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ÜBELKEIT  UND  ERBRECHEN  –  MÖGLICHKEITEN  UND  GRENZEN    DER  MEDIZIN    ELISABETH  MEDICUS  13.  VORARLBERGER  HOSPIZ-­‐  UND  PALLIATIVTAG  

Inhaltliche Botschaft 1.  Übelkeit und Erbrechen sind nicht so häufig wie

Schmerzen, Atemnot und Fatigue, sind aber sehr dominierende Symptome für Patienten und Angehörige.

2.  Die Behandlung hängt von der Ursache ab. Eine Ursache lässt sich meistens aufgrund von Anamnese, klinischer Untersuchung und Beobachtung finden, manchmal braucht es Labor oder Röntgenuntersuchung.

3.  Wenn nicht kausal behandelt werden kann, so wird aufgrund der beteiligten neuronalen „Botenstoffe“ ein passendes Antiemetikum gewählt.

4.  Oft ist aber nur experimentell herauszufinden, was hilft. 5.  Wenn eine intestinale Obstruktion als Ursache vorliegt,

sind einige Besonderheiten zu berücksichtigen. 6.  Auch Übelkeit kann Ausdruck von sozialem, psychischem

oder spirituellem Leiden oder ein Zeichen des nahenden Todes sein.

Schutzreflex des Körpers Übelkeit verhindert Aufnahme schädlicher Stoffe in den Körper •  Sinnesorgane als Wächter: Geruch, Aussehen,

Geschmack Erbrechen/Diarrhoe •  entfernen Giftstoffe aus dem Körper noch vor

der Resorption

Es erfolgt eine ausgeprägte Konditionierung zur Meidung von Giftstoffen •  Erfahrungen werden gespeichert und bei

Bedarf aktualisiert

ZNS:    Cortex,  Thalamus,  Hypothalamus,  Meningen  

H1    

Ves=buläres  System  Ach/M  H1  

 Chemorezeptor-­‐Triggerzone  D2  5HT3    

   

 Vomi@ng  paEern  

generator  „Brechzentrum“  

H1  5HT3  Ach/M  D2    

Mund/Rachen  -­‐Gastrointes=naltrakt  -­‐  Herz  

5HT3,  D2  Mechanorezeptoren  Chemorezeptoren  

Bewegung  Schwindel  

Gefühle  Erinnerungen  

Gerüche  Vorstellungen  Schmerzen  Hirndruck  

Tumore  im  Bauch,  Aszites,  Ösophagi=s  u.a.  lok.  Irrita=onen,  Obs=pa=on  

Medikamente,  Toxine,  Stoffwechselprodukte  

Syndrome mit Übelkeit und Erbrechen

•  Magenausgangsstenose •  Gastrostase (enger Magen, atoner

Magen) •  Erhöhter abdomineller Druck •  Medikamente, Toxine und

metabolische Störungen •  Erhöhter intrakranieller Druck •  Ileus

Was geht beim Erbrechen vor sich?

•  Übelkeit und erhöhter Speichelfluss •  Umgekehrte Peristaltik im Magen, Magen

erschlaffft •  Glottis verschliesst die Trachea •  Atem wird in mittlerer Inspirationslage

angehalten •  Abdominelle Muskulatur kontrahiert sich,

unterer Ösophagussphinkter und Ösophagus relaxieren, Auswurf des Mageninhaltes

•  Erbrechen ist häufig begleitet von vegetativen Symptomen: Schweißausbruch, Blässe, Tachykardie

Klinische Entscheidungen

Mit Metoclopramid starten Weitere Entscheidungen aufgrund folgender Fragen:

•  Steht das Erbrechen im Vordergrund? –  DD: Magenausgangsstenose, Magenatonie,

Enger Magen, erhöhter intrakranieller Druck •  Obstipation? Darmobstruktion? •  Medikamente? Toxine?

Stoffwechselprodukte? als mögliche Ursache •  Verschlechterung bei Bewegung? •  Gastritis? •  Angst?

Rela@ve  Affinität  ausgewählter  An@eme@ka  zu  verschiedenen  Rezeptoren  

D2  Antag  

H1  Antag    

AchM1  Antag  

5HT2    Antag  

5HT3    Antag    

5HT4  S=m  

CB-­‐Modul    

Metoclopramid   +++   +   +   ++  

Haloperidol   ++++   +   +  

Levomepromazin   +++   +++   +++   ++++  

Granisetron  Kytril®  

+++  

THC   ++++  

Dimenhydrinat  Ver=rosan  

++++   ++  

Medikamenten-gruppe

Beispiele An-wendung

Dosis Indikation Wirkung/Wirkort

Prokinetika

Metoclopramid Paspertin®

po Iv sc kont.

ED 10 mg 100mg/d

Gastroparese, Subileus, metabol., toxisch

Magendarmtrakt Chemorezeptortrigger-zone

Neuroleptika Haloperidol Haldol® Levomepro-mazin Neurocil® Nozinan®

po Iv sc

1,5 mg 10mg/d

metabol., toxisch, gastrointestinale Obstruktion

Magendarmtrakt Chemorezeptortrigger-zone Brechzentrum

5HT3-Antagonisten

Granisetron Kytril® Ondansetron Zofran®

po iv

2mg 8mg 2-3x8mg/d

Chemotherapie Radiotherapie terminale NI

Magendarmtrakt Chemorezeptortrigger-zone

Antihistaminika Dimenhydrinat Vertirosan®

po iv

50-150mg Ileus, bewegungs-abhängige Übelkeit

Vestibuläres System Brechzentrum

Therapie  (1)  

Medikamenten-gruppe

Beispiele An-wendung

Dosis Indikation Wirkung/Wirkort

Cannabinoide THC Dronabinol®

po 2-10mg/24h 3x3-5gtt

Nichtansprechen auf Standardtherapie

Zerebraler Kortex

Kortikosteroide Dexamethason

po Iv sc

4-16mg/d Hirndruck, Obstruktion In Kombination mit MCP u 5HT3Antag

Antiödematös Antisekretorisch

Benzodiazepine Alprazolam Xanor® Lorazepam Temesta®

po 1mg 3mg/d

Angst, antizipator. Erbrechen

Zerebraler Cortex

Therapie  (2)  

Klinik der intestinalen Obstruktion

Paraly@scher  Ileus   Mechanische  Obstruk@on  

Pseudoobstruk@on  

Symptome   Leichte  abdominelle  Schmerzen,  Übelkeit,  Erbrechen,  Blähungen,  Obs=pa=on  

Krampfar=ge  abdominelle  Schmerzen,  Obs=pa=on,  Erbrechen,  Übelkeit,  Anorexie  

Krampfar=ge  Schmerzen,  Erbrechen,  Übelkeit,  Blähungen,  Anorexie,  Obs=pa=on  

Untersuchung   Stummes  Abdomen,  Tympani=scher  Klopfschall  

Ausgeprägte,  klingende  Darmgeräusche  

Darmgeräusche,  tympani=scher  Klopfschall  

Bildgebung   Darmüberdehnung,  Zwerchfellhochstand  

Wenig  Lu`  distal  der  Obstruk=on,  Spiegelbildungen  

DickdarmüberdehnungZwerchfellhochstand  

Nasogastrale Sonde oder Entlastungs-PEG?

Indiziert bei: 1  Magenausgangsstenose oder

Obstruktion im Duodenum 2  Syndrom des engen Magens oder

Syndrom des atonen Magens 3  Übelriechendes Erbrechen

Maßnahmen beim Ileus

Absetzen der Prokinetika (Paspertin)

Gabe aller Medikamente parenteral oder transdermal oder bukkal

Sonde bei Obstruktion im Magen

Magensonde?

•  Nasogastrale Sonde kann bei hohem Verschluss notwendig sein

•  Ist nicht immer nötig Evtl. Entlastungs-PEG (Venting-PEG) •  Zur Ableitung von Sekreten besonders bei hohen

gastroduodenalen Verschlüssen sehr entlastend •  für Patienten angenehmer als Nasogastrale Sonde •  Vorteil: Patienten können beliebig trinken, Eis

essen... Ohne zu erbrechen •  Relative Kontraindikationen: Aszites, Peritonealcarcinose,

Ulcus ventr., Koagulopathie

Sekretionshemmung •  Butyscopolamin 40–120 mg/d - s.c./

i.v. •  Octreotid (Sandostatin®)

–  Beginn mit 3x100 µg s.c. –  Steigern bis 3x300 µg s.c. Stark antisekretorisch

Antiemese beim Ileus •  Haloperidol 2,5-15 mg/d s.c./ i.v

•  Dimenhydrinat 50-150 mg/d s.c./ i.v (Vertirosan®)

•  Dexamethason 8–12 mg/d s.c./ i.v Evtl. statt Haldol: Levomepromazin 5-25 mg/d s.c./ i.v (Nozinan®, Neurocil®)

Therapie von Übelkeit und Erbrechen Theoretische Eckpunkte

•  Ursache der Übelkeit herausfinden •  Entsprechend behandeln:

– Kausal oder – Rezeptorspezifisch oder – Experimentell mit Antiemetikum mit

breitem Rezeptorprofil •  Regelmäßig und prophylaktisch

behandeln •  Ziel formulieren

•  Antiemetika parenteral oder als Suppositorien; denn: Übelkeit führt zu Gastrostase und zu eingeschränkter intestinaler Absorption

•  Orale Verabreichung zur Vorbeugung möglich •  Kombination von Antiemetika in 25% der

Situationen erforderlich •  Bei Magenausgangsstenose helfen Antiemetika

nicht •  Häufigste Fehler: Reversible Ursachen (z.B.

Medikamente, Hyperkalzämie) werden nicht berücksichtigt

•  Kortikosteroide und sekretionshemmende Substanzen in Betracht ziehen

•  Ausreichende Hydratation

Therapie von Übelkeit und Erbrechen Praktische Eckpunkte

Grenzen

•  Erbrechen als Grenzerfahrung: „So kann ich nicht mehr weiter leben.“

•  Die Grenzen unseres Wissens und unserer Möglichkeiten sind bei der Behandlung von Übelkeit und Erbrechen besonders erfahrbar.

•  Er gibt nur wenige valide Forschungsergebnisse für die Therapie von Übelkeit und Erbrechen in der Palliativbetreuung.

•  Auch das Wissen um die Pathophysiologie ist begrenzt.

•  Die Herausforderung für die Zielformulierung ist die Anerkennung von Grenzen.

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