1 II. Teil: Individualarbeitsrecht Teilbereich: Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses

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II. Teil: Individualarbeitsrecht

Teilbereich:

Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Wichtigste Fälle, wie Arbeitsverhältnisse enden können:

- Kündigung – wichtigster Beendigungsgrund- Aufhebungsvertrag- Anfechtung, §§ 119 ff. BGB- Befristung/Bedingung- Tod des ArbN, vgl. § 613 BGB- Beendigung eines nichtigen, aber in

Vollzug gesetzten Arbeitsvertrages (faktisches ArbVh.) mit Wirkung ex nunc

Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Fälle, die Arbeitsverhältnisse nicht beenden:- Suspendierung (Freistellung, z.B.

Arbeitskampf oder Elternzeit)- Tod des ArbG -> § 1922 BGB- Insolvenz des ArbG -> § 113 InsO- Betriebsübergang -> § 613 a BGB- Arbeitsunfähigkeit (z.B. Krankheit)- Erreichen der

sozialversicherungsrechtlichen Altersgrenze, § 41 SGB VI; Problem: Altersdiskriminierung

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II. Teil: Individualarbeitsrecht

Teilbereich: Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses

1. Der allgemeine individualrechtliche Kündigungsschutz (§§ 1 ff. KSchG)

2. Die außerordentliche Kündigung (§ 626 BGB)3. Kündigungsschutz für spezielle Personengruppen4. Der befristete Arbeitsvertrag5. Die Anfechtung des Arbeitsvertrages6. Betriebsinhaberwechsel

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Der allgemeine individualrechtliche Kündigungsschutz

Themenschwerpunkte:A) Einleitung B) Anwendungsbereich des KSchGC) Wirksamkeitsfiktion - § 7D) Sozialwidrigkeit - § 1 E) Auflösung/AbfindungF) Zusammenfassung und Fallprüfung

A.1. Die Kündigungserklärung

= einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung gerichtet auf Beendigung des Arbeitsvertrages

-> einseitige Gestaltungserklärung, die das Arbeitsverhältnis insgesamt beendet

-> entweder sofort oder nach Ablauf einer Kündigungsfrist

-> allg. Regeln, wie z.B. Zugang einer WE (§ 130 BGB), Geschäftsfähigkeit, Vertretung

A.1. Die Kündigungserklärung

Für Kündigung des Arbeitsvertrages:- Bestimmtheit der WE – Beendigungswille- Form §§ 623, 125 BGB- Mitteilungspflicht Künd.grund nur auf

Verlangen, § 241 II BGB- Zugang gem. § 130 I S. 1 BGB:

urlaubsbedingte Abwesenheit hindert Zugang nicht

- Wichtig: bei Stellvertretung - § 174 BGB

A.2. Die Kündigungsfristen

Für Kündigung des Arbeitsvertrages:- Kündigungsfristen

- § 622 BGB – einheitliche Grundkündigungsfrist (4 Wo zum 15. oder Monatsende)

- Gesetzliche Verlängerung zugunsten ArbN bei längerer Laufzeit

- Probezeit: zwei Wochen - Besonderheiten: §§ 20 BBiG, 86 SGB IX,

Tarifvertrag, Einzelvertrag

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A.3. Systematische Einordnung

Allgemeiner Kündigungsschutz

KSchG

grds. jeder Arbeitnehmer ohne besondere

Schutzbedürftigkeit

Besonderer Kündigungsschutz

Wehr-, Zivildienst, Mutterschutz,

Schwerbehinderte

Ordentliche Kündigung

unabhängig von wichtigem Grund

mit Kündigungsfrist § 622 BGB

Außerordentliche Kündigung

stets nur mit wichtigem Grund,

ohne Frist möglich§ 626 BGB

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A.3. Bedeutung des allgemeinen Kündigungsschutzes

- Ordentliche Kündigung -> §§ 620 ff. BGB -> §§ 622, 623 (Frist und Form)-> Grund? – nur § 626 BGB (außerordentlich)

- Kündigungsgründe?- BGB 1896: kein spezieller Arbeitnehmerschutz- Art. 12 I GG und strukturelle Disparität - Bestandsschutz im Arbeitsverhältnis durch allg. Kündigungsschutz im KSchG seit 1951

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Der allgemeine individuelle Kündigungsschutz

A) Einleitung B) Anwendungsbereich des KSchGC) Wirksamkeitsfiktion - § 7D) Sozialwidrigkeit - § 1 E) Auflösung/AbfindungF) Zusammenfassung und Fallprüfung

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B.1. Anwendungsbereich des KSchG

Geltungsbereich

1.) Sachlich - § 1 I -> ordentliche arbeitgeberseitige

Kündigung (vgl. § 13)

2.) Persönlich - § 1 I - Arbeitnehmer (allg. Arbeitnehmerbegriff) - nach 6monatiger Wartezeit

3.) Betrieblich - § 23

B.2. Betriebl. Geltungsbereich

Betriebe und Verwaltungen des privaten und öffentlichen Rechts (§ 23 I S. 1)

mehr als 10 regelmäßig beschäftigte ArbN ausgenommen: Kleinbetriebe bis max. 10

ArbN (§ 23 I S. 3) Schutz im Kleinbetrieb: §§ 138, 242 BGB

(BVerfGE 97, 169)

Der allgemeine individualrechtliche Kündigungsschutz

A) Einleitung B) Anwendungsbereich des KSchGC) Wirksamkeitsfiktion § 7D) Sozialwidrigkeit - § 1 E) Auflösung/AbfindungF) Zusammenfassung und Fallprüfung

C. Wirksamkeitsfiktion - § 7

Verlust des allgemeinen Kündigungsschutzes bei versäumter Klagefrist nach § 7 iVm. § 4

- Kündigung gilt ab Zugang als wirksam- materielle Wirkung der Klagefrist (Prüfung im

Rahmen der Begründetheit der Klage)- Ausnahme: § 5- mehrere Kündigungen -> gesonderte Klagen- Merke: gilt für jedes Arbeitsverhältnis über

KSchG hinaus, § 23 I S. 2 KSchG!!

Der allgemeine individualrechtliche Kündigungsschutz

A) Einleitung B) Anwendungsbereich des KSchGC) Wirksamkeitsfiktion § 7D) Sozialwidrigkeit - § 1 E) Auflösung/AbfindungF) Zusammenfassung und Fallprüfung

D. Sozialwidrigkeit - § 1 KSchG

Abs. 1 – sozial ungerechtfertigte K. = unwirksam-> beschränkte Beendigungsfreiheit für ArbG

Abs. 2 - soziale Rechtfertigungsgründe (n.c.) personenbedingt verhaltensbedingt betriebsbedingt

Sonstige Prinzipien (für jeden Kündigungsgrund) Prognoseprinzip Ultima ratio – Prinzip Interessenabwägung

D.1. Allgemeine Prinzipien

1. Prognoseprinzip

K. stets zukunftsbezogen -> negative Prognose über künftige Störung des Arbeitsverhältnisses

keine Sanktion für Vergangenheit Prognosezeitpunkt: Kündigungszugang Korrekturmöglichkeit bei Wegfall:

Wiedereinstellungsanspruch

D.1. Allgemeine Prinzipien

2. Ultima ratio - Prinzip

-> Kündigung nur als letztes Mittel (ultima ratio)

Beispiele für mildere Mittel:- Abmahnung (vgl. auch § 314 II BGB)- Versetzung oder - Änderungskündigung (§ 2 KSchG)

D.1. Allgemeine Prinzipien

3. Umfassende Interessenabwägung

z.B. Betriebszugehörigkeit, Beschäftigungsverlauf,

Unterhaltspflichten,Vermittlungschancen, Maß der betrieblichen Störung

Abwägung AuflösungsinteresseBestandsinteresse

D.2. Kündigungsgründe im Einzelnen

1. Personenbedingte Kündigung

> persönl. Eigenschaften/Fähigkeiten/Einstellungen > nicht vorwerfbar > künftige Beeinträchtigung konkreter Vertragspflichten

Beispiele: - krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit (spez. Prüfungsaufbau)- fehlende Erlaubnisse, z.B. Fahrerlaubnis- sonstige Verhinderungsgründe (z.B. Ge- wissenskonflikte, vgl. BAG NJW 1990, 203)

D.2. Kündigungsgründe im Einzelnen

2. Verhaltensbedingte Kündigung

> vorwerfbares (§ 276 BGB) Verhalten > künftige Beeinträchtigung konkreter Vertragspflichten

Beispiele: - Hauptleistungspflichtverletzung, z.B. unberechtigte Fehlzeiten- Verletzung von Nebenpflichten, z.B.

Verrat von Betriebsgeheimnissen)

Besonderheit: - Abmahnung (Hinweis-, Ermahnungs- und Warnfunktion) - § 314 II BGB

D.2. Kündigungsgründe im Einzelnen

3. Betriebsbedingte Kündigung

> Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit im Betrieb

wegenDringender betrieblicher

Erfordernisse

Außerbetrieblichz.B. Absatzprobleme,

Auftragsmangel

Anlass für selbstbindende Unternehmerentscheidung

Innerbetrieblichz.B. Rationalisierung,

Outsourcing

unmittelbar gestaltende Unternehmerentscheidung

D.2. Besonderheiten der betriebsbedingten Kündigung

1. Freie Unternehmerentscheidung (Art. 12 I GG) - keine Zweckmäßigkeits-, nur Missbrauchskontrolle- aber für Beschäftigungswegfall kausale Organisationsentscheidung

2. Sozialauswahl, § 1 Abs. 3 (statt Interessenabwägung)

a) vergleichbare ArbN im Betrieb b) nach vier abschließenden Kriterien - § 1 III 1

-> Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhalts-

pflichten, Schwerbehinderung c) Herausnahme einzelner ArbN - § 1 III 2 (Option)

D.2. Wichtige Zitate

Einzelne BAG-Entscheidungen zur betriebsbedingten Kündigung

DB 2008, 1106 (Sozialkriterien abschließend)NZA 2009, 361 (Lebensalter und Diskriminierung)NZA 2008, 33 (Sozialauswahl betriebsbezogen

und nach Widerspruch gegen Betriebsübergang)DB 2005, 2303 (freie Unternehmerentscheidung)

Der allgemeine individualrechtliche Kündigungsschutz

A) Einleitung B) Anwendungsbereich des KSchGC) Wirksamkeitsfiktion – § 7D) Sozialwidrigkeit - § 1 E) Auflösung/AbfindungF) Zusammenfassung und Fallprüfung

E. Auflösung/Abfindung

Grundsatz: KSchG sichert Bestandsschutz

Ausnahme: festgestellte Sozialwidrigkeit und Auflösungsantrag gem. § 9 -> Gestaltungsurteil

bei Auflösung – Abfindung in den Grenzen nach § 10

Der allgemeine individualrechtliche Kündigungsschutz

A) Einleitung B) Anwendungsbereich des KSchGC) Wirksamkeitsfiktion - § 7D) Sozialwidrigkeit - § 1 E) Auflösung/AbfindungF) Zusammenfassung und Fallprüfung

F. Zusammenfassung

Wirksame Kündigungserklärung Wirksamkeitsfiktion/Klagefrist §§ 7, 4 Geltungsbereich §§ 1, 23 Sozialwidrigkeit - § 1

personen-, verhaltens- oder betriebsbedingt?

Negative Prognose Ultima ratio Interessenabwägung/Sozialauswahl

Auflösung/Abfindung §§ 9, 10

Prüfungsaufbau Haft-Fall

Wirksame Kündigungserkl. (§ 623 BGB, Zugang usw.) (+)

fristgerechte Klage, §§ 4, 7 (+) Anwendung des KSchG – Geltungsbereich, §§ 1, 23

(+) Kündigungsgrund: keine Arbeitsleistung wegen Haft

grds. personenbedingter, kein verhaltensbedingter Kündigungsgrund negative Prognose: konkret nachteilige Auswirkungen

auf Arbeitsverhältnis? wegen Kurzarbeit ohnehin keine Arbeitspflicht-> keine negative Prognose

Ergebnis: Kündigung unwirksam gem. § 1 I, II KSchG

Exkurs: Die Änderungskündigung

Kündigung als einseitiges Gestaltungsrecht ist grundsätzlich bedingungsfeindlich

Ausnahme: Potestativbedingung, d.h. der Bedingungseintritt ist nur vom Erklärungsempfänger abhängig, § 158 I BGB

-> so z.B. als Änderungskündigung iSv. § 2 KSchG möglich (ArbG kündigt unter der Bedingung, dass ArbN Vertragsänderungsangebot nicht annimmt)

Exkurs: Die Änderungskündigung

Gerichtlicher Schutz gegen Änderungskündigung-> Änderungsschutzklage, § 2, nach

Vorbehaltannahme durch ArbN -> Gericht überprüft die soziale Rechtfertigung einer Änderung der Arbeitsbedingungen

-> oder allgemeine Kündigungsschutzklage, § 1 (Risiko, wenn Änderungskündigung sozial gerechtfertigt, dann kein Arbeitsvertrag mehr)

Vertiefung: Dütz Rn. 408 ff.

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II. Teil: Individualarbeitsrecht

Teilbereich: Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses

1. Der allgemeine individualrechtliche Kündigungsschutz (§§ 1 ff. KSchG)

2. Die außerordentliche Kündigung (§ 626 BGB)3. Kündigungsschutz für spezielle Personengruppen4. Der befristete Arbeitsvertrag5. Die Anfechtung des Arbeitsvertrages

Die außerordentliche Kündigung

Bei wichtigem Grund ist Kündigung auch ohne Einhaltung einer Frist zulässig Außerordentliche Kündigung auf sofortige

Vertragsbeendigung gerichtet Besonderheit: wichtiger Grund nach § 626

BGB der Weiterbeschäftigung bis Ablauf

Kündigungsfrist unzumutbar macht - ein an sich geeigneter wichtiger Grund

Konkrete Interessenabwägung im Einzelfall Kündigungserklärungsfrist – 2 Wochen Beachte: § 13 I S. 2 KSchG -> Fiktion

Nachtrag: Beteiligung des Betriebsrates

Anhörung vor jeder Kündigung und Mitteilung der Kündigungsgründe - § 102 BetrVG

Bei Verstoß: Unwirksamkeit der Kündigung Zustimmung des BR dagegen keine

Wirksamkeitsvoraussetzung (formgerechter Widerspruch hat Auswirkungen auf Weiterbeschäftigung nach Ablauf der Kündigungsfrist, § 102 V BetrVG)

Wirksamkeitsfiktion bei verspäteter Klage, § 4 KSchG

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