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OPEN DATA UND INVESTIGATIVER JOURNALISMUS Ergebnisse einer explorativen Befragung im deutsprachigen Raum Christian Heise, Dr. Christian Herzog 09.10.14 LEUPHANA CENTRE FOR DIGITAL CULTURES (CDC)

Open Data und investigativer Journalismus - Ergebnisse einer explorativen Befragung im deutsprachigen Raum

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Open-Data-Initiativen öffentlicher Einrichtungen verbreiten sich weltweit rasant. Als Treiber für den Drang nach mehr Transparenz und Offenheit wirken dabei einerseits wirtschaftspolitische, andererseits demokratietheoretische Potentiale. Doch ermöglichen Open-Data-Initiativen wirklich eine bessere Berichterstattung über Vorgänge und Prozesse in Politik und öffentlicher Verwaltung, und was unterscheidet diese Initiativen als Zugangsmöglichkeit zu öffentlichen Daten von dem Zugang über bestehende Informationsfreiheitsgesetze? Welchen Wert haben die veröffentlichten Datensätze letztendlich für die journalistische Arbeit und insbesondere die investigative Berichterstattung? Die Rohdaten der Befragung sind unter https://zenodo.org/record/12252 abrufbar.

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OPEN DATA UND INVESTIGATIVER JOURNALISMUS Ergebnisse einer explorativen Befragung im deutsprachigen Raum Christian Heise, Dr. Christian Herzog 09.10.14 LEUPHANA CENTRE FOR DIGITAL CULTURES (CDC)

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—  Hype um Open Data-Projekte der öffentlichen Hand —  Beobachtung, dass das IFG des Bundes und die elf IFGs der Länder in der öffentlichen Wahrnehmung gegenüber Open-Data

Projekten ein Nischendasein fristen —  Kaum bekannten Beispiele für ausschließlich auf Open Data-Projekten der öffentlichen Hand beruhenden

Investigativjournalismus —  Beispiele für auf IFG-Daten beruhenden Investigativjournalismus:

Ausgangslage

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2009 MPs‘ Expenses Scandal (UK) •  „[O]ne of the most significant

political stories of modern times“ (Gaber 2013) •  Enthüllt von der FOI-Aktivistin und Journalistin Heather

Brooke •  Hat das öffentliche Vertrauen in die Rechtschaffenheit

politischer Amtsträger unterminiert •  Führte zu diversen Rücktritten/ Strafverfolgsverfahren •  Parteien gelobten mehr Offenheit und proaktive

Datenveröffentlichung

BMI Zielvereinbarungen Olympiade 2012 •  Enthüllt von Daniel Drepper und

Niklas Schenck •  Schikanen vom BMI (geschwärzte Akten, hohe

Gebühren) •  Medaillenerwartungen als Grundlage für die Vergabe von

Fördergeldern waren vom BMI viel zu hoch angesetzt •  Hat das IFG etwas ins öffentliche Bewußtsein gerückt,

aber viel geringere Tragweite als beim MPs‘ Expenses Scandal

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Erkenntnisinteresse

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Welchen Einfluss haben Open-Data-Initiativen für Journalisten? Ermöglichen sie investigative Berichterstattungen über Vorgänge und Prozesse in Politik und öffentlicher Verwaltung, und was grenzt sie als Zugangsmöglichkeit zu öffentlichen Daten von IFG-Anfragen ab? Wie kann die Arbeit mit Daten oder Informationen erleichtert werden? Scoop vs Stream [T]he technology on which blogging is based encourages a fluid stream of information and commentary. [...] Bloggers [...] occasionally, though not frequently, report news stories first hand. Recent publicity about bloggers’ ‘scoops’ have encouraged a new routine in many newsrooms [...]. (Lowrey 2006: 487, 489) Hypothesen 1) Das IFG spielt im Rahmen der Recherche für investigative journalistische Berichterstattung eine wichtige Rolle. 2) Durch IFG-Anfragen erhaltene Daten sind gut geeignet zu exklusiven Berichterstattungen mit hohem Nachrichtenwert

(Scoops) zu führen. 3) Der kontinuierliche Informationsfluss von Open-Data (Stream), der vielfach von Datenjournalisten genutzt wird, spielt im

Rahmen der Recherche für investigative journalistische Berichterstattung gegenüber gesetzlich geregelter Informations-freiheit (noch) eine untergeordnete Rolle.

 

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Methode

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Explorative Befragung mittels eines Online-Umfrage Tools vom 04.08.2014 bis zum 14.09.2014 Gestreut teils über persönliche Kontake, über die Teilnehmer des Panels, Netzwerke wie z.B: „Netzwerk Recherche“, CDC Website und Social Media

 

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Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Studie

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n = 53 47 Altersangaben Median: 38 Jahre

Min.: 25 Jahre Max.: 55 Jahre

Welchem  Berufsbild  bzw.  journalis7schen  Feld  würden  Sie  sich  selbst  zuordnen?

Geschlecht:

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Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Studie

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Für  welchen  redak7onellen  Bereich  sind  Sie  überwiegend  tä7g?

Was  ist  Ihre  berufliche  Posi7on  bzw.  welche  HaupGunk7on  haben  

Sie  in  der  Redak7on?

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Wie häufig verwenden Sie für Ihre journalistische Arbeit öffentliche Daten (Open Data) und/oder Statistiken von Behörden und Organisationen?

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Wie häufig verwenden Sie für Ihre journalistische Arbeit Daten, die Sie nach Informationsfreiheitsgesetzanfragen erhalten?

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Wenn nicht über Open Data-Zugänge und/oder auf Basis von IFG-Anfragen: Woher beziehen Sie die Daten, die Sie für Ihre Arbeit verwenden?

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Sonstiges (Auswahl): „Scraping“ (5x); „eigene Erhebungen“ / "Eigenrecherche" / "eigene Umfragen"

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Sofern Ihre journalistische Arbeit Programmierung erfordert, sind Sie ...?

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Stimmen sie der folgenden Aussage zu? "Informationsfreiheitsgesetze ermöglichen einzelne unregelmäßige Anfragen von Journalisten, die eher geeignet sind, zu Berichterstattungen mit hohem Nachrichtenwert zu führen (Scoop)."

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Stimmen sie der folgenden Aussage zu? "Der kontinuierliche Informationsfluss von Open-Data, der vielfach von Datenjournalisten genutzt wird (Stream) kommt im Rahmen der demokratiefördernden Funktion des Journalismus bisher viel weniger zum Tragen als gesetzlich geregelte Informationsfreiheit."

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Wenn Sie nach Daten oder Informationen suchen, wodurch werden Sie in Ihrer Arbeit am meisten behindert?

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Sonstiges (Auswahl): Qualität & Format der Daten (3x); Ausnahmetatbestände

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Überprüfung der Hypothesen

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1) Das IFG spielt im Rahmen der Recherche für investigative journalistische Berichterstattung eine wichtige Rolle.

Ja, das IFG spielt eine wichtige aber keine herausragende Rolle. Weitere Informationsquellen sind u.a. Open Data, Statistiken von Behörden und Organisationen (Unternehmensinformationen), Pressemitteilungen und persönliche Informationen. 2) Durch IFG-Anfragen erhaltene Daten sind gut geeignet zu exklusiven Berichterstattungen mit hohem Nachrichtenwert

(Scoops) zu führen. Etwa zu gleichen Teilen Zustimmung und die Antwort „teils/teils“. Elf Prozent der Befragten (6) stimmen nicht zu. 12 der 53 Befragten haben geantwortet sie verwendeten nie IFG-Daten. Drei davon haben auf diese Frage jeweils „teils/teils“ und „nein“ geantwortet. Hypothese nicht klar bestätigt aber ein signifikanter Anteil an Zustimmung. 3) Der kontinuierliche Informationsfluss von Open-Data (Stream), der vielfach von Datenjournalisten genutzt wird, spielt im

Rahmen der Recherche für investigative journalistische Berichterstattung gegenüber gesetzlich geregelter Informations-freiheit (noch) eine untergeordnete Rolle.

Die Hälfte der Befragten stimmt zu. 30 Prozent antworten „weiß nicht“. 7,5 Prozent stimmen nicht zu. Hypothese größtenteils bestätigt. è Explorativer Charakter der Befragung. Nicht repräsentatives kleines Sample von Informantinnen und Informanten.

 

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Wie bzw. mit welchen konkreten Maßnahmen könnte Ihre Arbeit mit Daten und/oder Informationen erleichtert werden?

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Gruppe 1: Ausbildung und Kompetenzen „Holschuld: endlich Programmieren lernen, Bringschuld: Veröffentlichung von mehr Daten, einfacher Zugang“; „Finanzielle (und vlt. auch rechtliche & inhaltliche) Unterstützung bei IFG-Prozessen“ Gruppe 2: Einheitliche Standards & Saubere Daten „einheitliche Ausgabestandards“; „Standardisierte Schnittstellen und Systeme“; „saubere Daten (regelbar über die Erfassung)“; „Bereitstellung von Datensätzen und nicht von gescannten Bildern/Dokumenten“; „Aufbereitung von Daten“ Gruppe 3: Gesetzliche Regelungen „Transparenzgesetze wie in Hamburg“; „generelle Transparenzgesetze“; „Mehr bzw. umfangreichere Dokumentations- und Informationspflichten der Verwaltung“; „größere Offenheit und Transparenz seitens der Regierenden“; „verbesserte IFGs“; „Veröffentlichungspflicht für bestimmte Daten“, „Grundsätzliche Umkehrung des Amtsgeheimnisse“; „bundeseinheitliches IFG, Transparenzportale“; Pressefreiheit und Meinungsfreiheit stärken (Gesetz, Verfassung!); „Noch stärkere Gesetzgebung i.S. Offenlegung, Transparenz“; „Behörden Daten proaktiv veröffentlichen und nicht erst nach Anfrage“

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Die Rohdaten der Befragung sowie die Präsentation werden nach der Konferenz auf digitale-grundversorgung.de veröffentlicht.

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