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Marketing & Kommunikation 11/13 Dossier 9 VON MICHAEL GISIGER*, WORTGEFECHT | SOCIAL BUSINESS TRAINING UND BERATUNG Verborgene Schätze: Kundendaten im Zeitalter von Social Media KUNDENDATEN In den Datenbanken der meisten Unternehmen schlummern bereits unzählige Daten über deren Kunden. Seit einigen Jahren stehen zudem grosse Datenmengen aus Social-Media-Plattformen zur Verfügung, die in absehbarer Zukunft durch eine zunehmend maschinelle Erzeugung von Daten ins Unermessliche steigen wird. Verborgen in diesen «Datenbergen» schlummern Schätze in Form von Wettbewerbsvortreilen. Die verfügbare Datenmenge verzehnfacht sich ungefähr alle fünf Jahre. Das geläufige Buzz- word dazu heisst «Big Data». Un- ter dem Begriff versteht man be- sonders grosse Datenmengen, die mit herkömmlichen Datenbanken und Tools nicht oder nur teilwei- se verarbeitet werden können. Aufgrund der immensen Daten- mengen – wir sprechen hier von Terabytes, Petabytes, Exabytes und Zettabytes – ergeben sich Pro- bleme vor allem in den Bereichen der Erfassung, der Speicherung, der Suche, der Analyse und der Visualisierung. Mit neuen Ansät- zen kann man diese Datenberge verarbeiten und analysieren. Aus kommerzieller Sicht kann man sich damit Wettbewerbsvorteile erarbeiten, Einsparungspotenti- ale erkennen oder sogar neue Ge- schäftsfelder entdecken. Um den erfolgreichen Um- gang mit riesigen Datenmengen, unterschiedlichen Datenformaten und Datenquellen zu realisieren, müssen die herkömmlichen Me- thoden und Vorgehensweisen (Da- tenorganisation, Datenarchitektur, Daten-Management, Datenanalyse und Datenpräsentation) mit neu- en speziellen Tools und Konzep- ten verbunden werden, um wirt- schaftlichen Nutzen aus den Da- ten zu ziehen beziehungsweise ei- ne hohe Datenqualität (etwa für Entscheidungsfindungen) zu ge- währleisten. Die Daten eines Un- ternehmens sind immer nur so gut wie die Erkenntnisse, die sich da- raus ableiten lassen. Ein Unter- nehmensbereich, der traditionell bereits mit grossen Datenmen- gen arbeitet, ist Sales & Marke- ting. Hier schlummern auch gros- se Chancen in der gezielten Nutz- barmachung der gesammelten In- formation. Mit CRM zum Erfolg In den Datenbanken der meisten Unternehmen schlummern un- zählige Daten über deren Kunden. Wenn wir uns vor Augen führen, was alleine die unzähligen Loya- lity-Programme an Daten generie- ren, dann wird schnell klar, dass wir es hier ebenfalls mit einem Big-Data-Problem zu tun haben. Hier kommt nun eine der Teildis- ziplinen des CRM zum Zuge, das analytische CRM. Hierbei werden die zusammengeführten Kunden- und Transaktionsdaten - also jene Daten, die beim operativen CRM anfallen – ausgewertet (Data Mi- ning, Business Intelligence BI), um eine möglichst umfassende Sicht auf Kunden und Zielgrup- pen zu gewinnen. Beispielsweise können so Abwanderungsten- denzen und Betrugstatbestände, aber auch neue Zielgruppenmerk- male aus den Daten abgelesen werden. Weitere Vorteile, die sich da- raus ziehen lassen, sind die Op- timierung der Neukundengewin- nung durch die Segmentierung der bestehenden Interessenten, die Verringerung der Akquisiti- onskosten durch eine bessere Aus- wahl und Ansprache der Zielgrup- pen oder – im Rahmen der Opti- mierung der Bestandskunden – ei- ne Ertragssteigerungen durch die Nutzung von Cross- oder Up-Sel- ling-Möglichkeiten. Zudem kann die Anzahl der Abwanderungen durch die rechtzeitige Identifika- tion von Risikogruppen und die Einleitung entsprechender Ge- genmassnahmen gering gehalten werden. Besonders interessant ist, dass dies durch geeignete Systeme sowohl im E-Commerce wie auch am physischen Point-of-Sale sogar in Echtzeit geschehen kann. Social Media als Ausgangs- punkt Auch Unternehmen, die nicht über eine grosse Infrastruktur für analytisches CRM verfügen, können von der Auswertung von Big Data profitieren: Beim Social Media Monitoring fallen bereits grosse Datenmengen an, die oft- mals nur sehr rudimentär ausge- wertet werden. Laut der Studie «Big Data: Lessons from the Lea- ders» (http://www.sas.com/reg/ gen/corp/1774120) des Economist Intelligence Unit (EIU) sammeln ungefähr zwei Drittel der Un- ternehmen Web-Daten rund um ihre Kunden – allerdings nutzen nur 22 Prozent Social-Media- und Web-Daten für die Kundenanspra- che. Diese Zahl springt bei den wirtschaftlich besonders erfolg- reichen Unternehmen auf 32 Pro- zent. Wenn man nun diese Daten noch mit jenen aus dem opera- tiven CRM verknüpft und es über- haupt gelingt, die Datenhaltung in den sprichwörtlichen Silos zu überwinden, ergeben sich plötz- lich ganz neue Möglichkeiten. Bestehende Strukturen ver- hindern vor allem in KMU der- zeit noch eine umfassende Nut- zung der Daten: Während opera- tives CRM nach wie vor die Domä- ne des Vertriebs ist, fallen im Mar- keting und im Kundenservice eine Unmenge von Daten an, die zwar die Sicht auf den Kunden ver- bessern könnten, aber ihren Weg nicht in das System finden. Ganz zu schweigen von jenen Daten, die mittels Monitoring aus dem Social Web gewonnen werden könnten. Die Realität sieht eben noch so aus, dass die Abteilungen und meist auch deren Chefs sowie Mit- arbeiter unabhängig voneinander ihre eigenen kleinen Lösungen be- treiben. n Der «Social- Media-Trich- ter»: Social Media verstan- den als Kanal, über den mit- tels «socially- enabled» Mar- keting, Sales und Service Wert generie- ret wird. * Michael Gisiger ist Blogger, Berater und Trainer für Enterprise 2.0, Social Media und Online- Marketing. Seit 2006 publiziert er regelmässig Fachbeiträge in Online- und Printmedien, berät kleine und grosse Unternehmen und tritt als Redner und Dozent auf. Zu seinen Schwerpunkten gehören u.a. Collabora- tion und Social CRM, aber auch Social Media und Social Business allgemein. Auf wortgefecht.net bloggt er zu diesen Themen. Nach dem Studium in St. Gallen und Bern war er u.a. in der Versiche- rungs- und in der IT-Branche als Marketer tätig. Markt zugewandte Plattformen Social Media als Kanal Traditionelle Kanäle Interne Collaboration-Tool Social CRM Layer Traditionelle CRM-Prozesse

Verborgene Schätze: Kundendaten im Zeitalter von Social Media

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Fachartikel von mir, erschienen in Marketing & Kommunikation 11/2013, begleitend zu meinem Referat an der Trendtagung Fach- und Spezialmedien vom 07.11.2013.

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Page 1: Verborgene Schätze: Kundendaten im Zeitalter von Social Media

Marketing & Kommunikation 11/13 Dossier 9

VON MICHAEL GISIGER*, WOrtgefecht | SOcial BuSiNeSS traiNiNg uNd BeratuNg

Verborgene Schätze: Kundendaten im Zeitalter von Social MediaKUNDENDATEN in den datenbanken der meisten unternehmen schlummern bereits unzählige daten über deren Kunden. Seit einigen Jahren stehen zudem grosse datenmengen aus Social-Media-Plattformen zur Verfügung, die in absehbarer Zukunft durch eine zunehmend maschinelle erzeugung von daten ins unermessliche steigen wird. Verborgen in diesen «datenbergen» schlummern Schätze in form von Wettbewerbsvortreilen.

Die verfügbare Datenmengeverzehnfacht sich ungefähr allefünf Jahre. Das geläufige Buzz-worddazuheisst«BigData».Un-terdemBegriff verstehtmanbe-sondersgrosseDatenmengen,diemitherkömmlichenDatenbankenundToolsnichtodernurteilwei-se verarbeitet werden können.Aufgrund der immensen Daten-mengen–wir sprechenhiervonTerabytes, Petabytes, ExabytesundZettabytes–ergebensichPro-blemevorallemindenBereichender Erfassung, der Speicherung,der Suche, der Analyse und derVisualisierung.MitneuenAnsät-zen kann man diese Datenbergeverarbeitenundanalysieren.Auskommerzieller Sicht kann mansich damit Wettbewerbsvorteileerarbeiten, Einsparungspotenti-aleerkennenodersogarneueGe-schäftsfelderentdecken.

Um den erfolgreichen Um-gang mit riesigen Datenmengen,unterschiedlichenDatenformatenundDatenquellenzu realisieren,müssen die herkömmlichen Me-thodenundVorgehensweisen(Da-tenorganisation,Datenarchitektur,Daten-Management,DatenanalyseundDatenpräsentation)mitneu-enspeziellenToolsundKonzep-tenverbundenwerden,umwirt-schaftlichenNutzenausdenDa-tenzuziehenbeziehungsweiseei-ne hohe Datenqualität (etwa fürEntscheidungsfindungen) zu ge-währleisten.DieDateneinesUn-ternehmenssindimmernursogutwiedieErkenntnisse,diesichda-raus ableiten lassen. Ein Unter-nehmensbereich, der traditionellbereits mit grossen Datenmen-gen arbeitet, ist Sales & Marke-ting.Hierschlummernauchgros-seChancenindergezieltenNutz-barmachungdergesammeltenIn-formation.

Mit CRM zum ErfolgIndenDatenbankendermeistenUnternehmen schlummern un-zähligeDatenüberderenKunden.

WennwirunsvorAugenführen,wasalleinedieunzähligenLoya-lity-ProgrammeanDatengenerie-ren,dannwirdschnellklar,dasswir es hier ebenfalls mit einemBig-Data-Problem zu tun haben.HierkommtnuneinederTeildis-ziplinendesCRMzumZuge,dasanalytischeCRM.HierbeiwerdendiezusammengeführtenKunden-undTransaktionsdaten-alsojeneDaten,diebeimoperativenCRManfallen– ausgewertet (DataMi-ning, Business Intelligence BI),um eine möglichst umfassendeSicht aufKundenundZielgrup-penzugewinnen.Beispielsweisekönnen so Abwanderungsten-denzen und Betrugstatbestände,aberauchneueZielgruppenmerk-male aus den Daten abgelesenwerden.

WeitereVorteile,diesichda-raus ziehen lassen, sinddieOp-timierung der Neukundengewin-nung durch die Segmentierungder bestehenden Interessenten,die Verringerung der Akquisiti-onskostendurcheinebessereAus-wahlundAnsprachederZielgrup-penoder–imRahmenderOpti-mierungderBestandskunden–ei-neErtragssteigerungendurchdieNutzungvonCross-oderUp-Sel-ling-Möglichkeiten.Zudemkanndie Anzahl der Abwanderungendurchdie rechtzeitige Identifika-

tion von Risikogruppen und dieEinleitung entsprechender Ge-genmassnahmen gering gehaltenwerden.Besondersinteressantist,dassdiesdurchgeeigneteSystemesowohlimE-CommercewieauchamphysischenPoint-of-SalesogarinEchtzeitgeschehenkann.

Social Media als Ausgangs-punktAuch Unternehmen, die nichtüber eine grosse Infrastrukturfür analytisches CRM verfügen,könnenvonderAuswertungvonBigDataprofitieren:BeimSocialMedia Monitoring fallen bereitsgrosse Datenmengen an, die oft-malsnur sehr rudimentär ausge-wertet werden. Laut der Studie«BigData:Lessons fromtheLea-ders» (http://www.sas.com/reg/gen/corp/1774120)desEconomistIntelligence Unit (EIU) sammelnungefähr zwei Drittel der Un-ternehmen Web-Daten rund umihreKunden–allerdingsnutzennur22ProzentSocial-Media-undWeb-DatenfürdieKundenanspra-che. Diese Zahl springt bei denwirtschaftlich besonders erfolg-reichenUnternehmenauf32Pro-zent.WennmannundieseDatennoch mit jenen aus dem opera-tivenCRMverknüpftundesüber-haupt gelingt, die DatenhaltungindensprichwörtlichenSiloszu

überwinden, ergeben sich plötz-lichganzneueMöglichkeiten.

Bestehende Strukturen ver-hindern vor allem in KMU der-zeit noch eine umfassende Nut-zungderDaten:Währendopera-tivesCRMnachwievordieDomä-nedesVertriebsist,fallenimMar-ketingundimKundenserviceeineUnmengevonDatenan,diezwardie Sicht auf den Kunden ver-bessernkönnten, aber ihrenWegnichtindasSystemfinden.GanzzuschweigenvonjenenDaten,diemittelsMonitoringausdemSocialWebgewonnenwerdenkönnten.Die Realität sieht eben noch soaus, dass die Abteilungen undmeistauchderenChefssowieMit-arbeiterunabhängigvoneinanderihreeigenenkleinenLösungenbe-treiben. n

Der «Social-Media-Trich-ter»: Social Media verstan-den als Kanal, über den mit-tels «socially-enabled» Mar-keting, Sales und Service Wert generie-ret wird.

* Michael Gisiger ist Blogger,

Berater und Trainer für Enterprise

2.0, Social Media und Online-

Marketing. Seit 2006 publiziert er

regelmässig Fachbeiträge in

Online- und Printmedien, berät kleine und grosse

Unternehmen und tritt als Redner und Dozent auf.

Zu seinen Schwerpunkten gehören u.a. Collabora-

tion und Social CRM, aber auch Social Media und

Social Business allgemein. Auf wortgefecht.net

bloggt er zu diesen Themen. Nach dem Studium in

St. Gallen und Bern war er u.a. in der Versiche-

rungs- und in der IT-Branche als Marketer tätig.

Markt zugewandte Plattformen

Social Media als Kanal

traditionelle Kanäle

interne collaboration-tool

Social crM layer

traditionelle crM-Prozesse