-)Vergleichsgruppe schlechter abschneiden.Wenn man keine Fragestellung im psychischen Leistungsbereich hat –beispielsweise bei körperlichen Erkrankungen, die sich auch auf diese Bereicheauswirken können und insbesondere bei älteren erkrankten Kraftfahrern –,hat die Leistungstestung einen deutlich geringeren Stellenwert in der MPU, alsvon den meisten Personen angenommen wird.Im Bereich von Alkohol- und Drogenfragestellungen können und werdenjedoch schlechte Leistungsergebnisse in die Richtung eines sehr belastendenLangzeitkonsums und der damit verbundenen Auswirkungen interpretiert.Wichtig ist es, sich wegen der Leistungsuntersuchung nicht zu sehr unterStress zu setzen. Andere Dinge sind in der MPU meist sehr viel wichtiger undes gibt zudem Ausgleichsmöglichkeiten bei zu schlechten Leistungstestungen.

Wenn die restlichen Befunde ein positives MPU-Ergebnis ergebenwürden, können schlechte Leistungsergebnisse in der Regel durch einepsychologische Fahrverhaltensbeobachtung ausgeglichen werden.

Ärztlicher Teil

Auch der ärztliche Teil bzw. die medizinische Untersuchung in der MPUgestalten sich je nach Fragestellung unterschiedlich und werden genau auf denjeweiligen Anlass ausgerichtet.Im Rahmen der körperlichen Untersuchung wird der gegenwärtigeGesundheitszustand mit den relevanten Kennwerten erfasst, wiebeispielsweise Gewicht, Herz- und Kreislauffunktionen, Reflexe, Koordinationund Beweglichkeit. Der Untersuchungsumfang wird durch die Fragestellungbestimmt. Dazu kann z. B. auch die Erfassung der Sehleistung gehören mitUntersuchung der Sehschärfe, des Gesichtsfeldes, des Farbsinns und derBlendempfindlichkeit.Bei alkoholspezifischen Fragestellungen wird der Arzt bei der körperlichenUntersuchung besonders die Organsysteme betrachten, bei denenAuswirkungen eines längerfristigen oder akuten Alkoholkonsums zu erwartensind. Dazu gehört

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die Überprüfung von Hautveränderungen sowie von neurologischen undvegetativen Auffälligkeiten sowiedie Untersuchung der Konsistenz und Größe der Leber (durchTastuntersuchung).

Regelmäßig erfolgt eine Blutentnahme zur Bestimmung der relevantenLeberwerte (GOT, GPT und GGT), an denen sich wichtige durch Alkoholbedingte Veränderungen der Leber feststellen lassen. Insbesondere eineisolierte Erhöhung des GGT-Werts kann als typisch für eine durch Alkoholhervorgerufene Leberfunktionsstörung angesehen werden – besonders wennkeine anderweitigen Ursachen bekannt sind.Grundsätzlich gilt für die Bewertung aller körperlichen und laborchemischenAuffälligkeiten, dass alle anderen Ursachen abgeklärt werden müssen, daansonsten eine eindeutige Zuordnung zum Alkoholkonsum nicht erfolgenkann. Dies erfordert allerdings die Mithilfe des MPU-Teilnehmers, der dannNachweise vorlegen muss, dass die diagnostizierten Auffälligkeiten auch ausanderen Ursachen (beispielsweise Erkrankungen aus der Vorgeschichte)resultieren können. Hier muss unbedingt ein entsprechendes medizinischesFachattest vorgelegt werden.

Damit man in der MPU keine unliebsamen Überraschungen erlebt, ist eswichtig, frühzeitig seinen Leberstatus (GOT, GPT, GGT) feststellen zulassen. Bei Auffälligkeiten sollte man mögliche Ursachen abklären, die füreine solche Erhöhung verantwortlich sein können und nicht durchAlkohol bedingt sind. Bitte unbedingt über ein ärztliches Attestbescheinigen lassen.

Falls Alkoholabstinenz über einen längeren Zeitraum belegt werden soll/muss,sind auch mehrere Leberwertkontrollen oft nicht zielführend. Da vielePersonen auch bei sehr hohem Alkoholkonsum normale Leberwerte haben, istauch eine Dokumentation von unauffälligen Leberwerten zu mehrerenZeitpunkten leider kein ausreichender Beleg dafür, dass tatsächlich eineabstinente Lebensweise vorliegt. Eine Ausnahme davon sind Personen, dienachweisen können, dass ihre Leberwerte während einer intensivenAlkoholkonsumzeit erhöht waren. Die Normalisierung der Leberwerte kanndann den Alkoholverzicht verdeutlichen.

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Leberwertdokumentationen sind nur bei vorliegenden früher erhöhtenWerten sinnvoll und effektiv. Ohne Vergleichswerte zeigen sie den gutenWillen des MPU-Teilnehmers, belegen aber nicht die Abstinenz. DeshalbGeld und Zeit sparen.

Gelegentlich lässt sich ein Alkoholverzicht auch über eine kontinuierlicheAbsenkung früher durch Alkohol erhöhter Leberwerte dokumentieren.Entsprechende Kontrollen müssten in einem Abstand von zwei bis dreiMonaten immer wieder wiederholt und bei der MPU vorgelegt werden. DieseKontrollen kann man bei seinem Hausarzt, entsprechenden Laborärzten oderauch bei Begutachtungsstellen vornehmen lassen.Gegenwärtig ist die Erhebung eines spezifischen Alkoholkonsummarkers, derEtG (Ethylglucuronid), bei der Abstinenzdokumentation das Instrument derWahl. Hiermit kann der Konsum von Alkohol bzw. das Einhalten einerAbstinenz nachvollziehbar belegt werden. Das EtG ist ein Abbauprodukt desAlkohols und spezifisch für Alkoholkonsum. In der MPU selbst kann es alsAbstinenzdokumentation jedoch nur in Form einer Haaranalyse für einenZeitraum von drei Monaten eingesetzt werden, wenn die Haare entsprechendlang sind (man benötigt 1 cm pro Monat). Für längere Zeiträume müssenmehrere Haaranalysen erfolgen. EtG-Analysen über den Urin belegen nurpunktuell für einen bestimmten Zeitpunkt, dass kein Alkohol konsumiertwurde. Deshalb wird eine EtG-Analyse auch nicht standardmäßig bei der MPUeingesetzt, sondern nur – je nach Voraussetzungen des Einzelfalls – wo essinnvoll erscheint. Als Kontrollprogramm mit mehreren Erhebungen ist es aberdie beste Methode, um Alkoholabstinenz nachweisen zu können. Allerdingsmuss ein vorgelegtes Kontrollprogramm bestimmte klar formulierte Vorgabenerfüllen und in den Befundmitteilungen nachvollziehbar dokumentiert sein,damit es in der MPU anerkannt werden kann. Die mitgeliefertenAbstinenzbelege werden von den Gutachtern sehr genau auf die Einhaltungdieser Kriterien überprüft – und es ist sehr ratsam, sich dieseDokumentationen nur in Einrichtungen ausstellen zu lassen, die über dasentsprechende Know-how verfügen.Im Bereich der Drogenkonsumenten werden in der medizinischenUntersuchung polytoxikologische Drogentests auf alle gängigenDrogensubstanzen durchgeführt. Dies macht die Tests zwar deutlich teurer, istjedoch wichtig, da bekannt ist, dass viele Drogenkonsumenten verschiedeneDrogenarten einnehmen. Wenn man nur auf die Drogensubstanzen prüfenwürde, die aus der Vorgeschichte bekannt sind, würde man zu vieleKonsumenten übersehen. Um Manipulationen auszuschließen, wird die Abgabe

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des Urins kontrolliert, u. a. damit kein Fremdurin abgegeben wird. Zusätzlichwird der Verdünnungsgrad des Urins erfasst (Kreatininwert), damitsichergestellt ist, dass der Urin auch verwertbar ist.

Abstinenzbelege im Bereich Drogen und Alkohol (EtG) lassen sich auchüber Haaranalysen erbringen. Dies hat den Vorteil, dass man weniger oftzu einer Entnahme- oder Abgabestelle (z. B. BfF) gehen und insgesamtauch weniger Geld investieren muss. Pro Monat Abstinenzzeitraum mussman etwa 1 cm Haarlänge rechnen.

Welche Punkte sind bei den Abstinenzkontrollen zu beachten, die zurMPU vorgelegt werden sollen?

Die Bestimmungen zur Durchführung und Dokumentation derAbstinenznachweise sind in den Beurteilungskriterien, den sog. CTU-Kriterien,festgelegt, die regelmäßig an den neuesten Stand von Wissenschaft undTechnik angepasst werden.Die vorzugelegenden Nachweise müssen bestimmte Vorgaben erfüllen, dierecht speziell sind, aber unbedingt beachtet werden müssen, damit die Belegeauch akzeptiert werden können:

Die Einbestellungen müssen ganz kurzfristig erfolgen, da viele Drogen nurüber einen sehr kurzen Zeitraum im Urin nachweisbar sind. Dies giltübrigens auch für Alkoholabstinenzkontrollen über EtG im Urin. Hier ist esnotwendig, dass die Urinabgabe – nachvollziehbar dokumentiert –spätestens am Folgetag der Einbestellung (Anruf oder Posteingangentsprechend Vertrag zum Programm) erfolgt und die Termine nichtvorhersehbar sind.Zu Beginn des Nachweisprogramms müssen mit den Teilnehmern derKontrollzeitraum mit der Anzahl der Kontrollen sowie die Verfügbarkeit desTeilnehmers festgelegt und gesichert sein. Klare und nachvollziehbareVerhaltensregeln bei Abwesenheit müssen definiert werden (z. B. Meldungvon Urlaubszeiten, Schichtplänen usw.), sodass eine Einbestellung auchumgesetzt werden kann.Auch dürfen von der letzten Kontrolle bis zur MPU keine langen Zeiträumeohne Kontrollen vorliegen, da hierdurch die „lückenlose“Abstinenzdokumentation infrage gestellt wird. Die generelle Verfügbarkeitfür die Kontrollen darf nicht länger als sechs Wochen unterbrochen werden.Bei Nichterscheinen zu den Abgabeterminen müssen die

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Entscheidungsgründe (wie akute Erkrankungen, Unabkömmlichkeit von derArbeit usw.) glaubhaft attestiert werden.Bei den Urintests muss gewährleistet und dokumentiert sein, dass eineIdentitätskontrolle der Urin abgebenden Person durchgeführt und dieUrinabgabe unter Sichtkontrolle erfolgt.Es dürfen nur Labore zur Analyse eingesetzt werden, die für forensischeZwecke nach DIN ISO EN 17025 zugelassen sind. Billige Schnelltests, dieeine zu hohe Fehlerquote haben, dürfen hier nicht eingesetzt werden undwerden nicht anerkannt. Nur entsprechend zertifizierte Labore sind in derLage, auch schwierigere Fragestellungen und Einwendungen fachgerecht zubearbeiten bzw. bei der Interpretation zu berücksichtigen.Wichtig ist auch die richtige Mindestanzahl an Kontrollen – ohne längerePausen zwischen den Kontrollen. Bei Alkohol- und Drogenkontrollen mitUrin sind dies vier Kontrollen innerhalb von sechs Monaten und mindestenssechs Kontrollen innerhalb von zwölf Monaten.Sehr wichtig ist es außerdem, die Länge des notwendigenAbstinenzzeitraums einzuhalten, der in der MPU gefordert ist. Die Länge desZeitraums ist abhängig vom Ausmaß der Problematik des Einzelfalls undsollte vorher mit fachkompetenter Unterstützung (z. B.Verkehrspsychologe) abgestimmt werden. Bei Cannabis-Konsum kann esunter Umständen ausreichen, etwa ein halbes Jahr Abstinenznachzuweisen. Bei allen anderen Drogen wird eine einjährige Abstinenzgefordert. Im Fall von Alkoholmissbrauch kann ein halbes Jahr ausreichen,bei schwerwiegenden Alkoholproblemen ist zumeist ein Jahr Abstinenznotwendig.Im Rahmen von Abstinenzkontrollprogrammen müssen die Teilnehmer aufmögliche Verfälschungen der Laborergebnisse (beispielsweise bei Konsumvon Mohnsamen oder bei Aufenthalt in Räumen mit Cannabisrauch in derUmgebungsluft) hingewiesen und zu entsprechenden vorsorglichenVerhaltensweisen (Vermeidung) aufgefordert werden. Auch das Bleichenvon Haaren ist hier problematisch und kann dazu führen, dass keineHaaranalyse durchgeführt werden kann.Bei Alkoholabstinenzkontrollen müssen die Teilnehmer auf den notwendigenVerzicht auf alle alkoholhaltigen Lebensmittel, Medikamente undMundhygienemittel sowie auf das sog. alkoholfreie Bier (das z. T. immernoch Alkohol enthält) hingewiesen werden, damit falsche Analyseergebnisseausgeschlossen werden können.Die Abgabe einer Urinprobe muss unter direkter Sicht eines Arztes oderverantwortlichen Toxikologen erfolgen, damit Fälschungsmöglichkeiten

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ausgeschlossen sindBei entsprechend anerkannten Institutionen kann nach erfolgtemErstkontakt mit einem Arzt/Toxikologen auch eingewiesenes undautorisiertes Personal mit geeigneter Fachausbildung einbezogen werden.Bei Haarproben werden unmittelbar über der Kopfhaut im Bereich desHinterhauptes mindestens zwei Haarbüschel von der Stärke eines Bleistiftsabgeschnitten.Für den Versand und die Lagerung der Haar- sowie der Urinproben sindgenaue Vorgaben und Regelungen vorgegeben und müssen entsprechendeingehalten werden.

Die Dokumentation der Abstinenznachweise, die nach Abschluss desProgramms auch in einem zusammenfassenden Endbericht erfolgen kann,muss die einzelnen Analyseergebnisse zu den jeweils untersuchtenStoffgruppen enthalten, wie auch den Untersuchungsauftrag mit dem Umfangder vereinbarten und durchgeführten Kontrollen sowie die eingesetztenAnalysemethoden mit den Bestimmungsgrenzen. Weiter müssen auchentsprechende Hinweise auf durchgeführte Identitäts- und Sichtkontrolle beider Urinabgabe sowie der Einhaltung der fristgerechten Abgabe undEinbestellungszeiten dargestellt sein, wie auch die notwendige Akkreditierungfür forensische Zwecke und die Originalunterschrift der durchführenden Stelle.

Auf den Punkt gebracht

Bei Abstinenzbelegen, die zur MPU mitgebracht werden, ist sehr genau aufdie Qualität und die Einhaltung wichtiger Kriterien zu achten, damit dieBelege akzeptiert werden. Das bedeutet meist einen höheren Preis, da vieleorganisatorische Vorgaben erfüllt sein müssen. Sparen Sie nicht an derfalschen Stelle: Es zahlt sich nicht aus, wenn die Belege in der MPU nichtanerkannt werden.Um Zeitverluste zu vermeiden ist es außerdem wichtig, so schnell wiemöglich mit dem Nachweis der Alkohol-, Drogen- oderMedikamentenabstinenz zu beginnen.

Verkehrspsychologischer Teil

Der zentrale Bestandteil der verkehrspsychologischen Untersuchung ist daspsychologische Gespräch, die sog. Exploration. Sie stellt in den überwiegendenFällen die Weichen, wie das Ergebnis der MPU ausfallen wird. Insbesondere bei

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den Hauptfragestellungen Alkohol, Drogen, Verkehrsauffälligkeiten und dieKombinationen daraus kommt es zentral darauf an, dass man nicht nur dieentsprechenden Dokumentationen zu Abstinenzzeiträumen vorweisen kann,sondern dass die eingehaltenen Zeiträume oder die vorgenommenenVerhaltensänderungen auch in der Zukunft von Dauer sein werden.Mit der psychologischen Befragung werden je nach Fragestellung auf derGrundlage einer ausgefeilten Hypothesenstruktur die relevanten Bereichedurchgesprochen und gemäß der insgesamt 76 Kriterien, die den einzelnenHypothesen unterlegt sind, bewertet und eingeordnet. Der psychologischeGutachter stuft zusammen mit dem ärztlichen Gutachter in der Bewertung dereinzelnen Befunde – insbesondere bei Alkohol- und Drogenfällen – dieSchwere der Problematik ein. Je nach Bewertung des Ausmaßes derProblematik ergeben sich dann unterschiedlich umfassende Vorgaben zurProblemlösung. Danach wird eine Einschätzung darüber abgegeben, wie hochdie Wahrscheinlichkeit ist, dass der Betreffende im Straßenverkehr wiederauffällig wird.Im Alkoholbereich stuft sich die Problemeinschätzung folgendermaßen ein:

Alkoholabhängigkeit mit der Notwendigkeit der Alkoholabstinenz(Hypothese A1)Schwerwiegende Alkoholproblematik mit der Notwendigkeit desAlkoholverzichts (Hypothese A2)Alkoholgefährdung mit der Notwendigkeit des dauerhaft kontrolliertenAlkoholkonsums (Hypothese A3)Keine Alkoholgefährdung, aber Notwendigkeit eines stabilenTrennvermögens zwischen Alkoholkonsum und Fahren (Hypothese A4)

Je nach gutachterlicher Zuordnung müssen entsprechende Zeitendokumentiert sein, in denen die Vorgaben erfüllt werden, um von einerausreichenden Stabilität der Verhaltensänderung ausgehen zu können.

Bei Abhängigkeit (Hypothese A1) muss beispielsweise eine einjährigeAbstinenz über sechs EtG-Urinanalysen oder vier Haaranalysen mit jeweilsdreimonatigem Abstand erbracht werden.Bei der Hypothese A2 (Alkoholverzicht) muss mindestens sechs Monate einAlkoholverzicht nachvollziehbar belegt sein. Bei EtG-Urinkontrollen werdenvier erwartet und bei Haaranalysen genügen zwei, wenn jeweils einZeitraum von drei Monaten erfasst werden konnte.Im Bereich der Hypothese A3 sind keine Abstinenznachweise mehrnotwendig. Es muss jedoch glaubhaft gemacht werden, dass nur noch ein

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reduzierter und kontrollierter Alkoholkonsum stattfindet. Hier können dannje nach Befundkonstellation auch Leberwerte hilfreich sein.Im Bereich des Trennvermögens (Hypothese A4) müssen die Fähigkeit undder Wille deutlich werden, diese Trennung dauerhaft umzusetzen.

Entscheidende Voraussetzung für eine günstige Prognose ist jedoch dieangemessene Problembearbeitung bei den Betroffenen, die in derpsychologischen Exploration überprüft wird. Ohne dieses „Fundament“ kannaus gutachterlicher Sicht und gemäß den Beurteilungskriterien keinedauerhafte Verhaltens- und Einstellungsänderung erfolgen, die die Grundlagefür eine dauerhafte Bewährung darstellt.Der psychologische Gutachter fragt deshalb intensiver nach denBeweggründen und nach den Ursachen für das frühere Problemverhalten:

Hat der Betroffene die richtigen Schlussfolgerungen gezogen und seinefrüheren Motive ausreichend erkannt?Hat er die richtigen Änderungsschritte unternommen?Wie geht er mit Risiko- und Verführungssituationen um? Hat er hierfür dierichtigen Handlungsalternativen entwickelt und auch schon erfolgreicherprobt?Wie lange setzt er das neue Verhalten bereits erfolgreich um?Wie geht er mit zwischenzeitlich eingetretenen Misserfolgen um? Etc.

Beim Durchsprechen dieser Punkte achtet der Gutachter besonders darauf,dass die Angaben in der Exploration auch gutachterlich verwertbar sind – siesind nur verwertbar, wenn sie auch glaubhaft sind. Wenn die Angaben nichtglaubhaft sind, können sie für den Betroffenen im Gutachten auch nichtentlastend wirken. Das gleiche Problem entsteht, wenn sich Betroffene zu denProblemthemen aus der Vergangenheit nicht mehr oder nur noch sehrallgemein und oberflächlich äußern wollen. Auch dann kann ein Gutachter fürden Betroffenen keine positiven Argumente einbringen und die bestehendenEignungszweifel nicht entkräften.Die Glaubhaftigkeit der Angaben wird vom Gutachter permanent geprüft,indem er verschiedene Prüftechniken anwendet:

Konkret wird hier nach den Trinkmengen gefragt, die ja nicht direkt ausdem gemessenen Blutalkoholgehalt bei der Alkoholfahrt abgeleitet werdenkönnen. Falls der Betreffende jetzt versucht deutlich zu machen, dass ervom Alkohol doch gar nichts gespürt habe und nur deshalb gefahren sei, istdas nicht hilfreich. Im Gegenteil: Bei den oft sehr hohen Promillewerten wird

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sogar noch deutlicher, wie hoch die Alkoholgewöhnung sein musste, wennselbst hohe Trinkmengen nicht mehr ausreichend wahrgenommen werden.

Auch die Angaben zu den früheren Alkoholkonsumgewohnheiten sind oft wenignachvollziehbar, wenn man die hohen Promillewerte betrachtet, die erreichtwurden. Auch wenn man vor der Entdeckung noch sehr weit gefahren ist,spricht das oft für eine erhebliche Alkoholgewöhnung und ein „Trinktraining“,das nicht zu den Angaben zu den früheren Trinkgewohnheiten passen kann.

Hohe Promillezahlen sind immer Ausdruck eines regelmäßigen undintensiven Alkoholkonsums, der ja auch die Anordnung einer MPUbegründet.

Die angegebenen früheren Konsummengen liegen oft ganz erheblich niedrigerals die tatsächlich konsumierten Mengen, die für eine solcheAlkoholgewöhnung notwendig sind. Die Betroffenen möchten damitverdeutlichen, dass das Alkoholproblem doch gar nicht so groß sei, und dassman ein Führerschein- und kein Alkoholproblem habe. Dies ist natürlich keinegute Grundlage dafür, die eigenen Konsumgewohnheiten umfangreich zuändern. Solche Verhaltensänderungen sind aber notwendig, um eine deutlichreduzierte Rückfallwahrscheinlichkeit zu erreichen.

Bei der MPU ist es sehr wichtig, die Trinkmenge vor der Alkoholfahrtrealistisch zu beschreiben. Hier empfiehlt es sich, Nachberechnungenanzustellen und sich gut vorzubereiten.

In der Literatur wird auf die Widmark-Formel Bezug genommen, die allerdingsbei größeren Trinkmengen ungenau wird.Auch die Abbauzeiten bei längeren Trinkzeiten müssen berücksichtigt werden.Es empfiehlt es sich, die Berechnungsseite des TÜV Süd (TÜV SÜD Bar) zubenutzen, um sich einen Eindruck der Mengen zu verschaffen:http://www.tuev-sued.de/fuehrerschein_pruefung/aktuell_informiert/tuev_sued_barOft geben die Betroffenen an, ihr Verhalten maßgeblich geändert zu haben.Hier kommt es darauf an, zu klären, ob diese Änderungen tatsächlichvollzogen oder nur zeitweise im Hinblick auf die bevorstehende MPUumgesetzt wurden. Wenn der Betroffene beispielsweise von einer „Trinkpause“statt von einem dauerhaften „Alkoholverzicht“ spricht, darf angenommenwerden, dass noch keine ausreichende Überzeugung vorliegt, dass dasVerhalten dauerhaft geändert werden muss.

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Aus der Darstellung der Betroffenen kann übrigens recht gut zwischentatsächlich erlebten oder nur berichteten Veränderungen unterschiedenwerden. Allein aus den Beschreibungen solcher Änderungen ergeben sich ofteine Reihe von Hinweisen auf eine nur geringe Glaubhaftigkeit, wenn nur sehrallgemeine und wenig detailreiche Angaben gemacht werden. Auf Nachfragewird dann immer noch wenig konkret und ausweichend geantwortet undzudem noch wenig spontan und direkt.Auch unrealistische Erfahrungen mit dem Umsetzen von wichtigenVeränderungen lassen am Wahrheitsgehalt von Äußerungen in der MPU-Exploration schnell Zweifel aufkommen.

Wenn jemand behauptet, er hätte sein jahrelang praktiziertesgewohnheitsmäßiges Trinkverhalten problemlos von heute auf morgengeändert, ist das nicht realistisch. Wenn darüber hinaus noch berichtet wird,dass auch die früheren Trinkkollegen diese Verhaltensänderung superfinden und sie ihn dabei auch noch unterstützen, selbst aber weiterhintrinken, lässt auch das Zweifel an der Glaubwürdigkeit aufkommen. SolcheErlebnisse sind wenig realistisch und dienen meist nur dem Zweck, deutlichzu machen, dass jetzt alles wieder im Lot sei.

Hier gibt es für die psychologischen Gutachter eine Vielzahl vonAnknüpfungsmöglichkeiten, wobei die Grundtechnik dabei immer die ist, dieeinzelnen Problemfelder sehr genau und detailliert zu erfragen. Treten dannwiederholt Inkonsistenzen und wenig nachvollziehbare Antworten zutage,verdichtet sich das Bild eines unrealistisch geschönten Antwortverhaltens. Dieskann dann nicht mehr als selbstkritische und angemessene Aufarbeitung derProbleme bewertet werden kann. Einzelne Antworten, die der Gutachterkritisch hinterfragen könnte, können immer einmal auftreten. Durch dieWiederholung und die hohe Anzahl der kritischen Punkte wird das Bild imSinne eines immer deutlicher werdenden Mosaiks jedoch so konkret, dass dieGlaubwürdigkeit verloren geht.Die wichtigsten Punkte einer verkehrspsychologischen Exploration kann manin einem Stufenmodell darstellen:

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Liegt ausreichende Offenheit mit realistischen Angaben zu den Umständen undden Hintergründen der Vorgeschichte vor, kann die Glaubwürdigkeitangenommen werden – und die nächste Stufe hin zu einer positiven Prognoseist erklommen. Sie ist aber auch gleichzeitig das notwendige Fundament fürdie weiteren Punkte, da ohne diese Offenheit und Glaubhaftigkeit keinepositive Prognose möglich ist. Die zweite Stufe ist die Problemeinsicht, diegegeben sein muss. Darauf aufbauend müssen die richtigen und adäquaten, d.h. angemessenen Änderungsschritte und Maßnahmen vollzogen worden sein.Die letzte Stufe ist dann die Stabilität der Veränderung, die über einenangemessen langen Zeitraum erfolgreich erprobt und erreicht wurde.

Offenheit und Wahrheit sind der Weg zum Erfolg – taktischeÜberlegungen und Beschönigungen sind oft Fallstricke. Die Gutachterinterpretieren dies als unkritische und unzureichendeAuseinandersetzung mit der Schwere der Problematik – und kommendann häufig zu einer negativen Einschätzung.

Auch die Stabilität der Änderungen ist in vielen Fällen ein entscheidendesProblem. Da die Betroffenen sehr auf ihren Führerschein angewiesen sind,kommen sie unter Umständen „zu früh“ zur MPU und reduzieren damit ihreErfolgsaussichten.

Zeiten der Stabilisierung sind oft sehr wichtige Voraussetzungen für einepositive Bewertung. Deshalb nicht zu früh zur MPU gehen, sich vorhereingehend informieren und den richtigen Zeitpunkt mit Fachleutenabstimmen.

Die Struktur einer psychologischen Exploration kann bei den gängigen

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Alkohol- und Drogenfällen wie folgt gegliedert werden:

VorbereitungsphaseVorstellung und Information über die Hintergründe, Funktion, Ziele und denZweck sowie Inhalt des Gesprächs.

Schilderung der relevanten Daten der VorgeschichteDer MPU-Teilnehmer beschreibt aus seiner Sicht die Ursachen undHintergründe der Auffälligkeiten, die zur MPU-Anordnung geführt haben. Dempsychologischen Gutachter liegt die Fahrerlaubnisakte vor und er besprichtderen Inhalte mit dem Betroffenen. Hierbei stellt er Fragen zu denVorkommnissen und den Darstellungen durch z. B. Polizei oder Zeugen undgeht insbesondere auf die Dinge ein, die beurteilungsrelevant sind.Auch Inkonsistenzen und Widersprüche bei den Angaben des Betroffenen undden Akteneintragungen werden thematisiert: Hier sind die Umstände derAlkohol- oder Drogenfahrten mit den Konsummengen und -motiven relevant.Warum kam es zu den Ereignissen? Warum entschied sich der Betroffene,dennoch zu fahren? In welchem Zustand befand er sich? Usw.

Befragung zum früheren und jetzigen KonsumverhaltenBei den Alkohol- und Drogenfragestellungen wird insbesondere das frühereKonsumverhalten erfragt und besprochen sowie die früheren Konsummotive.Wie hat sich der Konsum über die Jahre entwickelt oder verändert?

Befragung zu seither eingetretenen VeränderungenWie wurde die Vorgeschichte verarbeitet und welche Vorsätze und Zielewurden seither gefasst und umgesetzt? Was sind die Motive derVeränderungen und was hat sich seither genau verändert? Konkrete Erlebnisseund Erfahrungen werden erfragt und die Reaktionen des Umfeldes darauf. Wielange wurden die Änderungen bereits umgesetzt und wie will man zukünftigweitermachen?

Abschluss der Exploration mit SachstandsmitteilungDer Gutachter gibt aus der Summe der einzelnen Befunde und Bewertungenein Zwischenergebnis mit seinem gegenwärtigen Sachstand – natürlich nurunter Vorbehalt, da anschließend noch Laboruntersuchungen odernachgereichte Befundberichte oder sonstige Stellungnahmen in das endgültigeErgebnis einfließen. In den Fällen, in denen ein negatives Ergebnis feststeht,können auch allgemeine Empfehlungen und Hinweise zum weiteren Vorgehengegeben werden.

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Kursempfehlungen nach § 70 der FeV

Werden in den Hypothesen

A3 (Alkoholgefährdung mit der Notwendigkeit des dauerhaft kontrolliertenAlkoholkonsums) undA4 (keine Alkoholgefährdung, aber Notwendigkeit eines stabilenTrennvermögens zwischen Alkoholkonsum und Fahren)

Defizite deutlich, haben die Gutachter die Möglichkeit, die Teilnahme anSpezialkursen zu empfehlen. Dies geschieht vor allem dann, wenn dieEntwicklung und Verarbeitung des Problemverhaltens ein Mindestniveauerreicht hat, sodass erwartet werden kann, dass durch die erfolgreicheTeilnahme an solchen Spezialkursen die Fahreignung wiederhergestellt wird.Die Kurse sollen Defizite, die insbesondere in der Problemaufarbeitung und inder konsequenten Umsetzung der Vermeidungsstrategien liegen, aufarbeiten.Die Kurse sind in der Fahrerlaubnisverordnung in § 70 näher beschrieben unddienen der Wiederherstellung der Fahreignung – es gibt sie zu den BereichenAlkohol und Drogen. Die Kurse unterliegen genauso wie die MPU intensivenÜberwachungsvorgaben und werden durch die Bundesanstalt fürStraßenwesen BASt geprüft und überwacht (auditiert). Auf der Homepage derBASt können die gegenwärtig zugelassenen Kurse mit den jeweiligenAnbietern eingesehen werden: http://www.bast.de (dort unter„Qualitätsbewertung“ und dann „Begutachtung“).Diese Kurse haben alle ein aufwendiges Prüfungsverfahren durchlaufen undmüssen ihre Geeignetheit mit wissenschaftlichen Gutachten unter Beweisstellen. Ihre Wirksamkeit muss jeweils mit erfolgreichen Studien zurBewährung der Teilnehmer im Straßenverkehr belegt werden. Nach 15 Jahrenwerden diese Studien wiederholt und so der Status als Kurs nach § 70 der FeVaufrechterhalten.Da das Gutachten ja eine negative Prognose beinhaltet, müsste eigentlich eineerneute MPU gemacht werden, um ein positives Gutachten zu erhalten. Aberdadurch dass die Kursempfehlung im Gutachten steht, hat man dieMöglichkeit, in einem überschaubaren zeitlichen Rahmen die Fahrerlaubnisdoch noch zu erhalten – ohne erneute MPU.Die Fahrerlaubnisbehörde muss einer solchen Teilnahme zustimmen. NachVorlage der Teilnahmebescheinigung erhält man eine neue Fahrerlaubnis.

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Der Besuch dieser Kurse hat den Vorteil, dass nach einer erfolgreichenTeilnahme die Fahrerlaubnis wieder (neu) erteilt wird, ohne dass maneine erneute MPU machen muss.

Fahrverhaltensbeobachtung

Liegen nach der Leistungsuntersuchung in der MPU noch Befunde vor, dieweiterhin Zweifel an der Fahreignung begründen, kann eine psychologischeFahrverhaltensbeobachtung durchgeführt werden: Der Betroffene kann damitzeigen, dass er im Straßenverkehr doch noch über ausreichendeFahrkompetenz verfügt.Die Fahrverhaltensbeobachtung findet in einem Fahrschulauto im Beisein einesFahrlehrers statt, der für die Sicherheit der Fahrverhaltensbeobachtungverantwortlich ist. Daneben bewertet ein psychologischerFahrverhaltensbeobachter das Fahrverhalten unter besondererBerücksichtigung der festgestellten Defizite in der Leistungstestung. DerUnterschied zu einer normalen Fahrerlaubnisprüfung ist hier, dass weniger aufdie Einhaltung und Kenntnis der Verkehrsregeln und -zeichen geachtet wird,sondern beobachtet wird, ob die festgestellten Leistungseinbußen in denBereichen

psychische Belastbarkeit,visuelle Orientierung,Aufmerksamkeit und Konzentration sowieReaktionsvermögen

im Straßenverkehr deutlich erkennbar sind oder noch ausreichendkompensiert werden können. Dazu werden fest definierte Fahrsituationenangesteuert, die genau diese psychischen Leistungsbereiche beanspruchen undgut geeignet sind, Leistungseinbußen aufzudecken.

Bereiten Sie sich auf solche Fahrverhaltensbeobachtungen gut vor undglauben Sie nicht, dass Sie nach 20 oder 30 Jahren Fahrroutine solchenHerausforderungen jederzeit gewachsen sind. Die Leistungsdefizite in derMPU kommen nicht von ungefähr und eine gründliche Vorbereitung istunbedingt anzuraten.

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Abschluss der Untersuchung und Gutachten

Das Gutachten wird im Anschluss an den Untersuchungstag erstellt und dreibis vier Wochen nach Eingang der letzten ausstehenden Befunde versandt. Beischneller Bearbeitung kann es auch innerhalb von 14 Tagen vorliegen.

Brauchen Sie Ihre Fahrerlaubnis dringend, empfiehlt es sich, sich mitallen Beteiligten intensiv abzustimmen – angefangen bei denGutachtern, über die Mitarbeiter der BfF und der Fahrerlaubnisbehörde–, und die Dringlichkeit der Erteilung aufzuzeigen. Bei gutem Willenkann man hier zu sehr guten Ergebnissen und Lösungen kommen.

Das Gutachten selbst wird zumeist auf kopiergeschütztem Papier gedruckt undhat in etwa folgende Struktur:

I. Anlass und Fragestellung(en) der UntersuchungII. Überblick über die Vorgeschichte

AktenübersichtBegründung der EignungsbedenkenVoraussetzungen für eine günstige Prognose

III. Untersuchungsbefunde

Verkehrsmedizinische UntersuchungsbefundeVerkehrspsychologische Untersuchungsbefunde

IV. Bewertung der BefundeV. Beantwortung der Fragestellung

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Verfahrensrechtliches zur MPU

Kann die MPU-Anordnung angefochten werden?

Die Auflage, ein ärztliches oder medizinisch-psychologisches Gutachtenbeizubringen und sich untersuchen zu lassen, ist als bloßeAufklärungsanordnung nicht anfechtbar. Bei einer solchen Anordnung handeltes sich um eine rein vorbereitende Maßnahme zukünftigenVerwaltungshandelns, nicht um einen Verwaltungsakt. Dem Betroffenen stehtes frei, der Anordnung Folge zu leisten. Die Anordnung selbst kann nichtvollstreckt werden.Die Anordnung eines Gutachtens kann nur zusammen mit eineranschließenden ablehnenden Entscheidung angefochten werden. Für den Falleiner Weigerung, der Untersuchung Folge zu leisten, kommt es entweder zurVersagung einer neuen Fahrerlaubnis oder zur sofortigen Entziehung der(noch im Besitz befindlichen) Fahrerlaubnis.

Wann ist ein MPU-Gutachten mangelhaft?

Kommt es zu einem negativen Gutachten, stellt sich für den Betroffenenzunächst die Frage, ob das Gutachten nicht schlicht und ergreifend „falsch“ ist.Wird ein Gutachter mit der Erstellung eines MPU-Gutachtens beauftragt,kommt ein Werkvertrag zustande. In der Regel wird hieraus aber keinbestimmtes Ergebnis geschuldet. Vielmehr ist der Gutachter nach diesemWerkvertrag verpflichtet, zu überprüfen und zu begutachten, ob derAuftraggeber z. B. zukünftig ein Kraftfahrzeug unter Alkohol führen wird oderob die Gewähr besteht, dass er zukünftig nicht gegen verkehrsrechtlicheVorschriften verstoßen wird.In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Begutachtung einePrognose darstellt, die besonders dort, wo sie Aussagen zur Rückfallgefahr desProbanden trifft, eine bloße Wahrscheinlichkeitsaussage macht, die niemalsabsolut falsch oder wahr sein kann.Ein Gutachten kann allerdings dann mangelhaft sein,

wenn Fehler bei der Sammlung von Fakten aufgetreten sind,wenn falsche Voraussetzungen für eine positive Eignungsprognose zugrundegelegt wurden,

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wenn allgemein anerkannte Bewertungsgrundsätze nicht beachtet wurdenoderwenn sachfremde Erwägungen ausschlaggebend waren.

Da sich die MPU-Stelle die Kosten für die Begutachtung stets im Voraus zahlenlässt, müsste sie der Untersuchte von der Begutachtungsstellezurückverlangen – ggf. im Wege einer Klage vor dem Amtsgericht. Hier müssteder Kläger nachweisen, dass ihm ein Schadenersatzanspruch zusteht, da dasGutachten nicht die vereinbarte bzw. gewöhnliche Beschaffenheit hat. Da demGutachter ein nicht zu eng zu bemessender Spielraum für seine Beurteilungeingeräumt wird, die Prüfungssituation nicht rekonstruierbar ist und sich dieEntscheidungsfindung im subjektiven Bereich des Sachverständigen abspielt,ist eine Anfechtung des Gutachtens in der Praxis unmöglich. Mangelhaftigkeitdürfte anzunehmen sein, wenn der Gutachter von einer falschen Vorgeschichtedes Untersuchten wie z. B. zwei statt einer Trunkenheitsfahrt ausgeht. Allesandere ist nicht überprüfbar.Auch an dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass der Weg, ein Gutachten aufdessen Mangelhaftigkeit überprüfen zu lassen, kein geeignetes Mittel darstellt,um die Fahrerlaubnis zu behalten oder neu zu erhalten. Die behaupteteMangelhaftigkeit des Gutachtens und ein hierüber geführter gerichtlicherRechtsstreit hindert die Fahrerlaubnisbehörde nicht, das Gutachten für dieEntscheidung über die Neuerteilung oder Entziehung der Fahrerlaubnis zuverwenden.

Kommt es zu einem negativen Gutachten, darf es regelmäßig nicht zurFahrerlaubnisbehörde gelangen. Das Gutachten wird sonst Bestandteilder Fahrerlaubnisakte und bei jeder erneuten Begutachtungherangezogen. Der neue Gutachter wird mit den dort gemachtenAngaben und Ausführungen arbeiten und negative Bestandteilethematisieren.

In den uns bekannten negativen Gutachten wurden von den zuUntersuchenden oft widersprüchliche Angaben gemacht.

Beispiele für widersprüchliche Angaben

Zur Frage des heutigen Umgangs mit Alkohol gibt der Betroffene imRahmen der medizinischen Untersuchung an, dass er zukünftig kontrollierttrinken wolle. In der psychologischen Exploration sagt er dagegen, inZukunft überhaupt nicht mehr trinken, also abstinent leben zu wollen.Der Betroffene behauptet, seit dem Vorfall nichts mehr getrunken zu

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haben, ein paar Seiten später findet man aber die Angabe, an Silvester(nach dem Vorfall) etwas getrunken zu haben.

Derartige Gegensätze und Widersprüche werden kritisch gesehen. Im Weiterenerwarten die Gutachter auf bestimmte Fragen Antworten, die derenErfahrungen entsprechen: Wer zum Beispiel die Frage nach Reaktionen vonFreunden auf den vollständigen Alkoholverzicht beantwortet mit „die sagengar nichts dazu“ lässt den Psychologen vermuten, dass der zu Untersuchendediese Situation gar nicht erlebt hat. Schließlich kommt doch bei den meistenEssen/Zusammentreffen die Frage nach Alkoholkonsum auf. Einemkategorischen Verzicht auf Alkohol folgen im Allgemeinen Nachfragen nachGründen. Wer das so nicht schildert, dem werden nicht wahrheitsgemäßeAngaben unterstellt. Und das bedeutet in den weit überwiegenden Fällen, dasseine günstige Beurteilung der Eignungsfrage nicht möglich sein wird.

Können die Gutachtenkosten erstattet werden?

In der Fahrerlaubnisverordnung ist geregelt, dass sich der Betroffene auf seineKosten der Untersuchung zu unterziehen hat. Das gilt auch dann, wenn sichnach Einholung des Gutachtens herausstellt, dass die Fahreignungszweifelnicht oder nicht mehr bestehen.Dem Betroffenen stellt sich dann unter Umständen die Frage, ob dieAufforderung zur Gutachtensbeibringung rechtmäßig gewesen ist. Das dürfteaber eine rein theoretische Frage sein. Uns ist kein Fall bekannt, in dem dieGutachtenanordnung nicht rechtmäßig war, da es zum einen eine Vielzahl vonGründen für Eignungszweifel gibt, die für eine Anordnung sprechen. Zumanderen entspricht es ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung, dasses nicht darauf ankommt, ob ein hinreichender Anlass für eine angeordneteEignungsbegutachtung besteht. Hat sich der Betroffene einer Begutachtunggestellt und liegt der Behörde das Gutachten vor, ist dies eine neue Tatsache,die selbstständige Bedeutung hat und der Entscheidung über die Entziehungder Fahrerlaubnis zugrunde gelegt werden kann.Mit anderen Worten: Sollte die Fahrerlaubnisbehörde tatsächlich eine„Nichtigkeit“ zum Anlass für eine Gutachtenanordnung genommen haben,sollte diese also rechtswidrig gewesen sein, durch das Gutachten ergibt sichaber eine krankheitsbedingte Fahruntauglichkeit oder aufgrund desExplorationsgesprächs mit dem Psychologen kann eine Eignung zum Führenvon Kraftfahrzeugen nicht (mehr) angenommen werden, wurde so eineTatsache geschaffen, die dann ein Eingreifen der Fahrerlaubnisbehörderechtfertigen würde.

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Auf den Punkt gebracht

Sollte Unsicherheit bestehen, ob die von der Fahrerlaubnisbehördeherangezogene Tatsachen Zweifel an der Eignung zum Führen vonKraftfahrzeugen begründet, empfiehlt sich eine Überprüfung durch einenSpezialisten für Fahrerlaubnisrecht.

Was passiert, wenn die Gutachtenvorlage aus finanziellen Gründennicht möglich ist?

Grundsätzlich geht es zu Lasten des Betroffenen, wenn er nicht über die fürein Gutachten erforderlichen Mittel verfügt. Denn das Risiko, das von einemungeeigneten Kraftfahrer ausgeht, kann nicht aus finanziellen Gründen derAllgemeinheit aufgebürdet werden.

Wann ist ein MPU-Gutachten ungültig?

Keine Verwertung des MPU-Gutachtens durch anderweitige Kenntnis

Darf die Fahrerlaubnisbehörde ein MPU-Gutachten verwerten, wenn diesesohne Einverständnis des Untersuchten zur Behörde gelangt ist?

Das Bundesverwaltungsgericht hatte einen Fall zu entscheiden, in dem einFahrerlaubnisinhaber nur den für ihn günstigen verkehrsmedizinischen Teileines MPU-Gutachtens vorgelegt hatte. Der psychologische Gutachtenteilgelangte ohne seine Zustimmung zu den Verwaltungsakten. Das Gerichtbeschloss, dass das Gutachten damit für die Entscheidung über dieFahrerlaubnisentziehung nicht verwendet werden kann.

Nach der Fahrerlaubnisverordnung ist der Fahrerlaubnisinhaber oder -bewerber selbst der Auftraggeber für ein Fahreignungsgutachten. Er istdeshalb grundsätzlich auch berechtigt, über die weitere Verwendung diesesGutachtens zu entscheiden.

Kreuzen Sie auf der Einverständniserklärung auf jeden Fall an, dass Sieden Gutachter nicht von dessen Verschwiegenheitsverpflichtung Ihnengegenüber entbinden. Beide Gutachtenexemplare sollen zunächst zuIhnen nach Hause geschickt werden.

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Keine Verwertung von im Verkehrszentralregister getilgtenEintragungen

Die Fahrerlaubnisbehörde hat auch bei wiederholten Zuwiderhandlungen imStraßenverkehr unter Alkoholeinfluss, § 24a Straßenverkehrsgesetz, eine MPUanzuordnen. Voraussetzung ist aber, dass die entsprechende ersteBußgeldentscheidung noch verwertbar ist.Eintragungen und Punkte im Verkehrszentralregister (VZR) werden nachAblauf bestimmter Fristen gelöscht. Neueinträge blockieren dies. Straftatenwerden mit fünf bis sieben Punkten, Ordnungswidrigkeiten (OWis) mit ein bisvier Punkten bewertet. Deren Löschung erfolgt derzeit noch bei OWis nachzwei Jahren, bei Straftaten nach fünf Jahren.Ausnahme: Entscheidungen in Strafsachen wegen Alkohol- und Drogenfahrtensowie über Entziehung und Neuerteilung der Fahrerlaubnis bleiben zehn Jahreerfasst.Maßgebend für den Fristbeginn sind bei OWis das Datum der Rechtskraft, beiStrafsachen das Datum der Entscheidung. Wird innerhalb der Löschungsfristkeine neue Straftat rechtskräftig, werden Voreinträge gestrichen. Wird demVZR innerhalb eines Jahres nach der Löschungsfrist („Überliegefrist“) keineneue OWi bekannt, die bis zum Ablauf der Löschungsfrist – zwei Jahre nachRechtskraft der letzten OWi – begangen wurde, werden die alten Verstößeentfernt. Sind mehrere Eintragungen im VZR vorhanden, erfolgt derenLöschung erst, wenn für alle Mitteilungen die Tilgungsvoraussetzungenvorliegen. Hiervon unabhängig werden OWis spätestens fünf Jahre nachRechtskraft (absolute Tilgungsfrist) entfernt.Ist eine Eintragung im Verkehrszentralregister getilgt, hat sich der Betroffeneim Sinne der Verkehrssicherheit bewährt. Geht daher ein zur Klärung vonEignungszweifeln bei Alkoholproblematik beigebrachtes medizinisch-psychologisches Gutachten von einem wiederholten Führen einesKraftfahrzeugs unter Alkoholeinfluss aus, obwohl eine der beiden mit einemBußgeldbescheid geahndeten Taten getilgt ist, beruht das Gutachten auf einerfehlerhaften Tatsachengrundlage.

Wie sieht es mit Verjährungsfristen aus?

Lange zurückliegende Fahrerlaubnisentziehung

Im Rahmen eines Verfahrens auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis nach einerwegen Drogenkonsums erfolgten Fahrerlaubnisentziehung ist die Anordnung

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eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auch dann rechtmäßig, wenndie Entziehung der Fahrerlaubnis viele Jahre zurückliegt und seither keineHinweise auf erneuten Drogenkonsum vorliegen.Bei der Versagung oder Entziehung der Fahrerlaubnis durch ein Gericht oderdie Fahrerlaubnisbehörde beginnt die Zehn-Jahres-Frist, nach deren Ablauf dieBehörde die Tat und die Entscheidung dem Betroffenen nicht mehr vorhaltenund nicht zu seinem Nachteil verwertet werden darf, erst mit der Neuerteilungder Fahrerlaubnis, spätestens jedoch nach fünf Jahren, zu laufen. De factobedeutet dies, dass erst 15 Jahre nach dem letzten Vorkommnis derjenige, dereine neue Fahrerlaubnis beantragt, so behandelt wird, als beantrage ererstmals eine (neue) Fahrerlaubnis. Erst dann dürfen die vorhandenenErkenntnisse im Antragsverfahren nicht mehr zur Begründung eventuellerEignungszweifel herangezogen werden.Wird z. B. zehn Jahre nach einer Fahrerlaubnisentziehung die Neuerteilungder Fahrerlaubnis beantragt, was von der Behörde abgelehnt wird – dieNeuerteilung der Fahrerlaubnis wird also „versagt“ –, löst das den Beginneiner neuen 15-Jahres-Frist, bis zu deren Ablauf die Behörde den Inhalt derFahrerlaubnisakte verwerten darf, aus.Zeichnet sich die Versagung einer neuen Fahrerlaubnis, z. B. wegenNichtvorlage des negativen MPU-Gutachtens, ab, ist es ratsam, den Antrag aufNeuerteilung der Fahrerlaubnis zurückzunehmen. So wird verhindert, dass einneuer Fristenlauf ausgelöst wird.

Lange zurückliegendes Vorkommnis

Zwar berechtigt z. B. das Führen eines Kraftfahrzeugs unter Einfluss vonEcstasy die Fahrerlaubnisbehörde in der Regel, die Fahrerlaubnis sofort zuentziehen. Von Drogenkonsum wird jedoch nicht mehr auszugehen sein, wennseit dem Vorkommnis Jahre verstrichen sind.Trotzdem kann die Behörde Zweifel an der Eignung zum Führen einesKraftfahrzeugs haben. Die Anordnung, zur Klärung der Eignung einesFahrerlaubnisinhabers zum Führen von Kraftfahrzeugen wegennachgewiesenen Drogenkonsums ein MPU-Gutachten beizubringen, ist nicht andie Einhaltung einer festen Frist gebunden. Entscheidend ist, ob unterBerücksichtigung aller Umstände, insbesondere nach Art, Umfang und Dauerdes Drogenkonsums, noch hinreichende Anhaltspunkte zur Begründung einesVerdachts bestehen. In der Praxis wird dies regelmäßig angenommen.

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Ein Fahrerlaubnisinhaber, der drogenauffällig wird, sollte davonausgehen, dass Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörde erfolgen – auchwenn er nicht unter Einfluss von Drogen Auto gefahren ist. Bereits abdem Vorfall sollte der Betroffene sich für einen späteren Nachweis derAbstinenz Drogenscreenings unterziehen.

Dürfen ausländische Erkenntnisse verwendetwerden?

Für die Einleitung eines Fahrerlaubnisentziehungsverfahrens ist esgrundsätzlich ohne Bedeutung, woher die Informationen stammen, die Zweifelan der Fahreignung begründen. Es kann deshalb auch auf Sachverhaltezurückgegriffen werden, die aus Bescheiden ausländischer Behördenhervorgehen.Auf Schlussfolgerungen ausländischer Sachverständiger kann sich die Behördeaber nur dann stützen, wenn gewährleistet ist, dass sie den gleichenAnforderungen genügen, die an deutsche Begutachtungen gestellt werden.Die Ergebnisse labortechnischer Messungen sind dann unmittelbar zuberücksichtigen, wenn davon ausgegangen werden kann, dass sie deutschenQualitätsstandards entsprechen. Insofern können auch Trunkenheitsfahrten imAusland den Schluss auf die Gefährlichkeit des Führerscheininhabers zulassen,wenn der Verkehrsverstoß im Ausland die Tatbestandsmerkmale einerentsprechenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit nach deutschem Rechterfüllt.Entsprechende Informationen aus dem EU-Ausland können nachSicherstellung/Beschlagnahme des deutschen Führerscheins über das deutscheKraftfahrtbundesamt zur zuständigen Fahrerlaubnisbehörde des deutschenFührerscheinbesitzers gelangen.

Beginnen Sie auch nach einem solchen Vorfall im Ausland sofort imAnschluss mit dem Nachweis der Alkoholabstinenz durch Teilnahme aneinem geeigneten Kontrollprogramm.

Gibt es so etwas wie eine Nachbegutachtung?

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In der Vergangenheit existierende so genannte Obergutachterstellen gibt esnicht mehr. Die Betroffenen haben heute die Möglichkeit, nach einer negativenBegutachtung direkt eine erneute Begutachtung bei einer der vielenanerkannten Begutachtungsstellen für Fahreignung (BfF) durchführen zulassen. Das neue Gutachten wird anschließend von den Behörden als neueGrundlage der Fahreignungsbewertung akzeptiert. Problematisch kann esjedoch werden, wenn die Fahrerlaubnisbehörde mit Hinweis auf das ersteGutachten, falls es doch abgegeben wurde, eine erneute Bearbeitungverweigert und darauf hinweist, dass der Betroffene zuerst noch(möglicherweise geforderte) Abstinenzzeiten oder -nachweise liefern muss.Dies kann zwar im Einzelfall wirklich sinnvoll sein und es kann in diesemZusammenhang auch sinnvoll sein, das nächste Gutachten erst nach derVorlage dieser Nachweise erstellen zu lassen. Es kann jedoch durchausmöglich sein, dass solche Nachweise und Abstinenzzeiten gar nicht erforderlichsind, wenn die Einschätzung der Gutachter bei einer nachfolgendenBegutachtung anders ausfällt.Hier gilt es, die zuständige Fahrerlaubnisbehörde über diese Einschätzung zuinformieren und davon zu überzeugen, dass eine zeitnahe neue Begutachtungsinnvoll ist.

Sollte es ausnahmsweise in Betracht kommen, der Fahrerlaubnisbehördedas negative Gutachten vorzulegen, empfiehlt es sich, mit denBeteiligten im Vorfeld abzuklären, ob dies ein gangbarer Weg zum Erhaltoder zur Neuerteilung der Fahrerlaubnis ist. Im Zweifelsfall legen Sie dasnegative Gutachten besser nicht vor, sondern lassen eine komplett neueBegutachtung machen.

Eine andere Möglichkeit wäre: kein Gutachten vorzulegen, den Antrag aufErteilung der Fahrerlaubnis zurückzuziehen und anschließend den Antrag neuzu stellen. Dieses Vorgehen kann bei einzelnen Fahrerlaubnisbehördenerfolgreich sein und man kann eine neue MPU machen. Aber auch hier gibt esBehörden, die ein solches Verfahren nicht mittragen und den erneuten Antragnicht sofort weiterbearbeiten.

Wahrheitswidrige Angabe in der MPU

Der Betroffene verschweigt im Rahmen der medizinisch-psychologischenBegutachtung wahrheitswidrig, dass es nach dem – bekannten – Fahrenohne Fahrerlaubnis zu einem weiteren Fahren ohne Fahrerlaubnis

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gekommen ist. Er ist der Meinung, dass die Fahrerlaubnisbehörde bei derEntscheidung über die Neuerteilung der Fahrerlaubnis den Umstand einesanhängigen Strafverfahrens nicht zu seinen Lasten berücksichtigen dürfe.Zudem gelte im Strafrecht die Unschuldsvermutung und es müsse sich auchniemand selbst belasten.

Richtig ist, dass die Fahrerlaubnisbehörde im Rahmen eines Verfahrens aufNeuerteilung einer Fahrerlaubnis alle ihr bekannt gewordenen Tatsachenberücksichtigen muss. Ein laufendes Strafverfahren gehört hier ebenfalls dazu.Die wahrheitswidrige Angabe, seit der letzten aktenkundigenVerkehrsauffälligkeit sei nichts mehr vorgefallen, kann die Aussagekraft einespositiven Gutachtens infrage stellen: Der Gutachter hat dann aufgrund einerfalschen Tatsachengrundlage entschieden. Vor dem Hintergrund, dass derFahrerlaubnisbewerber seine Kraftfahreignung darzulegen hat, kann und mussim übergeordneten Interesse der Verkehrssicherheit von ihm erwartet werden,dass er keine wahrheitswidrigen Angaben macht.

Als zu Untersuchender sollte man ein eigenes Interesse daran haben,dass die Führerscheinakte vollständig ist und sämtliche VorkommnisseGegenstand des Explorationsgesprächs innerhalb der MPU-Begutachtungsind. Andernfalls riskiert man, dass nach Bekanntwerden derverschwiegenen Tatsache das (positive) MPU-Gutachten für unwirksamerklärt wird.

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Beschränkung der Fahrerlaubnisentziehung

Kommt es zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis durch das Strafgericht, z. B.wegen Straßenverkehrsgefährdung, Trunkenheitsfahrt oder Unfallflucht mithohem Schaden, kann das Gericht von der Sperre für die Neuerteilung derFahrerlaubnis, innerhalb der die Fahrerlaubnisbehörde gehindert ist, demBetroffenen eine neue Fahrerlaubnis zu erteilen, bestimmte Arten vonKraftfahrzeugen ausnehmen. Allerdings nur dann, wenn besondere Umständedie Annahme rechtfertigen, dass der Zweck der Entziehung der Fahrerlaubnisdadurch nicht gefährdet wird.Unter Kraftfahrzeugen „einer bestimmten Art“ sind zunächst dieFahrzeuggruppen zu verstehen, die der Einteilung der Fahrerlaubnisklassenzugrunde liegen. Eine weitere Differenzierung ist nach demVerwendungszweck möglich, soweit dieser durch eine bestimmte Ausrüstungoder eine bestimmte Bauart bedingt ist. Unterschieden werden kann zwischenLast- und Personenkraftwagen. Nicht ausgenommen werden können Fahrzeugeeines bestimmten Fabrikats, mit bestimmten Konstruktionsmerkmalen odereiner bestimmten Antriebsart. Ausgespart werden können auch nichtFahrzeuge mit nur einem bestimmten Verwendungs- oder Fahrzweck, wienormale Dienstfahrzeuge „im Einsatz“. Anders verhält es sich jedoch, wenn diebesondere Ausrüstung einen bestimmten Verwendungszweck bedingt,beispielsweise Krankenrettungs-, Feuerlösch- oderBehindertentransportfahrzeuge.Eine Ausnahme bestimmter Kraftfahrzeugarten von der Sperre für dieNeuerteilung der Fahrerlaubnis kommt in der Praxis nur in Betracht, wenn dieNeuerteilung der Fahrerlaubnis nicht von der Vorlage einesFahreignungsgutachtens abhängig ist. Bestehen nämlich grundsätzlicheZweifel an der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen, ordnet dieFahrerlaubnisbehörde auch für die Fahrerlaubnis für die ausgenommeneFahrzeugart eine Begutachtung an. Diese verläuft regelmäßig nur dann positiv,wenn zwischen dem Anlass für die Fahrerlaubnisentziehung und derBegutachtung eine gewisse Zeit der Bewährung liegt. Und dieser Zeitraumwird kurz nach Entziehung der gesamten Fahrerlaubnis als nicht ausreichendangesehen.

Kommt es zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis durch dieFahrerlaubnisbehörde, ist die schnelle unkomplizierte Neuerteilung einerFahrerlaubnis für bestimmte Kraftfahrzeugarten in der Praxis unmöglich.

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Verbot, fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge zu führen

Der Betroffene ist mit 2,33 Promille Fahrrad gefahren. Einen Führerscheinfür ein Kfz besitzt er nicht. Die Fahrerlaubnisbehörde ordnet einmedizinisch-psychologisches Gutachten an. Wegen dessen Nichtvorlage wirdihm verboten, fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge (Fahrrad/Mofa) zu führen. Istdas rechtens?

Sogar das Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen kann untersagt,beschränkt bzw. mit Auflagen versehen werden, wenn sich jemand alsungeeignet oder nur bedingt geeignet erweist. Eignungszweifel liegen vor,wenn ein Fahrzeug im Straßenverkehr mit einer BAK von 1,6 Promille odermehr geführt wurde.Weil bei einem Fahrerlaubnisinhaber, der beim Fahrradfahren nicht zwischenAlkoholkonsum und Fahren trennen konnte, jederzeit damit gerechnet werdenmuss, dass er auch mit dem Auto fährt, hat die Behörde eine MPU anzuordnen.Dies darf aber im Zusammenhang mit fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen nichtunmittelbar angewendet werden. Erforderlich ist, dass sich aus den Umständendes Einzelfalls eine nahe liegende und schwerwiegende, an die Risiken beiauffällig gewordenen Fahrerlaubnisinhabern heranreichende Gefährdung desöffentlichen Straßenverkehrs herleiten lässt.Unabhängig davon, dass man als Fahrradfahrer nur äußerst selten„kontrolliert“ wird, dürfte in der Praxis ein entsprechendesGefährdungspotenzial nur schwer zu begründen sein. Insofern wäre dieGutachtenanordnung ebenso wie das Verbot, fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge zuführen, rechtswidrig.

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Verzicht auf die Fahrerlaubnis

In den Fällen,

in denen der Betroffene z. B. wegen Konsums harter Drogen bereitsungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist oderin denen nach einer angeordneten Fahreignungsüberprüfung bei derFahrerlaubnisbehörde das Gutachten nicht eingeht, also nicht vorgelegtwird,

erhält man zunächst eine sog. Anhörung, in der auf die Absicht hingewiesenwird, die Fahrerlaubnis wegen Ungeeignetheit zum Führen vonKraftfahrzeugen zu entziehen.

Noch einmal der Hinweis: Achten Sie darauf, dass der Gutachter nichtvon der Verschwiegenheitsverpflichtung entbunden wurde, damit einungünstiges Gutachten nicht zur Behörde gelangt.

Dem Betroffenen wird unter Hinweis auf günstigere Behördengebühren„angeboten“, freiwillig auf die Fahrerlaubnis zu verzichten. Eine vorbereiteteVerzichtserklärung wird gleich mitgeschickt.

Wird die Fahrerlaubnis von einem Gericht oder derFahrerlaubnisbehörde entzogen, werden alle im Verkehrszentralregisterüber den Betroffenen erfassten Punkte aufgrund früherer, vor dieserMaßnahme begangener Zuwiderhandlungen gelöscht.

Diese Löschung gilt auch für die Tat, die die Entziehung derFahrerlaubnis veranlasst hat. Die zugrunde liegenden Entscheidungenbleiben bestehen, aber das Punktekonto wird auf null gesetzt. Beieinem Verzicht auf die Fahrerlaubnis kommt es nicht zu dieserPunktereduzierung auf null.

Wer also nicht den Entziehungsbescheid der Fahrerlaubnisbehörde abwartet,verliert den „angenehmen“ Nebeneffekt der Punktereduzierung auf null. ImFalle einer Neuerteilung der Fahrerlaubnis nach vorangegangenem Verzichtfährt man dann mit den zuvor erhaltenen Punkten zuzüglich der ggf. mit derTat, die die Fahrerlaubnisentziehung veranlasst hat, verbundenen Punkteweiter.

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Verzichten Sie nicht auf die Fahrerlaubnis. Warten Sie auf den Bescheidder Fahrerlaubnisbehörde über die Entziehung der Fahrerlaubnis.

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Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis

Worin unterscheiden sich Entziehung der Fahrerlaubnis und Fahrverbot? BeimFahrverbot bleibt der Besitz der Fahrerlaubnis unberührt. Hiervon darf derInhaber – zumeist wegen Tempoverstoß oder einer Straftat, bei der keineEntziehung erfolgt – nur ein bis drei Monate keinen Gebrauch machen. ZurVerbüßung muss der Führerschein in amtliche Verwahrung gegeben werden.Die Behörde schickt dasselbe Dokument rechtzeitig zum Ablauf wieder zurück.Das Fahrverbot erstreckt sich auch auf Kraftfahrzeuge, zu deren Führung ansich keine Fahrerlaubnis erforderlich ist (z. B. Mofa).Wer aber beispielsweise Straftaten wie Trunkenheitsfahrt oder Unfallflucht mithohem Schaden begeht, 18 und mehr Punkte im Verkehrszentralregistererreicht hat oder harte Drogen nimmt wird die behördliche Erlaubnis zumFühren von Kraftfahrzeugen entzogen. Der Führerschein wird vernichtet. Umdie Fahrerlaubnis wiederzubekommen, muss ein Antrag auf Neuerteilung beider örtlich zuständigen Fahrerlaubnisbehörde gestellt werden.Voraussetzungen für eine Antragstellung sind:

Vorlage eines aktuellen LichtbildsVorlage einer Sehtestbescheinigung bei Beantragung der Klassen B und BE(Pkw bis 3,5 t)Vorlage eines Nachweises über Sofortmaßnahmen am Unfallort (sollte derentzogene Führerschein vor dem 01.08.1969 erworben worden sein)Zahlung der Verwaltungsgebühr von ca. 200 €ggf. Vorlage eines positiven MPU-Gutachtens

Bei einem Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis holt die BehördeAuskünfte beim Verkehrs- und Bundeszentralregister (dort einFührungszeugnis) ein, um zu überprüfen, ob und welche Eintragungen überden Antragsteller erfasst sind.Mittlerweile ist klar geregelt, dass vor Neuerteilung der Fahrerlaubnisgrundsätzlich keine erneute Fahrerlaubnisprüfung abzulegen ist. Die frühervorgesehene Zwei-Jahres-Frist, nach deren Ablauf ein Verzicht auf die Prüfungnicht zulässig war, ist mit Wirkung vom 30.10.2008 abgeschafft worden. Nurwenn im konkreten Einzelfall Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass derBewerber die Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr besitzt,wird eine Fahrerlaubnisprüfung angeordnet.Den „Säuferbalken“ gibt es im neuen Führerschein zwar nicht mehr, aber dasjunge Erteilungsdatum verrät, dass die Fahrerlaubnis bereits einmal entzogen

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war. Eine erneute Probezeit besteht nicht.

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Kann ich mich gegen Maßnahmen der Behördewehren?

Aufklärungsanordnung

Die Auflage, ein Gutachten beizubringen und sich untersuchen zu lassen, istals bloße Aufklärungsanordnung nicht gesondert anfechtbar. Bei derAnordnung, ein Gutachten (MPU-, ärztliches Gutachten oder Gutachten einesamtlich anerkannten Sachverständigen) beizubringen, handelt es sich um einerein vorbeugende Maßnahme zukünftigen Verwaltungshandelns, nicht umeinen rechtsmittelfähigen Verwaltungsakt.

Widerspruch, Klage etc.

Wird auf die Gutachtenanordnung nicht reagiert, wird im Falle des Antrags aufNeuerteilung der Fahrerlaubnis dieser abgelehnt und bei Anordnung desGutachtens gegenüber Führerscheininhabern als Nächstes deren Fahrerlaubnisentzogen. Dies erfolgt als Verwaltungsakt mit einem rechtsmittelfähigenBescheid. Nach Bekanntgabe desselben durch Postzustellung tritt dieRechtswirkung – z. B. Entziehung der Fahrerlaubnis – mit sofortiger Wirkungein. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheids kann zwar dagegenWiderspruch eingelegt werden. Widerspruch und Anfechtungsklage haben aberkeine aufschiebende Wirkung. Bis zu einem anderslautendenWiderspruchsbescheid oder Gerichtsurteil ist man nicht mehr befugt,Kraftfahrzeuge zu führen.Möchte man so schnell wie möglich wieder das Recht erlangen, Kraftfahrzeugezu führen, muss gegen den Bescheid zeitgleich

Widerspruch eingelegt,Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht eingereicht und dort ebenfallsein Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchsgestellt werden.

Über das Eilverfahren auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung desWiderspruchs kann ein Gerichtsbeschluss schon in sechs Monatenherbeigeführt werden – Entscheidungen in Widerspruchs- und Klageverfahrenwürden regelmäßig bis zu zwei Jahre dauern. Das Gericht prüft im Eilverfahrensummarisch die Aussichten in der Hauptsache und stellt die aufschiebendeWirkung des Widerspruchs gegen den Entziehungsbescheid her, sodass dasVerbot, Kraftfahrzeuge zu führen, bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache

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außer Kraft gesetzt wird. Diese Vorabentscheidung schafft ein Präjudiz für denAusgang des Hauptverfahrens. Verbindlich ist dies aber nicht – vor Gericht undauf hoher See ist man bekanntlich in Gottes Hand.

Allein schon aus Zeit- und Kostengründen sollte man die Zweifel derFahrerlaubnisbehörde an der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugendurch Vorlage eines positiven Gutachtens ausräumen, statt Gerichteund Anwälte mit Widerspruch und Klage zu beschäftigen.

Vorrang des Strafverfahrens

Solange gegen den Inhaber einer Fahrerlaubnis ein Strafverfahren anhängigist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis durch das Strafgericht in Betrachtkommt, darf die Fahrerlaubnisbehörde den Sachverhalt, der Gegenstand desStrafverfahrens ist, in einem Entziehungsverfahren nicht berücksichtigen.Insbesondere bei Fahrten unter dem Einfluss von berauschenden Mitteln prüftdie Justiz zumeist,

ob lediglich die Ordnungswidrigkeit des Fahrens unterRauschmitteleinwirkung, § 24a Straßenverkehrsgesetz, (Geldbuße fürErsttäter von 500 €, Fahrverbot von einem Monat und vier Punkte imVerkehrszentralregister) in Betracht kommt (der Betroffene ist in einePolizeikontrolle geraten) oderob die Straftat der Trunkenheitsfahrt (Geldstrafe in Höhe einesMonatsnettoeinkommens und Entziehung der Fahrerlaubnis für regelmäßigein Jahr) anzunehmen ist.

Im zweiten Fall liegen neben den im Urin oder Blut festgestellten Wirkstoffendrogenbedingte Fahrfehler und/oder körperliche Ausfallerscheinungen, dieRelevanz für die Fahrtauglichkeit haben, vor (der Beschuldigte ist der Polizeiaufgefallen, die entsprechende Beobachtungen gemacht hat). Dieses„Prüfungsverfahren“ kann u. a. wegen Einholung einesFahrtauglichkeitsgutachtens durch ein gerichtsmedizinisches Institutentsprechende Zeit in Anspruch nehmen.

Bindungswirkung strafgerichtlicher Entscheidungen

Will die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einenSachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einemStrafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, kann sie

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vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf dieFeststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder derEignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Existiert einstrafgerichtliche Urteil, in dem der Strafrichter die Eignung des Verurteiltenzum Führen von Kraftfahrzeugen trotz Trunkenheitsfahrt mit 1,6 und mehrPromille festgestellt hat, darf die Fahrerlaubnisbehörde denselben Sachverhaltnicht erneut zum Anlass für eine Eignungsüberprüfung nehmen.

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Negative MPU – Was nun?

Grundsätzlich stehen nach einer negativen MPU folgende Fragen im Raum:

Was kann ich nun tun, um ein positives Ergebnis zu bekommen?Ist es sinnvoll, sich erneut an den Gutachter zu wenden?Gibt es auf dem Rechtsweg über die Anfechtung eines Gutachtens dieMöglichkeit, schneller oder einfacher die Fahrerlaubnis wiederzubekommen?Welche Strategien sind sinnvoll, um die Fahrerlaubnis so schnell wiemöglich wiederzubekommen?

Kontaktaufnahme mit dem Gutachter

Die erneute Kontaktaufnahme mit dem oder den verantwortlichenmedizinischen und psychologischen Gutachtern kann nur unter bestimmtenUmständen eine sinnvolle Strategie sein. Die Gutachter werden nie einegutachterliche Entscheidung verändern, wenn keine begründeten undnachvollziehbaren Argumente vorgebracht werden können. Reine Appelle andie Gutachter, dass man dringend auf die Fahrerlaubnis angewiesen sei unddass man schon über 20 Jahre unfallfrei unterwegs gewesen sei, helfen insolchen Fällen nicht weiter. Auch generelle Kritik am Gutachtenverfahren isthier sicherlich ebenfalls nicht hilfreich.Die Gutachter werden nur auf belegbare neue Erkenntnisse reagieren,wodurch eine neue Bewertung der gutachterlichen Entscheidung begründetwerden könnte. Im medizinischen Bereich wären dies beispielsweiseErklärungen zu erhöhten Leberwerten durch entsprechende Spezialisten.

Wenn man also sicher ist, dass erhöhte Leberwerte nicht aufAlkoholkonsum zurückzuführen sind, sollte man schnellstmöglich einenSpezialisten (z. B. einen Gastroenterologen bzw. einen Facharzt fürinnere Medizin) aufsuchen und über geeignete medizinische Verfahrenversuchen, wissenschaftlich fundierte Erklärungen für die erhöhtenLeberwerte zu finden.

Neben dem Alkoholkonsum gibt es verschiedene Hintergründe, die fürVeränderungen in den Standard-Leber-Laborwerten (GGT, GOT, GPT)verantwortlich sein können. Diese Ursachen dürfen allerdings nicht nurbehauptet werden, sondern benötigen auch eine entsprechende

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Dokumentation durch fachlich kompetente Mediziner. Beispielsweise stellen dieneuen Abstinenzdokumentationen über die Kontrolle auf EtG im Urin eine guteMöglichkeit dar, bei problematischen Veränderungen der Leber-Laborwertetrotzdem den Nachweis eines veränderten Alkoholkonsumverhaltens zuliefern.

Leber-Laborwertveränderungen können auch im Nachhinein über EtG-Haaranalysen entkräftet werden, wenn die Haare lang genug sind(mindestens 3 cm = drei Monate) und kein Alkohol konsumiert wurde.

Wenn auffällige Leberlaborparameter schon im Vorfeld bekannt sind, istes wichtig, über einen längeren Zeitraum solche EtG-Haar- oderUrinanalysen vorzunehmen, um Alkoholverzicht zu dokumentieren undnachzuweisen, dass die veränderten Leberwerte nichts mitAlkoholkonsum zu tun haben.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Möglichkeit, ein sogenanntes„Gutachtennachgespräch“ mit seinen zuständigen Gutachtern zu vereinbaren.Hierbei kann man sich die Gründe für die negative Entscheidung erklärenlassen und gegebenenfalls auch Möglichkeiten ansprechen, was man tun kann,wenn tatsächlich Fehler bei der Begutachtung erfolgt sind. SolcheGutachtennachgespräche sind kostenfrei und man kann zusätzliche wichtigeInformationen über die Dinge hinaus erfahren, die man dem Gutachtenentnehmen kann. Bei welchem Gutachter man dieses Gutachtennachgesprächansetzt, ist natürlich abhängig davon, in welchem Teilbereich man Fragen hat,die man klären möchte. Allerdings sollte man bei einem solchenGutachtennachgespräch auf die eigene Gesprächsführung achten, damit mannicht das Gegenteil von dem erreicht, was man eigentlich wollte.

Der Gutachter wird kaum bereit sein, Hilfestellungen, Tipps und genaueErklärungen zu geben, wenn man ihm mit einer grundsätzlichenVorwurfshaltung begegnet oder gar und versuchen will, ihn von seinem„Irrtum“ und seinen vermeintlichen Fehlern zu überzeugen.

Versuchen Sie, die vorhandenen Argumente sach- und fachgerechtvorzutragen. Argumente greifen nur, wenn sie eine Neuorientierung dergutachterlichen Bewertung erlauben oder rechtfertigen.

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Wird beispielsweise eine negative gutachterliche Entscheidung damitbegründet, dass nur eine unzureichende Aufarbeitung der Hintergründe für dieAuffälligkeiten vorhanden ist, kann diesem Punkt nur begegnet werden, wennman nachvollziehbar erklären kann, warum man in der gutachterlichenGesprächssituation diese Punkte nicht hat anführen können. Je konkreter undnachvollziehbarer dies vorgetragen wird, umso höher sind die Chancen, dassder Gutachter diese Argumentation aufnimmt und unter Umständen sogarpositiv in sein Gutachten übernimmt oder nachträglich eine entsprechendeStellungnahme an die Fahrerlaubnisbehörde übersendet.

Einspruch bei Fahrerlaubnisbehörde

Es besteht die Möglichkeit, mit einem schriftlich formulierten Einspruchgegenüber der Fahrerlaubnisbehörde die eigenen Argumente und Sichtweisenzur gutachterlichen Bewertung vorzutragen. Die Fahrerlaubnisbehörde wirddiese Argumente den zuständigen Gutachtern bzw. der Begutachtungsstellefür Fahreignung weiterleiten und von dort eine entsprechende Stellungnahmeanfordern. Hier gelten im Grunde genommen die gleichen Voraussetzungenwie bei der direkten Kontaktaufnahme mit den Gutachtern selbst: Ohne sach-und fachgerecht vorgetragene Argumente wird man hier keine Änderungen imverwaltungsrechtlichen Verfahren erzielen können.Sollte man mit seinen Einwänden zur gutachterlichen Bewertung erfolgreichsein, könnte das Gutachten auch über diesen Weg geändert werden. DieFahrerlaubnisbehörde selbst könnte theoretisch auch bei einem negativenGutachten zu einer anderen verwaltungsrechtlichen Bewertung kommen,wenn sie sich nicht der Sichtweise und den Argumenten im Gutachtenanschließen würde. Die Verwaltungsbehörde hat die Aufgabe undVerpflichtung, jedes Gutachten in eigener Verantwortung hinsichtlichNachvollziehbarkeit und logischer Schlüssigkeit (Ordnung) zu überprüfen.Im Regelfall werden jedoch diese Rahmenbedingungen von den Gutachtenformal erfüllt. Die zumeist vorgetragenen Kritikpunkte beziehen sich jedochauf die spezielle inhaltliche psychologische oder medizinische Bewertung desFalles.Da den Fahrerlaubnisbehörden die notwendige Fachkompetenz fehlt, wird siesich nur in ganz seltenen Fällen dazu bewegen lassen, ohne eineentsprechende fachliche Grundlage in Form eines Gutachtens, ihreverwaltungsrechtliche Entscheidung zu ändern. Aus diesem Grunde besteht beider verwaltungsrechtlichen Vorgehensweise für die Fahrerlaubnisbehördentrotzdem die Notwendigkeit, auch bei berechtigter Kritik an der

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Nachvollziehbarkeit eines Gutachtens, ein neues Gutachten erstellen zulassen, auf dessen Grundlage dann die Behörde ihre Entscheidung treffenkann.Ohne eine Änderung im Gutachten kann man dies normalerweise nurerreichen, indem man die Möglichkeit bekommt, ein neues Gutachten erstellenzu lassen, ohne dass der Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis erneutgestellt werden muss. Eine neue Fahrerlaubnis selbst hat man so allerdingsimmer noch nicht und ist genauso weit, wie wenn man den Antrag zunächstzurückziehen und anschließend einen neuen Antrag stellen würde. Auch dannhat man wieder die Möglichkeit, eine MPU zu machen und darüber seineEignung nachzuweisen.Man investiert somit viel Arbeit und Energie in eine solche Vorgehensweise,ohne dass man anschließend das eigentliche Ziel erreicht hat: nämlich dieFahrerlaubnis wiederzubekommen. Man sollte sich deshalb an einenerfahrenen Verkehrsrechtsanwalt wenden, der zum einen die richtigeArgumentationsform und Vorgehensweise kennt und umsetzt und zumanderen auch einschätzen kann, ob eine solche Vorgehensweise überhauptratsam ist.

Verwaltungsgerichtsverfahren

Auch von einem Verwaltungsgerichtsverfahren ist abzuraten, das mangegenüber einer Fahrerlaubnisbehörde nach einem ablehnenden Bescheidanstreben kann. Im Regelfall enden solche Verwaltungsgerichtsverfahrenbestenfalls in einem Vergleich, der dann so aussieht, dass man eine erneuteBegutachtung vornehmen lassen kann. Bis dahin hat man aber unterUmständen ein gutes Jahr Zeit vergeudet.In vielen Fällen kommt man dem eigentlichen Ziel, so schnell wie möglichseine Fahrerlaubnis zu bekommen, nämlich eher dadurch näher, dass man dieEmpfehlungen und Hinweise der Gutachter, die in den MPU-Gutachten imRegelfall aufgeführt sind oder mündlich mitgeteilt werden, aufgreift undversucht, diese möglichst schnell und umfassend umzusetzen. Auch hier kanndie fachkompetente und erfahrene Sichtweise und Empfehlung einesVerkehrsrechtsanwalts sehr hilfreich sein und dafür sorgen, dass man sich aneine entsprechend kompetente und seriöse Stelle wendet.

Auf den Punkt gebracht

Rechtsstreitigkeiten und Verwaltungsgerichtsverfahren führen im Regelfall

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nicht zu einem positiven Verwaltungs(gerichts)beschluss, sondern eröffnennur die Möglichkeit einer neuen Begutachtung. Das kann man auch sehr vielleichter mit einer Rücknahme des Antrags auf Neuerteilung derFahrerlaubnis erreichen. Man verliert dabei keine Zeit und auch kein Geld(wenn man keine Rechtsschutzversicherung hat). Zeit und Geld kann undsollte man besser an anderer Stelle und sehr viel sinnvoller einsetzen.

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Wie bereite ich mich auf eine (neue) MPU vor?

Zur Abklärung, was man tun kann und welche Maßnahme für den jeweiligenEinzelfall empfehlenswert ist, ist es sehr hilfreich, sich zunächst mit einemqualifizierten Fachberater in Verbindung zu setzen und ein Beratungsgesprächzu führen. Ziel dieses Gesprächs ist es, die eigene Problemsituation zu klärenund festzulegen, was für die MPU notwendig und gefordert ist. Hier gibt es inden verschiedenen Problembereichen entsprechende Maßnahmen undÄnderungserwartungen.

Im Bereich Alkohol gäbe es zum Beispiel die Frage zu klären, ob einegenerelle Alkoholabstinenz gefordert wird oder ob ein kontrollierter unddeutlich reduzierter Alkoholkonsum ausreicht. Bei notwendigerAlkoholabstinenz werden dann entsprechende Abstinenzdokumentationenüber einen ausreichend langen Zeitraum gefordert.

Diese Einschätzung, was für die MPU erforderlich ist, kann sicher nur einerfahrender Fachmann (z. B. ein Verkehrspsychologe) leisten. Er muss dazumit den Beurteilungskriterien und dem MPU-Verfahren sehr gut vertraut sein.Sonst besteht die Gefahr, dass man viel tut und Zeit und Energie einsetzt, umdanach feststellen zu müssen, dass es entweder zu viel, zu wenig oder gar dasFalsche war.Der Fachmann hilft Ihnen bei folgenden Fragen:

Wo macht man Abstinenzkontrollen am besten und wie viele in welchemZeitraum?Wann ist es überhaupt sinnvoll, die MPU anzugehen?Gibt es Abstinenzzeiten, die erfüllt sein müssen?Welche Kriterien werden an die Güte und Tiefe der Aufarbeitung gestellt?Welche Einstellungs- und Verhaltensänderungen werden erwartet und wielange müssen diese erfolgreich erprobt und umgesetzt worden sein?

Hier gilt wie überall im Leben: Eine gründliche und ordentlicheVorbereitung und Planung erspart eine Menge Ärger und Nacharbeiten.

Welche MPU-Berater/-Beratungen sindempfehlenswert?

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Rund um die MPU gibt es eine Vielzahl von Angeboten – und es ist manchmalschwierig, das richtige auszuwählen. Im Folgenden finden Sie einige Kriterien,die Ihnen bei der Auswahl geeigneter Personen oder Einrichtungen helfenkönnen. Sie unterstützen Sie auch dabei, seriöse von eher unseriösenAnbietern zu unterscheiden.

Sehen Sie sich die fachliche Qualifikation der Berater und Therapeutengenau an (z. B. Dipl.-Psychologen mit Zusatzausbildung zumFachpsychologen für Verkehrspsychologie oder anerkannteverkehrspsychologische Berater nach § 71 FeV). Auch andereBerufsgruppen können qualifizierte Angebote liefern (z. B. Diplom-Sozialarbeiter), die jedoch in den betreffenden Bereichen Erfahrungen undZusatzqualifikationen haben sollten (z. B. suchttherapeutischeAusbildungen). Ehemalige Gutachter, die in den beratenden Bereichgewechselt sind und damit detailliertere und tiefer gehende Vorkenntnissezu den Kriterien und Anforderungen bei der MPU haben, sind besondersempfehlenswert.Achten Sie auf klare Kosten- und Leistungstransparenz. Anbieter, die mitErfolgsquoten werben, sind mit Vorsicht zu genießen – besonders dann,wenn damit überhöhte Preise verbunden sind. Gleiches gilt beiübertriebener Angstmacherei vor der MPU. Damit soll meist nur dieBereitschaft geschürt werden, fast jeden Preis zu zahlen. Der gesamteAuftritt (Räume Werbematerial, Internetauftritt) muss Seriosität undQualität vermitteln.Es gibt Organisationen, Einzelberater oder auch Zusammenschlüsse vonMPU-Beratern, die sich fachlich austauschen und unterstützen: Die Träger,die auch Kurse nach § 70 der FeV anbieten, werden durch die Bundesanstaltfür Straßenwesen BASt regelmäßig auf ihre Qualitätsstandards überprüftund haben eigene Qualitätsmanagementsysteme eingeführt. Dies bürgtauch in der MPU-Vorbereitung für qualitativ gute Maßnahmen. Bei vielenTrägern sind außerdem ehemalige Gutachter aktiv, die über ein sehr gutesSpezialwissen verfügen. Eine Liste der aktuell anerkannten Träger findetsich auf der Homepage der Bundesanstalt für Straßenwesen BASt:http://www.bast.de.Im Bereich Qualitätsbewertung findet man dort neben der Liste deranerkannten Träger von Begutachtungsstellen auch die anerkannten Trägervon §-70-Kursen.Auf der Homepage des Verbandes der Technischen ÜberwachungsvereineVdTÜV findet man Links zu den anerkannten §-70-Schulungsträgern, die imVdTÜV organisiert sind, und die nur mit ausgebildeten Verkehrspsychologen

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arbeiten: http://www.vdtuev.de/service/hilfen-zur-foerderung-und-verbesserung-der-fahreignung.

Daneben gibt es Verkehrspsychologen, die über entsprechende Erfahrungund Spezialkenntnisse verfügen. Meistens sind solche Fachpsychologendaran erkennbar, dass sie als „Fachpsychologen für Verkehrspsychologie“oder „amtlich anerkannte verkehrspsychologischen Berater nach § 70 FeV“ausgewiesen sind – diese Bezeichnungen finden Sie auf deren Homepage.Auch die Fachpsychologen der §-70-Organisationen verfügen zumeist überdiese Qualifikationen. Die Fachqualifikationen müssen von den allgemeinenBeschreibungen wie „MPU-Berater“ oder „verkehrspädagogischer Berater“unterschieden werden. Jeder darf sich so nennen – diese Begriffe sind keineQualitätsmerkmale. Nur Psychologen mit abgeschlossenemHochschulstudium können sich zudem Diplom-Psychologen nennen. In derneuen Studiumskonzeption in Deutschland würde dies dem Masterabschlussentsprechen, der dann ebenfalls entsprechend gekennzeichnet werden muss(Master of Arts M. A. oder Master of Science M. Sc.).

Bei der Auswahl des MPU-Beraters ist es wichtig, auf dessenQualifikation zu achten. Hier sind besonders Fachpsychologen inFachorganisationen oder Einzelpraxen zu empfehlen.

Neben Einzelberatungen können auch Gruppenberatungen bzw. Kursesinnvoll sein. Gruppenmaßnahmen sind in der Regel etwas preisgünstiger,können aber den Nachteil haben, dass auf einzelne Teilnehmer wenigereingegangen werden kann. Die Vorbereitung auf die MPU kann damit unterUmständen weniger intensiv sein, was man aber durch häufigere Besucheoder durch zusätzliche Einzelmaßnahmen wieder ausgleichen kann.

Je nach Ausmaß können bei Alkohol- wie bei Drogenproblemenstationäre oder ambulante Therapien notwendig werden. Hier reicht dieUnterstützung über eine qualifizierte MPU-Beratung nicht mehr aus.

Erneute MPU nach Rückfall

Die Fahrerlaubnisbehörde ordnet eine medizinisch-psychologischeUntersuchung an, wenn der Betreffende wiederholt Zuwiderhandlungen im

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Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen hat. Zählt dazu auch eine(erneute) Alkoholfahrt nach positiver MPU und Neuerteilung derFahrerlaubnis?Die Fahrerlaubnisbehörde darf jederzeit ein erneutes Eignungsgutachtenfordern, wenn der Betroffene – auch nach erfolgreicher MPU – erneut auffälligwird. Dabei ist zu beachten, dass bei einem erneuten Gutachten alleGegebenheiten und Umstände der Vergangenheit zur Bewertungherangezogen werden dürfen. Es ist nicht so, dass ein für den Betroffenengünstiges Fahreignungsgutachten zur Folge hat, dass vor seiner Erstellungliegende Umstände bei späteren fahrerlaubnisrechtlichen Maßnahmen nichtmehr berücksichtigt werden dürften. Selbst der behördliche Rechtsakt derNeuerteilung der Fahrerlaubnis hat kein Verbot des Rückgriffs auf vor diesemZeitpunkt liegende Ereignisse zur Folge.Einer bloß vorbereitenden Maßnahme, wie es ein Fahreignungsgutachtendarstellt, kann diese Rechtswirkung umso weniger zukommen. DieEinschätzung des Fahreignungsgutachtens, das zu dem Ergebnis kam, es seikeine weitere Autofahrt unter Alkoholeinfluss zu erwarten, war somit falsch.Der Inhalt des gesamten Gutachtens der ersten MPU wird dem erneut zuUntersuchenden vorgehalten. Seine Angaben werden anhand der erneutenAuffälligkeit kritisch hinterfragt werden.

Setzen Sie sich im Falle einer zweiten MPU-Begutachtung mit demInhalt des ersten Gutachtens auseinander. Seien Sie auf Fragen zuIhren damaligen Angaben gefasst.

MPU nach Verstößen in der Probezeit

Ein Fahranfänger begeht innerhalb der Probezeit Verkehrsverstöße. WelcheKonsequenzen hat das?Nach dem ersten Delikt verlängert sich die Probezeit von zwei auf vier Jahreund die Fahrerlaubnisbehörde ordnet ein Aufbauseminar an. Dieses bestehtaus neun Stunden Nachschulung und einer Fahrprobe. Im Rahmen desAufbauseminars werden die Auffälligkeiten besprochen und Wege zurzukünftigen Vermeidung aufgezeigt. Die Kosten belaufen sich auf etwa 200 bis250 €.Waren bei dem Verstoß Alkohol oder Drogen im Spiel, wird ein besonderesAufbauseminar angeordnet. Dieses besondere Aufbauseminar darf nur vonspeziell als Seminarleiter anerkannten Verkehrspsychologen durchgeführt

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werden. Hier liegen die Kosten je nach Anbieter zwischen 300 und 350 €.Ein Aufbauseminar oder ein besonderes Aufbauseminar darf nur alle fünf Jahreeinmal besucht werden. Wer als Fahranfänger anschließend bei einemweiteren Verstoß erwischt wird, erhält eine schriftliche Verwarnung mit derAnregung der freiwilligen Teilnahme an einer verkehrspsychologischenBeratung innerhalb von zwei Monaten. Begeht der Fahranfänger nach diesenzwei Monaten einen dritten Verstoß, wird die Fahrerlaubnis entzogen. Eineneue Fahrerlaubnis darf frühestens drei Monate nach Abgabe desFührerscheins erteilt werden. Sobald der Inhaber einer Fahrerlaubnisinnerhalb der neuen vierjährigen Probezeit erneut einen Verkehrsverstoßbegeht, hat die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines MPU-Gutachtensanzuordnen.

Für Maßnahmen in der Probezeit sind nur Verkehrsverstöße relevant,die in das Verkehrszentralregister eingetragen werden (Entscheidungenmit Geldbußen ab 40 €). Deshalb sollte man vor Gericht versuchen,eine Verurteilung zu einer Geldbuße im nicht eintragungsfähigenBereich (unter 40 €) zu erreichen.

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MPU-Umgehung durch EU-Fahrerlaubnis?

„EU-Führerschein schnell, unkompliziert und ohne MPU in Polen“ – so werbenauch heute noch Anbieter. Dies hat folgenden Hintergrund: Nach § 28 Abs. IVNr. 3 der am 01.01.1999 in Kraft getretenen Fahrerlaubnis-Verordnung galtund gilt die Berechtigung, Kraftfahrzeuge in Deutschland zu führen nicht fürInhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, denen die Fahrerlaubnis im Inlandvon einem Gericht oder von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist,denen die Fahrerlaubnis versagt worden ist oder die auf die Fahrerlaubnisverzichtet haben.Mit Entscheidung des EuGH vom 29.04.2004 wurde dies alseuroparechtswidrig angesehen. Ausgangspunkt dieser und folgenderEntscheidungen ist die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur gegenseitigenAnerkennung einer in einem anderen Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis.Diese grundlegende Regelung dient der Freizügigkeit innerhalb der EU und sollsicherstellen, dass jeder Bürger, der seinen Wohnsitz in ein anderes Land derEU verlegt, davon ausgehen kann, dass seine Fahrerlaubnis dort ohne weitereFormalität anerkannt wird. Daraus entstand der sog. Führerscheintourismus.Dieser wird definiert als Erwerb einer Fahrerlaubnis in einem Mitgliedstaat derEU/des EWR unter Begründung eines ausländischen Scheinwohnsitzes mit demZiel, von dieser ausländischen Fahrerlaubnis in einem Mitgliedstaat (nachdortiger Entziehung der Fahrerlaubnis und unter Umgehung der dortgeltenden Vorschriften zur Wiedererteilung der Fahrerlaubnis) Gebrauch zumachen.Da dies zu erheblichen Risiken für die Verkehrssicherheit geführt hat, kam esin der Folge zu zahlreichen Entscheidungen des EuGH, mit denen diegrundsätzliche gegenseitige Anerkennung von Führerscheinen eingeschränktwurde. Nämlich wenn die Fahrerlaubnis

während des Laufs einer strafrechtlichen Sperrfrist oder eines Fahrverbotserteilt wurde odernach Ablauf der strafrechtlichen Sperrfrist erteilt wurde, sich aber aufgrundvon Angaben im Führerschein selbst (Wohnort in Deutschland) oderanderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden Informationenfeststellen lässt, dass die Wohnsitzvoraussetzung zum Zeitpunkt derAusstellung des Führerscheins nicht erfüllt war.

Schließlich trat die 3. EU-Führerscheinrichtlinie in Kraft, mit der § 28 Abs. IVNr. 3 der Fahrerlaubnis-Verordnung wieder uneingeschränkt anwendbar ist.Wurde ab dem 19.01.2009 von einem anderen Mitgliedstaat einer Person ein

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Führerschein ausgestellt bzw. eine Fahrerlaubnis erteilt, deren Führerscheinbzw. Fahrerlaubnis in Deutschland eingeschränkt, ausgesetzt oder entzogenwar, kann die Anerkennung deren Gültigkeit abgelehnt werden. DasSchlupfloch EU-Fahrerlaubnis (zur Umgehung der MPU) ist gestopft.

Bei Erwerb eines ausländischen EU- oder EWR-Führerscheins unterVerstoß gegen das Wohnsitzerfordernis oder einen zuvor erfolgtenEntzug einer deutschen Fahrerlaubnis wird die EU- oder EWR-Fahrerlaubnis wie nichtig behandelt, sodass man sich beim Fahren inDeutschland wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis strafbar macht.

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Fachliteratur und Internetfundstellen

Alle relevanten Fakten und Rahmenbedingungen sowie die Prüfgrundlagen mitden eingesetzten Beurteilungskriterien sind recht einfach nachzuverfolgen undveröffentlicht. Wer sich also in diese Themen noch intensiver einarbeitenmöchte, kann dies über die angegebene wichtigste Literatur undInternetadressen tun:

Fahrerlaubnisverordnung FeV: http://www.gesetze-im-internet.de/fev_2010/index.htmlAnforderungen (früher Akkreditierungsvoraussetzungen) der Bundesanstaltfür Straßenwesen BASt für die Zulassung von Trägern vonBegutachtungsstellen für Fahreignung: http://www.bast.de (dort unterQualitätsbewertung → Begutachtung)Liste aller aktuell anerkannten Träger von Begutachtungsstellen fürFahreignung: http://www.bast.de (dort unter Qualitätsbewertung →Begutachtung)Liste aller aktuell anerkannten Begutachtungsstellen nach PLZ und Träger:http://www.bast.de (dort unter Qualitätsbewertung → Begutachtung)Offizielle Begutachtungsleitlinien und theoretische Grundlagen der MPU mitKommentierung:Schubert, W.; Schneider, W.; Eisenmenger, W.; Stefan, E. (Hrsg.) (2005).Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung – Kommentar. Überarbeiteteund erweiterte 2. Ausgabe. Bonn: Kirschbaum Verlag.

Kurzeinführung und Grundriss der Beurteilungskriterien:Brenner-Hartmann, J.; Wagner, T.; Mußhoff, F.; Hoffmann-Born, H.; Löhr-Schwaab, S.; Müller A. (2011). Grundriss der Fahreignungsbegutachtung.Bonn: Kirschbaum Verlag.

Detaillierte Darstellung der offiziellen MPU-Beurteilungskriterien:Schubert, W.; Mattern, R. (Hrsg.) (2009). Urteilsbildung in der Medizinisch-Psychologischen Fahreignungsdiagnostik – Beurteilungskriterien, 2. Auflage.Bonn: Kirschbaum Verlag.

Rechtliche Problemfelder und Hilfestellungen bei sonstigen körperlichenErkrankungen:Hoffmann-Born, H.; Peitz, J. (2008). Arzthaftung bei problematischerFahreignung, 2. Auflage. Bonn: Kirschbaum-Verlag.

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