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Heute schon lesen was morgen in der Zeitung steht: OPEN TRAILS - Wir sind gegen die geplante Reglementierung in unseren Wäldern!

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HNA

nis für die geplante Neurege-lung. Opper ist im Kellerwaldals Mitarbeiter für Hessen-Forst tätig und kennt daherbeide Seiten des Streits. Vorwenigen Wochen war der 42-Jährige aus dem Jesberger Orts-teil Densberg (Schwalm-Eder-Kreis) dabei, als sich HessensUmweltminis-terin LuciaPuttrich amFeldberg imTaunus überdie Problema-tik ein Bildmachte.

Dort sei es inerster Linie umillegaleDownhill-Strecken gegangen,sagt Opper: Vor allem junge Bi-ker bauen Rampen und Hin-dernisse, um den Berg hinab-zustürzen.

Vom neuen Waldwegege-setz sind jedoch auch Tausen-de Hobby-Sportler betroffen,die mit ihrem Rad auf befestig-ten und schmalen, naturnahen

V O N S E B A S T I A N L A M M E L

U N D M A T T H I A S L O H R

KASSEL. Die geplante Neure-gelung des hessischen Wald-rechts stößt bei den Mountain-bikern auf wenig Gegenliebe.„Dieses Gesetz würde Proble-me schaffen, wo keine sind“,sagt Michael Homburg. Der 41-jährige Kasseler ist seit 13 Jah-ren begeisterter Mountainbi-ker und sucht seine Erholungin den Wäldern Nordhessens.

„Nach dem Gesetz müsstenRadfahrer, Spaziergänger undJogger die gleichen Wege nut-zen“, sagt Homburg. Dies erhö-he das Unfallrisiko. „ÄltereSpaziergänger oder Paare mitKinderwagen sind sicher nichtauf den schmalen Wegen un-terwegs, auf denen wir weiter-hin fahren möchten.“ Zudemerwartet Homburg unnötigeDiskussionen, ob ein Weg breitgenug für die Radler ist odernicht.

Der Mountainbiker MichaelOpper hat auch kein Verständ-

Radler fürchten ProblemeNicht nur bei den betroffenen Mountainbikern ist das neue Waldgesetz umstritten

Wegen, sogenannten Single-Trails, unterwegs sind. Bislangwar das aus Oppers Sicht pro-blemlos: „Ein Mountainbikerrichtet genauso viel oder we-nig Schäden an wie ein Wande-rer.“ Wenn er mit seinen Kolle-gen von Hessen-Forst einenWeg sperrt, um Bäume zu fäl-

len, komme esab und an vor,dass Wandererdas rot-weißeBand einfachignorierten -Radfahrer näh-men hingegenden Umweg inKauf.

Welche Aus-wirkungen ein Rad-Verbot aufschmalen Wegen hat, weiß JanAnsgar Peter. Der Mountainbi-ker stammt aus Bad Zwestenim Schwalm-Eder-Kreis undlebt nun bei Heilbronn. In Ba-den-Württemberg gibt es be-reits ein ähnliches Waldwege-gesetz, wie es Wiesbadenplant. „Man ist immer mit ei-

nem schlechten Gewissen un-terwegs“, sagt der 38-Jährige.Wer auf „kleinen, verwunsche-nen Wegen fährt“, dem drohteine Strafe bis zu 600 Euro. Abund an, hat der Chef einerWerbeagentur festgestellt, le-gen Spaziergänger, die sichvon Radfahrern auch auf brei-ten Wegen gestört fühlen, Ästeauf die Strecken im Kraichgau.Andernorts gibt es sogar Nagel-bretter.

„Schwarze Schafe gibtes auf beiden Seiten.“

JAN ANSGAR PETER

Laut Peter hat sich das Mitei-nander zwischen Mountainbi-kern und anderen Waldnut-zern durch das Verbot er-schwert: „Es hilft nur, wennman miteinander redet, dennschwarze Schafe gibt es auf bei-den Seiten.“ In Thüringen hatman das erkannt und eine ent-sprechende Regelung wiedergekippt. Fotos: nh

Jan AnsgarPeter

MichaelOpper

Mit dem Rad durch den Wald: In Hessen sollen Mountainbike-Fahrer künftig nur auf ausgewiesenen Waldwegen in die Pedale tretendürfen. Foto: dpa

Aufregung um geplantes Waldgesetz

Das Gesetz, das bislangnoch Forstgesetz heißt undaus den Siebzigern stammt,werde geändert, um moder-nen Entwicklungen wieMountainbiking und Geoca-ching gerecht zu werden. Siemüssten mit dem Naturschutzunter einen Hut gebracht wer-den. Bisher dürften Mountain-

V O N P E T R A W E T T L A U F E R - P O H L

WIESBADEN. Hessens Um-weltministerin Lucia Puttrichkann die Aufregung der Moun-tainbiker um den Entwurf desWaldgesetzes nicht nachvoll-ziehen: „Wir sprechen keineVerbote aus, das ist ein Miss-verständnis“, sagt die Ministe-rin. „Wir wollen, dass die Men-schen in den Wald kommenund nicht, dass sie draußenbleiben. Das heißt aber auch,dass die Interessen der ver-schiedenen Nutzer abgewo-gen werden müssen.“

Dabei gehe es nicht nur umSportler, Spaziergänger undWanderer, sondern auch umden Naturschutz. Auch heutedürfe nicht jeder nach eige-nem Gusto kreuz und querdurch den Wald fahren, sagtdie Ministerin im Gesprächmit der HNA. Speziell im Bal-lungsraum führe das immerwieder zu Konflikten.

„Wir kommen Bikern entgegen“Neues Waldgesetz: Umweltministerin Lucia Puttrich (CDU) fühlt sich missverstanden

biker nur auf Straßen und fes-ten Wegen im Wald unter-wegs sein, der Begriff festerWeg werde nun präzisiert: Einnicht geländegängiges Automuss dort entlangfahren kön-nen, wobei Puttrich betont,dabei nicht an eine Nobelli-mousine, sondern eher an ei-nen Kleinwagen zu denken.Eine feste Größe, wie Baden-Württemberg sie mit zwei Me-tern ausgewiesen habe, lehntPuttrich ab: „Das gibt nurStreit, wo man misst, einWaldweg ist schließlich nichtschnurgerade.“

Entscheidend für Puttrichist aber das Angebot, mit denWaldbesitzern Vereinbarun-gen über spezielle Trails zuschließen: „Damit kommenwir denen, die anspruchsvolle-re Wege suchen, entgegen.“Laut Puttrich ist das Verfahrendurch das neue Gesetz wesent-lich unbürokratischer als bis-her. Diesen Zusammenhang

im Gesetzestext zu erkennen,ist angesichts der juristischenFormulierungen allerdingsfast unmöglich. Gemeint istlaut Puttrich, dass Waldbesit-zer keine zusätzlichen Risikeneingehen, wenn Trails ausge-wiesen werden, „das erleich-tert die Sache“. Die Nutzungsolcher Wege erfolgt auf eige-ne Gefahr.

Für Hessen-Forst hat Staats-sekretär Mark Weinmeister(CDU) den Forstämtern bereitssignalisiert, das Angebot un-bedingt zu nutzen, sobald dasGesetz beschlossen ist, berich-tet MinisteriumssprecherThorsten Neels.

Das wird noch eine Weiledauern, denn erst im Herbstwird es in den Landtag einge-bracht werden. Außer demProtest der Mountainbiker lie-gen dem Ministerium nochkeine weiteren Stellungnah-men von Verbänden vor, dieFrist dafür endet im August.

Hessens UmweltministerinLucia Puttrich Foto: dpa

Pro

Vernünftig

D ie Mountainbikes sindja gerade so entwickeltworden, dass man über

Stock und Stein fahren kann“,klagt ein Biker, der sich seineRoute nicht vorschreiben las-sen will. Mit diesem Argumentdürfte es auch keine Tempoli-mits auf Straßen geben, denndie meisten Autos schaffen lo-cker mehr als Tempo 100. Esgibt aber Limits, denn die PS-Zahl ist nicht Maßstab derDinge.

Genauso wenig kann imWald gelten, dass Mountainbi-ker sich austoben können,ohne auf andere Rücksicht zunehmen, seien es Menschen,Tiere oder Pflanzen. Wenn siekünftig gemeinsam mit Wald-besitzern Wege für ihrenSport suchen und ausweisenkönnen, ist das eine vernünfti-ge Lösung, um Konflikte zuvermeiden. Ein Wald istschließlich kein Sportplatz,wenn er seine Erholungsfunk-tion behalten soll, muss es Re-geln geben. Allerdings mussman die Regeln bei allem Ver-ständnis für juristische Not-wendigkeiten auch verstehenkönnen. Die Diktion des Ge-setzentwurfes konterkariertdie Absichten der Ministerin.

wet@hna.de

Petra Wett-laufer-Pohl istfür Regeln imWald

Kontra

Ohne Grund

I ch gebe es zu: Mit unserenHelmen und Sonnenbril-len sehen wir Mountainbi-

ker aus wie Krieger – und inunseren hautengen Kleidernauch ein bisschen wie radeln-de Würste. Trotzdem wollenwir im Wald nur das, was alleNutzer dort wollen: spielen.

Am meisten Spaß machtdas auf engen Wegen, auf de-nen es hoch- und runtergeht.Die hessische Landesregie-rung will das nun ohne Grundverbieten. Dabei richtet ein Bi-ker auf einem Trampelpfadgenauso wenig Schaden anwie ein Spaziergänger.

Kein vernünftiger Radlerwill kreuz und quer durch denWald rasen. Nur weil mancheschwarze Schafe das doch ma-chen, ist es nicht gerechtfer-tigt, alle anderen auf die brei-ten Waldautobahnen zu ver-bannen. Sonst müsste man dieechten Autobahnen ebenfallsabschaffen, weil vereinzelteRaser auch dort 180 fahren,wo nur 100 erlaubt ist.

Der Proteststurm im Inter-net zeigt, dass die hessischeUmweltministerin hier viel zuschnell unterwegs war. Es isthöchste Zeit für eine Voll-bremsung. mal@hna.de

Matthias Lohrwill sich dasMountain-biken nichtverbietenlassen

Pro & Kontra

Soll das Radfahrenauf schmalen Wegenverboten werden?

Das sagtdas Forstamt

A ls das momentan gelten-de Waldgesetz vor dreißig

Jahren zuletzt novelliert wur-de, gab es Mountainbikes inihrer heutigen Form nochnicht, sagt Theodor Arendvom Forstamt Wolfhagen.Deshalb sei im Gesetzestextnicht berücksichtigt worden,dass jemand mit seinem Radquer durch den Wald fahrenkönne oder wolle. „Diese Fahr-ten sind illegal und werdennur von einer kleinen Rand-gruppe unternommen“, sagtArend.

Für diese Radsportler wolleHessen-Forst gemeinsam mitdem Jugendamt an einer lega-len Lösung arbeiten. „Wir prü-fen derzeit, eine entsprechen-de Strecke auszuarbeiten undanzubieten.“ (sal)

G laubt man ThomasKleinjohann, wird fürMountainbiker bald

nichts mehr so sein, wie eseinmal war. „75 Prozent derWege werden nicht mehr be-fahrbar sein“, prophezeit derVorsitzende der DeutschenInitiative Mountainbike(Dimb) gegenüber unserer Zei-tung für den Fall, dass die Lan-

desregierungtatsächlich dasneue Waldge-setz auf denWeg bringt.

Auf derWebseite hatdie Dimb zumProtest aufge-rufen. „Kein

Bikeverbot in Hessen! Bikerwehrt euch!“ steht dort. DerAufruf hat eine Massenbewe-gung ausgelöst: 27 000 Men-schen haben bereits gegen dieneuen Regeln unterschrieben.

Unterstützung erhalten sievom SPD-Landtagsabgeordne-ten Heinz Lotz aus dem Main-Kinzig-Kreis, der eine einver-nehmliche Lösung für Sportar-ten wie Mountainbiking an-mahnt: „Es darf nicht sein,dass Teilnehmer dieser oderanderer Sportarten automa-tisch kriminalisiert werden,wenn sie sich abseits be-stimmter Wege aufhaltenoder fahren, wie dies derzeitnoch der Fall ist.“ (mal) Foto: nh

www.dimb.de

27 000 habengegen Gesetzunterschrieben

ThomasKleinjohann