Morgenausgabe Nr. 5tew Montag, Ähet Der Zürcher...2018/08/16  · Dutch Austräger Ins Haus...

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Montag, 20. Januar 1969 Der ZürcherZeitung 190. Jahrgang Morgenausgabe Nr. 38

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Kandidatur Pompidous für das Elysee Antisowjetische Demonstration in Prag

Während des Besuchs in Rom ist Pompidou mit seiner Frau vom Papst in PriviiUimUni:empfangen worden

Bekanntgabe in RomH. E. T. Paris, 19. Janaar

Georges Pompidou 'hat von Rom aus einWespennest in Frankreich aufgestochen, in-(lern et öffentlich seine Kandidatur für das

Amt des Präsidenten der Republik bekannt-gegeben hat. Der ehemalige Premierminister

hatte sich im Auftrag General de Gaulles nach

Rom begeben, wo er vom Papst empfangen

wurde, und mit Präsident Saragat, Minister-präsident Rumor, Nenni und Fanfani Unter-redungen führte. Er erklärt, er habe sich als

Privatmann diesmal offener als früher aus-sprechen können; sonst bestehe nur ein gerin-

ger Unterschied zwischen einer offiziellen undprivaten Visite. De Gaulle unterstfitzte dieseKampagne bei einem Abschiedsessen für den

italienischen Botschafter Fornari mit einem

Lob auf die grundsätzliche Harmonie zwischen

Rom und Paris, die nicht immer evident ist.

Unterstützung durch den Staatschef?

Aber für die Oeffentlichkeit weit interes-santer ist die Ankündigung Pompidous vorfranzösischen Journalisten in Rom, es sei keinGeheimnis, daß er bei einer Wahl des Präsi-denten der Republik, sobald es eine gebe, als

Kandidat auftreten werde; aber er habe es gar

nicht eilig.

Um an die Nachfolge General de Gaulleszu denken, bedürfe es zweier Voraussetzungen,

nämlich daß dieser zurücktreten wolle und

daß er, Pompidou, gewählt werde. Er beruftsich auf den Abschiedsbrief de Gaulles, in dorn

dieser von einem nationalen Mandat sprach.Pompidou betont aber, daß de Gaulle noch«gut installiert» sei. Er spricht nun seine Ver-wunderung aus über den Aufruhr, den er or-regt. Aber niemand unter seinen Freundest

Der Student Palach gestorben

Prag, 19. Jan, (UPI) Der Prager StudentJan Palach ist am Sonntag um 15 Uhr 30 inder Prager Universitätsklinik gestorben.

Palach hatte in der vergangenen Woche ver-sucht, sich auf dem Wenzelsplatz in Prag

aus Protest gegen die sowjetische Politikgegenüber der Tschechoslowakei selbst zu ver-brennen und hatte dabei schwere Verletzungen

erlitten.

Prag, 19. Jan. (UPI) Am Samstag abendkam es in Prag zum erstenmal seit längerer

Zeit wieder zu einer antisowjetischen Demon-stration, die jedoch ohne Zwischenfälle ver-lief.

Forner haben am Samstag abend auf demWenzelsplatz zwei Jugendliche e i n en Hunger-

streik begonnen. Sie errichteten ein Zelt ander Stelle, wo Palach seine Tat beging. Presse-vertretern gegenüber erklärten die beiden, siewollten so lange nicht essen, bis die Forderun-gen Palachs nach Freiheit erfüllt seien. DieStudenten im Wissenschaftsrat der Philosophi-

schen Fakultät der Prager Karls-Universitäterklärten in einer Sympathiekundgebung, deiSchritt Palachs zeige «die Tragödie unsererNation». Nach Angaben der Nachrichtenagentur CTK haben zahlreiche Organisationer

und Gruppen ihr Mitgefühl geäußert. DerCSSR-Studentenverband erklärte in eine:Resolution, die tschechoslowakische

Regierung

habe noch nichts getan, um die Forderungen

Palachs nach Aufhebung der Pressezensu-

Umfang 32 Seiten

Aus dem InhaltSeite

Ausland:

2 Abschluß des Sojus-Experimenls

3 Schwere Zwischenfällean der Universität Tokio

Wirtschaft:

9 Die amerikanische WährungspolitikEntspannung auf dem Goldmarkt

1 1 Schweizer Wandelanleihe der CIA

Inland:

17 Gedanken zum ETH-Gesetz

19 Der Prozeß um das «heilige Werk»

21 Zürcher Chronik

Sport:

25 Ueberraschender Verlaufder Hahnenkammrennen

27 Schweizer Langläufer

fordern Schwedens Spitzenklasse

28 Der HC La Chaux-dc-Fondswieder an der Spitze

regt. Aber niemann unter seinen üreumionund Gegnern wird den schlauen Auvergnaten I

der Naivität bezichtigen.

Es drangen sich nun zahlreiche Fragen

auf: Warum hat Pompidou in diesem Augen-

blick seine Karten aufgedeckt? Hat er von deGaulle die Bewilligung oder den Auftrag da-zu erhalten? Wird de Gaulle vorzeitig zurück-treten? Bekannt ist, daß Pompidou am!). Januar von de Gaulle zu einer längerenUnterredung empfangen worden ist. Seithersind auch Familienbilder von Pompidou undseiner Frau in einer gaullistischen Zeitungerschienen, welche nicht nur die Geeintheitdes Ehepaars unter Beweis stellen, sondernwohl auch andeuten sollen, daß das Elysee

unter der Hand verbreitete Gerüchte als ge-genstandslos betrachtet und sozusagen durchdas Bild die Absolution von diesen erteilt.Nicht ausgeschlossen bleibt, daß Pompidou

mit seiner Bekanntmachung etwas klarer aus-gedrückt hat, was de Gaulle, der gerne allesin der Schwebe läßt oder ein Hintertürchenoffen hält, vielleicht nicht ganz so eindeutigausgesprochen hat. Wäre Pompidou jedoch

wesentlich über das Ziel hinausgeschossen,

dann würde ihm das Elysee rasch das Wasserabgraben. Vor der Abreise nach Rom hat derehemalige Premierminister das Murren in derUnion des Democrates pour la RepuUiquc(UDR) über das Waffenembargo gegen Israelenergisch und wirksam zum Schweigen ge-

bracht und sich damit neue Verdienste er-worben. Er trat damit einmal mehr als Ver-teidiger der Stabilität des Regimes in denVordergrund, die bekanntlich seit dem letztenFrühjahr nicht nur von Gegnern, sondernauch von Gaullisten in Zweifel gezogen wirdund deshalb immer neu bekräftigt werdenmuß.

Rücktritt de Gaulles?

Wird General de Gaulle vor Ablauf seinerAmtsseit zurücktreten? Pompidous erste Er-klärung in Rom scheint darauf hinzuweisen.Aber die Antwort weiß nur de Gaulle selber,

wenn er sie überhaupt schon formuliert hat.De Gaulle i st über 78 Jahre alt. Sein Mandatläuft noch fast vier Jahre. Er kann den Zeit-punkt selber bestimmen falls er früher in denBuhestand treten will. Damit behält er das

H%ft in der Hand; er ist auch nach der An-kündigung Pompidous keineswegs eine «lahmeEnte», wie man in Amerika sagt. Ein vor-zeitiger Rücktritt würde wohl eine Diskussiondarüber auslösen, ob de Gaulle die Wahl seinesNachfolgers durchführen lassen konnte, wah-rend er selber noch die Staatsgeschäfte leitet.Georges Altschuler, der in der Regel gut in-formierte gaullistische Kommentator von«Europe 1», erklärt sich überzeugt, daß de

Gaulle am 18. Juni 1970 genau dreißig

Jahre nach dem Aufruf von London seinenAbschied nehmen werde. Andere Beobachter,

darunter Viansson-PonU, meinen, es gebe keinZeichen für e i n en Verzicht de Gaulles vorAblauf der Amtsperiode. Wahrscheinlich will

und einem Verbreitungsverbot für die Zeitschrift der Okkupationsarmee, «Zpruvy», zierfüllen.

Bei der Demonstration in Prag zogen ran500 Jugendliche vor das sowjetische Haupt-quartier und forderten den Abzug der Statio-nierungstruppen. Immer wieder riefen bic:«Russen, geht nach Hause!» Nachdem die De-monstranten die tschechoslowakische Natio-nalhymne gesungen hatten, zogen sie zumWenzelsplatz. Dort stoppten sie einen sowjeti-

schen Militärwagen und schlugen mit Faustengegen die Karosserie. Die sowjetischen Sol-daten stiegen nicht aus. Nach einigen Minutengelang es dem Fahrer, den Wagen aus der auf:gebrachten Menge hinauszumanövrieren. Dreitschechoslowakische Polizisten forderten dieMenge schließlich auf, auseinanderzugehen.

In kleinen Gruppen verließen die Demonstran-ten am spaten Samstagabend dann den Wen-zelsplatz.

Zuvor hatte sich dasPräsidiumsmitglied

und Leiter des Büros der tschechischen KP,Lubomir Strougal, im Fernsehen an die Be-völkerung gewandt und sie zur Ruhe ermahnt.

Strougal erklärte, solche bedauerlichen Zwi-chenfällc (wie die Selbstverbrennung) wür-len durch die Gerüchte verursacht, wonachlie KP wieder rückwärts schreite. Die Jugend

nüsse jedoch verstehen, daß die Partei Ent-scheidungen auf lange Sicht treffen müsse.

Appell des ZK an die Bevölkerung

Prag, 17. Jw>;. ag (DPA) In einer am Freilos?ibeiiil veröffentlichten Resolution zum Abschlußlor zweitägigem ZK-Sitzung in Fing wird dio Be-völkerung mitgefördert, auf «kleinbürgerliche An-sichten», Streiks und andere Kampfmittel 811 ver-nichten. Niemand dürfe sich von radikalen Elemen-en oder Leuten hinreißen lassen, die kein Interesse

nn d er Entwicklung der Naclijnnuarpolitik be-

saßen. Alle Organisationen und Parteimitglieder

müßten Tendenzen ablehnen, dio die Partei und

die Gemeinschaft von der positiven Politik durch

falscheKampagnen, Mittel und künstlich geschaf-

fene Konfliktsituationen ablenken wollten.

Dubcek zu denwirtschaftspolitischen Zielsetzungen

Prag, 17. Jan. ag (DPA) Der tschechoslo-wakische Parteichef Dubcek hat am Freitag

zum Abschluß der Plenarsitzung des Zentral-komitees die Kommunistische Partei aufgefor-dert, «in die Offensive zu gehen auch aufdem wirtschaftlichen Sektor». In seinemSchlußwort hob Dubcek fünf Punkte hervor,

denen in Zukunft besondere Aufmerksamkeitgeschenkt werden müsse:

1. Die Produktion von Konsumgütern und dieDienstleistungen für den Binnenmarkt, die Pro-duktion dor tdefmtliren» Textilwaren, der Sehuli-erzeugnisso, von Geschirr und dor Maschinenindu-strie müsse mit allen Mitteln unterstützt und ent-wickelt werden.

2. Es müssen außerordentliche Maßnahmen er-griffen werden, um eine bessere Versorgung derBevölkerung und der Schalen mit Kohlo und Heiz-material sicherzustellen.

3. Durch außerordentliche Initiative müssen dieAufgaben in der Bauwirtschaft erfüllt werden.

4. Zu erhöhen sind dio Exporte in Länder mitfrei konvertierbarer Währung mit dem Ziel, dmangespannte Zahlungsbilanz zu verbessern und mdio realen Möglichkeiten von Importen von hoch-qualitativen Maschinen und Lizenzen zu verbessern.

5. Schließlich forderte Dubcek eine vorsichtig?Lohnpolitik. Wenn das gegenwärtige rege Anwach-sen der Lohnforderungen anhalten würde, konnten«ernste Komplikationen» entstehen.

In seiner Ansprache räumte Dubcek auchein, es sei ein Fehler gewesen, «daß wir in denvergangenen Wochen nicht ausreichend dafürgesorgt haben, daß die Oeffentlichkeit über dieBeschlüsse der Partei im Zusammenhang mitder Betrauung des Genossen Smrkovsky mitneuen Aufgaben hinreichend informiertwurde».

de Gaulle die Reform des Senats und der'Regionen, der Gemeinden- und der Einkom-menssteuer noch selber unter Dach bringen.

Die großen Coups führt de Gaulle immernoch, aber der tägliche Geschäftsgang scheintihn zu ermüden und ihm manchmal Ueber-druß zu bereiten. Der Oeffentlichkeit kaumsichtbare und nur dem Präsidenten der Repu-

blik verantwortliche Berater gewinnen an Ein-fluß.

Sicher ist, daß Pompidou versucht, allenandern potentiellen Bewerbern, vor allem je-

nen im Lager der Gaullisten, den Rang abzu-laufen. Sowohl Giscard d'Estaing wie Edgar

Faure sehen sich in wenig günstige Ausgangs-positionen gedrängt. Die demokratischen Par-teien der Opposition, die seit den letzten Wah-len mehr ah» je unter sich zerstritten sind,müssen versuchen, sich wieder zu einer Kan-didatur durchzuquälen, die sie nicht zum vor-aus diskreditiert. Pompidou ist zweifellos diebeste Wahllokomotive, über welche die Gaul-listen verfügen. Für die Linksgaullisten, dieihn hassen, bleibt diese Erkenntnis allerdings

höchst bitter. Couve de Murville, der vor eini-gen Wochen den Anspruch auf die Führung

der Mehrheit erhob, diesen aber nicht durch-setzte, wird ihn wohl wieder ganz abschreibenmüssen. Während sich Pompidou auf dieNachfolge konzentriert, nützt sich der Pre-mierminister in den gegenwärtig recht un-dankbaren Regierungsgeschäften ab.

Jedenfalls i st die Kandidatur Pompidousgeeignet, den zentrifugalen Kräften im Gaul-lismus momentan Einhalt zu gebieten. Ob je-

doch ein Diadochenstreit auf die Dauer ver-mieden werden kann, bleibt abzuwarten. Alsoffener Kandidat ist Pompidou die Ziel-

scheibe von Intrigen, die sich aber auch schonbisher, allerdings mehr im dunkeln, entspan-

nen. Würden die Wahlen morgen durchge-führt, dann fände Pompidoii wohl kaum einengleichwertigen Gegner. Vielleicht wird erloch fast vier Jahre zappeln müssen, bevorsich der Kampf ums Elysee entscheidet, aberdas politische Leben Frankreichs ist nichtmehr das gleiche wie vor seiner Ankündigung.

Die Kampagne für die Präsidentenwahl hatam Freitag abend praktisch begonnen. Einstließen sich in Rom die Kaiser krönen, mitKarl dem Großen angefangen, jetzt meldetPompidou dort seine Bewerbung für das Ely-s6c an.

Unruhen in KolumbienBogota, 18. Jan. (UPI) Zu blutigen Un-

ruhen ist es am Freitag in den kolumbischeiiProvinzstädten Pasto und Medellin gekommen.

Bei Zusammenstößen mit der Polizei w u r d enin Pasto zwei Menschen getötet. Die Zahl derVerletzten in beiden Städten soll hoch sein.Genaue Angaben wurden von den Behörden inBogota zunächst nicht gemacht. In beidenStädten sind nach Angaben der Polizei rund100 Personen festgenommen worden. Die Un-ruhen erfolgten im Verlauf von Protestkund-gebungen gegen die von der Regierung an-geordnete Erhöhung der Strompreise und derFahrpreise in den öffentlichen Verkehrsmit-teln.

Präsident Carlos Heras Restrepo wandtesich am Freitag abend über Radio und Fern-sehen an die Bevölkerung und warnte vorweiteren Unruhen.

Neue Zürcher Zeitung vom 20.01.1969

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