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beachtlich GDV-Präsident Dr. Alexander Erdland über Lebensversicherungen & Lobbyismus.
bedauerlich, aber nötig: Schutz gegen Mobbing und Rufschädigung im Netz.
posıtıonenzu Politik, Wirtschaft und Gesellschaft
bedrohlich Aggressives Fahrverhalten führt viel zu häufig zu Autounfällen.
N r . 8 8 März 2013 P r e i s 2 e u r o c 4 4 7 5 5
eNdlich FrühliNg !Für manche Autoliebhaber beginnt jetzt die schönste Zeit des Jahres:
Der Oldtimer darf wieder aus der Garage.
Aktuell 3
titel 4
Herrlich altmodisch!
Die Oldtimer rollen bald wieder aus der
Garage auf unsere Landstraßen.
Ein Frühlingsbericht.
HiNteRGRuND 10
Ist der Ruf erst ruiniert …
Versicherer bieten neue Produkte an gegen
Mobbing und Rufschädigung im Internet.
NACHGeFRAGt – DAS iNteRVieW 12
Alexander Erdland, Präsident des GDV,
über die aktuelle Niedrigzinspolitik, seine Arbeit
als „Cheflobbyist“ und das Bild der Versicherer
in der öffentlichen Wahrnehmung.
HiNteRGRuND 16
Kampfmaschine Auto
Aggressives Fahrverhalten führt womöglich weit
häufiger zu Unfällen als gedacht.
GeGeNpoSitioNeN 18
Keine Lotterie
SeRViCe 19
letzte Seite 20
Sonniger Norden
iMpReSSuM 20
Themendieser
ausgabe
DR. AlexANDeR eRDlAND
Präsident des GDV
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Einer für alle, alle für einen – das
ist das Prinzip der Solidarität und
der Ursprungsgedanke einer jeden
Versichertengemeinschaft. Als
neuer Präsident des GDV bin ich der
Überzeugung: Versicherer bilden
nicht nur eine wichtige Säule in der
Alterssicherung, sondern ermöglichen
Innovationen und machen Risiken in
allen Lebenslagen beherrschbar. Wir sind
ein Stabilitätsanker – auch oder gerade
besonders in Zeiten der Krise.
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
bei allen Neuerungen, die das Leben einfacher
oder sicherer machen, gibt es doch Altes und
Bewährtes, das erhalten bleibt und hoch ge-
schätzt wird. In der Titelgeschichte geht es um
Oldtimer – um alte Fahrzeuge, die von ihren
Besitzern geliebt und gepflegt werden. Jetzt,
wenn der Frühling beginnt, werden wir die schö-
nen Autos wieder öfter auf den Landstraßen
sehen. Oldtimer-Besitzer sind in der Regel be-
sonnene Fahrer. Doch wenn es zu einem Unfall
kommt, werden die Insassen auf Grund der
fehlenden Sicherheitstechnik weit häufiger und
schwerer verletzt als bei modernen Fahrzeugen.
Das Internet hat unser aller Leben verändert. Es
bringt aber auch neue Probleme mit sich: Er-
reichten öffentliche Schmähungen früher nur
einen recht begrenzten Kreis, so können heute
kompromittierende Fotos oder in Netzwerken
verbreitete Gerüchte sich binnen Kurzem tau-
sendfach verbreiten. Wie bekommt man solche
Dinge je aus dem Netz? Der erste Hintergrund-
bericht zeigt: Mit innovativen Produkten schaf-
fen Rechtsschutzversicherer und Assis tance-
Partner jetzt Abhilfe.
Um aggressive Raser und Drängler, die wohl für
ein Drittel aller im Straßenverkehr getöteten
Menschen verantwortlich sind, geht es im zwei-
ten Hintergrundbericht, der nach Gründen für
dieses Verhalten fragt. Fest steht: Diese gefähr-
lichen Täter müssen konsequent bestraft und
andere vor ihnen geschützt werden.
Auch die Versicherungen arbeiten nach einem
alten, bewährten Gedanken: Einer für alle – alle
für einen. Das Prinzip der Solidarität. Mit die-
sem einfachen Grundprinzip bilden die Versi-
cherer nicht nur eine wichtige Säule der Alters-
sicherung, sondern ermöglichen Innovationen,
machen Risiken in allen Lebensbereichen be-
herrschbar. Als neuer Präsident des GDV stelle
ich mich im Interview den aktuellen Fragen der
Branche. Ich bin überzeugt: Wir sorgen als Ver-
sicherer mit dafür, dass die deutsche Wirtschaft
stark bleibt. Und wir übernehmen verlässlich
Alltags- und Zukunftsrisiken der Menschen. Wir
sind ein Stabilitätsanker für Wirtschaft und Ge-
sellschaft, auch in Zeiten der Krise.
Ihr Alexander Erdland
eiNbliCk
2 positionen
was sagt man dazu?Drei Stimmen zur Debatte um die Gesetzesänderung bei den Lebensversicherungen:
„Bei der Vermittlung der Neuregelung in der Öffentlich-
keit ist einiges furchtbar schiefgelaufen. Ich nehme ja
niemandem einen Geldbetrag weg, mit dem er bei
Abschluss des Vertrages fest rechnen konnte.“
Elke König, Präsidentin der Bundesanstalt für Finanzdienst-
leistungsaufsicht (Bafin),
am 8. Februar in der Welt.
„Selbst ernstzunehmende Verbraucherschützer sollten die
Verbraucher davor beschützen, dass Lebensversicherer
Gewinne ausschütten, die nie erwirtschaftet wurden oder
werden.“
manfred Poweleit, Branchenanalyst, Herausgeber des
Map-Reports,
am 15. Januar in Map-Fax.
„Es geht bei der Gesetzesänderung nicht darum, dass die
Unternehmen zulasten der Versicherungsnehmer mehr von
den Kapitalerträgen erhalten. Vielmehr geht es um die Ver-
teilung der Überschüsse innerhalb der Gemeinschaft der
Versicherungsnehmer.“
Frank Ellenbürger, Vorstandsmitglied KPMG AG Wirtschafts-
prüfungsgesellschaft,
am 14. Februar in der Börsen-Zeitung.
Kurz PositioniertKurz gemeldet
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mEhr rEchtssichErhEitBGH: Unterjährige Zahlungsweise von Versicherungsprämien ist keine Kreditgewährung.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden: Bei der vertraglich ver-
einbarten unterjährigen Zahlungsweise von Versicherungsprämien
handelt es sich nicht um eine Kreditgewährung in Form eines ent-
geltlichen Zahlungsaufschubs. In der vom BGH entschiedenen Sache
hatten die Kläger eine Kapitallebensversicherung abgeschlossen und
zahlten die Versicherungsprämien in monatlichen Raten. Dabei wurden
Ratenzahlungszuschläge erhoben. Nach Auffassung der Kläger handelte
es sich jedoch bei der unterjährigen Zahlung der Jahresprämie um einen
entgeltlichen Zahlungsaufschub und somit um eine Kreditgewährung.
Die Kläger forderten deshalb, den Versicherer zu verpflichten, ihnen
Beitragsrechnungen mit Ratenzahlungszuschlägen in Höhe des gesetz-
lichen Zinssatzes von vier Prozent auszustellen sowie die bisher gezahl-
ten Differenzbeträge zuzüglich Zinsen auszuzahlen. Der BGH folgte
dieser Auffassung nicht und wies – wie bereits alle Instanzen zuvor – die
Klage als unbegründet zurück.
grünE KEnnzEichEn Für moFasAb 1. März brauchen Mopeds und Mofas eine neue Versicherung.
Vom 1. März 2013 an dürfen Mofas und Mopeds nur noch mit grünem
Kennzeichen fahren. Die blauen Nummernschilder verlieren ihre Gültigkeit.
Wer jetzt noch mit blauem statt grünem Kennzeichen fährt, hat kei-
nen Haftpflichtversicherungsschutz und macht sich strafbar. Die neuen
Mofakennzeichen sind direkt bei den Kraftfahrtversicherern erhältlich.
Rowan Atkinson alias Mr. Bean ist bekannt als Mann mit skurrilen Grimassen: Er
rümpft die Nase wie kein zweiter, zieht die Augenbrauen hoch bis zum
Haaransatz und reißt die Augen so weit auf als wäre sein Gesicht eine einzigar-
tige Bühne, auf der Dutzende Muskel und Sehnen ein improvisiertes Stück
aufführen, das die Zuschauer immer wieder begeistert. In seinen Sketchen fährt
Mr. Bean meist einen alten Mini, britisches Understatement. Privat allerdings
saust Atkinson gern im Supersportwagen über die Insel, zum Beispiel in seinem
1999 erworbenen McLaren F1: 6,1 Liter V12-BMW-Motor, über 600 PS, von 0 auf
100 km/h in 3,4 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit etwa 380 km/h. Im Jahr 2011
fuhr Atkinson mit seinem McLaren gegen einen Baum. Totalschaden. Er verletzte
sich nur an der Schulter. Sein Wagen allerdings kam in eine Spezialwerkstatt.
Jetzt – fast zwei Jahre später – bekam Atkinson seinen Lieblingswagen zurück
und gleichzeitig die Rechnung für die Reparatur präsentiert: 910.000 britische
Pfund (1,06 Millionen Euro). Es ist – laut der schottischen Zeitung The Scotsman
– die teuerste Unfallrechnung in der Geschichte Großbritanniens. Atkinson
will in Zukunft trotzdem wieder mit seinem McLaren F1 über die Straßen flitzen.
Die jährlich zu berappende Versicherungssumme beläuft sich nun aber auf
mindestens 38.000 britische Pfund (etwa 44.000 Euro).
die schÖnste VersicherungssAche der welt
LANGSAM, MR. BEAN!
positionen 3
1,06 mio. Euro
titel
herrlichaltmodisch!Sobald es wieder warm wird, holen Oldtimerliebhaber ihre VW Käfer, Porsche 911 oder Mercedes-Flügeltürer aus der Garage und schwärmen vom authentischen Fahrgefühl. Die Faszination für die alten Wagen nimmt zu, zumal das Unfallrisiko geringer ist als bei modernen Autos.
Aus freude Am fAhrgefühl Keine Kopfstütze, kein Gurt –
und trotzdem ein Blickfang, dem man nicht leicht widersteht:
der Jaguar XK 120 aus dem Jahr 1953.
obald der letzte Schnee ge
schmolzen ist und die Früh
lingssonne auf den Asphalt
scheint, holen Tausende deut
sche Autofahrer ihre Oldtimer
aus den Garagen. Ob ein VW Käfer aus den
Sechzigerjahren, ein vierzig Jahre alter Porsche
911 oder ein Mercedes 300 SL Coupé mit Flü
geltüren aus dem Jahr 1955 – viele sind faszi
niert von den alten Autos und investieren eine
Menge Zeit, Geld und Schweiß in das „rostigste
Hobby der Welt“.
„Mein Oldtimer hört sich einfach noch an wie
ein richtiges Auto“, sagt Siegfried Brockmann,
Leiter der Unfallforschung der Versicherer
(UDV) beim Gesamtverband der Deutschen
Versicherungswirtschaft. Seit sieben Jahren be
sitzt er einen Porsche Targa, einen 911 S aus dem
Jahr 1975. „Dieses Röhren, das entsteht, wenn
der Kolben das Gas durch das Auslassventil in
den Auspuff presst, ist einfach etwas anderes als
die künstlichen Geräusche modernerer Autos.“
Auch die ursprüngliche Art des Autofahrens
gefällt ihm an seinem Oldtimer. Ohne Servo
lenkung müsse man hinterm Steuer noch rich
tig arbeiten, erklärt Brockmann.
Wie ihm geht es vielen Oldtimerliebhabern. „Es
ist ein ganz anderes Fahrgefühl, so ein altes Auto
zu lenken“, sagt Dirk Jurgasch, OldtimerEx
perte beim ADAC in München. „Dies gilt umso
mehr, je älter das Fahrzeug ist. Das Fahren von
Oldtimern erfolgt in den meisten Fällen bewuss
ter: Man streift sich die Lederhandschuhe über,
greift das dürre Bakelit oder Holzlenkrad und
erfreut sich an der betagten Mechanik, die den
Fahrer noch fordert und nicht nur zum bloßen
Passagier degradiert. Das macht einen bedeu
tenden Teil Faszination aus.“ Viele verbinden
einen alten Opel Rekord, VW Käfer oder Ford
17M auch mit ihrer Jugend. Erinnerungen an
das Fahrzeug der Eltern, Nachbarn oder den ers
ten eigenen Wagen werden wach. „Viele erfüllen
sich einen Jugendtraum, wenn sie einen solchen
Oldtimer kaufen und restaurieren, auch weil sie
Spaß am Schrauben haben“, sagt Johann Gwe
henberger, Leiter der Unfallforschung am Alli
anz Zentrum für Technik (AZT) in München.
Auch würden Traumautos wie ein Porsche 911,
die damals als Neuwagen sehr teuer waren und
somit für viele unerreichbar schienen, als Old
timer bezahlbar, meint Dirk Jurgasch, der selbst
einen 66er VW Käfer und einen 83er Mercedes
in der Garage stehen hat. So betrage der durch
schnittliche Wert eines Oldtimers in Deutsch
land lediglich etwa 12.000 Euro. Hinzu kommt,
dass viele das individuelle Design eines alten
Porsche, Mercedes oder auch Jaguar unverwech
selbarer finden als das von modernen SUVs.
Der Faszination Oldtimer scheinen immer
mehr Menschen in Deutschland zu erliegen. Das
legt jedenfalls eine Studie der Technischen Uni
versität Dresden im Auftrag des Verbands der
Automobilindustrie (VDA) nahe, was die Men
ge der Fahrzeuge mit Historienkennzeichen in
den vergangenen zehn Jahren anbelangt. Damit
man ein solches Kennzeichen, bei dem ein H auf
dem Nummernschild hinter den Ziffern steht,
bekommt und das Auto als offizieller Oldtimer
gilt, muss ein Wagen über 30 Jahre alt sein und
darf nicht zu stark vom Originalzustand abwei
chen. Zeitgenössische Umbauten wie ein völlig
anderer und neuer Motor kann man also nicht
vornehmen.
Die Anzahl solcher Fahrzeuge mit HKennzei
chen hat sich laut VDA in den vergangenen zehn
Jahren um durchschnittlich neun Prozent er
höht. Zum 31. Dezember 2011 fuhren rund
230.000 offizielle Oldtimer auf Deutschlands
Straßen. Laut VDAStudie besitzen aber nur
59 Prozent aller alten Autos mit einem Alter von
30 oder mehr Jahren ein solches HKenn
zeichen. Neben den offiziellen gibt es also ins
gesamt noch wesentlich mehr Oldtimer.
Obwohl die Oldtimerzahlen kontinuierlich an
steigen, machen sie dennoch laut VDA einen
verschwindend geringen Anteil von 0,9 Prozent
der Gesamtzahl der Autos in Deutschland aus.
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DIe ArmATUren eIneS JAgUAr XK 120 Vielleicht kommt das Attribut „Schmuckstück“ bei Oldtimern deshalb so oft vor, weil man sich beinahe beim Juwelier wähnt:
Benzinanzeige, Geschwindigkeits- und Drehmomentmesser, Wassertemperatur – allesamt gold umrandet und mit Liebe zum Detail eingesetzt.
Zum 1. Januar 2012 waren nach Angaben des
Kraftfahrzeugbundesamtes 42,9 Millionen Au-
tos in Deutschland gemeldet. Der mit Abstand
beliebteste Oldtimer in Deutschland ist der zeit-
lose VW Käfer. Knapp 27.000 solcher Fahrzeuge
mit H-Kennzeichen gab es 2011 hierzulande,
das sind fast 20.000 Exemplare mehr als von der
Nummer zwei auf der Liste, der Mercedes SL R
107. Überhaupt finden sich unter den Top Ten
der beliebtesten deutschen Oldtimer fünf weite-
re Mercedes-Modelle. Hinzukommen noch der
Porsche 911, der Opel Kadett und der „Bulli“
von VW.
So beliebt Oldtimer auch sind – ganz leicht zu
fahren sind sie nicht. Vor allem, wenn man mo-
derne Autos mit elektronischen Fahrhilfen ge-
wohnt ist und dann in einen 40 Jahre alten Por-
sche steigt. Genau das hat auch Siegfried
Brockmann erfahren. Er hatte seinen Porsche
noch nicht lange, als auf nasser Straße vor ihm
auf der Autobahn ein anderer Wagen stark
bremste. Wie bei einem neuen Auto stieg Brock-
mann auf die Bremse und wollte gleichzeitig am
Vordermann vorbeifahren. Doch dass der Por-
sche kein ABS hat, man also den Fuß zuerst vom
Bremspedal nehmen muss, bevor man wieder
lenken kann, daran hatte er so schnell nicht ge-
dacht. Erst nach einer Sekunde fiel es ihm wie-
der ein. Gerade so schaffte er es an seinem Vor-
dermann vorbei. Inzwischen kam aber auf der
Spur, auf die er ausgewichen war, ein anderes
Auto herangebraust. Die beiden Wagen kolli-
dierten, am Hinterteil des Porsche 911 entstand
ein erheblicher Blechschaden. Glück licherweise
ist Siegfried Brockmann selbst nichts passiert.
„Mit einem modernen PKW mit ABS und ande-
ren Assis tenzsystemen wäre mein Unfall wahr-
scheinlich nicht passiert“, analysiert er.
Überhaupt sind die Bremsen bei Oldtimern ein
Gefahrenherd. Oftmals ist die Bremswirkung
selbst bei gut eingestellten Bremsen schwächer
als bei modernen Fahrzeugen, dementspre-
chend länger ist der Bremsweg. Während bei
einem neuen Wagen bei einer Geschwindigkeit
von 100 Stundenkilometer der Weg bis zum
Stillstand 30 bis 35 Meter betrage, benötige ein
Oldtimer leicht 50 Meter und mehr, meint Dirk
Jurgasch vom ADAC. Auf diesen längeren
Bremsweg muss man sich einstellen, bevor man
sich ans Steuer eines Oldtimers setzt. Es emp-
fiehlt sich deshalb, an Bord eines VW Käfer oder
Mercedes SL R 107 wesentlich früher zu brem-
sen. Hinzu kommt, dass man bei Oldtimern oft
stark auf das Pedal steigen muss, um die beste
Bremswirkung zu erzielen. Denn Bremskraft-
verstärker haben sie meist nicht.
Ein Problem kann auch die Lenkung sein. Fällt
es heute mit modernen Servolenkungen sehr
leicht, an einer Kreuzung abzubiegen, tun sich
Fahrer von Oldtimern dort schon wesentlich
schwerer. Man muss am Steuer eines alten Fahr-
zeugs teilweise ganz schön kurbeln. Die Gefahr
besteht, dabei auf die Gegenspur zu kommen.
Meistens biegen Oldtimer an Kreuzungen we-
gen der fehlenden Servolenkung langsamer ab
als moderne Autos. Das sollte einem bewusst
sein, wenn man hinter einem Oldtimer her-
fährt. Sonst droht ein Auffahrunfall. „Man sollte
einen gehörigen Abstand halten und selber das
Tempo drosseln“, sagt Johann Gwehenberger
vom AZT.
Risikopotenzial bergen auch manche Reifen,
Spiegel und Lichter, gerade wenn es sich um
sehr alte Oldtimer handelt. „Solche Autos haben
manchmal noch Diagonalreifen, die das Ge-
auf hochglanz poliert Die Frontpartie des Mercedes 190 SL, der von 1955 bis 1963 als Roadster-Cabrio (wahlweise auch als Coupé mit Dach) angeboten wurde, beein-
druckt durch seine robuste Eleganz. Besitzer dieses Modells waren nach der Markteinführung unter anderem: Grace Kelly, Frank Sinatra, Cary Grant und Alfred Hitchcock.
Oftmals ist die Bremswirkung bei Oldtimern schwächer als bei modernen Fahrzeugen. Während bei einem neuen Wagen bei einer Geschwindigkeit von 100 Stundenkilometer der Bremsweg bis zum Stillstand 30 bis 35 Meter beträgt, benötigt ein Oldtimer leicht 50 Meter und mehr.
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MauriTius Much und aLexandrOs sTeFanidis
sind freie Journalisten in München.
Ansprechpartner: Katrin Rüter,
Tel. 030/20 20-51 19, k.rueter@gdv.de
radeausfahren erschweren, aber auch bei Kopf-
steinpflaster und Spurrinnen gefährlich sind“,
sagt Gwehenberger. Auch sind meist die Außen-
spiegel kleiner als die von heutigen Autos.
Manchmal haben sie auch gar keinen rechten
Außenspiegel – so wie der Porsche von Siegfried
Brockmann. Zudem sind Rück- und Brems-
leuchten meistens sehr klein und für andere Ver-
kehrsteilnehmer vor allem in der Dämmerung
nicht leicht zu erkennen.
Trotz der Risiken werden Oldtimer aber wesent-
lich seltener in Unfälle verwickelt als moderne
Fahrzeuge, wie zwei Studien von ADAC, VDA
und der Technischen Universität Dresden einer-
seits sowie dem Allianz Zentrum für Technik
(AZT) belegen. Wenn man die Unfälle von Old-
timern und modernen Autos mit maximal neun
Jahren in Relation setzt, so war das Unfallrisiko
2011 bei Neuwagen laut VDA neunmal höher.
Die Studie des AZT der Jahre 2005 und 2006
besagt sogar, dass das Risiko, einen Unfall mit
Personenschaden in einem Oldtimer zu haben,
rund elfmal niedriger ist als bei einem moder-
nen Pkw. Deshalb ist es auch nicht überra-
schend, dass es sehr günstig ist, seinen Oldtimer
zu versichern. Für die alten Autos gibt es spe-
zielle Oldtimerversicherungen, mit denen man
vor allem die Fahrzeuge mit H-Kennzeichen ab-
sichern kann.
Dafür, dass Oldtimer seltener Unfälle haben,
gibt es mehrere Gründe: „Zum einen liegt das an
der niedrigen Fahrleistung von durchschnittlich
1.500 Kilometern pro Jahr“, sagt Johann Gwe-
henberger. Ein normaler Pkw kommt auf 14.400
Kilometer im Jahr. Zum anderen fahren Old-
timerliebhaber ihre Boliden wesentlich vorsich-
tiger und vorausschauender. „Die meisten ha-
ben sehr viel Liebe, Mühe und Geld in ihr
Fahrzeug gesteckt. Das will niemand durch zu
schnelles und risikoreiches Fahren aufs Spiel set-
zen“, sagt Dirk Jurgasch vom ADAC. Denn wenn
etwas am Oldtimer unfallbedingt kaputtgeht,
wird die Reparatur oft sehr teuer, wenn es über-
haupt noch das entsprechende Ersatzteil gibt.
Wer sich beispielsweise bei einem Mercedes die
verchromte Stoßstange an der Heckflosse ver-
biege, müsse dabei schnell mit ein paar Tausend
Euro Schaden rechnen, mein Jurgasch.
Hinzukommt, dass man einen Oldtimer in den
allermeisten Fällen nicht im Alltag aus der Ga-
rage holt, sondern für Genussfahrten am Wo-
chenende. Dementsprechend nehmen sich die
Fahrer Zeit für die Fahrt, sie sind nicht gehetzt
oder in Eile, sondern genießen die Zeit hinterm
Steuer. Auch wird niemand ein Porsche-911-
Cabrio im Winter bei Eisglätte oder im Sommer
bei Regen fahren, sondern nur bei optimalen,
trockenen Bedingungen. Die Gefahr, dass man
mit dem Wagen ins Rutschen gerät oder ein
anderer Wagen einem bei Eis ins Heck kracht,
ist somit marginal. Zudem wird kaum ein Old-
timerliebhaber seinen Wagen dem Salz auf
den winterlichen Straßen aussetzen, denn das
schädigt die Karosserie und damit auch den
Wert des Wagens. Außerdem seien die alten
Lieberhaberwagen meist überdurchschnittlich
gut gewartet, sagt Jurgasch. Technische Mängel
sind jedenfalls seltener der Grund für Unfälle als
bei normalen Autos, was auch die VDA-Studie
belegt. „Man ist einfach bereit, für das Hobby
Oldtimer mehr Geld für eine optimal funktio-
nierende Technik auszugeben“, sagt Jurgasch.
Einen weiteren Grund kennt Unfallforscher
Siegfried Brockmann: „Unfälle im Stadtverkehr
sind relativ selten, weil man als Oldtimer-Fahrer
versucht, so schnell wie möglich die Stadt zu
verlassen.“ Die klassischen Auffahrunfälle an
einer Ampel gebe es deshalb bei Oldtimern
seltener.
Dass die Unfallzahlen bei Oldtimern rein statis-
tisch niedriger liegen als bei modernen Pkw,
heißt aber noch nicht, dass gleichzeitig auch das
Verletzungsrisiko niedriger ist. Das Gegenteil ist
der Fall: Kommt es mit einem Oldtimer zu ei-
nem Crash, ist die Gefahr, dabei getötet oder
verletzt zu werden, um 33 Prozent höher als bei
Insassen eines modernen Pkws, heißt es in der
AZT-Studie. Das wundert Johann Gwehenber-
ger nicht: „Unsere heutigen Sicherheitsgurte
oder Airbags bringen einfach einen erheblichen
Sicherheitsgewinn.“ Dem stimmt Dirk Jurgasch
vom ADAC zu, zumal auch die Knautschzonen
von modernen Autos sowohl von Konstrukti-
onsseite als auch werkstoffbedingt um einiges
besser seien.
Zu bedenken gibt Jurgasch dabei auch, dass es in
Deutschland nur bei bestimmten Sicherheits-
einrichtungen eine Nachrüstpflicht gibt. Besitzt
ein Oldtimer keine Warnblinkanlage, muss diese
nachträglich eingebaut werden – auch wenn sie
im Baujahr des Oldtimers noch gar nicht exis-
tierte oder Pflicht war. Anders sieht es hingegen
bei Gurten und Kopfstützen aus. Die müssten
nicht verpflichtend nachgerüstet werden, sagt
Jurgasch. Trotzdem würden viele Oldtimerbesit-
zer vor allem Gurte einbauen, weil sie sich und
ihre Familienangehörigen davor schützen wol-
len, bei einem Unfall durch die Windschutz-
scheibe zu fliegen. Schwieriger gestaltet sich die
Nachrüstung bei Kopfstützen. Dort gebe es nur
manchmal elegante Lösungen, die man auch im
Nachhinein problemlos einbauen könnte. So
bleiben zusätzliche Kopfstützen oft Ermessens-
sache der Oldtimerfahrer.
Damit man Verletzungen und überhaupt Unfäl-
le vermeiden kann, empfehlen die Experten eine
defensive Fahrweise. „Schon bevor man ein-
steigt, sollte man sich bewusst machen, dass Au-
to und Technik älter sind und man deswegen
umsichtiger fahren sollte“, sagt Dirk Jurgasch.
Genau so macht es auch Siegfried Brockmann,
wenn er in seinen Porsche 911 steigt: „Man
schnauft kurz durch und macht sich klar, dass
man jetzt ein anderes Auto fährt. Gerade die ers-
ten Kilometer sind dabei besonders wichtig, bis
man sich wieder an das andere Fahrverhalten
des Oldtimers gewöhnt hat.“ Dann ist es kein
Problem, dass er in seinem alten Porsche einen
wesentlich größeren toten Winkel hat und auch
keinen rechten Außenspiegel. Er fährt einfach
vorsichtiger als mit einem modernen Auto – ge-
nießt den authentischen Geräuschpegel, und
vielleicht auch die neugierigen Blicke mancher
Passanten.
gdV POsiTiOn Bevor man in einen Oldtimer steigt,
sollte man sich bewusst werden,
dass Auto und Technik älter sind. Wer
vorausschauend und defensiv fährt,
genießt das Oldtimerfahren risikofrei.
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endsTaTiOn sehnsuchT Die Spazierfahrt ist
zu Ende, der Oldtimer geparkt – jetzt fehlt nur
noch ein Espresso im Hafencafé mit Sicht auf
die schöne Landschaft und das eigene Gefährt.
Hintergrund
Personen-scHutz
Facebook oder Twitter werden oft
als digitale Pranger missbraucht,
Mobbing-Opfer werden der Öffent-
lichkeit preisgegeben. Zeit,
dagegen vorzugehen.
IST DER RUF ERST RUINIERT …
In sozialen Netzwerken des Internets sind Rufschädigung oder Mobbing seit Langem keine Einzelfälle mehr. Immer mehr Menschen werden Opfer
von Webattacken. Versicherer reagieren mit neuen Produkten, die vor allem ungerechtfertigte Einträge löschen lassen und die Kosten für die
Erhebung von Schadensersatzansprüchen abdecken.
in Klick reicht, um ein Leben zu zerstören. Sylvia Hamacher weiß
das, sie hat es erlebt, besser sagt man: erlitten. Von der 7. bis zur
9. Klasse wurde die junge Frau von ihren Mitschülern auf übels-
te Weise gemobbt, am Ende sogar tätlich angegriffen und mit dem Tod
bedroht. Bis sie die Schule wechselte. Gemein gehänselt haben Kinder
schon immer, aber die Klassenkameraden von Sylvia Hamacher hatten
ein neues, mächtiges Werkzeug für ihre Bosheiten: Webseiten wie das
Chatforum ICQ oder das soziale Netzwerk Schüler VZ. Hamacher, heu-
te 20 Jahre alt, hat ihr Martyrium in einem Buch beschrieben, um ande-
ren Jugendlichen zu helfen. Denn
Studien zufolge wurde schon jeder
sechste Schüler in Deutschland Opfer
von Cyber-Mobbing. Jeder, ob Kind
oder Erwachsener, kann zum Opfer
werden. Ein gehässiger Facebook-
Eintrag, für alle Welt sichtbar, dauert
nur einige Sekunden – sich dagegen
zu wehren, ist ungleich schwieriger.
In Frankreich, traditionell Vorreiter
beim Assistance-Gedanken gibt es seit
Januar 2012 eine „Protection Fami-
liale Intégrale“-Police, die Privatper-
sonen gegen Rufmord im Netz schüt-
zen soll. „Es ist traurig, dass so eine
Versicherung überhaupt nötig ist“, sagt Sylvia Hamacher, „aber als Erste-
Hilfe-Maßnahme ist sie sicher sehr sinnvoll. Ich wusste damals gar nicht,
wie ich mich wehren sollte, ich fühlte mich so allein.“ Bei Mobbing im
Internet ist die Hilfe von Profis nötig: Internetexperten, die wissen, wie
man Schmähbeiträge auf Facebook, Twitter, Google, Blogs oder You tube
entfernen lässt, und Rechtsanwälte, die dem Täter die rechtlichen Kon-
sequenzen klarmachen. Nicht selten muss sogar ein Psychologe hinzu-
gezogen werden. „Gerade die psychologische Komponente dürfen Sie
bei Mobbing-Opfern nicht unterschätzen“, sagt Christian Scherg, Autor
des Buches Rufmord im Internet und Gründer der Firma Revolver-
männer, die sich auf Reputationsmanagement spezialisiert hat. In ein-
fachen Fällen kann sein Team den digitalen Pranger in ein, zwei Stunden
be seitigen, sagt Scherg. Hat der Provider seinen Sitz in Übersee, ist es
weit schwieriger zu veranlassen, dass die kompromittierenden Veröffent-
lichungen von der betreffenden Seite vollständig entfernt werden.
Den martialischen Firmennamen Revolvermänner hat Scherg bewusst
gewählt, denn der Ton in Internetforen ist erschreckend rau. Scherg
betreut etwa einen Berufsmusiker, der seit Jahren gegen einen Ex-
Arbeitskollegen kämpft, der immer wieder aufs Neue Webseiten ins Netz
stellt, in denen Schergs Klient als Kinderschänder oder Neonazi dar-
gestellt wird. Der Kampf um den eigenen Ruf kann sehr teuer werden,
das ist vielen Deutschen offenbar bewusst.
Auch in Deutschland kommen erste
Produkte auf den Markt, die Privat-
personen diese Art Online-Schutz
bieten. Einige Versicherungen neh-
men bisher nicht versicherte Schaden-
fälle im Internet bereits in ihre beste-
henden Rechtsschutzver sicherungen
auf, andere Versicherer bieten speziell
nur aufs Internet zugeschnittene
Policen an. Das Leistungsspektrum
reicht dann von der Analyse und not-
falls Rettung der Reputation im Netz
bis zur Durchsetzung von Schadens-
ersatzansprüchen bei Identitäts-Miss-
brauch. Auch Hilfe gegen Vertrags-
abschluss- oder Onlineshopping-Betrug, zudem Rechtsschutz gegen
Abmahnungen wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen oder
Hackerattacken können versichert werden.
Privatpersonen können den Tarif ebenso buchen wie kleine und mittel-
ständische Betriebe. Absichtlich negativ geschriebene Kundenkritiken
können etwa für Hotels oder Restaurants verheerende Folgen haben.
„Versicherungsschutz hilft, die Folgen von Rufmord zu lindern, wirklich
helfen würde es, wenn man das Thema aber viel stärker ins Bewusstsein
der Menschen bringt“, sagt Sylvia Hamacher. Und sie weiß wohl leider,
wovon sie spricht.
Marc BauMann ist freier Journalist in München.
Ansprechpartner: Katrin Rüter, Tel. 030/20 20-51 19, k.rueter@gdv.de
GDV Position Die immer intensivere Internetnutzung
in Deutschland stellt auch die Versicherungs-
branche vor neue Herausforderungen.
Reputationsversicherungen sind innovative
Produkte, die gegen ungerechtfertigte
Webattacken, Mobbing oder auch Rufschädigung
in sozialen Netzwerken vorgehen.
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„Die Lebensversicherung ist ein KuLtproDuKt!“
Seit etwas mehr als 100 Tagen ist Dr. Alexander Erdland, Vorsitzender des Vorstandes der Wüstenrot & Württembergische AG (W&W), neuer Präsident des GDV. Im
Gespräch mit den Positionen spricht er über das Image der Versicherer, die aktuelle Niedrigzinspolitik und wie er seine Rolle als „Cheflobbyist“ in Berlin interpretiert.
Herr Dr. Erdland, Ihre Familie betreibt seit
Generationen einen landwirtschaftlichen
Betrieb in Westfalen, Sie sind auf einem Bau-
ernhof aufgewachsen. Welche Beziehung hat
man als Landwirt zu Versicherungen?
Landwirtschaft und Versicherungswesen sind
auf Nachhaltigkeit ausgelegt. Ohne die gute
Aufbereitung seines Grund und Bodens kann
kein Bauer eine gute Ernte einfahren. Ohne eine
gründliche Kalkulation kann kein Versicherer
eine lebenslange Rente versprechen. Das Fun
dament muss also bei beiden stimmen. Außer
dem braucht sowohl der Versicherer als auch der
Landwirt neben viel Fleiß und Können auch die
nötige Geduld, um die Dinge reifen zu lassen.
Frei nach Goethe: „Gut Ding will Weile haben.“
Bei näherer Betrachtung ließen sich sicher noch
mehr Parallelen finden. Zum Beispiel spielt in der
Landwirtschaft wie auch im Versicherungswesen
die Bedeutung von Naturereignissen eine Rolle.
Allen Versichertengemeinschaften liegt wie bei
Genossenschaften im Agrarsektor der Gedanke
der Solidarität zugrunde.
Zurzeit gewinnt man aber den Eindruck, dass
diese positive Grundidee der Versichertenge-
meinschaft kaum in der Öffentlichkeit wahr-
genommen wird. Wie kann man sie wieder
stärker in den Vordergrund rücken?
Ganz einfach: Indem man verständlich, begeis
tert und oft genug darüber spricht.
Über Versicherungen wurde in den vergan-
genen Monaten sehr viel gesprochen.
Ja, aber es wurde immer nur über Teilaspekte
des Versicherungswesens debattiert. Hinter dem
Ursprungsgedanken der freiwilligen Solidarge
meinschaft steckt die historisch gewachsene
Erkenntnis, dass der Staat sich nicht um alles zu
friedenstellend kümmern kann. Die Menschen
spüren darin eine Erfüllung, Eigeninitiative zu
ergreifen. Und sie sind zu motivieren für die
Idee, sich in partnerschaftlichen, privaten Soli
dargemeinschaften zusammenzuschließen, um
Alltagsrisiken gemeinsam zu tragen. Diesen ge
sellschaftspolitischen Stabilitätsanker erfüllt der
zentrale Versicherungsgedanke: Einer für alle, alle
für einen.
Wie erklären Sie sich dann diese Diskrepanz:
Die Branche als Ganzes besitzt in der öffent-
lichen Wahrnehmung eher ein negatives
Image. Fragt man aber Versicherungskunden,
ob sie mit ihrer individuellen Versicherung
zufrieden sind, antwortet fast jeder eindeutig
mit Ja.
Zunächst halte ich es für sehr bedeutsam, dass
unsere Kunden mit ihren Versicherungsproduk
ten und ihren persönlichen Beratern sehr zufrie
den sind. Da kann man ruhig mal feststellen: Das
ist schön! Wir verzeichnen übrigens auch keinen
Anstieg der Beschwerden – weder bei den Versi
cherungsunternehmen noch beim eigens dafür
installierten Ombudsmann der Versicherer. An
ders verhält es sich bei der öffentlichen Meinung.
Denn die öffentliche Meinung wird häufig durch
die Skandalisierung des einen oder anderen Ein
zelfalls erzeugt. Daher resultiert auch die Diskre
panz, die Sie ansprechen. Trotzdem: Grundsätz
lich müssen wir uns auch offener zeigen für Kritik.
Inwiefern?
Aus der Branche heraus nur vom unmaßgeb
lichen Einzelfall zu sprechen, ist vielleicht nicht
immer richtig.
Sie haben es eben getan.
Ich habe, das stimmt, vom Einzelfall gesprochen.
Ein Einzelfall kann ja durchaus auch einmal be
zeichnend sein für einen Umstand, aus dem zu
lernen ist. Andererseits darf man sicher feststel
len: Bei mehreren hundert Millionen bestehen
den Versicherungsverträgen wird es immer wie
der Einzelfälle geben, in denen ein falsches oder
unausgewogenes Urteil ausgesprochen worden
ist. Das lässt sich nicht vermeiden. Aber diesen
wenigen Fällen stehen Hunderttausende, wenn
nicht gar Millionen Fälle gegenüber, die gütlich
und gut geregelt worden sind. Darüber wird
aber nur sehr selten berichtet. Leider.
Sie gehen also davon aus, dass sich diese
Diskrepanz nie ganz auflösen lassen wird?
Bei der Fülle von Kontakten und Verträgen? Ver
mutlich nicht. Wir als Versicherer können diese
Diskrepanz aber verringern, indem wir uns in
dem einen oder anderen Fall lern und kritikfä
higer zeigen. Das würde unser Bild in der öffent
lichen Wahrnehmung sicher verbessern. Denn
eins ist auch ganz klar: Gegen berechtigte und
konstruktive Kritik hat kein Versicherer etwas.
Gut, dann fragen wir ganz direkt: In welchen
Punkten ist die Kritik gerechtfertigt?
Ich halte den Aspekt der Verständlichkeit für
sehr wichtig. Da gebe ich zu: Wir benutzen oft
eine Sprache, die sehr fachbezogen ist, was sich
über Jahrzehnte so entwickelt hat. Nicht jeder
versteht das auf Anhieb. Hier arbeiten wir darauf
hin, unsere Produkte verständlicher und klarer
zu formulieren. Gleichzeitig gebe ich aber zu
bedenken, dass sich manche unserer Produkte
nicht im Detail auf einem Bierdeckel erklären
lassen. Deshalb ist es auch unsere Aufgabe, un
seren Kunden die Grundlogik eines Produkts zu
erläutern, ohne sie mit zu vielen Details zuzu
schütten. Die zentralen Fragen lauten: Wie funk
tioniert ein Produkt? Wird der Bedarf des Kunden
damit abgedeckt? Wie viel kostet es? Ein zweiter
Kritikpunkt, der hier mit reinspielt, ist das Thema
der Vergleichbarkeit von Versicherungsproduk
12 positionen
nachgefragt
nachgefragt
ten. Auch hier bemühen wir uns sehr um Kenn-
zahlen, die es dem Kunden einfacher machen,
Produktmodelle besser prüfen zu können. Diese
beiden Kritikpunkte halte ich für konstruktiv, weil
sie das Interesse der Kunden im Blick haben.
Überzogen finde ich dagegen die Kritik im Hin-
blick auf die Leistungsfähigkeit unserer Produkte:
Gerade die Leistungsfähigkeit der Lebens- oder
Krankenversicherungen ist sehr viel höher als sie
zurzeit in der Öffentlichkeit dargestellt wird. Das
gilt sowohl für die Rentabilität als auch für die
Absicherung biometrischer Risiken. Oder um es
beispielhaft zu formulieren: Sie werden nirgends
ein Bank- oder Fondsprodukt finden, das Ihnen
eine lebenslange Rente garantiert.
Wenn man sich in der Branche umhört, eilt
Ihnen der Ruf voraus, ein beharrlicher und
erfolgreicher Unternehmenslenker zu sein,
der auf Teamarbeit setzt. Werden Sie ein biss
chen grantig, wenn man Sie – wie schon ge
schehen – nun als „Cheflobbyist“ bezeichnet?
Ich muss gestehen, dass ich mich auch nach
mehreren Monaten im Amt noch nicht so recht
an diesen Begriff gewöhnt habe.
Warum?
Mit Lobbyismus assoziieren viele Menschen ein
vordergründiges, monokausales Vorantreiben ei-
gener Interessen. Aber unser Ansatz beim GDV
geht viel weiter als diese Definition: Natürlich
vertreten wir im politischen Raum Berlins die
Interessen der Mitgliedsunternehmen unse-
res Verbandes, keine Frage. Ich sehe darin aber
gleichzeitig auch die Interessen der Versiche-
rungskunden, also von Millionen von Menschen
in Deutschland, die sich darauf verlassen, dass wir
unsere Arbeit vernünftig machen. Das bedeutet:
Wir wollen und sollen der Politik behilflich sein
bei der Gestaltung von Gesetzgebung, innerhalb
derer wir aber auch weiter imstande sein müs-
sen, das leisten zu können, was politisch, wirt-
schaftlich und gesellschaftlich von uns erwartet
wird. Vor diesem Hintergrund akzeptiere ich es,
wenn man mich als Lobbyisten bezeichnet.
Dennoch ernten Lobbyisten in Berlin zurzeit
nicht gerade Lobeshymnen für ihre Arbeit.
Das mag so sein, ja. Wir können seitens der Ver-
sicherungswirtschaft allerdings die Logik der
Mathematik nicht außer Kraft setzen. Auch die
Quadratur des Kreises wird uns nie gelingen.
Beispiel ist die Niedrigzinspolitik. Hier sind wir
an bestimmten Stellen mit unserem Leistungs-
beitrag extrem gefordert und brauchen die
Unterstützung der Politik, um damit auf Dauer
umgehen zu können. Deshalb verstehe ich mich
in erster Linie auch als Vermittler und Partner
der Politik, der im Interesse der Kunden an den
Lösungen von morgen mitwirkt. Denn alle The-
men, die die Menschen im Land bewegen, wie
etwa Demografie, Gesundheits- und Arbeitsrisi-
ken, Auto verkehr oder neue Technologien und
Umwelt, gehören zu den Kernthemen der Versi-
cherungswirtschaft. Ohne Versicherer wäre zum
Beispiel eins der wichtigsten Zukunftsprojekte,
die Energiewende, nicht möglich. Wir begleiten
nicht nur Innovationen mit Versicherungsschutz,
wir sind auch einer der größten Kapitalgeber,
wenn es darum geht, unser Land für die Zukunft
gut aufzustellen. Und zu guter Letzt: Wir sind uns
unserer großen Verantwortung sehr bewusst –
danach richten wir auch unser Handeln aus. Der
Begriff des Lobbyisten greift deshalb – meiner
Ansicht nach – auch ein bisschen zu kurz.
Sie haben die Niedrigzinspolitik angespro
chen. Ein Ende dieser Niedrigzinsphase ist
kurzfristig nicht in Sicht, oder?
Nein, zurzeit nicht.
Wie reagiert die Branche darauf?
Wir weisen zum einen auf die Gefahren und
Risiken hin, die mit dieser politisch gewollten
Zinsverzerrung einhergehen.
Zum Beispiel?
Grundsätzlich ist es so: Falsche Preise führen in
der Regel zu Fehlallokationen und können auch
neue Blasen erzeugen. Es kommt im Moment
aber vor allem darauf an, dass die Euro-Staaten,
in denen dringend Reformen anstehen, die
Niedrigzinspolitik nicht so verstehen, dass sie
ihre Hausarbeiten nicht mehr oder nicht mehr
in dem erforderlichen Maße durchziehen müs-
sen. Hier sind wir – allen aktuellen Beschwichti-
gungen zum Trotz – immer noch in einer sehr
kritischen Phase. Außerdem ist der deutsche
Altersvorsorgesparer auf bestem Wege wegen
der Niedrigzinspolitik und einer höheren Inflati-
on Realvermögensverluste hinnehmen zu müs-
sen und einen Teil dieser Finanzmarktkrise zu
14 positionen
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Dr. Alexander Erdland, 61, wurde am 10. Oktober 1951 in Oelde (West-
falen) als Sohn eines Landwirts geboren. Der landwirtschaftliche Be-
trieb ist seit vielen Generationen in Familienhand, der Stammbaum
geht zurück bis ins 13. Jahrhundert. Trotzdem begann Erdland mit 19
Jahren eine Ausbildung bei der Spar- und Darlehenskasse in Oelde
und vertiefte sein Wissen während eines Studiums der Betriebswirt-
schaftslehre und der Rechtswissenschaften an den Universitäten
Münster und Saarbrücken (Abschluss: Diplomkaufmann, 1975). Zwi-
schen 1976 und 1980 promovierte er zum Doktor der Staats- und
Wirtschaftswissenschaften (Dr. rer. pol.). Seine Karriere begann er als
Leiter des Bereichs Vorstandssekretariat, Unternehmensplanung und
Marketing 1980 bei der Norddeutschen Genossenschaftsbank AG
in Hannover. Vier Jahre später wurde er nacheinander Mitglied des
Vorstands bei der Volksbank eG Elmshorn, den Genossenschaftlichen
Zentralbanken in Saarbrücken und Hannover sowie der DG Bank in
Frankfurt am Main. 1999 wurde er Vorstandsvorsitzender der Bauspar-
kasse Schwäbisch Hall AG, seit 2006 ist er Vorsitzender des Vorstands
der Wüstenrot & Württembergische AG. Im November 2012 wurde
Dr. Erdland zum neuen Präsidenten des GDV gewählt.
bezahlen. Das kann politisch nicht gewollt sein
und wäre auch höchst unfair.
Wie begegnen die Versicherer der aktuellen
Lage?
Wir sind realistisch und arbeiten an drei Schwer-
punkten. Erstens: die Produktentwicklung. Wir brau-
chen Produkte, die in diese Wirtschaftsphase pas-
sen. Hier arbeiten unsere Mitgliedsunternehmen
gerade an Lösungen, die weiter langfristig funktio-
nieren. Zweitens: Kapitalanlagepolitik. Wir vergrö-
ßern unsere Diversifikation. Zum Beispiel haben
gedeckte Anleihen, Unternehmensanleihen und
auch Immobilien stärker an Bedeutung gewonnen.
Und drittens bieten wir an, für die Finanzierung der
Energiewende als Investoren zur Verfügung zu ste-
hen, wenn die Rahmenbedingungen dafür passen.
Ein Punkt, der kaum angesprochen wird in
der Diskussion um die Staatsschuldenkrise in
Europa: Wie groß ist der Anteil der deutschen
Versicherer an der Stabilität, die von Deutsch-
land politisch und wirtschaftlich ausgeht?
Da reicht zunächst ein Blick auf den Umfang
unseres Finanzvolumens: Wir haben 1,3 Billionen
Euro Kapitalanlagen, die zwar zum Teil auch im
Ausland angelegt sind, aber auf die sich unsere
Wirtschaft langfristig verlassen kann. Außerdem:
Würde jedes Unternehmen in Deutschland für
seine Risiken mit eigenen Rückstellungen eine
individuelle Vorsorge treffen müssen, würde viel
Investitionskraft gebunden. Wir sorgen im Kollek-
tiv dafür, dass diese Investitionskraft freigesetzt
und der deutsche Wirtschaftsstandort attraktiv
und stark bleibt. Zur gewachsenen gesellschafts-
politischen Stabilität Deutschlands gehört si-
cherlich auch, dass wir den Menschen in diesem
Land einen vernünftigen und bezahlbaren All-
tags- und Zukunftsrisikoschutz bieten können
– von der Gesundheits- und Pflege- bis hin zur
Altersvorsorge-Versicherung. Sie sehen also, die
Versicherer sind in nahezu allen Bereichen ein
Stabilitätsanker. Nicht nur, aber vor allem auch in
Zeiten der Krise.
Ein Stabilitätsanker, der in die Kritik geraten
ist, sind die Lebensversicherungen. Verbrau-
cherschützer haben sich gegen den Neuab-
schluss einer Lebensversicherung ausgespro-
chen. Das hat viele potenzielle Kunden sicher
abgeschreckt und Kunden mit einer laufen-
den Lebensversicherung aufgeschreckt. Wie
lautet Ihre Botschaft an beide Gruppen?
Dass solche Meldungen die Menschen, wie Sie
sagen, „aufschrecken“, mag beabsichtigt sein.
Aber unsere Zahlen zeigen bisher nicht, dass es
zu einer Abschreckung gekommen ist. Auch das
Neugeschäft des letzten Jahres war stabil. Gleich-
wohl müssen wir bei solchen Meldungen auch
unsere Stimme erheben und einige Punkte, die in
der Vergangenheit als selbstverständlich galten,
noch mal in Erinnerung rufen: Die Altersvorsor-
gelücke, die durch die gesetzliche Rente entsteht,
wird nicht kleiner, sondern größer. Zudem wer-
den bei niedrigen Zinsen auch die Zinserträge
geringer. Das bedeutet für die Altersvorsorge
zwangsläufig, dass nicht weniger, sondern mehr
gespart werden muss. Dieser Zusammenhang,
der eigentlich simpel klingt, wurde in der Debatte
stärker in den Hintergrund gerückt. Wir sollten
uns also darauf besinnen, dass es bei Lebens-
versicherungen nicht nur um die Rentabilität
geht – auch wenn sich diese im Quervergleich
durchaus sehen lassen kann. Es geht darum, die
entstehende Altersvorsorgelücke zu schließen.
Fachtechnisch wird dabei oft vom „Langle-
bigkeitsrisiko“ gesprochen.
Wir sollten das beim Kunden nicht so nennen.
Denn worum geht es dabei eigentlich? Es geht
um die Chance auf ein langes und möglichst
gesundes Leben, bei dem Menschen sich noch
vieles gönnen könnten, wenn sie von vornherein
darauf sparen und ihr Alterseinkommen aufbau-
en. Ich bin überzeugt, dass diese Argumentation
hilft, dass wir bei der Lebensversicherung die Kir-
che wieder ins Dorf gerückt bekommen.
Bleiben wir doch mal bei dem Bild von der
Kirche im Dorf: Wie weit wurde die Kirche
denn mit der herben Kritik schon aus dem
Dorf getragen aus Ihrer Sicht?
Die Kritik ist überzogen. Ich glaube, dass diese Kir-
che bald wieder fest an ihrem historisch richtigen
Platz im Ortskern steht. Denn die Wertschätzung
gegenüber der Lebensversicherung besitzt eine
breite Basis. Wir haben mehr als 90 Millionen Ver-
träge, die beweisen: Die Lebensversicherung ist
ein deutsches Kultprodukt!
ZuR PeRson
positionen 15
Interview: AlexAndRos steFAnidis.
Hintergrund
Kampfmaschine autofast ein Drittel aller bei unfällen im straßenverkehr getöteten menschen könnten auf
aggressive fahrweisen zurückzuführen sein. aggressionstäter müssten daher konsequent aus dem Verkehr gezogen werden, sagt der Leiter der unfallforschung der Versicherer (uDV).
in Nachmittag auf der Überholspur sollte es werden für den jun-
gen Mann, frischgebackener Besitzer eines PS-starken Neu-
wagens. Die linke Spur auf der Autobahn scheint frei, rechts
schleicht ein Lkw. Doch plötzlich schiebt sich der Kleinwagen einer Frau
ins Blickfeld. Auch sie will den Laster überholen – und zwingt den jungen
Fahrer zu einem Bremsmanöver. Dieser sieht nun rot: Statt nach diesem
vermeintlichen Ärgernis davonzufahren, setzt er sich vor das Auto der
Frau, bremst sie mehrmals und absichtlich aus.
Nach einer Anzeige bei der Polizei findet sich der junge Mann in der Pra-
xis des Verkehrspsychologen Karl-Friedlich Voss wieder. „Er konnte sich
kaum an seine Tat erinnern“, erzählt Voss. „Erst durch die Äußerungen
der Frau konnte der Fahrer rekonstruieren, was genau passiert ist.“
Voss, Vorstand im Bundesverband niedergelassener Verkehrspsychologen,
nahm jüngst am Deutschen Verkehrsgerichtstag in Goslar teil, das Thema
„Aggressivität im Straßenverkehr“ wurde dort kontrovers diskutiert.
Nach Erfahrungswerten von Experten geht es auf deutschen Straßen im-
mer rücksichtsloser und brutaler zu – auch wenn der statistische Nach-
weis einer Zunahme von Aggressivität im Verkehr sehr schwierig ist. Zah-
len aus Großstädten, die Aggressionsdelikte aufschlüsseln, wie aus
Hamburg oder München, können nur Indizien geben: In Hamburg er-
reichte die Zahl der Delikte wie zum Beispiel Drängeln, Rechtsüberholen
und Nötigung 2011 einen Höchststand. Allerdings schwankten die Zah-
len in den letzten fünf Jahren stark. Der Münchner Verkehrsbericht weist
seit 2009 einen deutlichen Anstieg solcher Straftaten im Verkehr aus. Klar
ist den Beamten der Münchner Polizei aber auch, dass viele Aggressions-
täter ungeschoren davonkommen: „Das Dunkelfeld dürfte um ein Viel-
faches höher sein.“
Vor allem dazu, wie oft aggressives Verhalten im Verkehr zu schweren Un-
fällen mit Todesfällen führt, gibt es keine Zahlen, sagt Siegfried Brock-
mann, Unfallforscher beim GDV. „Hinterher wird ja keiner zugeben, dass
er aggressiv war.“ Außerdem gebe es auch keine Maßzahl, ab wann ein
Handeln überhaupt aggressiv ist. Der Wissenschaftler nähert sich dem
Phänomen daher von der anderen Seite: Er hat die Ursachen von Unfällen
mit Toten oder schweren Verletzungen intensiver unter die Lupe genom-
men – und kommt so zu einem alarmierenden Ergebnis: „Ein Drittel aller
Getöteten im Straßenverkehr entfallen auf Delikte, die auf Aggressivität
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16 positionen 17 positionen
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zurückgehen könnten, wie etwa deutlich zu schnelles Fahren, gefährliches
Überholen oder erheblich zu geringer Sicherheitsabstand.“
Zwei Gründe hat Brockmann für die mutmaßliche Zunahme der Aggres-
sivität auf Deutschlands Straßen parat: Zum einen habe der Verkehr ins-
gesamt in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen – zum anderen
seien immer mehr gefährlich große Egos unterwegs. Eine Analyse, die
auch Professor Andreas Knie vom Berliner Innovationszentrum für Mo-
bilität und gesellschaftlichen Wandel teilt: Der Kampf um den Raum sei
eröffnet, besonders in den Ballungsräumen, meint Knie. Mehr Teilneh-
mer, die immer mehr Verkehrsmittel wechselten, führten zu einem „unge-
heuren zusätzlichen Maß an Komplexität und damit zu einem deutlich
steigenden Stresspegel.“ Im eigenen Fahrzeug seien Verkehrsteilnehmer
am anonymsten. Wo Radler und Fußgänger mit der „autistischen Kampf-
maschine Auto“ um Platz konkurrierten, seien Konflikte unausweichlich.
„Eher schwache Persönlichkeiten mit geringer Selbstkontrolle, die ihr Re-
vier verteidigen wollen“ hat Brockmann als typische und häufige Aggres-
sionstäter ausgemacht. Diese seien überall in der Gesellschaft ein Problem,
„im Verkehr aber haben sie eine gefährliche Waffe zum Einsatz“. Ein spe-
zieller Fahrertyp, dem man nur mit Härte beikommen könne: Aggressi-
onsdelikte müssten mit besonders vielen Punkten in Flensburg geahndet
werden. Erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitungen mit Gefährdung
anderer sollten als Straftat und nicht mehr als Ordnungswidrigkeit geahn-
det werden, verlangt der GDV-Unfallforscher. Auch mehr Videoüber-
wachung könne helfen, notorisch aggressive Fahrer aus dem Verkehr zu
ziehen. „Schließlich müssen Fahrzeugsysteme – beispielsweise Abstands-
radar – dafür sorgen, dass solche Taten gar nicht begangen werden.“
Aggressive Fahrer seien aber nicht unbedingt notorisch aggressive Persön-
lichkeiten, betont der Psychologe Karl-Friedrich Voss. Viele hinterfragen
ihr Handeln schlicht nicht angemessen. „In Extremsituationen“, sagt Voss,
„kann das fast jedem passieren.“ Eine Entschuldigung ist das indes nicht.
Auch Nachsicht hält er für fehl am Platz. „Jedes aggressive Verhalten sollte
zur Anzeige gebracht werden. Die Gesetzeslage, etwa über den Tatbestand
der Nötigung, lässt das zu.“
Lukas GrasberGer ist freier Journalist in Berlin.
Ansprechpartner: Katrin Rüter, Tel. 030/20 20-51 19, k.rueter@gdv.de
GDV PosItIon Aggressive Grundhaltungen sind schwer zu korrigieren,
können im Verkehr aber nicht hingenommen werden.
Typische Aggressionstäter müssen erkannt und vom
Straßenverkehr ausgeschlossen werden.
kamPFreVIer autobahn
Es wird gedrängelt, gehupt, mit dem Fern-
licht geblendet und in halsbrecherischen
Manövern zum Überholen angesetzt – in
ihrem vermeintlich sicheren Auto leben
viele Fahrer Aggressionen aus, die sie im
Büro oder zu Hause nie offenbaren würden.
gegenpositionen
18 positionen
ttacken gegen die Lebensversicherung haben derzeit
Konjunktur. Und so rührt auch der Autor und Journa-
list Holger Balodis gerade mit großem Tamtam die Wer-
betrommel für sein jüngstes Werk Die Vorsorgelüge. Ein Forum
für seinen Werbefeldzug bot ihm jetzt auch die Frankfurter Rund-
schau (FR). In einem Interview mit dem Blatt sparte Balodis kein
Vorurteil gegenüber der Lebensversicherung aus. Diese seien zu
teuer und wenn überhaupt lohnten sie sich erst im Methusalem-
Alter. Die Riester-Rente verglich er mit einem Lotteriespiel, bei
dem nur wenige das Glück hätten zu gewinnen.
Während man denjenigen, der Abstand vom Lottospielen nimmt,
weil ihm die Aussicht auf einen ordentli-
chen Gewinn als zu unwahrscheinlich vor-
kommt, gut verstehen kann, sieht es beim
Thema Altersvorsorge anders aus. Wer hier
auf Nichtstun setzt, wird dauerhaft der
Leidtragende sein. Denn wer heute nicht
vorsorgt, wird morgen auch nichts zusätz-
lich haben. Richtig ist: Wer seinen Lebens-
standard im Alter erhalten möchte, muss
heute mehr zur Seite legen als früher. Das gilt für die Lebensver-
sicherung ebenso wie für andere Vorsorgeprodukte. Die Men-
schen brauchen wie bei der gesetzlichen Rente eine lebenslange
Versorgung und sie brauchen Planungssicherheit.
Das bietet vor allen anderen Produkten die private Rentenversi-
cherung. Und selbst im aktuellen Niedrigzinsumfeld braucht diese
hinsichtlich ihrer Effizienz keinen Vergleich mit anderen Finanz-
produkten zu scheuen. Im Gegenteil, bieten doch Tagesgeld- oder
Festgeldkonten aktuell im Durchschnitt mit ein bis zwei Prozent
Verzinsung deutlich weniger als die Lebensversicherer mit immer
noch rund 3,6 Prozent laufender Gesamtverzinsung.
Diese Leistung fußt maßgeblich auf der langfristigen Orientie-
rung und Professionalität der Kapitalanleger der Lebensversiche-
rer. Auch ist die Riester-Rente alles andere als ein wenig aussichts-
reiches Glücksspiel. Vielmehr eignet sie sich nach wie vor für die
allermeisten zum Aufbau ergänzender Altersvorsorge. Gerade für
Geringverdiener rentiert sie sich die Riester-Rente, die sogenannte
Förderquote liegt hier im Schnitt bei 70 Prozent, teilweise sogar bei
über 90 Prozent. Das Produkt wurde von vornherein so konzipiert,
dass alle Einkommensgruppen zu mehr Eigenvorsorge motiviert
werden können. Was für ein Glück: Die staatliche Förderung wirkt
bei Geringverdienern durch die Zulagen, für Empfänger höherer
Einkommen in Form der Steuerersparnis.
Dass sich die Riester-Rente wenn überhaupt erst dann lohnt, wenn
man ein sehr hohes Alter erreicht hat, ist nicht korrekt. Selbst auf
Basis des rückläufigen Zinsniveaus ist der Zeitpunkt, ab wann ein
Riester-Sparer „schwarze Zahlen“ schreibt,
häufig schon sechs bis sieben Jahre nach
Beginn der Rentenzahlung erreicht. Sollte
die Möglichkeit auf Auszahlung von 30
Prozent des Guthabens bei Rentenbeginn
gewählt werden, ist der Zeitpunkt noch
früher erreicht.
Holger Balodis predigt seit jeher in der
Rentenpolitik die Rolle rückwärts. In der
Tageszeitung (taz) schrieb er neulich, die rot-grüne Bundesregie-
rung habe 2001 „mit der Riester-Reform die Axt an die staatliche
Rente“ gelegt. In Wahrheit haben jedoch erst die Reformen, mit
denen die gesetzliche Rentenversicherung entlastet und demogra-
fiefest gemacht wurde, das heute bestehende große Vertrauen in
die gesetzliche Rentenversicherung zurückgebracht. Um die Al-
terssicherung weiter zukunftsfest zu machen, sollte die Politik
daher an der mit der Riester-Reform eingeschlagenen Marsch-
route festhalten und die kapitalgedeckte Säule weiter stärken. Für
eine solide Altersvorsorge der Menschen in Deutschland braucht
es drei stabile Säulen. Wer nur auf eine Säule setzt, sollte in der
Tat lieber Lotto spielen.
AnsprechpArtner Hasso Suliak,
Tel. 030/20 20-51 83, E-Mail: h.suliak@gdv.de
keine LotterieSelbst ernannte Experten kritisieren immer wieder und mit
Vehemenz das Produkt der Lebensversicherung. Dabei stellen sie Behauptungen auf, die sich bei genauer Betrachtung
als falsch erweisen. Ein Beispiel.
A
„Lebensversicherung
als Glücksspiel.“
FrAnkFurter rundschAu,
26. FebruAr 2013
positionen 19
Das sichere haus„Damit Sie nicht der Schlag trifft“ – Gekonnt umgehen mit Strom und Elektrogeräten
Um den sicheren Umgang
mit Strom und elektrischen
Geräten geht es in der
Broschüre Damit Sie nicht
der Schlag trifft, die der GDV
gemeinsam mit der Aktion
„Das sichere Haus“ (DSH,
Kuratorium für Sicherheit in
Heim und Freizeit e. V.) herausgegeben hat. Das
Heft kann auf www.das-sichere-haus.de bestellt
werden – in Einzelexemplaren kostenlos – und
steht dort auch zum Download bereit.
KlicKen sie hier!www.twitter.com/gdv_de
Der GDV twittert: Neues aus der Versicherungs-
wirtschaft, Branchenmeldungen, Pressemit-
teilungen und Verbrauchertipps gibt es jetzt
auch in 140 Zeichen Länge. Der GDV ist auf
twitter.com unter dem Namen „GDV Ihre Ver-
sicherer“ zu finden.
Ill
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Der geheimnisvolle „Dritte“Kurz erklärt
Im Zusammenhang mit Versicherungsverträgen
oder Schadenfällen ist oft von „Dritten“ die Rede.
Der Versicherungsvertrag wird zwischen zwei
Parteien, dem Versicherer und dem Versiche-
rungsnehmer geschlossen. Bei einem Schaden-
fall in der Haftpflichtversicherung ist der Dritte
die geschädigte Person. Sie hat weder mit dem
Versicherer noch mit dem Versicherten eine
vertragliche Beziehung.
servIce
WIESo ISt DAS So? Generell haften Kinder ab sieben Jahren, wenn sie Schaden anrichten. Im Straßen- verkehr aber erst mit zehn. Warum?
Kinder sind vor dem vollendeten zehnten Le-
bensjahr nicht in der Lage, die besonders kom-
plexen Situationen im Straßenverkehr zu erfas-
sen und die tragweite ihres Handelns zu erken-
nen. Sie sind mitunter impulsiver als ältere
Kinder, oft unaufmerksam und sehr leicht abzu-
lenken.
Dieser entwicklungspsychologischen tatsache
wollte der Gesetzgeber mit der Änderung 2002
im Schadenersatz Rechnung tragen, die das
sogenannte Haftungsprivileg von Kindern im
Straßenverkehr erweiterte. Seither können Kin-
der frühestes mit zehn Jahren zur Haftung her-
angezogen werden. In einigen Ländern liegt
diese Grenze sogar bei 14 Jahren.
ansprechpartner Katrin rüter,
tel. 030/20 20-51 19, e-mail: k.rueter@gdv.de
ausgewählter termin 25. april 2013 Pressekolloquium des GDV in Berlin.
HERAUSGEBER
Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft
VERAntwoRtlicH
Ulrike Pott
KonzEption Und REAliSAtion
Magazin Verlagsgesellschaft Süddeutsche Zeitung mbH
oBjEKtlEitUnG
Angela Kesselring
dRUcK Und VERtRiEB
Brandenburgische Universitätsdruckerei
und Verlagsgesellschaft, Potsdam mbH
titElfoto
DDP Images
REdAKtion
Katrin Rüter de Escobar, Una Großmann (GDV),
Alexandros Stefanidis, Florian Gmach (Grafik)
AUtoREn
Marc Baumann, Lukas Grasberger,
Mauritius Much, Alexandros Stefanidis
REdAKtionSAnScHRift
Gesamtverband der
Deutschen Versicherungswirtschaft
Presse und Information
Wilhelmstraße 43 / 43 G, 10117 Berlin
Telefon 030 / 20 20-51 18, Fax 030 / 20 20-66 04
Fragen zum Abo: positionen@gdv.de
brandenburgische universitätsdruckerei und verlagsgesellschaft mbh
karl-liebknecht-str. 24–25, 14467 golm
Postvertriebsstück c44755, entgelt bezahlt
impRESSUm
diE dEUtScHlAndKARtE
Sonniger nordenMecklenburg-Vorpommern verzeichnet die meisten Sonnenscheinstunden in Deutschland in 2012.
Beim Small Talk geht es meist ums Wetter –
und nicht selten hört man dieser Tage den
Satz: „Schnee ist ja ganz schön, aber jetzt
wird es wieder Zeit für ein bisschen Sonne.“
Kopfnicken beim Gegenüber. Aber wo in
Deutschland scheint die Sonne am meis
ten? Zur Überraschung vieler scheint sie
zwar im Süden Deutschlands (Bayern und
BadenWürttemberg) überdurchschnittlich
lang, aber nicht am längsten. Denn das
Bundesland, das die meisten Sonnenstun
den verbucht, heißt MecklenburgVor
pommern. 1.648 Stunden Sonne erwärmten
die Menschen im Nordosten der Republik,
gefolgt von Berlin und Brandenburg mit
1.635 bzw. 1.634 Sonnenstunden. Erst auf
den Plätzen vier und fünf stehen Baden
Württemberg (1.607) und Bayern (1.595).
Die wenigsten Sonnenstunden verzeich
nen NordrheinWestfalen und Niedersach
sen mit etwa 1.450 Sonnenstunden. Im
Schnitt strahlte die Sonne im Jahr 2012
etwa 1.651 Stunden über Deutschland. Die
Zugspitze ver zeichnete mit 2.066 Stunden
den meis ten Sonnenschein, der Kahle Asten
im Sauerland bildete mit 1.344 Stunden das
Schlusslicht.
Mittelwert der Sonnenscheinstunden im
jeweiligen Bundesland. Quelle: DWD, 2012
BERlin1.635
BAdEn-wüRttEmBERG1.607
BAyERn1.595
SAARlAnd1.571
SAcHSEn1.549
SAcHSEn-AnHAlt1.522
RHEinlAnd-pfAlz1.507
HAmBURG1.507
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HESSEn1.459
niEdERSAcHSEn1.456
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1.440
mEcKlEnBURG-VoRpommERn1.648
BRAndEnBURG1.634
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BREmEn1.474
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