EuR VI ausschließliche Zuständigkeiten · müssen verhältnismäßigsein (Rdnr. 66 ff.): n...

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Europarecht

VI. Die ausschließlichen Zuständig-keiten der Union

Übersicht

1. Zollunion2. Wettbewerbsregeln3. Währungspolitik4. Gemeinsame Fischerei5. Gemeinsame Handelspolitik

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Übersicht

1. Zollunion2. Wettbewerbsregeln3. Währungspolitik4. Gemeinsame Fischerei5. Gemeinsame Handelspolitik

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1. Zollunion

n Begriffn Gemeinsamer Zolltarif nach außen,

Aufhebung aller Zölle innerhalb der Unionn Alleinige Zuständigkeit der Unionn EU einheitliches Zollgebietn Rechtsgrundlage Zollkodex

n Materielles Zollrechtn Zolltarif

§ Warennomenklatur§ und Zollsatz

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1. Zollunionn Voraussetzung des freien Warenverkehrs innerhalb der

Zollunion:n Herkunft der entsprechenden Waren aus Mitgliedstaat

n (+), wenn der letzte wesentliche und wirtschaftlich gerechtfertigte Bearbeitungsschritt in einem Mitgliedstaat erfolgt ist

n oder Vorliegen einer Gemeinschaftsware gem. Art. 29 AEU n (+), wenn Erfüllung sämtlicher Einfuhrförmlichkeiten sowie

erfolgte Erhebung der entsprechenden Zölle und Abgabenn Rechtsregeln der Zollunion: gemeinsamer Zolltarif und

Zollkodexn Zollkodex = gemeinsamer Zolltarif + übrige Vorschriften des

Zollrechtsn Bestimmung des jeweiligen Zollsatzes für eine Ware durch

Warennomenklatur des Zollkodexn Höhe der Zollsätze abhängig vom Warenwert

n Warenwert besteht aus Transaktionswert = tatsächlich gezahlter Preis + Beförderungskosten, Verpackung usw. 5

1. Zollunion

n Anwendung auf Warenn Def.: Waren sind bewegliche Sachen, die einen Handels-

wert haben und daher Gegenstand des Wirtschafts-verkehrs sind

n Folge der Anwendung u. a.: gemeinsamer Zolltarif gegen-über Drittstaaten

n Grenzfälle von Waren in diesem Sinne sind z. B.:n Gesetzliche Zahlungsmittel (-)

n Problemfälle: n Abfall: Frage des Geldwertes

§ EuGH: ausreichend ist negativer Handelswert Ware (+)n Grenzüberschreitende Ausstrahlung von Fernseh- und

Radiosendungen (-)n elektrischer Strom:

§ keine bewegliche Sache, aber mit Kohle/Gas vergleichbar Ware (+)

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2. Wettbewerbsregeln n Art. 101 AEU

n Kartellverbotn Sachverhalte, die über den einzelnen Mitgliedstaat

hinausgehende Wirkung habenn Beeinträchtigung des Handels zwischen den

Mitgliedstaaten (Zwischenstaatlichkeitsklausel)n Bisher sehr weit gehende Auslegung eine mittelbare

Auswirkung auf einen anderen Mitgliedstaat genügt.n Spürbarkeit

n Generell mehr als 5 % der Marktanteilen Bei vertikalen Kartellen 10 %

n Art. 102 AEUn Missbrauch marktbeherrschender Stellung

n Fusionskontrollverordnung

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2. Wettbewerbsregeln

n Beihilfenverbot Art 107 AEUn Sekundärrecht

n Verfahrensordnungen n Kontrolle von Kartellen und

Marktbeherrschender Stellung KartellVOn Kontrolle von Beihilfen VerfahrensVOn Freistellungsverordnungen

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1. Zollunion2. Wettbewerbsregeln3. Währungspolitik4. Gemeinsame Fischerei5. Gemeinsame Handelspolitik

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3. Währungspolitik

n Entwicklung:n Bis 1973 sog. System von Bretton-Woods

n Feste Wechselkurse europäischer Währungen

zum Dollar (Goldstandard)

n 1969 Krise des Bretton-Woods-Systems in Folge

starker Zahlungsbilanzungleichgewichte

n Werner-Plan einer Währungsunion

n In Drei Stufen zu einer einheitlichen Währung

n 1972 erste Stufe Europäischer Wechselkurs-

verbund Schwankungen innerhalb des Systems

bis zu 2,25 % zugelassen. Frei gegenüber Dollar

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3. Währungspolitik

n 1973 Zusammenbruch des Bretton Woods Systemn 1978 Zusammenbruch des Währungsverbundesn 1979 Gründung des EWS

n Kunstwährung ECU (Währungskorb) n Leitkurse zum ECU (Schwankungsbreite 5 %)

n Ergebnis des EWSn Konvergenz der Volkswirtschaften der

Teilnehmenden Währungenn Stabilitätn DM als Leitwährung

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3. Währungspolitik

n 1992 Gründung der WWUn Linie der Bundesbank (erst volle Wirtschafts-

integration dann einheitliche Währung) = sog. Krönungstheorie

n Line Frankreichs: einheitliche Währung zieht Wirtschaftsunion nach.

n Frankreich setzt sich durch n einheitliche Währung ohne einheitliche

Wirtschaftspolitkn Fiskal und Wirtschaftspolitik wird nur koordiniert

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3. Währungspolitik

n Ziel: Sicherung der Stabilität der Währung trotz fehlender einheitlicher Wirtschafts-politikn Koordinierung der Haushaltpolitik Art 121 AEUn Verbot zentralbankfinanzierter Haushalts-

defizite Art 123 AEUn Verbot mitgliedstaatlicher Überziehungs-

krediten Verbot unmittelb. Ankaufs v. Staatsanleihen

n Verbot eines Finanzausgleichs Art. 124 AEU 14

3. Währungspolitik

n Maßnahmen zur Haushaltsdisziplin (Stabiltätspakt) bis hin zu finanziellen Sanktionen Art 126 AEU

n Reaktion der Finanzmärkte als Druckmitteln Staatsbankrott als Konsequenz einer

undisziplinierten Haushaltspolitikn Keine Regelung für den Worst-Case

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3. Währungspolitik

n Griechenlandkrise n Ursachen

§ Aufnahme Griechenland trotz nicht erfüllter Bedingungen (> gefälschte Unterlagen)

§ Fortsetzung der unsoliden Finanzpolitik (>insbesondere gr. Schuldenaufnahme)

§ Finanzkrise (Verschärfung einer ohnehin problematischen Situation in Gr.)

§ Weitere Verschuldung zur Ankurbelung der Konjunktur

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3. Währungspolitik

n Reaktionen auf die Krisen Notfallplan für Griechenland am 25.3.2010

n Bilaterale Kreditbürgschaften der Mitgliedstaaten und der

n ESM am 10.5.2010 n Interimslösung bis 2012 (750 Mrd €)

n EFSF AG Luxemburgischen Rechts

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3. Währungspolitik

n Dauerhafter ESM ab 2012:n „Vertrag zur Einrichtung des Europäischen

Stabilitätsmechanismus“ (ESM) v. 2.2.2012, BGBl. II 2012, 1086, Ges. v. 13.9.2012

n BVerfG v.18.3.2014, NJW 2014, 1505 ff. (ESM/Fiskalpakt) (+)

n Änderung von Art. 136 AEU als Einrichtungs-voraussetzung

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3. Währungspolitik

n ESM ab 2012 n Grundkapital 80 Mrd. € (ab 2012 jedes Jahr 16

Mrd.)n Kreditgarantien der MS in Höhe von 440 Mrd. €

(zur Sicherung der Bonität erhöht auf 620 Mrd. €)n GGf. weitere IWF Kredite in Höhe von 250 Mrd. €

n Organen Gouverneursrat (FinMin oder Vertreter)n Direktorium (Führung der laufenden Geschäfte)

n Jederzeitige verpflichtende Kapitalerhöhungen durch Gouverneursrat möglich

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3. Währungspolitik

n Fiskalpakt (ebenfalls ab 2012)n Vertrag über Stabilität, Koordinierung und

Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion v. 2.3.2012 (=„Fiskalpakt“), BGBl. 2012 II, 1006

n Sekundärrechtlichen „Six pack“ (= 5 VOen/1 RL)n Verordnung (EU) Nr. 1173/2011 über die

wirksame Durchsetzung der haushaltspolitischen Überwachung im Euro-Währungsgebiet

n Verordnung (EU) Nr. 1174/2011 über Durchsetzungsmaßnahmen zur Korrektur übermäßiger makroökonomischer Ungleichgewichte im Euro-Währungsgebiet

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3. Währungspolitik

n Verordnung (EU) Nr. 1175/2011 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken

n Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 über die Ver-meidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte

n Verordnung (EU) Nr. 1177/2011 des Rates über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit

n Richtlinie 2011/85 des Rates über die Anfor-derungen an die haushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedstaaten 21

3. Währungspolitik

n Entscheidung EuGH v. 16.6.2016n Vorgeschichte:n Überprüfung des OMT-Beschluss der EZBn 6. September 2012: Beschluss des Rates der EZB

zur Einführung eines „Programms zur Durch-führung von Offenmarktgeschäften“ („Outright Monetary Transactions“ - OMT)

n Ursprüngl. Verfahren vor dem BVerfG > n (1.) Vorlage zum EuGH (14. Januar 2014,

BVerfGE 134, 366, 369)

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3. Währungspolitik

n Entscheidung EuGH v. 16.6.2016, C-62/14 –Gauweiler, ECLI:EU:2015:400 (1):n Tenor: Art. 119 AEUV, Art. 123 Abs. 1 AEUV und

Art. 127 Abs. 1 und 2 AEUV sowie die Art. 17 bis 24 des Protokolls (Nr. 4) über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank sind dahin auszulegen, dass sie das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) dazu ermächtigen, ein Programm für den Ankauf von Staatsanleihen an den Sekundärmärkten wie dasjenige zu beschließen, das in der Presse-mitteilung angekündigt wurde, die im Protokoll der 340. Sitzung des Rates der Europäischen Zentralbank (EZB) am 5. und 6. September 2012 genannt ist. 23

3. Währungspolitik

n Entscheidung EuGH v. 16.6.2016, C-62/14 –Gauweiler, ECLI:EU:2015:400 (2):

n Ausschließliche Zuständigkeit der EU für

Währungspolitik (Art. 1 Abs. 1 lit. c AEUV)

n Art. 127 Abs. 2 AEUV: Sache des ESZB:

Festlegung der Währungspolitik

n Art. 129 Abs. 1 AEUV i.V.m. Art. 12 Abs. 1 Prot. über ESZB und die EZB: EZB-Rat legt die

Geldpolitik der Union fest – Direktorium der EZB

führt diese Politik aus

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3. Währungspolitik

n Entscheidung EuGH v. 16.6.2016, C-62/14 –Gauweiler, ECLI:EU:2015:400 (3):n „Gemäß dem in Art. 5 Abs. 2 EUV niedergelegten

Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung hat das ESZB innerhalb der Grenzen der Befugnisse zu handeln, die ihm das Primärrecht verleiht, und es kann daher nicht in gültiger Weise ein Programm beschließen und durchführen, das über den Bereich hinausgeht, der der Währungspolitik durch das Primärrecht zugewiesen wird. Um die Einhaltung dieses Grundsatzes zu gewährleisten, unterliegen die Handlungen des ESZB nach Maßgabe der in den Verträgen festgelegten Voraussetzungen der gerichtlichen Kontrolle durch den Gerichtshof…“ 25

3. Währungspolitik

n Entscheidung EuGH v. 16.6.2016, C-62/14 –Gauweiler, ECLI:EU:2015:400 (4):n Schlüsselfrage: Ist das OMT-Programm eine

Maßnahme der „Währungspolitik“ oder der „Wirtschaftspolitik“?

n Abgrenzung: „Ziele dieser Maßnahme… Die Mittel, die die Maßnahme zur Erreichung dieser Ziele einsetzt, sind ebenfalls erheblich“

n OMT-Programm ist Bestandteil der Währungs-politik (Rdnr. 46 ff.), zusätzliche wirtschafts-politische Auswirkungen nicht problematisch

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3. Währungspolitik

n Entscheidung EuGH v. 16.6.2016, C-62/14 –Gauweiler, ECLI:EU:2015:400 (2):n Im Weiteren: Maßnahmen der Währungspolitik

müssen verhältnismäßig sein (Rdnr. 66 ff.):n „Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger

Rechtsprechung des Gerichtshofs der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt, dass die Handlungen der Unionsorgane zur Erreichung der mit der betreffenden Regelung verfolgten legitimen Ziele geeignet sind und nicht über die Grenzen dessen hinausgeht, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist…“

n Nach eingehender Prüfung: alles i.O.

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3. Währungspolitik

n Dem EuGH folgend: n BVerfG v. 21.6.2016, 2 BvR 2728/13 u.a.n 2. Leitsatz: „Maßnahmen von Organen, Einrichtun-

gen und sonstigen Stellen der Europäischen Union, die ultra vires ergehen, verletzen das im Zustim-mungsgesetz gemäß Art. 23 Abs. 1 Satz 2 GG niedergelegte Integrationsprogramm und damit zugleich den Grundsatz der Volkssouveränität (Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG). Der Abwendung derartiger Rechtsverletzungen dient das Institut der Ultra-vires-Kontrolle.

n ABER:28

3. Währungspolitik

n 4. Leitsatz: Die Deutsche Bundesbank darf sich an einer künftigen Durchführung des OMT-Programms nur beteiligen, wenn und soweit die vom Gerichtshof der Europäischen Union aufgestellten Maßgaben erfüllt sind, das heißt wenn

n - das Volumen der Ankäufe im Voraus begrenzt ist, n - zwischen der Emission eines Schuldtitels und

seinem Ankauf durch das ESZB eine im Voraus festgelegte Mindestfrist liegt, die verhindert, dass die Emissionsbedingungen verfälscht werden,

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3. Währungspolitik

n 4. Leitsatz: (Fortsetzung):n - nur Schuldtitel von Mitgliedstaaten erworben

werden, die einen ihre Finanzierung ermöglichenden Zugang zum Anleihemarkt haben,

n - die erworbenen Schuldtitel nur ausnahmsweise bis zur Endfälligkeit gehalten werden und

n - die Ankäufe begrenzt oder eingestellt werden und erworbene Schuldtitel wieder dem Markt zugeführt werden, wenn eine Fortsetzung der Intervention nicht erforderlich ist.

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3. Währungspolitik

Bankenunionn Richtlinie 2013/36 über den Zugang zur Tätigkeit

von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen (CRD IV)

n Verordnung (EU) Nr. 575/2013 über Auf-sichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen (CRR)

n Richtlinie 2014/49 über Einlagensicherungs-systeme

n Richtlinie 2014/59 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen

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4. Gemeinsame Fischerei

n Erhaltung der biologischen Meeresschätze ist ausschließlich Sache der Unionn Schutz der Fischbestände vor Überfischungn Jährliche Festsetzung von Fangquoten

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5. Gemeinsame Handelspolitik

n Zollunion bedingt gemeinsame Außenhandelspolitik

n Regelungsinstrumente für den Außenhandeln Regulierung der Warenströme durch

§ Finanzielle Anreize: § Zölle, §Währungsmanipulation (in der EU

rechtlich ausgeschlossen)

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5. Gemeinsame Handelspolitik

§Mengenmäßige Beschränkungen: Kontingente

§Produktstandards

n Förderung des Außenhandels durch§Exportsubventionen

n Beschränkung des Außenhandels§Kriegswaffenkontrolle§Embargos §Kontrolle des Technologietransfers

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5. Gemeinsame Außenhandels-politik

n Teil des auswärtigen Handelns der Unionn Art 207 AEU

n Beitritt zur WTOn EU ist in allen Bereichen der WTO zuständign Keine (eigenständige) Zuständigkeit der Mitglied-

staaten mehrn Ausländische Direktinvestitionen

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