Gesundheitspolitik im europäischen Vergleich Niederlande Sitzung vom 25. Juni 2008 Referenten:...

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Gesundheitspolitik im europäischen Vergleich

Niederlande

Sitzung vom 25. Juni 2008

Referenten:Christiane GroßTorsten Stollen

Tobias Stuhlfauth

Sommersemester 2008Proseminar für Studierende im GrundstudiumDozent: Torsten Stollen, M.A.

Universität Koblenz-LandauCampus LandauInstitut für SozialwissenschaftenAbteilung Politikwissenschaft

Gesundheitspolitik im europäischen Vergleich - Niederlande 2

Übersicht

1. Statistische Grunddaten2. Kernelemente des Gesundheitssystems3. Institutionelle Merkmale des politischen Systems4. Gesundheitspolitische Reformen5. Aktuelle Debatten, öffentliche Meinung und

wissenschaftliche Expertise6. Verwendete Literatur und Quellen

1. Statistische Grunddaten

der Niederlande

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Bevölkerung• Einwohner: 16,57 Millionen

- jünger als 15 Jahre: 18,3%

- älter als 65 Jahre: 14,5 %

• Fläche: 41.500 km²/ Einwohner/ km²: 485

• Lebenserwartung bei Geburt (2007):

Männer: 77,1 Jahre Frauen: 81,3 Jahre

• Lebenserwartung mit 65 (2004):

• Männer: 16,39 Frauen: 20,4

• Sterbeziffer je 1000: 8,4

• Anteil Sek. II – Abschluss oder höher: 73,3%

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Wirtschaft und Staat• BIP je Einwohner: 31700 €

• BIP je Einwohner nach KKS (2005): 158

• Öffentlicher Schuldenstand (2006): 48,7 % (BIP)

• Staatsdefizit im Verhältnis zum BIP (2004): 3,2 %

• Arbeitslosenquote (2006): 3,9 %

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Gesundheit und Soziales

• Gesamtausgaben für soziale Sicherheit:

- Pro Kopf in Euro: 8790

- in % des BIP (2004): 28,5

- in KKE je Einwohner: 8056

• Praktizierende Ärzte je 100 000 Einwohner (2002): 315• Krankenhausbetten je 100 000 Einwohner (2002): 458

2. Kernelemente des Gesundheitssystems

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Finanzierung • Seit 1. Januar 2006 sind die gesetzlichen Krankenkassen privatisiert:

• Pflichtversicherung in der Akutversorgungsversicherung ( ZFW )

• Bestehend aus einkommensabhängigem und einkommensunabhängigem Teil

• Kopfpauschale (unabhängig vom Einkommen) von rund 1050€ /Jahr

• Bei Einkommen < 25 000€ kann ein Zuschuss von maximal 403€ beantragt werden.

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Dieser Zuschuss wird vom Staat bezahlt ( rund 2,6 Mrd. € )

• Unternehmen müssen 6,5 % der Einkommen als Arbeitgeberanteil abführen. ( bis zur Bemessungsgrenze: 30.015 € / Jahr )

• Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sind kostenlos mitversichert Staat zahlt dafür ca. 2 Milliarden Euro aus Steuermitteln an die

Versicherungen

• Neben der privaten Pflicht-Versicherung existiert die Versicherung für chronisch Kranke und Pflegebedürftige ( AWBZ )

• Für diese werden 12,55 % der Löhne und Gehälter zur Finanzierung einbehalten

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Leistungskatalog• Leistungskatalog wird schrittweise zusammengestrichen • Bis Ende 2005 fielen unter anderem die Anti-Baby-Pille, Brillen, die

Zahnbehandlungen für Erwachsene, Physiotherapien, logopädische Behandlungen und Kuren aus dem Katalog der Krankenkassen

• Allgemein können die Kassen frei entscheiden, in welchem Umfang und zu welchen Preisen sie ihre Leistungen anbieten

• Zahnbehandlungen, Sehhilfen, Kuren etc. müssen zusätzlich privat versichert werden

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• Die Krankenversicherungen sind verpflichtet, unabhängig von Krankengeschichte und Alter jeden Bürger aufzunehmen (Kontrahierungszwang)

• Lediglich Zusatzversicherung dürfen von den Versicherungen abgelehnt werden

Markt der Leistungserbringer

• Kliniken:

es wird nicht mehr die tatsächliche Behandlung bezahlt, sondern nur ein Durchschnittswert, der im Leistungskatalog festgelegt wird

• Ärzte:

bekommen 65€ Kopfpauschale / Patient• Versicherungen schlossen sich zusammen bzw. fusionierten• Große Konkurrenz zwischen den Versicherungen

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3. Institutionelle Merkmale des politischen Systems

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Verfassung und Staatsoberhaupt

• Konstituelle Monarchie seit 1815

• Staatsoberhaupt: Königin Beatrix

• Verfassungsgrundsätze seit 1848 unverändert (grondwet)

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Politische Kultur

niederl.: Verzuilingdt.: Versäulung

engl.: Pillarisation

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Niederländische Konsenskultur• Starker Korporatismus• Overleg• Stichting van de Arbeid• Akkoord van Wassenaar• Poldermodell• Sociaal-Economische Raad

(SER)

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Politische Parteien

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Gesetzgebungsprozess

Timmermans, Arco und Peter Scholten und Steven Oostlander (2007: 278)

4. Gesundheitspolitische Reformen

Ablauf

1. Vor der Reform

2. Der Weg zur Reform

3. Nach der Reform

4. Die Gesundheitsreform in den Niederlande – (K)ein Vorbild für Deutschland?

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Vor der Reform

Private Zusatzversicherung (Aanvullende zorgverzekering)

Soziale Pflichtversicherung (ZFW) Private Vollversicherung (PKV)

Bürgerversicherung für Pflege- und Langzeitversorgung (AWBZ)

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Der Weg zur Reform• Ende 80er und Anfang 90er: Scheitern einer ersten Reform

aufgrund von Widerständen der Arbeitgeber und privaten Krankenversicherer

• Umsetzung wettbewerbsorientierter Reformen Annäherung privater und sozialer Krankenversicherer durch

intensive Kooperationen Gemeinsamer Spitzenverband von privaten und sozialen

Krankenversicherer• 2005: etwa 15% aller Privatversicherten Inhaber von

Standardpolicen

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Ausgangspunkt der Reform

Gutachten der SER (Sociaal-Economische Raad) Zweiteilung der 2. Säule ungerecht und ineffizient

• 2003: Durchsetzung der Reform, jedoch mit Abweichungen in 2 Punkten:– Finanzierung ausschließlich über Pauschalen

– Risikostrukturausgleich beschränkt auf Alter und Geschlecht

• 2004: Beendung der Vorbereitungen• 2005: Verabschiedung von beiden Kammern der niederländischen

Legislative• Januar 2006: in Kraft treten des Gesetzes

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Nach der Reform

Private Zusatzversicherung (Aanvullende zorgverzekering)

Bürgerversicherung für Akutversorgung (ZVW)

Bürgerversicherung für Pflege- und Langzeitversorgung (AWBZ)

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Finanzierungsreform

Zwei zentrale Elemente:

1. Neues Verhältnis zwischen einkommensabhängigen und einkommensunabhängigen Beiträge

2. Staat: Finanzierung der Beiträge für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren

Gesundheitszuschuss

• Steuerfinanzielle Transferzahlungen– für Versicherte mit niedrigem Einkommen

– orientiert am Durchschnitt der einkommensunabhängigen Beiträge

– 60% Haushalte in den Niederlande haben Anspruch

• Gesundheitszuschuss (zorgtoeslag)– allein stehende Versicherte unter 29.069€/Jahr (2006: 25068€)

– Bedarfsgemeinschaft, wenn unter 47.520€/Jahr (2006: 40120€)

– Zuschuss bis zu 40%

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Wahlrechte für die VersichertenStandardisierter Leistungskatalog

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Versicherungen setzen Höhe der einkommensunabhängigen Beitragskomponente fest

Wahlmöglichkeiten von Tarifen

1. Wahl zwischen Sachleistung und Kostenerstattung2. Wahl zwischen Individualverträgen und Gruppenverträgen3. Wählbare Selbstbehalte4. Ausgewählte Leistungserbringer

Versicherte haben Wahlmöglichkeit1. Krankenversicherer2. Modellkombination

Die Gesundheitsreform in den Niederlande –

(K)ein Vorbild für Deutschland?

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5. Aktuelle Debatten, öffentliche Meinung und

wissenschaftliche Expertise

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Beiträge hoch - …

Einkommensabhängige Beiträge

• Arbeitnehmer (Arbeitgeberanteil): von 6,5% auf 7,2%• Pensionäre/Selbstständige: von 4,4% auf 5,1%• Beitragsbemessungsgrenze wird auf 31.059€ erhöht

… - Prämien stabil

Einkommensunabhängige Prämien

• Abschaffung der No-Claim-Regelung: d.h. keine Rückzahlung bei „Nichtnutzung“ (für das Jahr 2007: 91€/Versicherter)

• Teilweise starke Senkung von 2007 zu 2008, aber im Gegenzug verpflichtender Eigenrisikoanteil von 150€

• Standardbeiträge zwischen 85 und 97€ im Monat (2008)

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Kiffen erlaubt - aber nur Hasch pur

• Neuer Nichtraucherschutz in den niederländischen Gaststätten gilt nur für Tabakprodukte

• Cannabis-Konsum in Coffeeshops weiterhin gestattet, solange kein Tabak

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Gezondheidsraad

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Raad voor de Volksgezondheid en Zorg

6. Verwendete Literatur und Quellen

s. Thesenpapier

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