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AZ Zürich $461 Donnerstag, 27. Juni 1991 - Nr. 146 5kttf Mtäitv Mtnm Briefadresse von Redaktion, Vertag und Druckerei: Postfach, Cll »021 Zurich, Telefon (01) 238 111 1, TVIcfai 252 13 29 Anzeigenabteilung: Postfach 2IS, CH-8021 Zurich, Telefax 298 16 77 Inlandabonnemente: Telefon (01) 258 15 30, Telefax 258 18 39 Auslandabonnemente: Telefon (01) 258 11 1 1, Telefax 258 18 39 Abonnementspreise und weitere Angaben Seite 4 (Impressum) und schweizerisches Handelsblatt Der Zürcher Zeitung 212. Jahrgang bFr. 60. lit. 2200.- sKr. U.- Schweiz dKr. 12.- IFr. 45.- Fts. 200- DM 2.50 hfl. 3.25 Kan. Inseln rr. 1.3U fFr. 10.- nKr. 13.- Pi» 225.- Dr. 260.- öS 20. 1/ 6000 £ 0.90 Esc 240. H. 90.- Neuer Aufmarsch der Armee in Algier Sieben Tote bei Zusammenstössen Algier, 26. Juni, (afp /Reuter /dpa) Die algeri- sche Armee hat in der Nacht zum Mittwoch auf den wichtigsten Plätzen der Hauptstadt Algier mit Panzern Stellung bezogen. In den Hochburgen der Islamischen Heilsfront kam es zu heftigen Feuergefechten. Bei den Auseinandersetzungen sind nach Armeeangaben sieben Menschen ums Leben gekommen. Die Nachrichtenagentur APS verbreitete ein Müitärcommunique, in dem es weiter hiess, 34 Personen seien bei den Unruhen in der Hauptstadt verletzt worden. Jugendliche hätten trotz dem Ausgehverbot in fünf Gegenden der Stadt Barrikaden errichtet. Am Morgen kehrte wieder Ruhe ein. Innerhalb der Heilsfront vergrösserte sich die Kluft zwischen ihrem Leiter Abassi Madani und anderen Spitzenvertretern, welche ein Ende des Blutvergiessens forderten. Fakir Bachir und zwei weitere Führungsmitglieder machten ihre Bereit- schaft zum Dialog mit der Regierung deutlich. Sie ermahnten ihre Anhänger zur Ruhe, um ein Blut- bad zu vermeiden. Zugleich forderten sie ihre An- hänger zu Ungehorsam gegenüber Madani auf. Er sei eine Gefahr für die Heilsfront und die Mus- lime, erklärten sie am algerischen inernsehen. Am Dienstag morgen hatt e die Armee überraschend ihre Stellungen in Algier verlassen, die sie seit der Verhängung der Ausgangssperre vor drei Wochen bezogen hatte. Kuwait wandelt Todesurteile in Haftstrafen um Kuwait City, 26. Juni. (Reuter) Kuwait hat am Mittwoch die 29 Todesurteile gegen mutmassliche Kollaborateure in lebenslange Haftstrafen umge- wandelt Die Nachrichtenagentur Kuna meldete, die Weisung sei vom Regierungschef, Scheich Saad al-Abdullah al-Sabah, ergangen. Der Prinz habe die gegen andere Angeklagte verhängten Freiheitsstrafen bestätigt Die Verfahren vor Militärgerichten waren unter internationale Kritik geraten und werden nun der Zivilgerichtsbarkeit übergeben. Tagesinformation Bundesrat setzt auf F/A-18 Der Bundesrat hat am Mittwoch beschlossen, dem Parlament mit dem Rüstungsprogramm 1992 die Beschaffung von 34 ame- rikanischen Kampfflugzeugen des Typs F/A-18 zu beantragen. Seite 21 Integration der Ostschweiz ins Neat-Koiuept Mit zwei weiteren Tunnels und dem Ausbau der Zufahrtslinie durch das Toggenburg soll die Ostschweiz für rund 850 Millio- nen Franken ins Konzept der Alpentransversalen (Neat) einbe- zogen werden. Seite 22 Die entwicklungspolitischen Auflagen eines IMF-Beitritts Bisher hat die Schweizerische Nationalbank den geplanten Bei- tritt der Schweiz zu den Bretton- Woods- Instituten loyal mit- getragen. Die nun vom Ständerat gutgeheissenen entwicklungs- politischen Auflagen bereiten der Notenbank indessen zuneh- mend Sorgen und lassen Befürchtungen aufkommen, dass damit der Beitrag der Schweiz zur Stärkung der währungspolitischen Funktion des Internationalen Währungsfonds (IMF) geschmä- lert würde. Seite 35 Sperrung der Zürcher Innenstadt? Der Zürcher Stadtrat befürwortet eine Sperrung der Innenstadt für den Motorfahrzeugverkehr als Massnahme gegen den Sommersmog während der Monate Juli und August; in diesem Sinne stellt er dem Regierungsrat Antrag. Seite 53 Betriebsbeitrag für das «neue» Kanzleizentrum Der Zürcher Stadtrat beantragt dem Gemeinderat die Bewilli- gung eines jährlich wiederkehrenden Kredites von 750 000 Franken für den unbefristeten Betrieb des «neuen» Kanzlei- zentrums. Seite 55 Nichts Neues an der Spitze der «Tour» Die 8. Etappe der Tour de Suisse von Genf nach Murten über 202 km ist vom australischen Radprofessional Phil Anderson im Spurt vor dem Dänen Sörensen gewonnen worden. Weil sich die Spitzenfahrer geschlossen im Hintergrund aufhielten, ergab sich an der Spitze des Gesamtklassements kein e Änderung. Roosen bleibt Leader vor Richard. Seite 6 Inhaltsübersicht Umfang 76 Seiten Ausland 1-5 Radio und TV 31/32 Wetter und Wirtschaft 33-40 Vermischtes 7,9 Börsen 43-61 Inland 21-25 Stadt und Feuilleton 27,29 Kanton Zürich 53-60 Roman 30 Sport 61-63 Tourismus Seiten 65-68 Anzeigen-Überblick seite Nach der Unabhängigkeitserklärung von Slowenien und Kroatien Jugoslawiens beschleunigter Zerfallsprozess Die Bundesregierung droht mit Gegenmassnahmen Die jugoslawische Bundesregierung hat in der Nacht zum Mittwoch - ebenso wie das föderale Parlament - die Unabhängigkeitserklärung von Slowenien und Kroatien für null und nichtig erklärt. Gleichzeitig wurden in vager Form Massnahmen angekündigt, mit denen das «normale Funktionieren» des Staates gewährleistet werden soll. Es geht dabei vor allem um die Sicherung der inneren und äusseren Grenzen. Soldaten der jugoslawischen Armee in einem Schützenpanzer in Ljubljana. (Bild Reuter) C. Sr. Ljubljana, 26. Juni Die Bundesregierung hat in der Nacht auf Mittwoch an einer Sondersitzung die Unabhän- gigkeitserklärung von Slowenien und Kroatien als einen einseitigen Akt der Abspaltung in scharfer Form zurückgewiesen. Die Bundespolizei wurde ermächtigt, in Zusammenarbeit mit dem Verteidi- gungsministerium die Kontrolle Qber die auf dem Territorium Sloweniens liegenden Grenzen Jugo- slawiens zu übernehmen. Was das genau bedeutet und ob bereits damit begonnen wurde, diesen Be- schluss in die Tat umzusetzen, ist im Augenblick nicht ganz klar. Am Mittwoch soll es an einigen Grenzübergängen bereits zu kleineren Zwischen- fällen in Form von verbalen Auseinandersetzun- gen um das Hissen slowenischer Fahnen oder das Aufstellen von Tafeln mit der Aufschrift «Repu- blik Slowenien» gekommen sein. Nach der Über- nahme der Zollverwaltung und der- ebenfalls der Föderation unterstellten - Grenzübergänge durc h Slowenien droht offenbar erneut ein Konflikt mit der jugoslawischen Regierung um die Zolleinnah- men, mit denen bisher das Bundesbudget gespeist wurde. Gemäss einer Anordnung der Belgrader Regierung müssen zudem alle Kontrollpunkte, die in den letzten Tagen an der slowenisch-kroa- tischen Grenze errichtet wurden, wieder beseitigt werden. In Istrien, das zum einen Teil zu Kroa- tien und zum andern zu Slowenien gehört, sind bereits Protestaktionen gegen diese neue Grenze und gegen die damit verbundene Aufteilung der Halbinsel auf zwei «Staaten» angekündigt wor- den. Beginn der Loslösung Mit der Verabschiedung der Unabhängigkeits- erklärung durc h das slowenisch e und kroatische Parlament hat der Zerfallsprozess eine neue Dimension erreicht Jugoslawien hat in der bisher bestehenden Form zu existieren aufgehört In den beiden früheren Teilrepubliken ist die Bundesver- fassung, an die sich allerdings seit längerer Zeit ohnehin niemand mehr hält, ausser Kraft gesetzt worden. Gültig sind nur noch die vom eigenen Parlament beschlossenen Gesetze sowie - für eine Übergangszeit bis zum Abschluss des Prozesses der Loslösung - jene des Bundes, die noch nicht suspendiert wurden. Kroatien und Slowenien haben mit diesem Akt im Prinzip alle an die Föderation abgegebenen Rechte und Pflichten wieder übernommen. Die internationalen Gren- zen sowie die Trennlinie zwischen den beiden neuen souveränen Staaten sind zu slowenischen bzw. kroatischen Staatsgrenzen erklärt worden. Auch haben sich Slowenien und Kroatien noch am Dienstag abend gegenseitig anerkannt. In der kroatischen Unabhängigkeitserklärung wird zu- dem ausdrücklich festgehalten, dass mit der Pro- klamierung der Selbständigkeit der Prozess der Loslösung von Jugoslawien beginnt Auch wird den in Kroatien lebenden Serben sowie den An- gehörigen der andern Minderheiten die Einhal- tung aller Menschen- und Burgerrechte garantiert sowie kulturelle Autonomie zugesichert In einer Sonderausgabe der slowenischen Zei- tung «Delo», die bereits am Dienstag abend er- schien, sind auf der ersten Seite die neuen natio- nalen Symbole sowie eine Karte Sloweniens abge- druckt «Slowenien ist unabhängig», beisst es in grossen Lettern und darüber stehen die Worte: «Nach tausend Jahren deutscher Herrschaft und nach 73 Jahren in Jugoslawien». Während in den Zeitungen die Erfüllung eines jahrhundertealten Traums des slowenischen Volkes über Seiten hin- weg gebührend gefeiert wurde, war auch nach der Proklamierung der Unabhängigkeit am Dienstag abend auf den Strassen und Plätzen der Innen- stadt von Ljubljana nichts von Begeisterung zu spüren. Nirgends wurde gefeiert oder gesungen. Die meisten Leute hätten, so meinte einer, ange- sichts der steigenden Preise und der zunehmen- ITALIEN den Arbeitslosigkeit ganz andere Sorgen. Viele seien zudem der schönen Worte und Deklaratio- nen, durc h die ohnehin kaum etwas verändert werde, müde. Folgen andere Republiken? Es gilt vor allem auch abzuwarten, was nun in den jugoslawischen Teilrepubliken geschieht Ma- zedonien hatte bereits früher die Loslösung von Jugoslawien angekündigt, falls sich Slowenien und Kroatien für unabhängig erklären sollten. Für Mittwoch ist auch das Parlament der Teilrepublik Bosnien-Herzegowina zu einer Sondersitzung ein- berufen worden. Es ist zudem zu befürchten, dass es in nächster Zeit in dem auf dem Territorium Kroatiens widerrechtlich gebildeten «serbischen Verzögerte Uno-Inspektion irakischer Militäranlagen Nuklearmaterial unterdessen entfernt? Nikosia, 26. Juni. (Reuter) Der Irak hat nach mehrtägiger Weigerung am Mittwoch Uno- In- spektoren in eine Atomanlage bei Bagdad einge- lassen. Die irakische Agentur INA meldete, die Weigerung begründe Aussenminister Ahmed Hussein mit dem islamischen Fest Eid al-Adha. Hussein sagte, der Irak werde weiterhin mit der Uno bei der Erfüllung der Auflagen der Waffen- stillstandsresolutionen zusammenarbeiten. Dazu gehört die Inspektion aller Anlagen, in denen Massenvernichtungswaffen oder deren Bestand- teile hergestellt werden können. Die Weigerung des Iraks, die Anlage inspizieren zu lassen, wurde am Dienstag von den fünf Ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrates besprochen. Wien, 26. Juni, (dpa/ Reuter/afp) Die Inter - nationale Atomenergie-Agentur (IAEA) in Wien bestätigte, dass ihre Beauftragten am Mittwoch auf das umstrittene Gelände vorgelassen wurden. Ein Sprecher sagte, gewisse Objekte, die aus der Ferne gesichtet wurden und überprüft werden sollten, seien jedoch von den Irakern entfernt worden. Die IAEA wollte nicht spekulieren, worum es sich dabei handelte. Die Inspektionen würden fortgesetzt. Laut amerikanischen Fernseh- berichten hatten Kräne und schweres Gerät auf dem Gelände zu Spekulationen geführt, dass dort wichtige Anlagen stünden. Bagdad, 26. Juni, (ap) Experten der IAEA ver- dächtigen die irakischen Führung, sie habe ihnen nicht alle sich mit Atomenergie befassenden Ein- richtungen im Lande bekanntgegeben. Die IAEA- Experten haben nach eigenen Angaben mehr mutmassliche Nukleareinrichtungen entdeckt, als ihnen von deu Irakern angegeben worden waren. Einlenken Washingtons in der Reparationenfrage Washington, 26. Juni. (Reuter) Nach dem Wil- len der USA soll der Irak mindestens 30 Prozent seiner künftigen Erdöleinnahmen für Repara- tionszahlungen aufbringen. Die Sprecherin des Aussenministeriums erklärte, 30 Prozent seien das Minimum dessen, was notwendig sei, um die An- sprüche der Geschädigten zu decken. Die USA, die sich ursprünglich für die Abfuhrung von 50 Prozent der irakischen öleinkünfte eingesetzt hat- ten, hätten sich der Mehrheit ihrer Verbündeten angeschlossen. Für den Ansatz von 30 Prozent gebe es im Uno-Sicherheitsrat grosse Unterstüt- zung. autonomen Gebiet Krajina» zu grösseren Un- ruhen kommen könnte. Radio Zagreb berichtete am Mittwoch über Schiessereien, bei denen mindestens zwei Perso- nen ums Leben gekommen seien. Auch ist laut den gleichen Angaben das mehrheitlich von Ser- ben bewohnte Städtchen Dvor na Uni am Diens- tag von serbischen Polizisten und bewaffneten Freiwilligen besetzt worden, die alle Zufahrts- strassen abgeriegelt hätten. Vertreter der in der «Krajina» lebenden Serben haben in der Vergan- genheit immer wieder mit einem bewaffneten Aufstand für den Fall gedroht, dass sich Kroatien von Jugoslawien abspalten sollte. Für die selbst- ernannte Führung des serbischen autonomen Ge- biets ist die Unabhängigkeitserklärung ohnehin lediglich ein Stück Papier. Auch soll künftig die Zusammenarbeit zwischen der kroatischen «Kra- jina» und einigen ebenfalls mehrheitlich von Ser- ben bewohnten Bezirken im benachbarten Bos- nien (Bosanska Krajina) intensiviert werden. Falls es in nächster Zeit - was in Zagreb nicht ausge- schlossen wird - zu einem eigentlichen Zu- sammenschluss der beiden Gebiete über die be- stehenden Grenzen hinweg mit dem Ziel der Bil- dung eines einheitlichen serbischen Staates kom- men sollte, wäre der erste Schritt zur Zerstücke- lung des ethnisch gemischten Bosnien getan. (Kommentar Seite 3) Kämpfe um eine Polizeistation Zagreb, 26. Juni, (dpa) Bei schweren Feuer- gefechten zwischen Serben und Kroaten im kroa- tischen Dorf Clina, 60 Kilometer südlich von Zagreb, hat es nach Angaben des kroatischen Stellvertretenden Innenministers Moric zahlreiche Tote und Verletzte gegeben. Auf seiten der kroa- tischen Polizei seien zwei Tote und mehrere Ver- letzte zu verzeichnen. Die genaue Zahl der Opfer soll erst später bekanntgegeben werden. Nach offiziellen Angaben hatten serbische be- waffnete Verbande die kroatisch e Polizeistation gestürmt. Spezialeinheiten der kroatischen Polizei Neue Zürcher Zeitung vom 27.06.1991

AZ Zürich Juni 5kttf Mtäitv Mtnm - arhiv.mm.gov.siarhiv.mm.gov.si/vlada/20/tuji/27.06.1991bbb.pdf · stehenden Grenzen hinweg mit dem Ziel der Bil-dung eines einheitlichen serbischen

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AZ Zürich

$461Donnerstag, 27. Juni 1991 -

Nr. 146

5kttf Mtäitv MtnmBriefadresse von Redaktion, Vertag und Druckerei:Postfach, Cll »021 Zurich, Telefon (01) 238 111 1, TVIcfai 252 13 29Anzeigenabteilung: Postfach 2IS, CH-8021 Zurich, Telefax 298 16 77Inlandabonnemente: Telefon (01) 258 15 30, Telefax 258 18 39Auslandabonnemente: Telefon (01) 258 1 1 1 1, Telefax 258 18 39Abonnementspreise und weitere Angaben Seite 4 (Impressum)

und schweizerisches Handelsblatt

Der Zürcher Zeitung 212. Jahrgang

bFr. 60. lit. 2200.- sKr. U.-Schweiz dKr. 12.- IFr. 45.- Fts. 200-

DM 2.50 hfl. 3.25 Kan. Inselnrr. 1.3U fFr. 10.- nKr. 13.- Pi» 225.-Dr. 260.- öS 20. 1/ 6000£ 0.90 Esc 240. H. 90.-

Neuer Aufmarschder Armee in Algier

Sieben Tote bei ZusammenstössenAlgier, 26. Juni, (afp/Reuter/dpa) Die algeri-

sche Armee hat in der Nacht zum Mittwoch aufden wichtigsten Plätzen der Hauptstadt Algier mitPanzern Stellung bezogen. In den Hochburgender Islamischen Heilsfront kam es zu heftigenFeuergefechten. Bei den Auseinandersetzungen

sind nach Armeeangaben sieben Menschen umsLeben gekommen. Die Nachrichtenagentur APSverbreitete ein Müitärcommunique, in dem esweiter hiess, 34 Personen seien bei den Unruhenin der Hauptstadt verletzt worden. Jugendliche

hätten trotz dem Ausgehverbot in fünf Gegenden

der Stadt Barrikaden errichtet. Am Morgenkehrte wieder Ruhe ein.

Innerhalb der Heilsfront vergrösserte sich dieKluft zwischen ihrem Leiter Abassi Madani undanderen Spitzenvertretern, welche ein Ende desBlutvergiessens forderten. Fakir Bachir und zweiweitere Führungsmitglieder machten ihre Bereit-schaft zum Dialog mit der Regierung deutlich. Sieermahnten ihre Anhänger zur Ruhe, um ein Blut-bad zu vermeiden. Zugleich forderten sie ihre An-hänger zu Ungehorsam gegenüber Madani auf. Ersei eine Gefahr für die Heilsfront und die Mus-lime, erklärten sie am algerischen inernsehen. AmDienstag morgen h a t te die Armee überraschendihre Stellungen in Algier verlassen, die sie seit derVerhängung der Ausgangssperre vor drei Wochenbezogen hatte.

Kuwait wandelt Todesurteilein Haftstrafen um

Kuwait City, 26. Juni. (Reuter) Kuwait hat amMittwoch die 29 Todesurteile gegen mutmasslicheKollaborateure in lebenslange Haftstrafen umge-wandelt Die Nachrichtenagentur Kuna meldete,die Weisung sei vom Regierungschef, ScheichSaad al-Abdullah al-Sabah, ergangen. Der Prinzhabe die gegen andere Angeklagte verhängtenFreiheitsstrafen bestätigt Die Verfahren vorMilitärgerichten waren unter internationale Kritikgeraten und werden nun der Zivilgerichtsbarkeitübergeben.

TagesinformationBundesrat setzt auf F/A-18Der Bundesrat hat am Mittwoch beschlossen, dem Parlamentmit dem Rüstungsprogramm 1992 die Beschaffung von 34 ame-rikanischen Kampfflugzeugen des Typs F/A-18 zu beantragen.

Seite 21Integration der Ostschweiz ins Neat-KoiueptMit zwei weiteren Tunnels und dem Ausbau der Zufahrtsliniedurch das Toggenburg soll die Ostschweiz für rund 850 Millio-nen Franken ins Konzept der Alpentransversalen (Neat) einbe-zogen werden. Seite 22

Die entwicklungspolitischen Auflageneines IMF-BeitrittsBisher hat die Schweizerische Nationalbank den geplanten Bei-tritt der Schweiz zu den Bretton-Woods- Instituten loyal mit-getragen. Die nun vom Ständerat gutgeheissenen entwicklungs-politischen Auflagen bereiten der Notenbank indessen zuneh-mend Sorgen und lassen Befürchtungen aufkommen, dass damitder Beitrag der Schweiz zur Stärkung der währungspolitischenFunktion des Internationalen Währungsfonds (IMF) geschmä-lert würde. Seite 35Sperrung der Zürcher Innenstadt?Der Zürcher Stadtrat befürwortet eine Sperrung der Innenstadtfür den Motorfahrzeugverkehr als Massnahme gegen denSommersmog während der Monate Juli und August; in diesemSinne stellt er dem Regierungsrat Antrag. Seite 53

Betriebsbeitrag für das «neue» KanzleizentrumDer Zürcher Stadtrat beantragt dem Gemeinderat die Bewilli-gung eines jährlich wiederkehrenden Kredites von 750 000Franken für den unbefristeten Betrieb des «neuen» Kanzlei-zentrums. Seite 55

Nichts Neues an der Spitze der «Tour»Die 8. Etappe der Tour de Suisse von Genf nach Murten über202 km ist vom australischen Radprofessional Phil Anderson imSpurt vor dem Dänen Sörensen gewonnen worden. Weil sichdie Spitzenfahrer geschlossen im Hintergrund aufhielten, ergab

sich an der Spitze des Gesamtklassements k e i ne Änderung.

Roosen bleibt Leader vor Richard. Seite 6

Inhaltsübersicht Umfang 76 Seiten

Ausland 1-5 Radio und TV 31/32Wetter und Wirtschaft 33-40Vermischtes 7,9 Börsen 43-61Inland 21-25 Stadt undFeuilleton 27,29 Kanton Zürich 53-60Roman 30 Sport 61-63

Tourismus Seiten 65-68

Anzeigen-Überblickseite

Nach der Unabhängigkeitserklärung von Slowenien und Kroatien

Jugoslawiens beschleunigter ZerfallsprozessDie Bundesregierung droht mit Gegenmassnahmen

Die jugoslawische Bundesregierung hat in der Nacht zum Mittwoch - ebenso wie dasföderale Parlament - die Unabhängigkeitserklärung von Slowenien und Kroatien für nullund nichtig erklärt. Gleichzeitig wurden in vager Form Massnahmen angekündigt, mit denendas «normale Funktionieren» des Staates gewährleistet werden soll. Es geht dabei vor allemum die Sicherung der inneren und äusseren Grenzen.

Soldaten der jugoslawischen Armee in einem Schützenpanzer in Ljubljana. (Bild Reuter)

C. Sr. Ljubljana, 26. Juni

Die Bundesregierung hat in der Nacht aufMittwoch an einer Sondersitzung die Unabhän-gigkeitserklärung von Slowenien und Kroatien alseinen einseitigen Akt der Abspaltung in scharferForm zurückgewiesen. Die Bundespolizei wurdeermächtigt, in Zusammenarbeit mit dem Verteidi-gungsministerium die Kontrolle Qber die auf demTerritorium Sloweniens liegenden Grenzen Jugo-

slawiens zu übernehmen. Was das genau bedeutetund ob bereits damit begonnen wurde, diesen Be-schluss in die Tat umzusetzen, ist im Augenblicknicht ganz klar. Am Mittwoch soll es an einigenGrenzübergängen bereits zu kleineren Zwischen-fällen in Form von verbalen Auseinandersetzun-gen um das Hissen slowenischer Fahnen oder dasAufstellen von Tafeln mit der Aufschrift «Repu-blik Slowenien» gekommen sein. Nach der Über-nahme der Zollverwaltung und der- ebenfalls derFöderation unterstellten - Grenzübergänge d u r chSlowenien droht offenbar erneut ein Konflikt mitder jugoslawischen Regierung um die Zolleinnah-men, mit denen bisher das Bundesbudget gespeist

wurde. Gemäss einer Anordnung der BelgraderRegierung müssen zudem alle Kontrollpunkte,die in den letzten Tagen an der slowenisch-kroa-tischen Grenze errichtet wurden, wieder beseitigt

werden. In Istrien, das zum einen Teil zu Kroa-tien und zum andern zu Slowenien gehört, sindbereits Protestaktionen gegen diese neue Grenzeund gegen die damit verbundene Aufteilung derHalbinsel auf zwei «Staaten» angekündigt wor-den.

Beginn der Loslösung

Mit der Verabschiedung der Unabhängigkeits-erklärung d u r ch das slowenische und kroatischeParlament hat der Zerfallsprozess eine neueDimension erreicht Jugoslawien hat in der bisherbestehenden Form zu existieren aufgehört In denbeiden früheren Teilrepubliken ist die Bundesver-fassung, an die sich allerdings seit längerer Zeitohnehin niemand mehr hält, ausser Kraft gesetzt

worden. Gültig sind nur noch die vom eigenen

Parlament beschlossenen Gesetze sowie - für eineÜbergangszeit bis zum Abschluss des Prozessesder Loslösung - jene des Bundes, die noch nichtsuspendiert wurden. Kroatien und Slowenienhaben mit diesem Akt im Prinzip alle an dieFöderation abgegebenen Rechte und Pflichtenwieder übernommen. Die internationalen Gren-zen sowie die Trennlinie zwischen den beidenneuen souveränen Staaten sind zu slowenischenbzw. kroatischen Staatsgrenzen erklärt worden.Auch haben sich Slowenien und Kroatien nocham Dienstag abend gegenseitig anerkannt. In derkroatischen Unabhängigkeitserklärung wird zu-dem ausdrücklich festgehalten, dass mit der Pro-klamierung der Selbständigkeit der Prozess der

Loslösung von Jugoslawien beginnt Auch wirdden in Kroatien lebenden Serben sowie den An-gehörigen der andern Minderheiten die Einhal-tung aller Menschen- und Burgerrechte garantiert

sowie kulturelle Autonomie zugesichert

In einer Sonderausgabe der slowenischen Zei-tung «Delo», die bereits am Dienstag abend er-schien, sind auf der ersten Seite die neuen natio-nalen Symbole sowie eine Karte Sloweniens abge-

druckt «Slowenien ist unabhängig», beisst es ingrossen Lettern und darüber stehen die Worte:«Nach tausend Jahren deutscher Herrschaft undnach 73 Jahren in Jugoslawien». Während in denZeitungen die Erfüllung eines jahrhundertealten

Traums des slowenischen Volkes über Seiten hin-weg gebührend gefeiert wurde, war auch nach derProklamierung der Unabhängigkeit am Dienstag

abend auf den Strassen und Plätzen der Innen-stadt von Ljubljana nichts von Begeisterung zuspüren. Nirgends wurde gefeiert oder gesungen.

Die meisten Leute hätten, so meinte einer, ange-sichts der steigenden Preise und der zunehmen-

ITALIEN

den Arbeitslosigkeit ganz andere Sorgen. Vieleseien zudem der schönen Worte und Deklaratio-nen, d u r ch die ohnehin kaum etwas verändertwerde, müde.

Folgen andere Republiken?

Es gilt vor allem auch abzuwarten, was nun inden jugoslawischen Teilrepubliken geschieht Ma-zedonien hatte bereits früher die Loslösung vonJugoslawien angekündigt, falls sich Slowenienund Kroatien für unabhängig erklären sollten. FürMittwoch ist auch das Parlament der TeilrepublikBosnien-Herzegowina zu einer Sondersitzung ein-berufen worden. Es ist zudem zu befürchten, dasses in nächster Zeit in dem auf dem TerritoriumKroatiens widerrechtlich gebildeten «serbischen

Verzögerte Uno-Inspektionirakischer MilitäranlagenNuklearmaterial unterdessen entfernt?Nikosia, 26. Juni. (Reuter) Der Irak hat nach

mehrtägiger Weigerung am Mittwoch Uno- In-spektoren in eine Atomanlage bei Bagdad einge-

lassen. Die irakische Agentur INA meldete, dieWeigerung begründe Aussenminister AhmedHussein mit dem islamischen Fest Eid al-Adha.Hussein sagte, der Irak werde weiterhin mit derUno bei der Erfüllung der Auflagen der Waffen-stillstandsresolutionen zusammenarbeiten. Dazugehört die Inspektion aller Anlagen, in denenMassenvernichtungswaffen oder deren Bestand-teile hergestellt werden können. Die Weigerungdes Iraks, die Anlage inspizieren zu lassen, wurdeam Dienstag von den fünf Ständigen Mitgliederndes Sicherheitsrates besprochen.

Wien, 26. Juni, (dpa/Reuter/afp) Die Inter-nationale Atomenergie-Agentur (IAEA) in Wienbestätigte, dass ihre Beauftragten am Mittwochauf das umstrittene Gelände vorgelassen wurden.Ein Sprecher sagte, gewisse Objekte, die aus derFerne gesichtet wurden und überprüft werdensollten, seien jedoch von den Irakern entferntworden. Die IAEA wollte nicht spekulieren,worum es sich dabei handelte. Die Inspektionenwürden fortgesetzt. Laut amerikanischen Fernseh-berichten hatten Kräne und schweres Gerät aufdem Gelände zu Spekulationen geführt, dass dortwichtige Anlagen stünden.

Bagdad, 26. Juni, (ap) Experten der IAEA ver-dächtigen die irakischen Führung, sie habe ihnennicht alle sich mit Atomenergie befassenden Ein-richtungen im Lande bekanntgegeben. Die IAEA-Experten haben nach eigenen Angaben mehrmutmassliche Nukleareinrichtungen entdeckt, alsihnen von deu Irakern angegeben worden waren.

Einlenken Washingtonsin der Reparationenfrage

Washington, 26. Juni. (Reuter) Nach dem Wil-len der USA soll der Irak mindestens 30 Prozentseiner künftigen Erdöleinnahmen für Repara-tionszahlungen aufbringen. Die Sprecherin desAussenministeriums erklärte, 30 Prozent seien dasMinimum dessen, was notwendig sei, um die An-sprüche der Geschädigten zu decken. Die USA,die sich ursprünglich für die Abfuhrung von 50Prozent der irakischen öleinkünfte eingesetzt hat-ten, hätten sich der Mehrheit ihrer Verbündetenangeschlossen. Für den Ansatz von 30 Prozentgebe es im Uno-Sicherheitsrat grosse Unterstüt-zung.

autonomen Gebiet Krajina» zu grösseren Un-ruhen kommen könnte.

Radio Zagreb berichtete am Mittwoch überSchiessereien, bei denen mindestens zwei Perso-nen ums Leben gekommen seien. Auch ist lautden gleichen Angaben das mehrheitlich von Ser-ben bewohnte Städtchen Dvor na Uni am Diens-tag von serbischen Polizisten und bewaffnetenFreiwilligen besetzt worden, die alle Zufahrts-strassen abgeriegelt hätten. Vertreter der in der«Krajina» lebenden Serben haben in der Vergan-genheit immer wieder mit einem bewaffnetenAufstand für den Fall gedroht, dass sich Kroatienvon Jugoslawien abspalten sollte. Für die selbst-ernannte Führung des serbischen autonomen Ge-biets ist die Unabhängigkeitserklärung ohnehinlediglich ein Stück Papier. Auch soll künftig dieZusammenarbeit zwischen der kroatischen «Kra-jina» und einigen ebenfalls mehrheitlich von Ser-ben bewohnten Bezirken im benachbarten Bos-nien (Bosanska Krajina) intensiviert werden. Fallses in nächster Zeit - was in Zagreb nicht ausge-schlossen wird - zu einem eigentlichen Zu-sammenschluss der beiden Gebiete über die be-stehenden Grenzen hinweg mit dem Ziel der Bil-dung eines einheitlichen serbischen Staates kom-men sollte, wäre der erste Schritt zur Zerstücke-lung des ethnisch gemischten Bosnien getan.

(Kommentar Seite 3)

Kämpfe um eine PolizeistationZagreb, 26. Juni, (dpa) Bei schweren Feuer-

gefechten zwischen Serben und Kroaten im kroa-tischen Dorf Clina, 60 Kilometer südlich vonZagreb, hat es nach Angaben des kroatischenStellvertretenden Innenministers Moric zahlreicheTote und Verletzte gegeben. Auf seiten der kroa-tischen Polizei seien zwei Tote und mehrere Ver-letzte zu verzeichnen. Die genaue Zahl der Opfersoll erst später bekanntgegeben werden.

Nach offiziellen Angaben hatten serbische be-waffnete Verbande die kroatische Polizeistationgestürmt. Spezialeinheiten der kroatischen Polizei

Neue Zürcher Zeitung vom 27.06.1991

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