Computerspiele im Politikunterricht€¦ · 2. Theoretischer Hintergrund 2.1. Wissenserwerb durch...

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Computerspiele im Politikunterricht

-Wissenserwerb und

Überredung

Marc Motyka

Gliederung

1. Digitales, spielbasiertes Lernen im Politikunterricht

2. Theoretischer Hintergrund

2.1. Wissenserwerb durch Computerspiele

2.2.Persuasion durch Computerspiele

3. Analyse Food Force

4. Hypothesen (Auswahl)

5. Experimentelle Pilotstudie

5.1.Ergebnisse und Diskussion

5.2.Ausblick

Digitales, spielbasiertes Lernen

• Serious Games (vgl. Abt, 1968; Marr, 2010)

• Umfangreiches Angebot für den sozialwissenschaftlichen Unterricht (vgl. Macleod et al., 2004)

• Vielfältige Einsatzmöglichkeiten (Thoß, 2010)

• Beutelsbacher Konsens (vgl. Wehling, 2004)

Beispiel-Software Food Force

• Thema: Die Arbeit des World Food Programme (WFP) in Krisengebieten

• WFP: Organisation der UNO für Nahrungsmittelversorgung (Meyns, 2010)

• Über 6 Millionen Downloads von Food Force seit 2005 (WFP, 2012)

Food Force

Food Force

Food Force

Fragestellung:

• Können Computerspiele im Politikunterricht lernförderlich wirken?

• Können Computerspiele im Politikunterricht die Meinung der Schüler beeinflussen?

Gliederung1. Digitales, spielbasiertes Lernen im Politikunterricht

2. Theoretischer Hintergrund

2.1. Wissenserwerb durch Computerspiele

2.2.Persuasion durch Computerspiele

3. Analyse von Food Force

4. Hypothesen (Auswahl)

5. Experimentelle Pilotstudie

5.1.Ergebnisse und Diskussion

5.2.Ausblick

Was macht Computerspiele lernförderlich?

• Interaktivität

• Multimedialität

• (Adaptivität)

• Motivation

• (Goal-Based-Scenarios)

Interaktivität im digitalen, spielbasierten Lernen

• Uneinheitliche empirische Befunde (vgl. Ke, 2009; O‘Neil et al., 2005; Rieber, 2005; Ritterfeld et al., 2009; Vogel et al., 2006)

12 Prinzipien des multimedialen Lernens

• Abgeleitet aus der kognitiven Theorie des multimedialen Lernens

• Beispiel (Mayer, 2009): Modality Principle

• Empirisch gut abgesichert für naturwissenschaftliche Domänen (vgl. Fletcher & Tobias, 2005; Mayer, 2009)

• Aber: Nicht alle Prinzipien zeigen Wirkung in sozialwissenschaftlichen Domänen (De Westelinck et al., 2005)

Motivation

• Selbstbestimmungstheorie der Motivation (Deci & Ryan, 2000) angewendet auf Computerspiele (vgl. Petko, 2008)

• Erleben von ...

• Kompetenz

• Autonomie

• Sozialer Eingebundenheit

Erleben von Kompetenz

• Highscore-Listen, Punkte, freischalten neuer Level

Peggle(Popcap Games, 2007)

Erleben von Autonomie

• Auswählen von Missionen, verschiedene Lösungswege, Bewegungsfreiheit

Joe & Mac(Data East, 1991)

Erleben von sozialer Eingebundenheit

• Multiplayer-Spiele, programmierte Mitspieler

Trials Evolution(Microsoft Studios,

2012)

Gliederung1. Digitales, spielbasiertes Lernen im Politikunterricht

2. Theoretischer Hintergrund

2.1. Wissenserwerb durch Computerspiele

2.2.Persuasion durch Computerspiele

3. Analyse von Food Force

4. Hypothesen (Auswahl)

5. Experimentelle Pilotstudie

5.1.Ergebnisse und Diskussion

5.2.Ausblick

Theorie der prozeduralen Rhetorik

• Erfahrungsbasierte Einstellungen (vgl. Olson & Kendrick, 2008)

• Computerspieler: „ganz dabei sein“ (Fritz, 2008, S. 17)

• Computerspiele überreden durch eine bestimmte Darstellung der Welt (Bogost, 2007)

• Spieler erleben persuasive Botschaften durch Interaktion (Bogost, 2007)

Empirische Befunde zur Persuasion durch Computerspiele

• Konkurrierende Definitionen, Konzepte und Messmethoden (z. B.: Bogost, 2007; Smith & Just, 2009; Svahn, 2009)

• Bisherige Ergebnisse uneinheitlich (z. B. Alhabash & Wise, 2012; Lavender, 2008)

Gliederung1. Digitales, spielbasiertes Lernen im Politikunterricht

2. Theoretischer Hintergrund

2.1. Wissenserwerb durch Computerspiele

2.2.Persuasion durch Computerspiele

3. Analyse von Food Force

4. Hypothesen (Auswahl)

5. Experimentelle Pilotstudie

5.1.Ergebnisse und Diskussion

5.2.Ausblick

Lernen durch Food Force?

• Food Force folgt den meisten der 12 Multimedia-Prinzipien

• In Food Force lassen sich Elemente finden, die im Sinne der Selbstbestimmungstheorie Kompetenz, Autonomie und soziale Eingebundenheit fördern könnten

• Food Force folgt prinzipiell den Anforderungen eines Goal-Based Scenarios

= Das Programm kann aus theoretischer Sicht lernförderlich wirken.

Überreden durch Food Force?

• Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring (2003) zeigt:

• Allein verbale Selbstdarstellungs-Botschaften des Welternährungs-Programmes lassen sich in 108 Sätzen des Transkripts finden

• Diese wurden 10 Kategorien der Selbstdarstellung zugeordnet (z. B.: Expertise, Schnelligkeit, Sparsamkeit)

Hypothesen (Auswahl)

• H1: Die Schüler der PC-Gruppe werden mehr deklaratives Wissen erwerben als die Schüler der Textgruppe

• H2: Die Schüler der PC-Gruppe werden motivierter sein als die Schüler der Textgruppe

• H3: Die Schüler der PC-Gruppe sind nach dem Treatment überzeugter vom WFP als die Schüler der Textgruppe

Experimentelle Pilotstudie

• n = 83 Realschüler (Klasse 10)

• 45 weiblich (54.20 %)

• 36 männlich (43.40 %)

• 14-17 (MAlter =15.60; SDAlter = .67)

• Experiment im Kontrollgruppen-Design mit randomisierter Zuweisung

Messung der Motivation

• FAM: Fragebogen zur aktuellen Motivation in leistungsbezogenen Situationen (Rheinberg et al., 2001) modifiziert von Künsting (2007)

• 9 Items

• Reliabilität:

• Motivation Pre: α = .84 (gut)

• Motivation Post: α = .90 (sehr gut)

Messung des deklarativen Wissens

• Eigenentwicklung mit 5 Fragen (z. B.: „Welche Nahrungsmittel bekommen Menschen in Not vom WFP?“)

• Ausrichtung auf präsentierte Fakten

• Reliabilität: α = .74 (zufriedenstellend)

Messung der Persuasion• Eigenentwicklung, 10 Items

• Persuasive Botschaften (vgl. Mayring, 2003)

• Reliabilität

• Persuasion Pre: α = .85 (gut)

• Persuasion Post: α = .87 (gut)

Ergebnisse: Hypothese 1• Die Schüler der PC-Gruppe werden mehr

deklaratives Wissen erwerben als die Schüler der Textgruppe

• (MText = .41, SDText = .21; MPC = .48, SDPC = .20)

• MANCOVA: F(1;76) = 1.41, n.s

• T-Test: t(81) = 1.48, n.s. (Cohen‘s d = .33)

Ergebnisse Hypothese 2• Die Schüler der PC-Gruppe werden motivierter

sein als die Schüler der Textgruppe

• Vor Aufgabenbearbeitung:t(78) = 4.38, p < .01d = .99 (starker Effekt)

• Nach Aufgabenbearbeitung:t(81) = 3.94, p < .01d = .88 (starker Effekt)

• Motivationszuwachs:t(78) = .33, n.s.

Ergebnisse Hypothese 3

• Die Schüler der PC-Gruppe sind nach dem Treatment überzeugter vom WFP als die Schüler der Textgruppe

• Zuwachs der Persuasion:

t(81) = .22, n.s.F(1;76) = .02, n.s

Kovariate Motivationszuwachs:F(1;76) = 5.09, p < .05

Diskussion H1

• Deklarativer Wissenserwerb durch digitales, spielbasiertes Lernen mit Food Force ist möglich

• Dennoch widerspricht der Befund den Erwartungen

• Fünf Erklärungsversuche:

1. Digitales, spielbasiertes Lernen ungewohnt

2. Keine Nachbesprechung (vgl. Garris et al., 2002)

3. Aufgabenstellung ungünstig formuliert

4. Methodisches Problem: Wissenstest zu klein

5. Versuchsaufbau: Störlärm in PC-Gruppe (vgl. Mayer, 2009)

Diskussion H2

• Befund deckt sich mit theoretischen Erwartungen

• Allerdings: Kein Einfluss von Motivation auf den Lernerfolg erkennbar (F(1;76) = .10, n.s)

• Framing (vgl. Wechselberger, 2012)

• Salomon-Effekt (vgl. Renner, 1994)

Diskussion H3

• Nicht die Lernumgebung, sondern die Motivation ist für eine Überredung entscheidend (vgl. Petty & Cacioppo, 1986)

• Glaubwürdigkeit des Mediums (vgl. Metzger & Flanagin, 2008)

• Computerspiele werden oft als belanglos und unseriös wahrgenommen (vgl. Ganguin, 2010)

• Nicht überprüft wurde Resistenz der Einstellung gegenüber Kritik und die zeitliche Stabilität der Einstellung

Ausblick

Diskussion

• Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

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