Risiken von E-voting - CryptoParty - Ondrisek

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Risiken von E-Voting

Hallo!

mein Name ist Dr. Barbara Ondrisek und heute werde ich einen Talk ber die Risiken von E-Voting geben.

ber mich: Ich habe meine Dissertation an der TU Wien bei Peter Purgathofer ber Sicherheit von E-Voting-Systemen geschrieben.

Hintergrund

Zu meinem Hintergrund: Ich habe mehr als 15 Jahre Berufserfahrung als Freelancer und Consultant, wobei ich grtenteils bei greren Firmen als Software-Entwickler gearbeitet habe. Ich habe einen starken Backend-Entwickler Hintergrund, allerdings mit einem Hang zu Full Stack and Mobile.

2008 habe ich meine Doktorarbeit zu Sicherheit von E-Voting-Systemen geschrieben. Diese Arbeit hat auch den Dr. Maria Schaumayr Preis gewonnen.

Der Vorsto der VP, E-Voting einzusetzen, obwohl elektronische Wahlen in sterreich bereits vom sterr. Verfassungsgerichtshof fr ungltig erklrt wurden, alarmiert Kritiker wie Rechtsexperten. Die Transparenz des Wahlvorganges ginge verloren und die Grundstze des freien, geheimen und persnlichen Wahlrechts seien gefhrdet. Zudem gbe es eine Reihe weiterer Risiken und Sicherheitsprobleme bei elektronischen Wahlen.

E-Voting und Wahlrecht

Mit E-Voting (engl. fr ,,elektronische Wahlen) ist jene Wahlmethode gemeint, mit der Stimmen auf elektronischem Weg reprsentiert oder gesammelt werden knnen. Die verschiedenen Arten von elektronischen Wahlen reichen von Internetwahlsystemen ber Wahlmaschinen bis hin zu optischen Scannern, die Papierstimmzettel automatisiert auswerten.Die Wahlrechtsgrundstze, auf denen jede Wahlform basiert, sind in der sterreichischen Verfassung verankert und besagen, dass jeder Brger oder jede Brgerin das Recht auf eine allgemeine, freie, gleiche, persnliche, unmittelbare und geheime Ausbung seines oder ihres Wahlrechts hat. Bei elektronischen Wahlen sind allerdings die Grundstze des freien, geheimen und persnlichen Wahlrechts, besonders in Hinblick auf Transparenz, Manipulation, Stimmenkauf und Wahlzwang, gefhrdet.

Kritiker

Es gibt nur schwache oder unvollstndige Standards zur Implementierung von elektronischen Wahlsystemen und viele wissenschaftliche Experten wie P. Purgathofer, M. Fehndrich, E. Neuwirth sprechen sich explizit gegen den Einsatz von E-Voting aus. Kritiker sind traditionellerweise Juristen oder Informatiker, also jene Leute, die sich am besten mit dem Thema auskennen. Dennoch gibt es weitreichende Bestrebungen, E-Voting in Staaten einzusetzen, in denen bisher Urnenwahlen stattfanden, wie etwa in sterreich.

Andere Lnder, andere Sitten

Elektronische Wahlen sind generell ein sehr umstrittenes Gebiet. Eine Reihe von Fehlern und Schwachstellen wurden bereits in E-Voting-Systemen weltweit (z.B. USA, den Niederlanden oder Estland) gefunden. In der Schweiz wurde die Wahlbeteiligung nachweislich nicht erhht, auerdem musste auch dort an einer Schweizer Uni eine E-Wahl aufgrund von Mngeln wiederholt werden. Bei elektronischen Wahlen in Estland wurden erst 2014 gravierende Sicherheitsmngel festgestellt.In Deutschland hat das Bundesverfassungsgericht die Verwendung von Wahlcomputern als verfassungswidrig erklrt und in sterreich wurde der E-Voting-Pilotversuch bei den H-Wahlen ebenfalls fr ungltig erklrt.

Vorteile von E-Voting

Trotz der Kontroversen, die dieses Thema hervorbringt, werden gewisse Vorteile von elektronischen Wahlen von dessen Befrwortern immer wieder hervorgehoben: Schnellere Auszhlungen, Modernisierung und Zukunftsorientierung, das Verhindern unabsichtlich ungltiger Stimmen (besonders bei speziellen Auswertungsformen wie Panaschieren oder Kumulieren) und Vorteile fr krperlich benachteiligte Personen (Stichwort: barrierefreies Whlen). Weiters werden finanzielle Ersparnisse, Steigerung der Wahlbeteiligung, leichtere Einbindung von Whlern aus dem Ausland wie auch Anwendung der direkten Demokratie genannt. Die technikbegeisterte, junge Generation wrde durch Internetwahlen zur Beteiligung motiviert werden. Auerdem msse ein moderner Staat ja im digitalen Zeitalter elektronische Wahlen ermglichen.

Transparenz

Der Einsatz elektronischer Wahlen birgt aber neben positiven Aspekten auch eine Reihe von Gefahren. Zum Einen ergibt sind bei E-Voting das generelle Problem der Transparenz. Die Maschine eine Blackbox macht etwas, das selbst fr Techniker nicht direkt erkennbar ist. Das Speichern und das Berechnen der Wahlergebnisse bleibt Whlern, Beisitzern und Beobachtern verborgen. Nicht jeder Brger (insbesondere die ltere Generation) besitzt das Wissen und die Fhigkeiten, mit Computern und dem Internet umzugehen, geschweige denn, sich bei einem E-Voting-System mit zigtausend Lines Of Code auszukennen. Wie msste wohl so ein System aussehen, damit z.B. auch nicht beabsichtigtes Falschwhlen aufgrund von schlechter Bedienbarkeit ausgeschlossen werden kann?

Source Code

Zudem beharren Hersteller von E-Voting-Systemen meist auf proprietrer Soft- und Hardware, die nicht offen gelegt wird, da sie befrchten, dass Sicherheitslcken oder Betriebsgeheimnisse ausspioniert werden knnten. Doch selbst Open Source, also die Freilegung des Source Codes, bietet nicht gengend Schutz, da man nicht garantieren kann, dass auch der Code, der verffentlicht wurde, wirklich auf den Wahlcomputern installiert wurde. Denn auch berprfungsprogramme selbst knnen kompromittiert werden. Selbst wenn man Fehlerfreiheit auer Acht lsst, wie garantiert man, dass die Software aus dem auditierten Sourcecode durch einen auditierten Compiler (das bersetzungsprogramm von Source Code in Maschinen-Code) erstellt wurde? Prfsummen, Reproducible Builds und andere Prfprogramme oder auch der Compiler selbst knnen ebenfalls fehlerhaft sein oder gehacked werden, wie auch Firm- oder Hardware.

Manipulationssicherheit

Ein weiterer Aspekt, der sich aufgrund der fehlenden Transparenz ergibt, ist die Mglichkeit, dass nur eine einzige Person / ein Fehler das Ergebnis ohne Nachweis einer Manipulation verndern knnte absichtlich oder unabsichtlich. Wie wir gerade bei den Klebestreifen der Briefwahl sehen: Mchte man wirklich potenziell fehlerbehafteter Technik blind vertrauen, wo es gerade bei Wahlen um so viel geht und nur wenige Stimmen ber sterreichs Zukunft entscheiden knnen?

Ausfallsicherheit

Software und Hardware ist nie fehlerfrei. Es knnten sich beabsichtigte wie auch unbeabsichtigte Fehler oder Schwachstellen eingeschlichen haben, die selbst durch strenge Qualittskontrollen schlpfen knnen. So wurden bei vergangenen elektronischen Wahlen in den USA oft Unregelmigkeiten im Wahlergebnis gefunden, bei Untersuchungen der eingesetzten Wahlmaschinen wurden sogar gravierende Sicherheitsmngel entdeckt sowie mgliche Attacken nachgewiesen, wie etwa ein Tempest-Angriff oder die Manipulation des Boot-Loaders des Wahlcomputers.

Fehlerfreie Software

Eine wesentliche Komponente eines E-Voting-Systems ist die eingesetzte Software zum Verarbeiten der Stimmen. Bei nicht-trivialer Software jeglicher Art kann allerdings nie 100%ige Fehlerfreiheit gewhrleistet werden. Es kann sich immer ein beabsichtigter oder unbeabsichtigter Fehler in die Programmierung der Software einschleichen. Ebenso kann auch die Hardware beeintrchtigt werden, man denke nur an Ausflle durch Spannungsspitzen oder Bit-Flips durch kosmische Strahlung, geschweige denn an beabsichtigte Attacken.

Sicherheit im Internet

Das Internet wurde ursprnglich dafr entwickelt, in sekundenschnelle Nachrichten zu bertragen. Alle ursprnglichen Protokolle, wie HTTP oder E-Mail, wurden dabei in Hinblick auf Effizienz der Kommunikation und nicht fr Sicherheit entwickelt. Um uns den Alltag zu erleichtern, wurden nun zustzliche Sicherheitsmanahmen wie Verschlsselungsalgorithmen oben drauf dazu programmiert, wobei auch hier nach wie vor Bequemlichkeit vor Sicherheit galt. Man erinnere sich an die IT-Probleme einer groen sterreichischen Bank vor ein paar Jahren, oder denke nur an die berraschende Effektivitt von Phishing-Attacken. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht ein Unternehmen im non-chalanten Rampenlicht steht, Passwrter nicht ausreichend geschtzt zu haben, ausgespht worden zu sein oder Computerpannen verbrochen zu haben. Man muss kein Edward Snowden sein, um zu verstehen, dass man nur zu leicht aufgrund von Bequemlichkeit viele Risiken eingeht.

Internetwahlen

Internetwahlen werden flschlicherweise immer gern mit Onlinebanking verglichen. Mssten elektronische Stimmen nicht anonym sein, wren elektronische Wahlen genauso sicher wie jede andere verschlsselte Transaktion. Das Problem ist aber, dass Whler ihre Stimme persnlich, anonym, aber nicht nachvollziehbar abgeben sollen ein inhrenter Widerspruch bei elektronischen Transaktionen. Beim Onlinebanking kann man jederzeit den Geldfluss von beiden Seiten nachverfolgen, es gibt beidseitige Transaktionsbelege, aber bei E-Voting kann und darf man das nicht, da die Stimme anonym abgegeben werden muss. Man msste sich dazu schon auf das gesamte System 100% verlassen knnen, ohne allerdings eine Mglichkeit der Nachvollziehbarkeit zu haben.Internetwahlen mit Onlinebanking zu vergleichen, ist wie Postkarten mit WhatsApp: Bei dem einen wird die Stimme anonym ber einen unsicheren Kanal ohne Nachweis, aber mit viel Vertrauen geschickt bei dem anderen kommt eine Stimme authentifiziert, autorisiert und beidseitig geloggt an. Bei Onlinebanking knnen beide Seiten auf Kontoauszgen die Transaktion nachvollziehen, bei E-Voting soll das ja nicht mglich sein.

Papierwahl

Das heutige Papierwahl-System berzeugt und besticht mit seiner Einfachheit. Man kann die Schritte, die fr jeden verstndlich sind, selbst einem Volksschler erklren. Es ist ein durchdachtes, bewhrtes System mit einem bestimmten Ablauf mit mehreren Kontrollfunktionen. Es ist transparent, da es auch Wahlbeisitzer und Wahlbeobachter einbezieht. Die Stimmabgabe mit Stift und Papier hat sich als sichere Wahlmethode bewhrt und ermglicht die Nachzhlbarkeit einzelner Stimmen.Zudem ist gerade in sterreich nach der Beeinspruchung der Bundesprsidentenstichwahl auf Grund von Formfehlern kaum auszudenken, welche Verschwrungstheorien die verlierende Partei suggerieren wrde.

Kleber von Papierkuverts

Eine weitere Frage ist die generelle Motivation, warum E-Voting in sterreich berhaupt eingesetzt werden soll. Wieso ein bestehendes, vertrauenswrdiges System ersetzen, das funktioniert? Kostenersparnis und Erhhung der Wahlbeteiligung werden oft als Argumente geliefert, sind beide allerdings bereits durch Studien entkrftet. Die Motivation einer Killer Applikation fr die an schwacher Verbreitung krnkelnden Brgerkarten zu schaffen, ist gro. Das knnte eine E-Voting-Anwendung werden.Zudem ist es ausgesprochen absurd, jener Wahlkommission, die mit der jetzigen "Technologie" (Kleber von Papierkuverts) bereits Probleme hat, die fehlerfreie Implementierung, Betrieb und Kontrolle eines elektronischen Wahlsystems zuzutrauen.

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