Dezentrale elektrische Antriebe im Automobil - Springer · Flexibilität und Modularität durch ein...

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Dezentrale elektrische Antriebe im AutomobilSchon heute regeln dezentrale Steuergeräte und Elektromotoren für Bremsas-sistent, Motormanagement, Klimaanlage oder Fahrwerkstabilisierung diverseFunktionen im Fahrzeug. Die Antriebsenergie beziehen aber praktisch alle Funk-tionen noch aus Zusatzaggregaten, die direkt oder indirekt mit dem Verbren-nungsmotor mechanisch gekoppelt sind. Hier steckt ein großes Entwicklungs-und Einsparpotenzial. Dieser Beitrag des Elektromotorenherstellers EBM-Papststellt neue Konzepte im Kleinantriebsbereich auf Basis von EC-Motoren vor, diefür dezentrale Antriebe ein breites Einsatzgebiet im Fahrzeugbereich eröffnen.

Elektronisch kommutierte Gleichstrommotoren für mehr Nutzen im AutomobilElectronic commutated DC motors for increasing benefit in the automobile

Bild 1: Herkömmliche Lösung mit einem Riemen für den Antrieb von zahllosen Neben- und ZusatzaggregatenFigure 1: Conventional solution with a belt to drive countless auxiliary and ancillary units

Der Autor

Dipl.-Ing. (FH)Andreas Rauist Projektingenieur imVerkauf Antriebstechnik bei der EBM-Papst St. Georgen GmbH & Co. KG in St. Georgen.

1 Einleitung

Nicolaus Otto setzte bei seinem Verbren-nungsmotor mangels Alternativen auf einestarre Kopplung von Kurbelwelle und No-ckenwelle. Diese einfache aber unflexibleLösung übernahmen Generationen von In-genieuren für den Antrieb von zahllosen Ne-ben- und Zusatzaggregaten. Mit steigendemKomfort und Sicherheitsdenken wurde soder Zahnräder-Ketten-Riementrum am Mo-tor immer monströser, Bild 1. Heute behin-dert dieses historisch gewachsene Konzeptneue technische Lösungen und optimalesaerodynamisches Design. Abhilfe schaffthier der Einsatz moderner dezentraler An-triebe. Elektronisch gesteuert können EC-Motoren vielfältige Sicherheits- und Zusatz-funktionen im KFZ antreiben. Platzproble-me und aufwendige Inspektionen von Rie-men und Spannrollen etc. entfallen, derkompakte Antrieb vor Ort ist platzsparendund wartungsarm.

2 Stand der Technik

Bisher werden im Automobil nur wenigeFunktionen durch dezentrale Elektroantrie-be bedient. Meist sind es Komponenten mitsehr einfachen Bewegungsabläufen bezie-hungsweise Funktionen, die unabhängigvom Haupt- oder Verbrennungsmotor ablau-fen müssen. Bestes Beispiel sind Scheibenwi-scher, Fensterheber oder Fahrzeuglüftung.

Doch auch hier wird gern auf Zentralitätgesetzt. So ist es weithin üblich, die über eineinzelnes, großes und lautes Gebläse geför-derte Frischluft innerhalb des Fahrzeugs perRohrleitung zu verteilen. Konstruktionsbe-dingt ist der Einsatz individueller Antriebebei Fensterhebern, Sitzverstellungen, Geblä-sen für die Klimaanlage oder im Kühlerven-tilator weiter fortgeschritten. Allerdingswerden fast ausschließlich unflexible Bürs-tenmotoren verwendet. Zudem fehlt es oftnoch an einer klugen Steuerung, die dieFunktionen überwacht und Überlastungenvermeidet. Auch simple Ein-Aus-Schalter fürden Kühlerventilator erlauben keine Rege-lung der Kühlmitteltemperatur, die der Mo-torbeanspruchung und dem Kraftstoffver-brauch entsprechen.

3 Moderne Lösungen

Die meisten Systeme, die elektrische Ener-gie benötigen, sind im Fahrzeug nur kurzin Betrieb oder nur zeitweise unter vollerLast im Einsatz. Eine starre mechanischeKopplung zum Verbrennungsmotor hat da-her immer zwei bedeutende Nachteile: Ers-tens variiert die Drehzahl des Verbren-

nungsmotors und damit sein Leistungsver-mögen; zweitens divergieren oft Leistungs-angebot des Motors und Leistungsnachfrageder Systeme. Aus beiden Gründen ist einemechanische Kopplung energetisch seltensehr effektiv.

Weitere negative Beispiele für Systeme,die permanent mit voller Leistung beauf-schlagt werden, obwohl sie es nicht benöti-gen, sind etwa die Kühlflüssigkeitspumpedes Motors und die Hydraulikpumpe derServolenkung. Diese typischen „leistungs-fressenden Vertreter“ sind mechanisch anden Verbrennungsmotor gebunden. Da die-se Systeme vom ersten Augenblick einerFahrzeugbewegung an auf ihr Leistungs-maximum hochgefahren werden, sind siesehr ineffizient in ihrer Energiebilanz.Auch unter Emissionsgesichtspunkten be-trachtet, sind solche Antriebe kritisch zubewerten.

3.1 EC-Motor als dezentraler AntriebGeht man dagegen bei den Zusatzaggrega-ten zu elektronisch kommutierten Elektro-motoren (elektronisch gesteuert, electroni-cally controlled, EC) als Kraftquelle über, soentkoppelt sich das Leistungsangebot desVerbrennungsmotors und die Leistungs-nachfrage der Zusatzaggregate. Wenn dieMotoren elektronisch kommutiert sind,bleibt als einzige mechanische Verschleiß-komponente die Rotorlagerung. Mehrerezigtausend Betriebsstunden unter Volllastsind heute Standard, ein EC-Motor hält da-her ein Automobilleben lang.

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auch als BLDC-Motor bekannt, abgeleitet von„Brushless direct current“-Motor.

3.2 Möglichkeit zum Beschleunigen oder BremsenDie EC-Motoren lassen sehr feinfühlig in al-len Last- und Drehzahlbereichen regeln. So

Bild 2: Moderne EC-Motoren für das Kraftfahrzeug: so vielfältig wie die AnforderungenFigure 2: Modern automotive EC motors: as diverse as the requirements

Bild 3: EC-Motor als Prüfling im Labor, robust bei Vibration und TemperaturenFigure 3: Tested EC motor in the laboratory, robust for vibration and temperatures

Bild 4: Zwei Mal bereits in Serienfertigung (links und rechts): hoch dynamischer EC-Motor und Überlagerungsgetriebe für elektrische ServolenkungenFigure 4: Two times already in series production (left and right): highly dynamic EC motor and modulation gear for electrical power steerings

Die Eigenschaften moderner EC-Motoren,Bild 2, prädestinieren diese Antriebe für alleAnwendungsfälle im Kraftfahrzeug bei de-nen eine kompakte, gut regelbare Leistungverlangt wird. Das Funktionsprinzip ist rechteinfach: Basis ist ein Synchronmotor und ei-ne interne oder externe Steuer-Elektronik,

die aus Gleichstrom das notwendige, in derRegel dreiphasige, Drehfeld erzeugt. Das Mo-torverhalten entspricht dem des Gleich-strommotors, so dass auch in dieser Hinsichtdie Bezeichnung als elektronisch kommu-tierter Gleichstrommotor gerechtfertigt ist.Der Motor ist im englischen Sprachbereich

www.HellermannTyton.de /Auto

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ist ein so genannter Vier-Quadranten-Be-trieb, also Beschleunigen oder Bremsen inbeide Drehrichtungen, problemlos möglich.Gerade diese Eigenschaften erlauben denEinsatz in vielen Kraftfahrzeuganwendun-gen, weil hier oft sowohl ein Beschleuni-gungs- als auch Bremsbetrieb gefordertwird. Im Gegensatz zu Hydraulikantriebensind dazu keine weiteren Komponenten wieUmschaltventile oder Rückholfedern nötig.

Dank des stets optimal geregelten Win-kels zwischen Anker/Rotor und Statormag-netfeld lässt sich das Drehmoment gut ein-stellen – ein wichtiger Punkt, um hohe Los-brechmomente zu überwinden und danachauf Position zu regeln. Auch ist der Wir-kungsgrad solcher Motoren wegen der opti-malen Magnetflussregelung sehr hoch.

3.3 Merkmale der EC-MotorenDank heutiger Miniaturisierung der Elektronikund neuer, hochenergetischer Magnetwerkstof-fe lassen sich die EC-Motoren als dezentralekompakte Antriebe für jeden Einsatz maß-schneidern. Schock- und Vibrationsbelastungenbis über 10 g Beschleunigung dauerhaft stand-

zuhalten, ist dabei noch eine kleinere Übung.Auch andere Umwelteinflüsse wie ein breiterTemperaturbereich (–40 bis +120 °C) oder einegute Festigkeit bei Temperaturschocks sowie ei-ne hohe chemische und mechanische Resistenzsind ebenfalls wichtig, Bild 3.

Neben dem Einhalten der rein mechani-schen Ansprüche sollte der EC-Motor-Antriebzusätzlich sicherheitsrelevante Funktionenselbsttätig überwachen. Die integrierte Elek-tronik für die Motorsteuerung kann heuteschon problemlos weitere Aufgaben erfüllen.So ist eine Drehmoment- oder Drehzahlkon-trolle kein Problem, ebenso das Vorhanden-sein eines Fehlermeldungsausgangs oder dieEinbindung des Antriebs in ein Bussystem desFahrzeugs. Der Motor entlastet mit dieserKompakt-Lösung den oder die zuständigenRechner und ist ein Plug-and-play-System, wel-ches sich nach dem Einbau selbst konfiguriertund überwacht. Kompakte Innen- oder Au-ßenläufermotoren in vielen Größen mit ihrenjeweiligen Vorzügen erlauben eine optimaleAnpassung des Aktuators an die individuelleAntriebstechnik. Sie sind zudem jedem Zahn-rad-, Riemen- oder Kettenantrieb in Lebens-

dauer und Wartungsfreiheit deutlich überle-gen. Bei direktem elektrischen Antrieb ent-fällt auch noch die heute übliche Hydraulik.

4 Typische Anwendungen in der Praxis

In den gehobenen Fahrzeugklassen sind einigeAnfänge der Dezentralisierung bereits zu se-hen. So ist eine Lenkunterstützung per Elektro-motor und Überlagerungsgetriebe, Bild 4, be-reits in Serie, ebenso Servolenkungen mit Elek-tromotor statt Hydraulikmotor. Gerade bei derLenkhilfe ist der Motor extrem gefordert: Überdie gesamte Lebensdauer sind wechselndeDrehzahlen zwischen 0 und 6000/min durch-zustehen. Für die dezente Lenkunterstützungist dabei sowohl der feinfühlige, fast als Schritt-motor zu bezeichnende, Einsatz gefragt (kleins-te Korrekturen für verbesserte Fahrstabilität)als eben auch im schnellen Wechsel der dyna-mische Hochlauf in typischen Einparksituatio-nen oder aber auch bei der Unterstützung dy-namischer Fahrsituationen (Slalomkurs).

Der Motor wird dabei im Fahrzeugeinsatzständig im Vier-Quadranten-Betrieb belastet.Ein in den Motor integrierter Drehgeber mit

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einer Drehwinkelgenauigkeit von kleiner 1 %stellt sicher, dass Motor und Regelungselek-tronik die nötigen exakten Daten erhalten.

Lüfter und Kleingebläse mit „intelligenten“EC-Motoren sind bereits etablierte Technik.Diese werden speziell in der Elektronikküh-lung im Kraftfahrzeug, aber auch im Komfort-bereich zur Sitzklimatisierung, Bild 5, zur Kli-masensorik, zur Einzelplatzklimatisierungoder als Hilfsgebläse in großen Stückzahleneingesetzt. Auch geregelte Kühlerventilatoren,elektrisch angetriebene Kühlwasser- und Mo-torölpumpen sind auf dem Markt. Sie erwei-tern die Möglichkeiten des Verbrennungsmo-tormanagements und helfen, Kraftstoffver-brauch und Schadstoffausstoß zu vermindern.

Noch etwas weiter in der Zukunft für denPkw – und heute noch auf Lkws beziehungs-weise Prototypen beschränkt – liegen folgen-de EC-Motoren-Anwendungen: Elektroantrie-be ersetzen die herkömmliche starre mecha-nische Kopplung bei Antrieb oder Bremseund binden sie so in ein Fahrmanagementein. Dazu zählen Getriebeaktuatoren, dieelektrisch angesteuerte Kupplung oder eineelektrisch gesteuerte Ölabscheidung und Ab-gasrückführung beziehungsweise Abgasrei-nigungssysteme mit Harnstoff-Wasser-Lö-sung für Dieselmotoren. Weitere zukunfts-trächtige Anwendungsgebiete für EC-Moto-ren sind das Kurvenlicht, eine automatischeBremsbelagnachstellung bei Fahrtbeginn

Bild 5: Aktive Sitzbelüftung für maximalen Sitzkomfort in Pkw und NutzfahrzeugFigure 5: Active seat ventilation for maximum seating comfort in passenger car and commercial vehicle

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und eine elektrohydraulische Niveauregulie-rung beziehungsweise aktive Fahrwerke.

Moderne EC-Motoren bilden in Zukunftdie Schnittstelle zwischen flexibler Elektronikund relativ starrer mechanischer Peripherie.Als dezentraler Aktuator vor Ort eingesetzt er-lauben sie feinfühlige Antriebsleistung nachBedarf. Zudem können sie sich als „intelligen-ter“ Antrieb selbst überwachen und Sicher-heitsfunktionen übernehmen. Sie eröffnendamit dem Fahrzeugmanagement völlig neueRegelungsmöglichkeiten. Für Entwickler bie-tet sich so eine höhere Flexibilität und mehrFreiheitsgrade für Design, Konstruktion undindividuelle Abstimmung. ■

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