Schmerzorientierte medizinisch- beruflich orientierte Reha (MBOR) · 2014-11-26 ·...

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Schmerzorientierte medizinisch-

beruflich orientierte Reha (MBOR)Martin Vierl

Chefarzt der Rehaklinik Sonnhalde

DonaueschingenHinweis:

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13. Schmerztherapeutentreffen 2014

21.11.2014 Freiburg

Auftrag der Reha

Der zentrale Auftrag der Rentenversicherung

an die Rehabilitation ist die Sicherung der

beruflichen Teilhabe

• Grund für ein Heilverfahren ist die erhebliche Gefährdung der beruflichen Leistungsfähigkeit

• Oft besteht langfristige Arbeitsunfähigkeit (AU)• Häufig besteht eine Gefährdung des Arbeitsplatzes oder

bereits Arbeitslosigkeit• Nicht selten besteht ein Rentenbegehren

Einweisungsdiagnose = Rehadiagnose?

Symptom Nr.1 in der Orthopädie ist der Schmerz -

die Einweisungsdiagnose in die orthopädische

Reha ist jedoch meist somatisch orientiert!

• Die Einweisungsdiagnose orientiert sich meist an der radiologischen Diagnose

• Eigentlicher Grund für die Reha ist aber fast ausschließlich die Schmerzbelastung

• Schmerztherapeutisch orientierte Einweisungsdiagnosen sind jedoch die Ausnahme

• In unserem Patientengut finden sich bei entsprechender Diagnostik 25% Schmerzpatienten mit Merkmalen der Chronifizierung

„Schmerzorthopädie“

Neben der klassischen orthopädischen

Reha setzt die Rehaklinik Sonnhalde neue

fachliche Schwerpunkte:

• Multimodale, verhaltenstherapeutisch orientierte orthopädische Schmerztherapie im Reha-Setting

• Medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation MBOR

• Sondermodell: schmerztherapeutisch orientierte MBOR

• Multimodale Nachsorge Amputierter

MBOR – was ist das?

Medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation

• Die MBOR ist ein mehrstufiges Verfahren mit verstärkter Ausrichtung auf die Berufstätigkeit

• Die MBOR wird von den Rentenversicherungsträgern von den Rehaeinrichtungeneingefordert

• Patienten mit besonderer beruflicher Problemlage (BBPL) werden erfasst und dem Verfahren zugeführt

MBOR Grundprinzip

Die MBOR besteht aus mehreren Stufen:

• Stufe A: sog. niedrigschwellige Angebote (was die Reha schon immer tat)

• Stufe B: gezielte Module für Patienten mit besonderer beruflicher Problemlage (BBPL)

• Stufe C: Aufwendige Module wie Belastungserprobung oder Arbeitsplatztraining an Modellarbeitsplätzen

• Themen:• Körperfunktion: Kraft, Beweglichkeit, Koordination• Ergonomie: Ausführung, Kompensation von Defiziten• Soziale Kompetenz: Kommunikation, Motivation,

Abgrenzung, Selbstfürsorge

MBOR Grundprinzip

Was ist wirklich neu an der MBOR?

• Die Defizite des einzelnen Patienten werden mit evaluierten Testverfahren ermittelt

• Ziel: Besserung der funktionellen Probleme um Rückkehr an den Arbeitsplatz zu erreichen

• FCE-Testungen (functional capacityevaluation)

• Methoden: IMBA, EFL, ELA usw.• Prinzip:

• Anforderungen Arbeitsplatz erfassen• Funktionsprobleme erfragen• Gestörte Funktionen objektiv messen• Gestörte Funktionen gezielt trainieren• Problem: Testabbruch wegen

Schmerzen!

Schmerz, Funktion und MBOR 1

• Kraft

• Ausdauer

• Beweglichkeit

• Koordination

• Motivation

Funktion

• Der Ansatzpunkt der FCE-Testungen ist in erster Linie die gestörte Funktion

• Für die optimale Funktion des Bewegungsapparates sind mehrere Faktoren ausschlaggebend

Schmerz, Funktion und MBOR 2

• Schmerzen beeinträchtigen jeden einzelnen dieser Faktoren

• Bei chronischen Schmerzpatienten ist das Schmerzerleben der entscheidende Störfaktor

• Kraft

• Ausdauer

• Beweglichkeit

• Koordination

• Motivation

Funktion

Schmerz, Funktion und MBOR 3

• Bei chronischen Schmerzpatienten kommt es bei FCE-Testungen regelmäßig zu Testabbrüchen, denen aber meist kein strukturelles Korrelat gegenübersteht

• Die Testung fällt deshalb fälschlicherweise schlecht aus

• Der Versuch, die Funktion durch somatische Trainingsprogramme zu bessern, scheitert

Funktion

Test

Training

Schmerz, Funktion und MBOR 4

Fazit:

• Ein klassisches MBOR-Verfahren ist bei chronischen Schmerzpatienten nicht geeignet!

• Chronische Schmerzpatienten benötigen ein Verfahren auf der Basis der verhaltenstherapeutisch orientierten Schmerztherapie mit besonderer Ausrichtung auf die beruflichen Faktoren

• Die berufliche Situation kann dabei Quelle, Bühne

und Opfer der Schmerzproblematik sein!

Schmerz und MBOR- wie kann es gehen?

• Entwicklung eines Verfahrenspfades für eine schmerzorientierte MBOR neben der klassischen MBOR

• Diagnostik

• Triage

funktionell/schmerzorientiert

• Unterschiedliche, BBPL-

orientierte Verfahren

Simbobogen wird ausgefüllt

SimboFragebogen

Ärztliche Aufnahme

Pflegerische Aufnahme

MBORTriage

Eignung?

„Klassische“ MBOR „Schmerzorientierte“ MBOR

Funktionelle BBPL Schmerzorientierte BBPL

Kernangebot Stufe B

BasisangebotStufe A

Schmerzgruppe

MPSS-TestSchmerz-diagnose

Funktionelles Assessment

ELAIsometrische Kraftmessung Kennmuskeln

Spezial-angebot Stufe C

extern

Schmerz und MBOR- wie kann es gehen?

• Screening auf besondere berufliche Problemlage mit Standardtest (SIMBO)

• Ärztliche Aufnahme:– Gezielte Schmerzanamnese

– Hinweise auf schmerz-unterhaltende Faktoren?

– Fehlverarbeitungsstrategien?

– Funktionelle Untersuchung

– Muskuläre Schmerzbefunde?

– MPSS-Test auf Schmerzchronifizierung

– Kritische Wertung SIMBO

• Stellen der Schmerzdiagnose

Schmerz und MBOR- wie kann es gehen?

• MBOR-Triage: was ist im Fall des Patienten entscheidend?– Funktion i.S. der klassisch

orthopädischen „Mechanik“

– Schmerzerleben als Funktionshindernis

• Aufteilung in Verfahrensgruppen mit:– Funktioneller BBPL

– Schmerzorientierter BBPL

• Zusteuerung in entsprechend auf das zentrale Problem abgestimmte Gruppen

Schmerz und MBOR- wie kann es gehen?

• Aufteilung der Patienten in zwei Gruppen

– Basis- und Kernangebote für beide Gruppen

– Funktionelle BBPL

• Funktionelles

Assessment

– Schmerzbedingte BBPL

• Schmerzgruppe

• Zusatzmodule:

– Ergonomie

– Soziales

– Psychologie Einzel

Inhalte schmerzorientierte MBOR

Themen der psychologischen Gruppenarbeit

• Grundlagen der Schmerzphysiologie und Schmerzpsychologie• Schmerz und Gedanken• Schmerz und Emotionen• Kommunikation über Schmerzen• Verarbeitungsstrategien und Fehlverarbeitung• Selbstfürsorge und Genussfähigkeit• Arbeitsbezogene Themen Psychologie/Sozialdienst:

• Arbeitsmotivation• Arbeitsplatzkonflikte• Kommunikation am Arbeitsplatz (Wie sag ich`s dem Chef?)• Durchhaltestrategie vs. Vermeidungsstrategie in der Arbeit• Abgrenzung und Selbstschutz am Arbeitsplatz

Inhalte schmerzorientierte MBOR

Ergotherapeutische

Schulung

• Grundlagen Arbeitsergonomie

• Konkrete Schulung von ergonomischen Bewegungsabläufen mit Orientierung am persönlichen Arbeitsplatz

• Arbeitssimulierendes Funktionstraining im

schmerzfreien Raum

Inhalte schmerzorientierte MBOR

Therapie muskulärer und

myofaszialer Beschwerden

• Med. Trainingstherapie im schmerzfreien Raum

• Muskellängentherapie verkürzter Muskelschlingen

• Anleitung zu problembezogenen Eigenübungen

• Übernahme von Eigenverantwortung

• Förderung der Selbständigkeit• Erkennen der Selbstwirksamkeit

Evaluation schmerzorientierte MBOR

Daten und Zahlen aus der Anwendung (Jan-Okt 2014):

• Gesamtzahl Patienten: 2249• Schmerzdiagnosen ( Stadium II und III n. Gerbershagen):

• F45.41 Chron. Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren

• F45.40 Anhaltende somatoforme Schmerzstörung

• R52.2 Sonstiger chronischer Schmerz

• Nicht als eigenständige Schmerzerkrankung kodiert: Orthopädische Erkrankung

mit Schmerzchronifizierung Stadium I n. Gerbershagen

• Schmerzdiagnose = Hauptdiagnose: 434• + Schmerzdiagnose unter Rehadiagnosen: 490• FCE-Testung ELA: 101 (4,5%)

• Schmerz-MBOR: 577 (25,7%)• (Höherer Anteil da z.T. auch Stadium I n.Gerb. wegen Chronifizierungsgefahr

eingeschlossen)

Evaluation schmerzorientierte MBOR

Eine Evaluation der schmerzorientierten MBOR muss

sich mit diversen Problemfeldern beschäftigen:

• Selektion des Patientengutes durch die Schmerzdiagnose• Vergleichbarkeit??

• Akzeptanz der Schmerzdiagnose durch den Rehabilitanden

• Relativ kurze Maßnahmendauer• Fragliche Fortführung der verhaltensorientierten

schmerztherapeutischen Ansätze nach der Reha• Einflussgröße Alltag?• Sekundärer Krankheitsgewinn?

Evaluation schmerzorientierte MBOR

Möglichkeiten der Erfolgsmessung:

• Beobachtung des Verlaufes der Beitragsmonate vor und nach der Reha

• Katamnestische Befragung der Rehabilitanden zur persönlichen Situation

• Vergleichsgruppe aus dem Vergleichsdatenpool der DRV BW?

Sie haben es geschafft!

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

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