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Stiftungsrecht: Umwandlung der unselbständigen in eine selbständige Stiftung Wer sein Vermögen dauerhaft einem bestimmten Zweck widmen will, kann es in eine Stiftung einbringen. In Betracht kommen eine selbständige und eine unselbständige Stiftung. Die Anerkennung einer Stiftung setzt unter anderem voraus, dass diese über ausreichend Vermögen verfügt Selbständige Stiftung Gesetzlicher Regelfall ist die selbständige Stiftung. Sie entsteht durch ein Stiftungsgeschäft, eine Stiftungssatzung und die anschließende Anerkennung seitens der zuständigen Landesbehörde. Die Anerkennung setzt unter anderem voraus, dass die Stiftung über ausreichend Vermögen verfügt, um den angestrebten Zweck dauerhaft zu verfolgen. Zulässig ist auch die Errichtung einer Stiftung auf bestimmte Zeit, innerhalb derer das Vermögen für den Stiftungszweck verbraucht wird („Verbrauchsstiftung“); der Zeitraum muss dann aber mindestens zehn Jahre umfassen. Die Stiftungssatzung muss neben dem Zweck und dem Vermögen den Namen und den Sitz der Stiftung festlegen und Regeln für die Bildung des Vorstandes treffen. Mit der behördlichen Anerkennung ist die Stiftung rechtsfähig. Sie kann also – vertreten durch ihren Vorstand – in eigenem Namen Rechtsgeschäfte tätigen. Auf diese Weise kann der Stifter sicherstellen, dass ein Vermögen dauerhaft einem bestimmten 1

Stiftungsrecht Umwandlung der unselbständigen in eine selbständige Stiftung

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Stiftungsrecht: Umwandlung der unselbständigen in eine selbständige Stiftung

Wer sein Vermögen dauerhaft einem bestimmten Zweck widmen will, kann es in eine Stiftung einbringen. In Betracht kommen eine selbständige und eine unselbständige Stiftung.

Die Anerkennung einer Stiftung setzt unter anderem voraus, dass diese über ausreichend Vermögen verfügt

Selbständige StiftungGesetzlicher Regelfall ist die selbständige Stiftung. Sie entsteht durch einStiftungsgeschäft, eine Stiftungssatzung und die anschließende Anerkennungseitens der zuständigen Landesbehörde. Die Anerkennung setzt unter anderemvoraus, dass die Stiftung über ausreichend Vermögen verfügt, um denangestrebten Zweck dauerhaft zu verfolgen. Zulässig ist auch die Errichtungeiner Stiftung auf bestimmte Zeit, innerhalb derer das Vermögen für denStiftungszweck verbraucht wird („Verbrauchsstiftung“); der Zeitraum mussdann aber mindestens zehn Jahre umfassen. Die Stiftungssatzung muss nebendem Zweck und dem Vermögen den Namen und den Sitz der Stiftung festlegenund Regeln für die Bildung des Vorstandes treffen. Mit der behördlichenAnerkennung ist die Stiftung rechtsfähig. Sie kann also – vertreten durch ihrenVorstand – in eigenem Namen Rechtsgeschäfte tätigen. Auf diese Weise kannder Stifter sicherstellen, dass ein Vermögen dauerhaft einem bestimmten

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gemeinnützigen oder privatnützigen Zweck zugutekommt – auch über seinenTod hinaus.

Unselbständige StiftungIn der Praxis reichen die Vermögen der Stifter häufig nicht aus, um eineselbständige Stiftung zu gründen. Hierfür gibt es zwar keine festenMindestgrenzen; die Landesbehörden verlangen aber regelmäßig – je nachverfolgtem Stiftungszweck – einen hohen fünfstelligen oder einensechsstelligen Betrag. Zudem ist die Errichtung einer selbständigen Stiftungaufgrund der Anforderungen an die Satzung und das Erfordernis derAnerkennung mit zeitlichem und organisatorischem Aufwand verbunden.Manche Stifter entscheiden sich daher zunächst für eine unselbständigeStiftung. Diese ist gesetzlich nicht geregelt. Sie kann mangels Rechtsfähigkeitauch nicht eigenständig am Rechtsverkehr teilnehmen. Vielmehr wird dasStiftungsvermögen durch einen Treuhänder verwaltet. Im Stiftungsgeschäft legtder Stifter neben dem Zweck und dem einzusetzenden Vermögen auch diePerson des Verwalters und dessen Befugnisse fest. Regelmäßig fügt der Stifterdiesem Stiftungsgeschäft auch eine als solche bezeichnete „Satzung “ bei,obwohl dies für eine unselbständige Stiftung nicht erforderlich ist. Denn andersals die selbständige Stiftung bedarf die unselbständige nicht der Anerkennung.Vielmehr basiert die unselbständige Stiftung auf einem „normalen“schuldrechtlichen Vertrag oder einer Verfügung von Todes wegen.

Die unselbständige Stiftung basiert auf einem „normalen“ schuldrechtlichen Vertrag oder einer Verfügung von Todes wegen

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Stiftung durch letztwillige VerfügungDer Stifter kann etwa in einem Testament oder in einem Erbvertrag verfügen,dass sein Vermögen nach seinem Tode ganz oder teilweise für den von ihmbestimmten Zweck eingesetzt wird. Zu Lebzeiten kann der Stifter ein Vermögenunentgeltlich einem anderen zuwenden und diese Zuwendung mit der Auflageversehen, dass das Vermögen nur zu einem bestimmten Zweck verwendetwerden darf (Schenkung unter Auflage). Zuwendungsempfänger kann sowohleine Privatperson als auch eine juristische Person sein, etwa ein Verein, eineGesellschaft mit beschränkter Haftung oder eine selbständige Stiftung.

Stiftung durch TreuhandvertragHäufig erfolgt die Gründung einer unselbständigen Stiftung durch einenTreuhandvertrag. Darin vereinbaren Stifter und Treuhänder die Verwaltung desVermögens zu einem bestimmten Zweck. Erhält der Treuhänder für seineTätigkeit eine Vergütung, so handelt es sich um einenGeschäftsbesorgungsvertrag im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).Wird er unentgeltlich tätig, so gelten die Vorschriften des Auftragsrechts.Demnach ist der Treuhänder grundsätzlich an die Weisungen des Auftraggebersgebunden. Die Stifter können vom Treuhänder jederzeit Auskunft über dieVerwendung des Treuhandvermögens verlangen (OberlandesgerichtNaumburg , Beschluss vom 6. März 2014, Aktenzeichen 1 W 2/14).

„OLG Naumburg“ von Olaf Meister (Olaf2) – Eigenes Werk. Lizenziert unter GFDL über Wikimedia Commons.

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Begriff „Stiftung“Sowohl die selbständige als auch die unselbständige Stiftung basieren auf demStiftungsgeschäft des Stifters. Bei der Auslegung des Stiftungsgeschäfts und derStiftungssatzung ist auf den objektiven Stifterwillen abzustellen, wie er in denmaßgeblichen Dokumenten und – im Falle einer selbständigen Stiftung – imAnerkennungsverfahren zum Ausdruck kommt (Oberlandesgericht Stuttgart,Urteil vom 27. Juni 2003, Aktenzeichen 5 U 162/02). Welche Rechtsform derStifter anstrebt, ist im Zweifel durch Auslegung zu ermitteln. Das Wort„Stiftung“ allein gibt hierfür keinen ausreichenden Anhaltspunkt, denn derBegriff findet sowohl für die selbständige als auch für die unselbständigeStiftung Verwendung (Bayerisches Oberstes Landesgericht , Beschluss vom 25.Oktober 1972, Aktenzeichen BReg 2 Z 56/72). So darf sich auch der Treuhändereiner unselbständigen Stiftung selbst als „Stiftung“ bezeichnen, sofern eraufgrund eines Treuhandvertrages wirksam an einen Stiftungszweck gebundenist.

„Oberlandesgericht Stuttgart“ von Tresckow – Eigenes Werk. Lizenziert unter CC BY 3.0 über Wikimedia Commons.

Treuhänder kann jede juristische oder natürliche Person sein, die vom Stifterals geeignet angesehen wird, das Vermögen fiduziarisch zu verwalten. Oftüberträgt der Stifter diese Aufgabe einer Person seines Vertrauens aus seinemprivaten Umfeld. Häufig finden sich in der Praxis auch „Dachstiftungen“ in Formeiner juristischen Person, etwa einer Aktiengesellschaft oder einer Gesellschaftmit beschränkter Haftung . Solche „Dachstiftungen“ übernehmen für

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unselbständige Stiftungen die Verwaltung des Stiftungsvermögens und dienotwendige Organisation. Auf diese Weise kann eine unselbständige Stiftungihren Zweck dauerhaft verfolgen, ohne eine eigene Organisation etablieren undunterhalten zu müssen. Denkbar ist auch, dass der Stifter die unselbständigeStiftung als ein Zwischenstadium auf dem Weg zu einer selbständigen Stiftungsieht. Das ist etwa der Fall, wenn aufgrund fehlenden Vermögens zunächst nureine unselbständige Stiftung in Betracht kommt, die aber nach Anwachsen desVermögens in eine selbständige Stiftung umgewandelt werden kann und soll.

Von der unselbständigen zur selbständigen StiftungDer Stifter kann schon im Stiftungsgeschäft festlegen, dass sein zunächst nurtreuhänderisch gebundenes Vermögen unter bestimmten Voraussetzungen ineine selbständige Stiftung mit eigener Rechtspersönlichkeit überführt werdensoll. Dem Treuhänder obliegt es dann – gegebenenfalls gemeinsam mit demStifter – zur festgelegten Zeit eine selbständige Stiftung zu gründen und dasverwaltete Vermögen in diese einzubringen. Dabei empfiehlt es sich, dieVoraussetzungen der Umwandlung so konkret wie möglich zu regeln.Unterbleibt eine klare Regelung, so führt dies in der Praxis häufig zuSchwierigkeiten, welche die Errichtung einer selbständigen Stiftung verzögernoder sogar gänzlich verhindern können. Dies gilt vor allem dann, wenn mehrereStifter vorhanden sind, die sich ursprünglich einig waren, später aberunterschiedliche Ansichten vertreten, was den Zeitpunkt oder dieVoraussetzungen der Überführung in eine selbständige Stiftung betrifft.

Unterbleibt eine klare Regelung, so führt dies in der Praxis häufig zu Schwierigkeiten

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Weisungen der StifterVorbehaltlich anderweitiger Regelungen im Stiftungsgeschäft, ist derTreuhänder aufgrund des fiduziarischen Charakters des Treuhandvertragesgrundsätzlich an die Weisungen der Stifter gebunden. Dieser Grundsatz hilftaber nicht viel weiter, wenn die Stifter ihrerseits uneinig sind und daher keineeinheitlichen Weisungen erteilen. So entschied der Bundesgerichtshof mitUrteil vom 22.01.2015 (Aktenzeichen III ZR 434/13), dass die Weisung eines vonzwei Stiftern nicht genüge, um den Treuhänder zu einer Umwandlung derunselbständigen in eine selbständige Stiftung zu verpflichten. Im konkreten Fallwar im Treuhandvertrag zwar vorgesehen, dass die zunächst unselbständigeStiftung bei ausreichender Kapitalausstattung in eine selbständige Stiftungüberführt werden solle. Weder der Treuhandvertrag selbst noch die beigefügteStiftungssatzung enthielten jedoch hinreichend konkrete Vorgaben, wie die zugründende selbständige Stiftung ausgestaltet sein soll. In diesem Fall, so derBundesgerichtshof, müssen die Stifter gemeinschaftlich konkrete Weisungenerteilen. Dies folge schon daraus, dass die Stifter untereinander regelmäßigeine Rechtsgemeinschaft oder eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts bilden, sodass Erklärungen gegenüber dem Treuhänder nur gemeinschaftlich erfolgenkönnen. Selbst wenn, so der Bundesgerichtshof weiter, im Einzelfall dieRechtsgemeinschaft mit Stimmenmehrheit über die Verwaltung desgemeinsamen Gegenstandes bestimmen könne, so sei diese Voraussetzung imkonkreten Fall nicht erfüllt, weil von zwei Stiftern einer die Zustimmungverweigerte.

Im Übrigen dürfte es sich bei der Umwandlung einer unselbständigenfiduziarischen Stiftung in eine selbständige Stiftung regelmäßig um einGrundlagengeschäft handeln, welches in Ermangelung abweichenderRegelungen im Stiftungsgeschäft oder der Satzung von allen Stifterngemeinschaftlich beschlossen werden muss. Denn meist enden mit Erlangungder Rechtsfähigkeit der neuen, selbständigen Stiftung die ursprünglicheunselbständige Stiftung und damit auch die darauf bezogeneRechtsgemeinschaft der Stifter.

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Gestaltung des StiftungsgeschäftesDie Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterstreicht die Bedeutungeindeutiger Regelungen im Stiftungsgeschäft. Wer im ersten Schritt eineunselbständige Stiftung gründet, sollte im Treuhandvertrag und/oder derbeigefügten Stiftungssatzung eindeutig zum Ausdruck bringen, unter welchenVoraussetzungen der Treuhänder zu einer Überführung des Vermögens in eineselbständige Stiftung berechtigt und verpflichtet ist. Auch wenn im Zeitpunktder Gründung einer unselbständigen Stiftung ungewiss ist, ob es je zu einersolchen Überführung kommen wird und diese gegebenenfalls noch in weiterFerne liegt, kann der Stifter durch eindeutige Regelungen spätereUngewissheiten vermeiden. Hierfür sollte der Stifter nicht nur klare Kriterienbenennen, anhand derer sich der Treuhänder wie auch ein etwaiger Erbe desStifters orientieren kann; vielmehr sollte auch unmissverständlich geregelt sein,wer berechtigt ist, dem Treuhänder in nie ganz auszuschließendenZweifelsfällen Weisungen zu erteilen.

Dieser Beitrag wurde unter Artikel abgelegt und mit Erbvertrag, Gesellschaft mit beschränkter Haftung, GmbH,Landesbehörden, Rechtsform, Rechtsgeschäfte, Rechtsverkehr, Satzung, selbständige Stiftung, Stiftung,Stiftungsgeschäft, Stiftungssatzung,Stiftungsvermögen, Stiftungszweck, Testament, Treuhandvertrag,Treuhänder, unselbständige Stiftung, Verbrauchsstiftung, Vorstand verschlagwortet.

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