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PolitikFacharbeit
Thema:Der Fall Sebnitz – Haben die Medien zu viel
Macht?
Jan Claas Reehuis
Melle
2003
GymnasiumMelle
2002/2003
- -
Politik
Jan Claas Reehuis
Thema:Der Fall Sebnitz – Haben die Medien zu viel Macht?
Fachlehrer: Herr Westphal
Ausgabetermin: 07.02.2003Abgabetermin: 21.03.2003
Bewertung: Punkte
Unterschrift des Verfassers Unterschrift des Fachlehrers
...................................... ..........................................
2
- -
Inhaltsverzeichnis
Seite
1. Einleitung............................................................................ 4
2. Schilderung: Der „Fall Sebnitz“........................................... 5
3. Die Rolle der Medien im „Fall Sebnitz“............................... 9
4. Definition: Macht.................................................................10
5. Haben die Medien zu viel Macht?......................................11
5.1. Wie üben die Medien Macht aus?.......................................11
5.2. Wer oder Was kontrolliert die Macht der Medien?..............12
5.3. Fazit: Haben die Medien zu viel Macht?.............................13
6. Zusammenfassung und Stellungnahme.............................16
7. Literaturverzeichnis............................................................18
8. Anhang...............................................................................19
8.1. http://www.presserat.de/site/pressekod/kodex/index.shtml 19
9. Erklärung............................................................................20
3
- -
1. Einleitung
Im Jahre 2000 erschütterte folgende Nachricht die Nation: „Neonazis
ertränken Kind“. Im Zuge der weiteren Berichterstattung formte sich der
„Fall Sebnitz“, ein Beispiel für eine noch nicht dagewesene
deutschlandweite Beeinflussung der Bevölkerung durch die Medien.
Nach Abschluss des juristischen Falls stellte sich die Frage: „Haben die
Medien zu viel Macht?“. Um dieser Frage nachzugehen, möchte ich
zunächst den „Fall Sebnitz“ schildern. Zum besseren Verständnis
werde ich danach die Rolle der Medien im „Fall Sebnitz“ weiter
verdeutlichen. Anschließend versuche ich erst einmal zu klären, was
unter dem Begriff „Macht“ überhaupt zu verstehen ist. Hierzu benutze
ich die Definition des anerkannten Soziologen Max Weber.
Um der Frage des Hauptthemas nachzugehen, werde ich den „Fall
Sebnitz“ zu Rate ziehen und an ihm aufzeigen wie groß die Macht der
Medien ist und worin sie besteht.
Ich selber muss bei meiner Arbeit natürlich auch auf Berichte der
Medien zurückgreifen und gelange so nur an bestimmte Informationen.
Deshalb ist es wichtig, möglichst viele Quellen zu benutzen, um so eine
möglichst große Annäherung an die Realität zu erreichen.
Die Frage, ob die Medien zu viel Macht haben werde ich nicht eindeutig
klären können, da der Begriff „zu viel“ sehr weitläufig sein kann und
jeweils vom Standpunkt des Betrachters abhängt.
Eine Definition des Begriffs würde den Umfang dieser Arbeit sprengen
und vom Thema ablenken.
4
- -
2. Schilderung: Der „Fall Sebnitz“ 1
Am 13. Juni 1997 findet ein Jugendlicher den leblosen Körper von
Joseph Abdulla welcher im Schwimmerbecken des Dr.-Petzhold-Bades
in Sebnitz treibt. Nach mehreren erfolglosen
Wiederbelebungsversuchen stellt der Notarzt einen Totenschein mit der
Todesursache „Ertrinken beim Spiel im Wasser.“ aus.
Auch der zuständige Polizeikommissar sieht keine Veranlassung
Zeugen zu vernehmen oder ihre Personalien aufzunehmen.
Die, vier Tage später, vorgenommene Obduktion bringt auch keine
neuen Erkenntnisse zu Tage, da nur eine Routineuntersuchung
stattfindet, die hauptsächlich oberflächlich ausgeführt wird.
Weitere 16 Tage später, am 3. Juli 1997, wird der „Fall Joseph“ offiziell
als strafverdachtsfrei erklärt, woraufhin erst am 27. Oktober 1997 sich
wieder eine Wendung einstellt: Familie Abdulla erstattet Anzeige
aufgrund eines Tötungsdeliktes. Einzig die Aussage einer Anruferin gilt
als Stütze: Sie benennt die Täter und auch weitere Zeugen.
Neben den polizeilichen Ermittlungen, die am 8. Mai 1998 eingestellt
werden, beginnt Renate Kantelberg-Abdulla, die Mutter des Jungen,
eigene Recherchen durchzuführen und Zeugen zu befragen. Diese
konzentrieren sich nicht nur auf den Tod ihres Sohnes, sondern auch
auf eine vermutliche Verschwörung von Ärzten und Apothekern gegen
Familie Abdulla, welche ebenfalls eine Apotheke in Sebnitz besitzt.
Im November 1999 lässt die Mutter sogar ihren Sohn exhumieren und
ein forensisches Gutachten anfertigen.
Das Ergebnis liegt im Jahr 2000 vor. Kein Anzeichen spricht dafür, dass
eine Ermordung vorliegt. Jedoch entdecken die Gutachter eine
1 Vgl. Der Spiegel, Ausgabe 49/2000, S. 30 ff.
5
- -
Entzündung des Herzmuskels, was Frau Kantelberg-Abdulla jedoch
bestreitet und zu vertuschen versucht.
Durch einen Brief des leitenden Gutachters Günther Weiler werden die
Ermittlungen im „Fall Joseph“ wieder aufgenommen.
Im Mai 2000 informiert Renate Kantelberg-Abdulla die Bild-Redaktion
über ihre Nachforschungsergebnisse, welche einen neonazistischen
Hintergrund aufzeigen. Jedoch erachtet die Bild diese Informationen als
„nicht veröffentlichungsreif“.
Am 24. Juni 2000 beauftragt die Mutter den Kriminologen Christian
Pfeiffer. Er soll die Glaubwürdigkeit der Zeugen prüfen.
Drei Wochen später liegt dieses Gutachten vor und weist auf die
detaillierten Aussagen der Kinder hin. Die Glaubwürdigkeit wird nicht
angezweifelt, jedoch sei es nicht nachzuvollziehen, wie diese Aussagen
zustande gekommen seien.
Es wird angeraten, dies in Erfahrung zu bringen.
Auch dem Familienrichter Georg Flockerzi, der mit dem „Fall Joseph“
beauftragt ist, wird dieses Gutachten vorgelegt.
Die Bild-Redaktion sieht dies als gute Festigung der Behauptungen von
Renate Kantelberg-Abdulla. Andere Redaktionen, die ebenfalls die
Informationen der Familie Abdulla erhalten haben, erachten diese
Meldung weiterhin als nicht veröffentlichbar.
Nach den ersten zwei Sitzungen des Amtsgerichts Dresden in dem
Ermittlungsverfahren 414 Js 53329/00, werden am 21. und 22.
September 2000 die drei „dringend Tatverdächtigen“ Maik H., Uta S.
und Sandro R. festgenommen.2
2 Vgl. Die Süddeutsche Zeitung, Ausgabe 273/2000, S. 2
6
- -
Einen Tag später titelt die Bild-Zeitung nach mehreren Gesprächen mit
Zeugen: „Neonazis ertränken Kind“.3
Aufgrund dieser Anschuldigung muss die Polizei noch am selben Tag
das Haus der Familie Abdulla mit Polizeibeamten schützen, damit von
den sich dort versammelnden Jugendlichen mit Springerstiefeln keine
Übergriffe zu befürchten sind.4
Der „Fall Joseph“ ist nun deutschlandweit bekannt und das Gästebuch
der Stadt Sebnitz im Internet fasst pro Stunde bis zu 10000 neue
Einträge und zeigt die ehemalige Teilung Deutschland, da sich
Westdeutsche und Ostdeutsche einen regen Schlagabtausch leisten.
Einige Verfasser werden rassistisch oder orientieren sich sogar am
RAF-Jargon.5
Auch das Telefon der Familie Abdulla steht durch die vielen
Interviewanfragen von Redaktionen aus ganz Deutschland nicht mehr
still.
Immer mehr wird auch einfach vom „Mord“ an Joseph A. gesprochen
obwohl es keine Beweise für eine Straftat gibt.
Da der Hauptbelastungszeuge Daniel S. sein Geständnis komplett
widerruft und das Alibi von Sandro R. nicht zu widerlegen ist, kommen
am 26. November 2000 alle drei Verdächtigen aus der U-Haft frei.6
Als Zeichen der Verbundenheit empfängt Bundeskanzler Schröder die
Familie des verstorbenen Joseph am 27. November 2000.
Die Presse ist von diesem Treffen vollkommen ausgeschlossen.
Nach diesem Treffen wird Familie Abdulla in der Landesvertretung in
Berlin untergebracht, um ihre Sicherheit zu gewährleisten.
3 Vgl. Die Süddeutsche Zeitung, Ausgabe 271/2000, S. 14 Vgl. Die Süddeutsche Zeitung, Ausgabe 276/2000, S. 15 Vgl. Die Süddeutsche Zeitung, Ausgabe 274/2000, S. 56 Vgl. Die Süddeutsche Zeitung, Ausgabe 274/2000, S. 5
7
- -
Parallel gibt der Bürgermeister von Sebnitz, Ruckh, einen Empfang für
die entlasteten Tatverdächtigen und ihre Eltern. Dieses Treffen wird von
der lokalen „Sächsischen Zeitung“ festgehalten.
Gleichzeitig gibt Andreas Heinz Dittrich, ebenfalls ein Belastungszeuge,
zu, dass er am Tattag betrunken gewesen sei und im Freibad
geschlafen habe und erst durch die Sirene des Krankenwagens
aufgewacht sei. Seine eidesstattlichen Versicherungen hätte er zwar
unterschrieben, aber er hätte nicht lesen können, was in ihnen stand,
da er seine Brille weggeworfen habe. Er ist jedoch der Meinung, dass
Josephs Tod ein Unfall gewesen sei. Er habe der Familie nur helfen
wollten, da sie ihm auch ab und zu Geld für Zigaretten gegeben habe.
Einen Tag später gibt Kurt Biedenkopf dem Kriminologen Christian
Pfeiffer die Schuld an der ganzen Misere, da er die Glaubwürdigkeit der
Zeugen testiert hätte, jedoch nie mit ihnen geredet habe. Aufgrund
dessen sei Pfeiffer nicht für sein angehendes Amt als
niedersächsischer Justizminister geeignet.
Am 29. November 2000 erklärt die dpa, dass das weitere Geschehen in
der Rubrik „Vermischtes“ erscheinen werde. Die Bild-Redaktion
distanziert sich von der Familie Abdulla und fragt in ihrer Titelstory „Wer
soll ihr das noch glauben?“. Weitere Medien verbreiten, dass Josephs
Todesursache wahrscheinlich ein Herzfehler gewesen sei und Renate
Kantelberg-Abdulla und drei weitere Zeugen wegen Anstiftung zur
falschen Verdächtigung angezeigt wurden.
Die Anzeige zieht auch eine Durchsuchung des Hauses und der
Apotheke der Familie Abdulla am nächsten Tag nach sich, welche erst
einen Tag später endet. Hierbei werden viele Unterlagen
beschlagnahmt, die gesichtet werden müssen, jedoch bringt auch
dieses keine neuen Anhaltspunkte. Der Fall ist somit nicht aufgeklärt,
jedoch abgeschlossen. Übrig bleibt nur Sebnitz - vorverurteilt als
rechtsradikale Stadt.
8
- -
3. Die Rolle der Medien im „Fall Sebnitz“
Im Allgemeinen kann man im „Fall Sebnitz“ den Medien einen hohen
Stellenwert zuweisen.
Nachdem die Bild-Zeitung am 23. September 2000 mit ihrer Titelzeile:
„Neonazis ertränken Kind“ an die Öffentlichkeit ging, wurde dieser
tragische Tod erst richtig bekannt. Ohne diese Bekanntmachung wäre
die Familie Abdulla mit an Sicherheit angrenzender Wahrscheinlichkeit
nicht bei Bundeskanzler Schröder eingeladen worden oder auch die
Verdächtigen nicht im Rathaus von Sebnitz empfangen worden. Dies
war nur ein Mittel für die Politik, um sich in der Öffentlichkeit
darzustellen und die aktive Teilnahme am Geschehen auszudrücken.
Auch die Skinheads, die in Sebnitz vor dem Haus und der Apotheke der
Familie auftauchten, dürften nur zum Teil aus Sebnitz und Umgebung
gewesen sein, wohingegen der Rest damit dann aus ganz Deutschland
gekommen sein dürfte, um ihre Präsenz zu zeigen. Ohne die Medien
hätten diese kaum von den Anschuldigungen gegen ihre Gesinnung
erfahren.
Ebenfalls wären, die nun auf Sebnitz lastenden Vorurteile einer
„braunen Hochburg“, nicht aufgekommen oder so geschürt worden und
der Fall hätte nicht so weitreichende Auswirkungen auf Sebnitz und
seine Wirtschaft gehabt.
Ein Jahr noch der Beendigung des „Fall Sebnitz“ luden Vertreter von
diversen Medien zur einer Aufklärungsrunde, bei der sie den Sebnitzern
und der ganzen Welt erklären wollten, wieso sie so schnell der
Geschichte von Renate Kantelberg-Abdulla Glauben geschenkt hätten
und nicht einen gewissen skeptischen Abstand eingehalten hätten.
Die Bild-Zeitung erklärte, sie hätte die ganze Zeit diesen Abstand
gehalten und hätte nur aufgrund der vielen vorliegenden Aussagen,
eidesstattlichen Versicherungen, Gutachten und logischen
9
- -
Verknüpfungen zwischen Fakten, wie der Festnahme der drei
Verdächtigen, den Fall so dargestellt als wäre alles geklärt und
bewiesen.
Die Vertreter der anderen namhaften deutschen Zeitungen versuchten
den Druck zu beschreiben, der nach der Veröffentlichung der Bild-
Schlagzeile auf ihnen lastete. Hinzu kam dann noch das Fakt der
wiederaufgenommenen Ermittlungen und die Verhaftung der
Verdächtigen. Auch die großen deutschen Nachrichtenagenturen hätten
in den Redaktionen nachgefragt, wieso sie noch nicht recherchieren
würden. Dieser Druck habe sie dazu veranlasst, ebenfalls verfrüht
Aussagen zu treffen, obwohl von diesen die meisten im Endeffekt nicht
haltbar gewesen wären oder sogar durch die Ermittlung und
zurückgezogenen Zeugenaussagen total zunichte gemacht worden
seien.
4. Definition: Macht
Allgemein definiert Max Weber den Begriff „Macht“ folgendermaßen:
„Macht ist die Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen
Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel, worauf
diese Chance beruht.“7
Des weiteren teilt er Machtstrukturen in die folgenden, drei
verschiedenen Formen, auf:
1. Legale Herrschaft
2. Traditionelle Herrschaft
3. Charismatische Herrschaft
7 Heinz-Peter Platen: Sozial wissenschaftliche Studien für den Sekundarbereich II - Gesellschaft im Wandel. Hannover 2001.
10
- -
Die legale Herrschaft wird durch Satzungen geregelt, welche angeben
Wer, Wem, Wie gehorchen muss. Die traditionelle Herrschaft hingegen
orientiert sich an Ordnungen, die aus der Vergangenheit überliefert
worden sind und an alten Herrschern festhalten.
Bei der charismatischen Herrschaft bestimmt eigens die freie Hingabe
für einen Herrscher die Ordnung.
5. Haben die Medien zu viel Macht?
Zur Beantwortung der Frage muss erst einmal geklärt werden, worin die
Macht der Medien besteht. Dies ist wichtig, da sich hier zeigen wird, ob
sie überhaupt von Außenstehenden beeinflusst werden kann. Falls dies
der Fall ist, muss des weiteren geklärt werden, Wer oder Was diese
Kontrolle ausführen kann, ob so eine Instanz schon existiert und ob
diese Instanz effektiv arbeitet.
5.1. Wie üben die Medien Macht aus?
Nach der Definition von Max Weber ist die Macht der Medien im Prinzip
eine Macht der charismatischen Herrschaft.
Die Konsumenten der Medien haben die Möglichkeit sich der Macht zu
widersetzten, was bei den anderen beiden Formen nicht möglich wäre
ohne bestraft zu werden.
Im „Fall Sebnitz“ folgten die meisten Leser der Titelschlagzeile
„Neonazis ertränken Kind“ in der Bild-Zeitung, welche die Vermutungen
der Mutter als Tatsachen darstellte. Für die Bild-Redaktion war dies ein
sehr zufriedenstellendes Ergebnis, da so auch neue Leser angeworben
werden konnten.
Diese plötzlichen Berichte der Bild-Zeitung setzten andere Medien unter
einen Zeitdruck, der Recherchen unmöglich machte. Nach Auflösung
des Drucks blieben die Recherchen weiterhin aus, da viele Adressaten
11
- -
die Berichte annahmen, sich die Quoten der Medien steigerten und die
vorliegenden Informationen als ausreichend angesehen wurden.
Diese Art der Berichterstattung rief in der ganzen Bundesrepublik große
Anteilnahme und Missmut hervor. Dieser zeigte sich besonders deutlich
an den Kommentaren im virtuellen Sebnitzer Gästebuch.
Das Beispiel des Falles Sebnitz zeigt, dass fehlende Recherche den
Wahrheitsgehalt der zu vermittelnden Informationen gewaltig mindern
kann. Daher ist die solide Hintergrunderforschung ein Muss für eine
realitätsgetreue Berichtserstattung. Des weiteren geht daraus hervor,
wie leicht die Medien, sei es gewollt oder ungewollt, die Informationen
filtern können. Da diese Informationen vom Verbraucher oft einfach so
aufgenommen werden und dieser selten die Möglichkeit hat sich selber
direkt zu informieren, besteht die Macht der Medien in der
Beeinflussung der Verbraucher.
5.2. Wer/Was kontrolliert die Macht der Medien?
Diese Frage stellte sich zum ersten Mal, nachdem der „Fall Sebnitz“
juristisch abgeschlossen war. Die Tatsache, dass die
vorhergegangenen Berichte zum größten Teil falsch waren und der
große Einfluss durch diese Desinformation, erschreckte viele, die den
Fall verfolgten.
Rechtlich hat jeder, nach Artikel fünf, Absatz eins, des Grundgesetzes,
das Recht seine Meinung frei kundzutun und die Pressefreiheit wird
durch Nichtzensur gewährleistet. Einschränkend fügt Absatz zwei
jedoch an, dies müsse mit geltendem Recht konform sein und
niemanden in seiner Ehre angreifen.
Des weiteren gibt es nur noch den Deutschen Presserat, der die
Medien kontrolliert. Der Presserat setzt sich aus Vertretern des
Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), Verbands
Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ), des Deutschen
12
- -
Journalistenverbands (DJV) und der Gewerkschaft ver.di, Fachbereich
Medien (dju) zusammen. Dieser Rat greift in seinem Pressekodex,
Ziffer eins, das Grundgesetz auf. Des weiteren ergänzt er die
Richtlinien für die Medien durch, z. B., die Verpflichtung zur genauen
Recherche und zur Verifizierung von Quellen, bevor diese
Informationen veröffentlicht werden.
Obwohl dieser Kodex seit 1973 existiert, wurde aus unklärbaren
Gründen Ziffer zwei vollkommen außen vor gelassen. Entweder fehlte,
wie bei der Bild-Zeitung, die Verifizierung der Quelle oder die
weiterreichende Recherche.
Der Presserat hat im nachgewiesenen Fall der Kodexmissachtung
jedoch nur die Möglichkeit eine Rüge zu erteilen, die auch verpflichtend
abgedruckt werden kann.
5.3. Fazit: Haben die Medien zu viel Macht
Der „Fall Sebnitz“ zeigt die rege Präsenz der Medien und den Inhalt
ihrer Berichte über alles, was nur ein bisschen in einen möglichen
Tatablauf passen könnte oder an Anschuldigungen vorgebracht wurde.
Diese deutschlandweite Berichterstattung in Zeitungen, Fernsehen und
durch das Radio, vermittelte der Bevölkerung jedoch nicht komplett das
Geschehen, da alles, was den Redakteuren unwichtig erschien,
rausgelassen oder nur am Rande erwähnt wurde. Ereignisse, die für die
einen unwichtig sind können für einen anderen wichtig sein und daher
kann man sagen, die Medien haben bewusst oder unbewusst das
Geschehen verfälsch und, oder zensiert.
Ein Bürger, der sich informieren will kann nicht wissen, ob etwas
weggelassen oder verändert wurde. Er muss hier den Medien ganz
vertrauen oder selbst recherchieren, was jedoch für Privatpersonen
nicht möglich ist, sei es nun finanziell oder materiell.
13
- -
In Sebnitz haben die Medien jedoch einen Fehler gemacht, der von
Anfang an die Artikel und Beiträge nur von einer Seite alles betrachten
ließ und auch ungeklärte Vorfälle meist als Tatsachen hinstellte.
Die Verbraucher reagierten sehr heftig auf die so „bestätigten“
Klischees des neonazistischen Rechtradikalismus.
Zum einen meinten einige Rechtsradikale, die Berichte überspitzten die
Wahrheit und wollten so gegen sie aufhetzen. Andere neonazistische
Radikale riefen zu weiteren Aktionen, nach Sebnitzer Beispiel, gegen
Ausländer und religiöse und ethnische Minderheiten auf.
Die breite Mehrheit der Bevölkerung verurteilte den Rechtsradikalismus,
da dieser sich, wie gezeigt, nur mit Gewalt ausdrücken könne.
Der Fehler der Fehlinformation hatte mehrere Auslöser:
Zum einen stützten sich eigentlich alle Reporter auf die Aussagen und
gesammelten Aussagen der Familie Abdulla. Die Zeugen wurden nicht
direkt gefragt.
Hierauf baute der zweite Aspekt auf.
Die fehlende bzw. mangelhafte Recherche der Journalisten zeigte meist
nur das, was den Konsumenten überhaupt interessiert. In den heutigen
Tagen bestehen viele Meldungen hauptsächlich aus potenziellen
Sensationen, Katastrophen oder Unterhaltung, wobei der faktische
Inhalt immer mehr vernachlässigt wird und so sich der Journalismus
immer mehr von der Realität entfernt.8
Nichtsdestotrotz verleiht gerade diese „Sensationsgeilheit“ den Medien
eine gewaltige Macht. Im „Fall Sebnitz“ führte diese
Bedeutungsverschiebung zu keiner wirklichen Information, welche die
Medien eigentlich bieten sollen. Der Journalismus verkommt so immer
weiter zu einem Instrument der Manipulation und der Quotensteigerung.
Praktisch kann dieser Missstand nur von den Medien selbst, z. B. dem
Presserat, veröffentlicht und so beeinflusst werden.
8 Vgl. Die Süddeutsche Zeitung, Ausgabe 275/2000, S. 22
14
- -
Die Regierung hat bei einem Verstoß gegen geltendes Recht die
Möglichkeit Berichte zu kontrollieren. Normalerweise wird die
Pressefreiheit von den Medien jedoch nicht so weit ausgereizt, dass mit
rechtlichen Mitteln eingegriffen werden muss.
Auch die Fülle an verschieden Medien und Berichten macht dies
praktisch unmöglich. Der Presserat schreitet jedoch nur ein, falls
jemand eine Beschwerde einreicht. Hiernach versucht der Rat zu
beweisen, dass der Bericht gegen den Pressekodex verstößt. Eine
Rüge wird jedoch nur dann ausgesprochen, wenn wirklich gezeigt
wurde, dass die Beschwerde zu Recht eingereicht wurde und ein
nachweisbarer Verstoß vorliegt.
Der Leser oder Zuschauer kann sich nur auf die Informationen der
Medien verlassen, weil es nicht möglich ist, dass jeder selber alle
Fakten kennt und weiß, wie alles geschehen ist. Er erwartet ja auch
eine Informationsbeschaffung durch die Medien. Sie haben aber so die
Möglichkeit ihre Adressaten mit gezielten Informationen zu versorgen
und sie in bestimmter Weise zu manipulieren.
Gesellschaftlich haben die Medien zusätzlich die Möglichkeit die
Konsumenten zu beeinflussen, indem sie bestimmten Zielgruppen ein
Idealbild eines Menschen oder eines perfekten Lebens präsentieren,
doch eigentlich vermitteln sie damit ihre Vorstellung des idealen
Menschen/Lebens.
Die meisten Konsumenten nehmen dieses Bild an und versuchen sich
so zu verändern, dass sie diesen Idealen entsprechen.
Ein Grund, wieso die Medien versuchen möglichst vielen Leuten diese
Bilder aufzuzwängen, ist die Industrie. Wenn durch die vermittelten
Ideale mehr Produkte oder mehr von einem Produkt verkauft wird, zahlt
die produzierende Industrie mehr Geld für diese Kampagnen und
sichert sich so höhere Nachfrage an ihren Produkten.
15
- -
Meist läuft dies über Werbung ab. Das Interesse der Medien liegt darin,
sich möglichst viele Werberechte zu sichern und so einen großen Teil
ihrer Arbeit zu finanzieren. Je besser sie die Werbung vermarkten,
desto mehr Geld fließt.
Diese These beruht nur auf Spekulation, da es keine Beweise dafür
gibt, dass es beabsichtigt ist mehr Profit mit der Werbung zu machen.
Es ist jedoch nicht abzustreiten, dass die Medien sich so hauptsächlich
finanzieren und Profit ein Grundsatz des Kapitalismus ist.
Eher ist zu beweisen, dass die Medien versuchen Leute oder
Geschehnisse als Ideal hinzustellen, um den Konsumenten zu
interessieren und somit ihre Quoten zu halten.
Dies ist aber auch ein gegenseitiges Bedürfnis. Der Leser oder
Zuschauer hat auch Erwartungen und kauft bestimmte Medien, weil er
bestimmte Informationen möchte. Die Medien bedienen diese
Bedürfnisse. Sie verstärken dabei bestimmte Trends oder setzen sie
sogar fest.
Der Konsumenten wird vermittelt, diese Trends seien allgemein gültig
und er eignet sich sie selber an, um nicht aus der Reihe zu fallen.
6. Zusammenfassung und Stellungnahme
Zusammenfassend kann man sagen, dass kaum ein Organ oder
Verbund die Medien überwachen kann oder gegebenenfalls auf ein
Fehlverhalten mit Maßregelungen reagiert. Einzig und alleine der
Presserat kann effektiv öffentliche Rügen an die Medien verteilen. Da
dieser Rat jedoch aus Vertretern der Medien selber besteht, herrscht
hier eine Selbstkontrolle.
Selbstkontrolle ist immer ein guter Wille, doch bringt sie auch die
Gefahr mit sich, vernachlässigt oder ganz aufgegeben zu werden. Im
„Fall Sebnitz“ sollte sich jedoch zeigen, dass der Einfluss der Medien
auf deren Konsumenten gewaltig ist. Nicht nur, dass Einzelne auf
16
- -
Geschehnisse aufmerksam gemacht werden, sondern auch, dass
plötzlich deutschlandweit Interesse an einem „banalen“ Ereignis
besteht. Hinzu kommt die Wandlung des informierenden Journalismus
zum immer mehr werdenden populären Journalismus, bei dem Fakten
nur noch eine nebensächliche Rolle spielen. Der meist krass formulierte
Titel veranlasst immer mehr Leser, den von Sensationen geprägten
Bericht zu lesen oder sich im Fernsehen anzusehen.
Diese Punkte sind für mich ein eindeutiges Zeichen für die Macht der
Medien, die rein auf Beeinflussung basiert. Wie in der Einleitung
erwähnt, ist nicht allgemein zu klären, ob die Medien zu viel Macht
haben, doch es ist festzustellen, dass diese keinesfalls gering ist.
Meiner Meinung nach haben die Medien solange nicht zu viel Macht, so
lange sie sich an ihre Selbstkontrolle halten und keine Informationen
zurückhalten oder verfälschen.
17
- -
7. Literaturverzeichnis
- Heinz-Peter Platen: Sozial wissenschaftliche Studien für den Sekundarbereich II - Gesellschaft im Wandel. Hannover 2001.
- Der Spiegel, Ausgabe 49/2000, S. 30 ff
- Die Süddeutsche Zeitung, Ausgabe 271/2000, S. 1 & 3
- Die Süddeutsche Zeitung, Ausgabe 273/2000, S. 2
- Die Süddeutsche Zeitung, Ausgabe 274/2000, S. 5
- Die Süddeutsche Zeitung, Ausgabe 275/2000, S. 2 & 22
- Die Süddeutsche Zeitung, Ausgabe 276/2000, S. 1
- Die Süddeutsche Zeitung, Ausgabe 277/2000, S. 5
- Die Süddeutsche Zeitung, Ausgabe 22/2001, S. 2
- Meyn, Hermann: Massenmedien in Deutschland. Konstanz 2001.
- Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Ausgabe 2002. Hannover 2002
- http://www.presserat.de vom 24.3.2003 16:40 Uhr
18
- -
8. Anhang
8.1. http://www.presserat.de/site/pressekod/kodex/index.shtml
Vom Deutschen Presserat in Zusammenarbeit mit den
Presseverbänden beschlossen und Bundespräsident Gustav W.
Heinemann am 12. Dezember 1973 in Bonn überreicht. In der Fassung
vom 20. Juni 2001 Bundespräsident Johannes Rau am 28.11. 2001
überreicht.
Ziffer 1
Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und
die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der
Presse.
Ziffer 2
Zur Veröffentlichung bestimmte Nachrichten und Informationen in Wort
und Bild sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren
Wahrheitsgehalt zu prüfen. Ihr Sinn darf durch Bearbeitung, Überschrift
oder Bildbeschriftung weder entstellt noch verfälscht werden.
Dokumente müssen sinngetreu wiedergegeben werden. Unbestätigte
Meldungen, Gerüchte und Vermutungen sind als solche erkennbar zu
machen.
Symbolfotos müssen als solche kenntlich sein oder erkennbar gemacht
werden.
Ziffer 3
Veröffentlichte Nachrichten oder Behauptungen, insbesondere
personenbezogener Art, die sich nachträglich als falsch erweisen, hat
das Publikationsorgan, das sie gebracht hat, unverzüglich von sich aus
in angemessener Weise richtig zu stellen.
19
- -
Ziffer 4
Bei der Beschaffung von personenbezogenen Daten, Nachrichten,
Informationen und Bildern dürfen keine unlauteren Methoden
angewandt werden.
Ziffer 5
Die vereinbarte Vertraulichkeit ist grundsätzlich zu wahren.
Ziffer 6
Jede in der Presse tätige Person wahrt das Ansehen und die
Glaubwürdigkeit der Medien sowie das Berufsgeheimnis, macht vom
Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch und gibt Informanten ohne deren
ausdrückliche Zustimmung nicht preis.
Ziffer 7
Die Verantwortung der Presse gegenüber der Öffentlichkeit gebietet,
dass redaktionelle Veröffentlichungen nicht durch private oder
geschäftliche Interessen Dritter oder durch persönliche wirtschaftliche
Interessen der Journalistinnen und Journalisten beeinflusst werden.
Verleger und Redakteure wehren derartige Versuche ab und achten auf
eine klare Trennung zwischen redaktionellem Text und
Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken.
Ziffer 8
Die Presse achtet das Privatleben und die Intimsphäre des Menschen.
Berührt jedoch das private Verhalten öffentliche Interessen, so kann es
im Einzelfall in der Presse erörtert werden. Dabei ist zu prüfen, ob durch
eine Veröffentlichung Persönlichkeitsrechte Unbeteiligter verletzt
20
- -
werden.
Die Presse achtet das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und
gewährleistet den redaktionellen Datenschutz.
Ziffer 9
Es widerspricht journalistischem Anstand, unbegründete Behauptungen
und Beschuldigungen, insbesondere ehrverletzender Natur, zu
veröffentlichen.
Ziffer 10
Veröffentlichungen in Wort und Bild, die das sittliche oder religiöse
Empfinden einer Personengruppe nach Form und Inhalt wesentlich
verletzen können, sind mit der Verantwortung der Presse nicht zu
vereinbaren.
Ziffer 11
Die Presse verzichtet auf eine unangemessen sensationelle Darstellung
von Gewalt und Brutalität. Der Schutz der Jugend ist in der
Berichterstattung zu berücksichtigen.
Ziffer 12
Niemand darf wegen seines Geschlechts oder seiner Zugehörigkeit zu
einer rassischen, ethnischen, religiösen, sozialen oder nationalen
Gruppe diskriminiert werden.
Ziffer 13
Die Berichterstattung über Ermittlungsverfahren, Strafverfahren und
sonstige förmliche Verfahren muss frei von Vorurteilen erfolgen. Die
Presse vermeidet deshalb vor Beginn und während der Dauer eines
21
- -
solchen Verfahrens in Darstellung und Überschrift jede präjudizierende
Stellungnahme. Ein Verdächtiger darf vor einem gerichtlichen Urteil
nicht als Schuldiger hingestellt werden. Über Entscheidungen von
Gerichten soll nicht ohne schwerwiegende Rechtfertigungsgründe vor
deren Bekanntgabe berichtet werden.
Ziffer 14
Bei Berichten über medizinische Themen ist eine unangemessen
sensationelle Darstellung zu vermeiden, die unbegründete
Befürchtungen oder Hoffnungen beim Leser erwecken könnte.
Forschungsergebnisse, die sich in einem frühen Stadium befinden,
sollten nicht als abgeschlossen oder nahezu abgeschlossen dargestellt
werden.
Ziffer 15
Die Annahme und Gewährung von Vorteilen jeder Art, die geeignet sein
könnten, die Entscheidungsfreiheit von Verlag und Redaktion zu
beeinträchtigen, sind mit dem Ansehen, der Unabhängigkeit und der
Aufgabe der Presse unvereinbar. Wer sich für die Verbreitung oder
Unterdrückung von Nachrichten bestechen lässt, handelt unehrenhaft
und berufswidrig.
Ziffer 16
Es entspricht fairer Berichterstattung, vom Deutschen Presserat
öffentlich ausgesprochene Rügen abzudrucken, insbesondere in den
betroffenen Publikationsorganen.
22
- -
9. Erklärung
Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Facharbeit selbständig
angefertigt, keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel benutzt
habe und die Stellen der Facharbeit, die im Wortlaut oder im
wesentlichen Inhalt aus anderen Werken entnommen wurden, mit
genauer Quellenangabe kenntlich gemacht habe.
____________________________________(Unterschrift)
Hiermit erkläre ich, dass ich damit einverstanden bin, wenn die von
mir verfasste Facharbeit der schulinternen Öffentlichkeit zugänglich
gemacht wird.
____________________________________(Unterschrift)
Hiermit erkläre ich, dass ich damit einverstanden bin, wenn die von
mir verfasste Facharbeit auf der Homepage www.dvpb-nds.de der
Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird.
____________________________________(Unterschrift)
23
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