Binnendifferenzierung & Offener Unterricht · 4 Heterogenität „Die Verschiedenheit der...

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Binnendifferenzierung & Offener Unterricht

StD Bernhard Hoffmann Universität Trier

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Alle Wege führen nach Rom...

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Übung 1: Entwerfen Sie Szenariosder Schullaufbahnenfür die drei Schüler der Klasse 5aLisa Peter Carmen

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Heterogenität

� „Die Verschiedenheit der Köpfe ist das größte Hindernis aller Schulbildung.“ (Herbart)

� Unterschiede in den kognitiven Lernvoraussetzungen (Intelligenz, fachliches Vorwissen, Lern-behinderungen, soziale und/oder ethnische Herkunft, Alter u.a.), sichtbar z.B. � am Lerntempo� an der Lernkapazität� an Interesse und Motivation

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Differenzierung: Definition

„Differenzierung in der Schule und im Unterricht begreift Individualität als konstitutive Basis und verfolgt nur ein einziges Ziel: Jeder einzelne Schüler soll

- individuell maximal gefordert und- damit optimal gefördert werden.“

(Paradies/Linser 20052)

Chancengleichheit !

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Forschungsproblem

Wo lernen S besser:� in homogenen Leistungsgruppen oder� in heterogenen Leistungsgruppen ?� Beispiele erfolgreicher PISA-Länder� Etliche Untersuchungen zeigen höhere

Lerneffekte in heterogenen Gruppen(Anregungspotential durch ´stärkere` S; Einbringen eigener Fähigkeiten; Erklärungsdruck ´stärkerer`S)

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Lösungssuche I (äußere Differenzierung)

� Homogene Leistungsgruppe in verschiedenen Schularten

� ~ in verschied. Schulprofilen (z.B. Musik,Sport)� Zurückstellen vom Schulanfang, ´Sitzenbleiben`,

Schulartwechsel� Integrierte Gesamtschulen (IGS) mit

Fachleistungsdifferenzierung� Wahl - Kurssysteme

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Möglichkeiten individuellen Eingehens :� in der Motivation durch LP und Inhalt� im Eingehen auf Vorkenntnisse� im Eingehen auf Interessen� in der methodischen + medialen Gestaltung des

Unterrichts� in der Darbietung der Inhalte� in der Festlegung des Niveaus der AA

Lösungssuche II (innere Differenzierung)

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A. Möglichkeiten der Binnendifferenzierung im gemeinsamen Unterricht (Klassenunterricht)

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Reaktionsmöglichkeiten im Klassenunterricht

1. Ausrichtung der Lern- und Leistungs-unterschiede an einem fiktiven Durchschnitts-S

2. Anpassung der S an die Anforderungen (Schließen von Wissenslücken u.a.)

3. Anpassung des Unterrichts (adaptiver U)

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Adaptiver Unterrichtsstil

� stellt verschieden gestufte/geschichtete Fragen an die verschiedenen S (z.B. Länge)

� gibt themendifferente AA in StA-Phasen (z.B. Komplexität)

� arbeitet mit Basis- und Erweiterungscurriculum in den HA

� ermöglicht verschiedene methodische Zugänge� gibt spezielle Förderaufgaben (+ !!! und -)� gibt S und Eltern diagnostische Hilfe

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Lernwege von Schülern(Übung 2)

EndpunktLernprozess

Lernbeginn

einfacheStruktur

komplexeStruktur

konkret

abstrakt

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Lernwege von Schülern (Lösungsmöglichkeit)

EndpunktLernprozess

Lernbeginn

einfacheStruktur

komplexeStruktur

konkret

abstrakt

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Übung 3

Wir sehen uns Differenzierungsmaßnahmen in anderen Ländern an. Dauer des Films: ca. 15 Minuten.

Schreiben Sie mögliche gezeigte Differenzierungsmaßnahmen auf !

Quelle: „Treibhäuser der Zukunft“Reinhard Kahl (2004)

DVD 2, Im Focus 8: „Andere Länder“

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Literatur zur Differenzierung

� Dieter Haarmann (Hg., 1998), Wörterbuch Neue Schule, S. 49 - 55

� Liane Paradies/Hans-Jürgen Linser (20052), S. 7 – 50� Manfred Bönsch (20043), Intelligente

Unterrichtsstrukturen. Eine Einführung in die Differenzierung, S. 122 – 131; S. 148 - 163

� Klaus-Jürgen Tillmann/ Beate Wischer: Heterogenität in der Schule. Forschungsstand und Konsequenzen. In: Pädagogik 3/2006, S. 44 - 48

� www.deutschunterricht.org/diff1.htm

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B.+C. Möglichkeiten der Binnendifferenzierung im individuellen und kooperativen Unterricht

´Offener Unterricht` als Chance zur

Binnendifferenzierung

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1. Motive zur Öffnung von Unterricht

� Reformpädagogische Wurzeln� Erkenntnisse der Lernforschung(en)� Konstruktivismus und konstr. Didaktik� Veränderte Kindheit (gewandelte Beziehungsstrukturen,

Mediatisierung, Konsumorientierung, Heterogenität der Lerner)

� Anforderungen von Wirtschaft und Industrie

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2. Ziele und Prinzipien (nach Edel 2000)

Erwerb von AktivierungWissen Sinnhaftigkeitund Kooperationvon DifferenzierungKompetenzen Individualisierung

Selbst-gesteuertes

Lernen

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3. Formen der Öffnung (nach Benner, 1995)

A. Thematische Öffnung- fächerübergreifende Vorhaben/Projekte- Beteiligung der Sch zulassen- Interessen/Erfahrungen der Sch berücksichtigen

B. Methodische Öffnung- (freie) Methodenwahl (inkl. Sozialformen)- reichhaltige (anregende) Lernumgebungen

C. Institutionelle Öffnung- Exkursionen, Experten u.v.a.

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4. Konzepte

� Wochenplan� Stationenlernen/Lernzirkel� Werkstattlernen� Projektarbeit� Planspiel� Freiarbeit

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5. Grundlegende Hinweise

� Frage nach dem eigenen pädagogischen Selbstverständnis

� Beteiligungskultur /Rolle der LP� Themen handlungsorientiert aufbereiten� Intensive Vorplanung nötig� Integration in geschlossene Konzepte� Anfang in kleinen Schritten

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6. Prüfen und Bewerten

� Kein prüfungsfreier Raum� Mit den Schülern Modi erarbeiten� Selbstbewertung/Fremdbewertung der S

zulassen� Differenzierte Möglichkeiten der

Bewertung (Prozess, Ergebnis)� Einüben nötig (´kleine Schritte´)

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7. Beispiele 7.1. Wochenplan

Was ist ein Wochenplan?

Wochenplan = eine sachliche wie zeitliche Organisation von Arbeitsaufträgen, die den Schülern im Regelfall in einer Woche für einen oder mehrere Lernbereiche gegeben werden

Neben den Pflicht – und Wahlaufgaben spielen auch Freiarbeitsphasen und die zunehmende Mitgestaltung durch die Schüler eine große Rolle

Auch die Inhalte sowie die Arbeitsmethoden und die sozialen Gruppierungen bei der Bearbeitung sind von großer Bedeutung

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7.2. Stationenlernen

Stationenlernen beschreibt jeweils das zusammengesetzte Angebot mehrerer Lernstationen, das die Lernenden im Rahmen einer übergeordneten Thematik (Unterrichtseinheit oder fächerverbindende Thematik) bearbeiteten und unter Umständen teilweise selbst mitgestalten.

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Aufbau und Phasen des Stationenlernens

Thema

Teilthema

Blaue Station

A B

Differenzierung

Lila Station

Grüne Station

Gelbe Station

Rote Station

Freiwillige Station

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Übung 4

1. Finden Sie 3-5 Vorteile des ´offenen Unterrichts`.

2. Finden Sie 3-5- Nachteile des ´offenen Unterrichts`.

3. Beziehen Sie Position: überwiegen die Vor- oder die Nachteile ?

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8. Mögliche Vor- und Nachteile des OU

� VORTEILE- setzt Ergebnisse der Lernpsychologie um- gibt Voraussetzung für das Zurechtkommen in der Arbeitswelt- Schüler erlernen wichtige Schlüsselqualifikationen- WP & SL nehmen die Individualität der Schüler ernst- fördert das soziale Klima- verringert die Disziplinprobleme- macht Unterrichtsplanung transparenter für den Schüler- verbessert das Vertrauensverhältnis zwischen Lehrern und

Schülern- führt Schüler an ernste Entscheidungssituationen

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8. Mögliche Vor- und Nachteile des OU

�NACHTEILE- volle Pläne/viele Stationen können die Lernenden unter

Leistungs – und Zeitdruck setzen- durch eventuellen Zeitdruck leidet die Qualität- entstehende Unruhe- nach Erlernen der Selbsttätigkeit ist Frontalunterricht

schwerer wieder durchzuführen (?)- man kommt mit dem Stoff nicht durch (Zeitfaktor)- bringt keine kontrollierbaren Lernergebnisse- manche Schüler nutzen das System aus- manche Schüler können schlecht damit umgehen

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9. Literatur

� Christel Wopp (1991), Offener Unterricht. In: W.Jank/H.Meyer, Didaktische Modelle, S. 322-335

� Norbert Edel (2000), Offener Unterricht, In: G.Bovet/V.Huwendiek, Leitfaden Schulpraxis, S. 73-91

� Herbert Gudjons (2006), Neue Unterrichtskultur –veränderte Lehrerrolle, S. 53 – 88

� Thorsten Bohl (2004), Prüfen und Bewerten im Offenen Unterricht (allg.:S.13 – 40; Bewertung spez.: S. 104-131)

� Jürgen Wiechmann (Hg., 2000), Zwölf Unterrichtsmethoden, div. Artikel

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Die folgenden Folien stammen von Studierenden der Universität Trier, die die Helene-Lange-Schule in Wiesbaden 2004 im Rahmen eines Seminars bei mir besucht haben.

10. Die HLS als Beispiel einer ´offenen Schule`

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Konzept der HLS

Das ‚andere Lernen‘

� pädagogisches Konzept der HLS: Praktizieren von ‚anderen‘ Formen des Lernens

� zentraler Aspekt: Förderung der Selbstständigkeit der Schüler

� Praxisbezug, Handlungsorientierung � Herstellen von Gegenständen und Modellen, Primärerfahrung außerhalb und innerhalb der Schule, Experimentieren, Organisieren, Helfen

� künstlerische Entfaltungsmöglichkeiten � Theater-und Puppenspiel, Radio, Film, Zeitungen, öffentliche

AufführungenPappmaschee-Figur

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Konzept der HLS

Das ‚andere Lernen‘

� offenes Lernen fest mit vier Wochenstunden im Lehrplan verankert � organisatorische Absicherung

� flexible Lernumgebung: montäglich, gemeinsam von Lehrern und Schülern festgelegter Wochenstundenplan

� ermöglicht interdisziplinäre Projektarbeit

� Verzahnung von Projektplanungen und

Schulfächern im Jahresarbeitsplan festgelegt �Verbindung von Lebens- und Lernwelt [�Handlungsorientierung]

Plakatentwurf für eine Theatervorführung

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Persönliche Eindrücke – Verschiedene Eindrücke

Stundenplan einer 6. Klasse – viele Stundenblöcke und Platz für offene Unterrichtsformen

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Persönliche Eindrücke - Führung

Die Eingangshalle

� Schon in der Eingangshalle wird klar, dass die Handlungsprodukte der Schüler einen großen Platz einnehmen

dürfen – und sollen.

� Kreativität steht im Vordergrund, Ordnung ist nur sekundär.

� Von Schülern verfasste Petitionen gegen den Irak Krieg sind mehrfach in

der Schule anzutreffen.

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Persönliche Eindrücke - Führung

Flure und Gänge

� kaum freie Flächen

� Gestaltung von Gängen und Wänden in Projektarbeit

� kreativ aber nicht unstrukturiert: Schülerportraits zieren die Gänge der

jeweiligen Jahrgangsstufe

� Aufhebung der Anonymität

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„[…] es tut allen gut, wenn der schwache Hauptschüler mit dem späteren Harvard-Stipendiaten

gemeinsam lernt.“- Enja Riegel

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Persönliche Eindrücke – Verschiedene Eindrücke

Dieses wandgroße Schema zeigt die Austauschschulen und die Aufenthaltsorteeinzelner Schüler der HLS in den USA.

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Persönliche Eindrücke – Verschiedene Eindrücke

Eine von zahllosen Ausstellungsreihen in den Gängen der HLS.

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„Wir haben uns gewisse Spielräume genommen: weniger Stoff, den aber

intensiv.“- Enja Riegel

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Persönliche Eindrücke – Verschiedene Eindrücke

Aktuelle von Schülern erstellte Ausstellung an der HLS zum Thema Judenverfolgung im Dritten Reich.

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„Jeder Schüler spielt bei uns mindestens acht Wochen lang nur

Theater. Die Kinder identifizieren sich mit ihren Rollen, bei denen es ja auch

um ihre eigenen Probleme geht.“- Enja Riegel

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Mit Theaterbildern und Requisiten dekorierter Eingangsbereich zum Sekretariat.

Persönliche Eindrücke – Verschiedene Eindrücke

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„Ich fand immer, dass Schulen wie Unternehmen geleitet werden sollen. Wir haben uns jahrelang von einem

externen Fachmann überprüfen lassen. Haben immer wieder Bilanz gezogen: Was haben die Schüler

gelernt, was ist zu kurz gekommen?“- Enja Riegel

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Klassenzimmer

� jede Klassenzimmertür mit Schülerportraitkollagen versehen

� Stärkung des Gemeinschaftsgefühls

� Förderung der Identifikation des Schülers mit seinem Klassenraum

� Schüler sind für die Pflege des Klassenräume selbst verantwortlich

� jährliche Kostenersparnis: ~ 25.000€

� weniger Sachbeschädigung

Persönliche Eindrücke - Führung

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Persönliche Eindrücke – Verschiedene Eindrücke

Das Ausstellungszimmer

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Persönliche Eindrücke – Verschiedene Eindrücke

Das Klassenzimmer als Lebens- und Lernraum

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„Bei uns putzen die Schüler ihre Klassenräume selbst. Dabei lernen sie Verantwortung, und gleichzeitig

spart das im Jahr 27000 Euro, die wir für Fachleute wie Schauspieler,

Handwerker und Köche ausgeben können.“- Enja Riegel

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Persönliche Eindrücke – Verschiedene Eindrücke

Das Klassenzimmer als Arbeitsraum.

� Sitzordnung

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„Unsere Art zu arbeiten ist viel anstrengender als normaler Schulalltag.

Sich vor einer Klassenarbeit schnell den Stoff einzubimsen ist keine

Herausforderung. Ein Thema selbstständig zu erforschen und die

Ergebnisse einem kritischen Publikum zu präsentieren schon.“

- Enja Riegel

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