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AZ Zürich

$461Donnerstag, 27. Juni 1991 -

Nr. 146

5kttf Mtäitv MtnmBriefadresse von Redaktion, Vertag und Druckerei:Postfach, Cll »021 Zurich, Telefon (01) 238 111 1, TVIcfai 252 13 29Anzeigenabteilung: Postfach 2IS, CH-8021 Zurich, Telefax 298 16 77Inlandabonnemente: Telefon (01) 258 15 30, Telefax 258 18 39Auslandabonnemente: Telefon (01) 258 1 1 1 1, Telefax 258 18 39Abonnementspreise und weitere Angaben Seite 4 (Impressum)

und schweizerisches Handelsblatt

Der Zürcher Zeitung 212. Jahrgang

bFr. 60. lit. 2200.- sKr. U.-Schweiz dKr. 12.- IFr. 45.- Fts. 200-

DM 2.50 hfl. 3.25 Kan. Inselnrr. 1.3U fFr. 10.- nKr. 13.- Pi» 225.-Dr. 260.- öS 20. 1/ 6000£ 0.90 Esc 240. H. 90.-

Neuer Aufmarschder Armee in Algier

Sieben Tote bei ZusammenstössenAlgier, 26. Juni, (afp/Reuter/dpa) Die algeri-

sche Armee hat in der Nacht zum Mittwoch aufden wichtigsten Plätzen der Hauptstadt Algier mitPanzern Stellung bezogen. In den Hochburgender Islamischen Heilsfront kam es zu heftigenFeuergefechten. Bei den Auseinandersetzungen

sind nach Armeeangaben sieben Menschen umsLeben gekommen. Die Nachrichtenagentur APSverbreitete ein Müitärcommunique, in dem esweiter hiess, 34 Personen seien bei den Unruhenin der Hauptstadt verletzt worden. Jugendliche

hätten trotz dem Ausgehverbot in fünf Gegenden

der Stadt Barrikaden errichtet. Am Morgenkehrte wieder Ruhe ein.

Innerhalb der Heilsfront vergrösserte sich dieKluft zwischen ihrem Leiter Abassi Madani undanderen Spitzenvertretern, welche ein Ende desBlutvergiessens forderten. Fakir Bachir und zweiweitere Führungsmitglieder machten ihre Bereit-schaft zum Dialog mit der Regierung deutlich. Sieermahnten ihre Anhänger zur Ruhe, um ein Blut-bad zu vermeiden. Zugleich forderten sie ihre An-hänger zu Ungehorsam gegenüber Madani auf. Ersei eine Gefahr für die Heilsfront und die Mus-lime, erklärten sie am algerischen inernsehen. AmDienstag morgen h a t te die Armee überraschendihre Stellungen in Algier verlassen, die sie seit derVerhängung der Ausgangssperre vor drei Wochenbezogen hatte.

Kuwait wandelt Todesurteilein Haftstrafen um

Kuwait City, 26. Juni. (Reuter) Kuwait hat amMittwoch die 29 Todesurteile gegen mutmasslicheKollaborateure in lebenslange Haftstrafen umge-wandelt Die Nachrichtenagentur Kuna meldete,die Weisung sei vom Regierungschef, ScheichSaad al-Abdullah al-Sabah, ergangen. Der Prinzhabe die gegen andere Angeklagte verhängtenFreiheitsstrafen bestätigt Die Verfahren vorMilitärgerichten waren unter internationale Kritikgeraten und werden nun der Zivilgerichtsbarkeitübergeben.

TagesinformationBundesrat setzt auf F/A-18Der Bundesrat hat am Mittwoch beschlossen, dem Parlamentmit dem Rüstungsprogramm 1992 die Beschaffung von 34 ame-rikanischen Kampfflugzeugen des Typs F/A-18 zu beantragen.

Seite 21Integration der Ostschweiz ins Neat-KoiueptMit zwei weiteren Tunnels und dem Ausbau der Zufahrtsliniedurch das Toggenburg soll die Ostschweiz für rund 850 Millio-nen Franken ins Konzept der Alpentransversalen (Neat) einbe-zogen werden. Seite 22

Die entwicklungspolitischen Auflageneines IMF-BeitrittsBisher hat die Schweizerische Nationalbank den geplanten Bei-tritt der Schweiz zu den Bretton-Woods- Instituten loyal mit-getragen. Die nun vom Ständerat gutgeheissenen entwicklungs-politischen Auflagen bereiten der Notenbank indessen zuneh-mend Sorgen und lassen Befürchtungen aufkommen, dass damitder Beitrag der Schweiz zur Stärkung der währungspolitischenFunktion des Internationalen Währungsfonds (IMF) geschmä-lert würde. Seite 35Sperrung der Zürcher Innenstadt?Der Zürcher Stadtrat befürwortet eine Sperrung der Innenstadtfür den Motorfahrzeugverkehr als Massnahme gegen denSommersmog während der Monate Juli und August; in diesemSinne stellt er dem Regierungsrat Antrag. Seite 53

Betriebsbeitrag für das «neue» KanzleizentrumDer Zürcher Stadtrat beantragt dem Gemeinderat die Bewilli-gung eines jährlich wiederkehrenden Kredites von 750 000Franken für den unbefristeten Betrieb des «neuen» Kanzlei-zentrums. Seite 55

Nichts Neues an der Spitze der «Tour»Die 8. Etappe der Tour de Suisse von Genf nach Murten über202 km ist vom australischen Radprofessional Phil Anderson imSpurt vor dem Dänen Sörensen gewonnen worden. Weil sichdie Spitzenfahrer geschlossen im Hintergrund aufhielten, ergab

sich an der Spitze des Gesamtklassements k e i ne Änderung.

Roosen bleibt Leader vor Richard. Seite 6

Inhaltsübersicht Umfang 76 Seiten

Ausland 1-5 Radio und TV 31/32Wetter und Wirtschaft 33-40Vermischtes 7,9 Börsen 43-61Inland 21-25 Stadt undFeuilleton 27,29 Kanton Zürich 53-60Roman 30 Sport 61-63

Tourismus Seiten 65-68

Anzeigen-Überblickseite

Nach der Unabhängigkeitserklärung von Slowenien und Kroatien

Jugoslawiens beschleunigter ZerfallsprozessDie Bundesregierung droht mit Gegenmassnahmen

Die jugoslawische Bundesregierung hat in der Nacht zum Mittwoch - ebenso wie dasföderale Parlament - die Unabhängigkeitserklärung von Slowenien und Kroatien für nullund nichtig erklärt. Gleichzeitig wurden in vager Form Massnahmen angekündigt, mit denendas «normale Funktionieren» des Staates gewährleistet werden soll. Es geht dabei vor allemum die Sicherung der inneren und äusseren Grenzen.

Soldaten der jugoslawischen Armee in einem Schützenpanzer in Ljubljana. (Bild Reuter)

C. Sr. Ljubljana, 26. Juni

Die Bundesregierung hat in der Nacht aufMittwoch an einer Sondersitzung die Unabhän-gigkeitserklärung von Slowenien und Kroatien alseinen einseitigen Akt der Abspaltung in scharferForm zurückgewiesen. Die Bundespolizei wurdeermächtigt, in Zusammenarbeit mit dem Verteidi-gungsministerium die Kontrolle Qber die auf demTerritorium Sloweniens liegenden Grenzen Jugo-

slawiens zu übernehmen. Was das genau bedeutetund ob bereits damit begonnen wurde, diesen Be-schluss in die Tat umzusetzen, ist im Augenblicknicht ganz klar. Am Mittwoch soll es an einigenGrenzübergängen bereits zu kleineren Zwischen-fällen in Form von verbalen Auseinandersetzun-gen um das Hissen slowenischer Fahnen oder dasAufstellen von Tafeln mit der Aufschrift «Repu-blik Slowenien» gekommen sein. Nach der Über-nahme der Zollverwaltung und der- ebenfalls derFöderation unterstellten - Grenzübergänge d u r chSlowenien droht offenbar erneut ein Konflikt mitder jugoslawischen Regierung um die Zolleinnah-men, mit denen bisher das Bundesbudget gespeist

wurde. Gemäss einer Anordnung der BelgraderRegierung müssen zudem alle Kontrollpunkte,die in den letzten Tagen an der slowenisch-kroa-tischen Grenze errichtet wurden, wieder beseitigt

werden. In Istrien, das zum einen Teil zu Kroa-tien und zum andern zu Slowenien gehört, sindbereits Protestaktionen gegen diese neue Grenzeund gegen die damit verbundene Aufteilung derHalbinsel auf zwei «Staaten» angekündigt wor-den.

Beginn der Loslösung

Mit der Verabschiedung der Unabhängigkeits-erklärung d u r ch das slowenische und kroatischeParlament hat der Zerfallsprozess eine neueDimension erreicht Jugoslawien hat in der bisherbestehenden Form zu existieren aufgehört In denbeiden früheren Teilrepubliken ist die Bundesver-fassung, an die sich allerdings seit längerer Zeitohnehin niemand mehr hält, ausser Kraft gesetzt

worden. Gültig sind nur noch die vom eigenen

Parlament beschlossenen Gesetze sowie - für eineÜbergangszeit bis zum Abschluss des Prozessesder Loslösung - jene des Bundes, die noch nichtsuspendiert wurden. Kroatien und Slowenienhaben mit diesem Akt im Prinzip alle an dieFöderation abgegebenen Rechte und Pflichtenwieder übernommen. Die internationalen Gren-zen sowie die Trennlinie zwischen den beidenneuen souveränen Staaten sind zu slowenischenbzw. kroatischen Staatsgrenzen erklärt worden.Auch haben sich Slowenien und Kroatien nocham Dienstag abend gegenseitig anerkannt. In derkroatischen Unabhängigkeitserklärung wird zu-dem ausdrücklich festgehalten, dass mit der Pro-klamierung der Selbständigkeit der Prozess der

Loslösung von Jugoslawien beginnt Auch wirdden in Kroatien lebenden Serben sowie den An-gehörigen der andern Minderheiten die Einhal-tung aller Menschen- und Burgerrechte garantiert

sowie kulturelle Autonomie zugesichert

In einer Sonderausgabe der slowenischen Zei-tung «Delo», die bereits am Dienstag abend er-schien, sind auf der ersten Seite die neuen natio-nalen Symbole sowie eine Karte Sloweniens abge-

druckt «Slowenien ist unabhängig», beisst es ingrossen Lettern und darüber stehen die Worte:«Nach tausend Jahren deutscher Herrschaft undnach 73 Jahren in Jugoslawien». Während in denZeitungen die Erfüllung eines jahrhundertealten

Traums des slowenischen Volkes über Seiten hin-weg gebührend gefeiert wurde, war auch nach derProklamierung der Unabhängigkeit am Dienstag

abend auf den Strassen und Plätzen der Innen-stadt von Ljubljana nichts von Begeisterung zuspüren. Nirgends wurde gefeiert oder gesungen.

Die meisten Leute hätten, so meinte einer, ange-sichts der steigenden Preise und der zunehmen-

ITALIEN

den Arbeitslosigkeit ganz andere Sorgen. Vieleseien zudem der schönen Worte und Deklaratio-nen, d u r ch die ohnehin kaum etwas verändertwerde, müde.

Folgen andere Republiken?

Es gilt vor allem auch abzuwarten, was nun inden jugoslawischen Teilrepubliken geschieht Ma-zedonien hatte bereits früher die Loslösung vonJugoslawien angekündigt, falls sich Slowenienund Kroatien für unabhängig erklären sollten. FürMittwoch ist auch das Parlament der TeilrepublikBosnien-Herzegowina zu einer Sondersitzung ein-berufen worden. Es ist zudem zu befürchten, dasses in nächster Zeit in dem auf dem TerritoriumKroatiens widerrechtlich gebildeten «serbischen

Verzögerte Uno-Inspektionirakischer MilitäranlagenNuklearmaterial unterdessen entfernt?Nikosia, 26. Juni. (Reuter) Der Irak hat nach

mehrtägiger Weigerung am Mittwoch Uno- In-spektoren in eine Atomanlage bei Bagdad einge-

lassen. Die irakische Agentur INA meldete, dieWeigerung begründe Aussenminister AhmedHussein mit dem islamischen Fest Eid al-Adha.Hussein sagte, der Irak werde weiterhin mit derUno bei der Erfüllung der Auflagen der Waffen-stillstandsresolutionen zusammenarbeiten. Dazugehört die Inspektion aller Anlagen, in denenMassenvernichtungswaffen oder deren Bestand-teile hergestellt werden können. Die Weigerungdes Iraks, die Anlage inspizieren zu lassen, wurdeam Dienstag von den fünf Ständigen Mitgliederndes Sicherheitsrates besprochen.

Wien, 26. Juni, (dpa/Reuter/afp) Die Inter-nationale Atomenergie-Agentur (IAEA) in Wienbestätigte, dass ihre Beauftragten am Mittwochauf das umstrittene Gelände vorgelassen wurden.Ein Sprecher sagte, gewisse Objekte, die aus derFerne gesichtet wurden und überprüft werdensollten, seien jedoch von den Irakern entferntworden. Die IAEA wollte nicht spekulieren,worum es sich dabei handelte. Die Inspektionenwürden fortgesetzt. Laut amerikanischen Fernseh-berichten hatten Kräne und schweres Gerät aufdem Gelände zu Spekulationen geführt, dass dortwichtige Anlagen stünden.

Bagdad, 26. Juni, (ap) Experten der IAEA ver-dächtigen die irakischen Führung, sie habe ihnennicht alle sich mit Atomenergie befassenden Ein-richtungen im Lande bekanntgegeben. Die IAEA-Experten haben nach eigenen Angaben mehrmutmassliche Nukleareinrichtungen entdeckt, alsihnen von deu Irakern angegeben worden waren.

Einlenken Washingtonsin der Reparationenfrage

Washington, 26. Juni. (Reuter) Nach dem Wil-len der USA soll der Irak mindestens 30 Prozentseiner künftigen Erdöleinnahmen für Repara-tionszahlungen aufbringen. Die Sprecherin desAussenministeriums erklärte, 30 Prozent seien dasMinimum dessen, was notwendig sei, um die An-sprüche der Geschädigten zu decken. Die USA,die sich ursprünglich für die Abfuhrung von 50Prozent der irakischen öleinkünfte eingesetzt hat-ten, hätten sich der Mehrheit ihrer Verbündetenangeschlossen. Für den Ansatz von 30 Prozentgebe es im Uno-Sicherheitsrat grosse Unterstüt-zung.

autonomen Gebiet Krajina» zu grösseren Un-ruhen kommen könnte.

Radio Zagreb berichtete am Mittwoch überSchiessereien, bei denen mindestens zwei Perso-nen ums Leben gekommen seien. Auch ist lautden gleichen Angaben das mehrheitlich von Ser-ben bewohnte Städtchen Dvor na Uni am Diens-tag von serbischen Polizisten und bewaffnetenFreiwilligen besetzt worden, die alle Zufahrts-strassen abgeriegelt hätten. Vertreter der in der«Krajina» lebenden Serben haben in der Vergan-genheit immer wieder mit einem bewaffnetenAufstand für den Fall gedroht, dass sich Kroatienvon Jugoslawien abspalten sollte. Für die selbst-ernannte Führung des serbischen autonomen Ge-biets ist die Unabhängigkeitserklärung ohnehinlediglich ein Stück Papier. Auch soll künftig dieZusammenarbeit zwischen der kroatischen «Kra-jina» und einigen ebenfalls mehrheitlich von Ser-ben bewohnten Bezirken im benachbarten Bos-nien (Bosanska Krajina) intensiviert werden. Fallses in nächster Zeit - was in Zagreb nicht ausge-schlossen wird - zu einem eigentlichen Zu-sammenschluss der beiden Gebiete über die be-stehenden Grenzen hinweg mit dem Ziel der Bil-dung eines einheitlichen serbischen Staates kom-men sollte, wäre der erste Schritt zur Zerstücke-lung des ethnisch gemischten Bosnien getan.

(Kommentar Seite 3)

Kämpfe um eine PolizeistationZagreb, 26. Juni, (dpa) Bei schweren Feuer-

gefechten zwischen Serben und Kroaten im kroa-tischen Dorf Clina, 60 Kilometer südlich vonZagreb, hat es nach Angaben des kroatischenStellvertretenden Innenministers Moric zahlreicheTote und Verletzte gegeben. Auf seiten der kroa-tischen Polizei seien zwei Tote und mehrere Ver-letzte zu verzeichnen. Die genaue Zahl der Opfersoll erst später bekanntgegeben werden.

Nach offiziellen Angaben hatten serbische be-waffnete Verbande die kroatische Polizeistationgestürmt. Spezialeinheiten der kroatischen Polizei

Neue Zürcher Zeitung vom 27.06.1991

Zerfallsprozess
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