Über den photochemischen Vorgang bei der Bildung der Photo-pyro-calciferole

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Ober den photochemischen Vorgang bei der Bildung der Photo-pyro-calciferole;

von A . Windaus, K . Dimroth und W. Breywisch. Mit 2 Figuren im Text.

[Am d. Allgemeinen Chemischen Universitkta-Laborabrium GBttingen.1

(Eingelaufen am 12. Febrnar 1940.)

Beim Erhitzen des Vitamins D, (I) anf 180° wird der bei der Bestrahlnng des Ergosterins bzw. Lumisterins ge- offnete Ring B wieder geschlossen.

CflHI7 CH, /C9H17

A?< /\I/ \

I i J CI%( I I / \ l A /- I l 'O II . -.+

H(/\/ \/ I1 Pyro-ealeiferol und Ieo-pyro-cdcifcrol

HO/ PLY- /\/ I VitaminD,

Hierbei entstehen Pyro- calciferol und Iso-pyro - cdci- ferol (11); Ergosterin, Lnmisterin, Pyro-cdciferol und Iso- pyro-calciferol sind 4 Stereo-isomere, die sich nnr durch die verschiedene Anordnung der Gruppen um die Kohlen- stoffatome 9 und 10 unterscheiden '). Obschon Pyro -calci- ferol und Iso-pyro-calciferol ir? ihrem Bau dem Ergosterin nnd Lumisterin sehr ahnlich sind, verhalten sie sich bei der Bestrahlung ganz anders als diese. Wiihrend die photo- chemische Umwandlnng des Ergosterins (und Lumisterins) ein komplizierter Vorgang ist , bei welchem nacheinander eine Reihe sehr verschieden absorbierender Reaktionspro- dnkte entstehen, bildet sich aus dem Pyro-calciferol und Iso-pyro-calciferol nur je 1 Photoprodukt, das keine Ab- sorption uber 240 mp zeigt und demnach keine konjugierten Doppelbindungen mehr enthdt. Auch antirachitisch ist es nnwirksam.

I) Windaue u. Dimroth, B. 70, 376 (1937).

Ober den photochernischen Vwgang ww. 241

Sehr iiberraschend ist es, daB, wenn man die beiden Photoprodukte erhitzt, sie sich glatt in die entsprechenden Ansgangsstoffe (Pyro - calciferol nnd Is0 - pyro - calciferol) znriickverwandeln.

Dimroth’), von dem diese Beobachtnngen stammen, hat znnachst vermutet, daS bei der Bestrahlung eine Doppel- bindung, z. B. von C,,8 nach C4,, gewandert sei und daI3 dadurch das System konjugierter Doppelbindungen in zwei isolierte Doppelbindungen iibergeht. Spater ist ihm diese Deutnng aber zweifel t erschienen, und wir haben darum

pyro-calciferble anfgenommen. gemeinschafyich neue % rsuche iiber den Bau der Photo-

I1 Pyro-cdciferolo IIIa Photo-pyro-calciferole 0) Die Frage, ob in den Photo - pyro - calciferolen eine

Doppelbindnng zwischen C, und C, liegt, laSt sich leicht entscheiden; denn bei einer solchen Lage der Doppelbin- dungen wiirden die Photo-pyro-calciferole bei der Dehydrie- rung ihrer seknndiiren Alkohol-gruppe in a,@-ungesattigte Ketone iibergehen, die dnrch ihre charakteristische Absorp- tion bzw. diejenige ihrer Semicarbazone leicht als solche zu erkennen sind. Wir haben nun die beiden Photo-pyro-calci- ferole in krystallisierte Ketone nnd krystallisierte Semicarb- azone verwandelt nnd festgestellt, daI3 diese nicht die fur u,P-ungesattigte Ketone bzw. Semicarbazone typischen Ab- sorptionsbanden besitzen. Die Photo-pyro-calciferole ent- halten also keine Doppelbindungen zwischen C, und C, und sind also keine .,/I- ungesattigten Alkohole. Bus unseren Versuchen ergibt sich weiter, daS die Photo-pyro-calciferole anch keine Doppelbindung zwischen C, und C, mehr ent- halten; denn nach zahlreichen Erfahrungen an Sterinen und

’) R. 70, 1631 (1937). 16 *

242 Wim daus , D imro t h und Bre y w i s c h ,

Steroiden wiirdeii p,y-ungesiittigte Alkohole solcher Struktur bei der Uehydrierung der sekundhren Alkoholgruppe eben- falls in u,P-nngeslttigte Ketone iibergehen. In deli I'lioto- pyro-calciferolen befindet sich also die eine Doppelbindung wcder in dr r urspriiiiglichen C,, C,-Lagc, noch ist sie in die C,, C,-Stellung verschoben worden. Weiin die Photo-pyro- calciferole wirklich 2 l>oppelbindungen in den1 Ringsystem enthalten, so miissen beide an auderen Stellen als in den Pyro-calciferolen und xudem in zwei verschiedenen Ringen stehen. Unter diesen Urnstanden wiirde es aber - zumal nach den Erfahruiigen an den Iso-ergosterinen - sehr uberraschend sein, wenn so gebaute Yerbindungen sich beini Erhitzen glatt in die Ausgangsstoife snriickverwandeln wiirden. Solche ifberlegungen haben uns zu der Vermutung gefiihrt , daO bei der Restrahlung der Pyro-calciferole gar keine Verschiebung von Doppelbindungen stattfinde, sondern daO hierbei ein neuer RiiigschluB - eine Briickenbindung - erfolgen konnte.

Wir liaben darum gepriift, ob die Photo-pyro-calciferole eine Doppelbindung weniger enthalten als die Pyro - calci- ferole. Die Pyro- calciferole selbst haben wie Ergosterin 3 Doppelbindungen, zwei i m Ringsystem, eine in der Seiten- kette. Zum Nachweis dieser Doppelbinduugeii haben sich 2 Methoden bewahrt, einnm2 die direkte Titration mit Benzo- persPure, wobei z. B. Krgosterin 3 Atome Sauerstoff ver- braucht, femer die katalytische Hydrierung mit Platin in neutraler Liisung, wobei Ergosterin nur 2 3101. Wasserstofi aufniiiimt, nnd die Titration des gebildeten a-Ergostenols mit Uenzoperslure, wobei 1 Atom Sanerstoft' verbraucht wird.

Beide Verfahren haben wir auf die Photo-pyro-calci- ferole ubertragen. Tatsgchlich verbrauchen beide zum Unter- schied von ihren Muttersubstanzen nur 2 Atome Sauerstoff. Sie enthalten also hiichstwali~scheinlich nur 2 Doppelbin- duugeu, cine im Ringsystem untl eine in der Seitenkette. %u demselbeii SchluD fiihrt die katalytische Hydrierung; hierbei nininit das Photo-isopyro-calcifrol 2 Mol. WasserstoE auf und das gebildete Tetrahydro-derivat erweist sirh gegen- iibcr Benzopersiiure als gesattigt.

Uber den photochwrischen Vorgang usw. 243

Es ergibt sich also aus diesen Versuchen, daD die Pyro- calciferole bei der Bestrahlung tatsiichlich an Stelle der einen Doppelbindung eine Bruckenbindung ausbilden und sich dadurch der weiteren Einwirkung des ultravioletten Lichtes entziehen.

Ein solcher RingschluB ohne Verdopplung des Xole- kulargewichtes ist z. B. am Carvon (1V) bewirkt worden, das bei der Lichteinwirkung in Ca.rvon- campher (V) uber- gehen soll'). In Analogie hierzu

CH /I\-

I H,C C-CH,CH,

. _ _

I IV CH,

--+

konnte man annehmen, CH

/I\ I/' I

H,C C-CH,CH,

HC CH, CO \A/ I

V .CH,

daS der Ubergang von Pyro-calciferol in Photo-pyro-calci- ferol dnrch folgende Strukturbilder wiederzugeben sei 3:

nl-

HO/ v 11 \- VI

\ L,

oder MI

*) Auch der Ubergang des Vitamin D, in die Suprasterine ist init Ausbildung e k e s Ringes verkniipft; doch ist die Strukturformcl der Suprssterine noch ganz ungeklart.

7 Gegen die erstc der beiden fiir die Photo-pyro-calciferole vor- geschlagenen Fonncln kann man den Einwand erheben, dab die Photo- pyro-calciferole beim Schutteln mit wasserstoff haltigem Platinmohr nicht verhdert werden, wahrend sich A,-Cholestenole untcr diesen Uedingungcn in As, ,&holestenole umlagern.

244 Windaus, Dimroth und Breywisch ,

Es erscheint durchaus verstandlich, da6 ein Qebilde von der FormeI VI oder VII sich beim Erhitzen in Pyro- calciferol zuriickverwandeln wiirde. Dnrch Eisessig-Salz- same wird Photo-pyro-calciferol allerdings nicht angegriffen.

ihnliche Bruckenbindungen wie die hier angenommenen sind bei den Sterinen schon zur Beobachtnng gekommen, allerdings nicht bei einer photo-chemischen Reaktion. So ist es z. B. gelungen, vom Cholesterin (VIII) zum i-Chole- sterin (IX) zu gelangen, ebenso vom 3-Chlorcholestan-6-on (X) zum Keton (XI) des i-Cholesterins l):

VIII LX OH

Beschreibung der Versuche.

Photo-iso-pyro-calciferon.. Eine Losung von 0,5 g Photo - iso - pyro - calciferol in

150 ccm Eisessig wurde auf O o abgekiihlt, mit einer Losung von 0,20 g Chromshweanhydrid in 50 ccm Eisessig versetzt uud 2 Stunden in Eiswasser und dann noch 12 Stunden bei Zimmertemperatnr stehen gelassen; die Losnng wurde dann i.V. auf ein kleines Volum eingedampft, der Riickstand mit

Zueammenstcllung der Literatur: Am. SOC. 61, 3483 (1939).

ober den pholochemischen Vorgang usw. 246

Wesser versetzt nnd mit Ather extrahiert; die atherische Losnng wurde dann in der iiblichen Weise in einen sanren nnd einen neutralen Anteil zerlegt. Der nentrale Anteil m r d e nach dem Abdampfen des Athers in Alkohol gel6st nnd die Losung znr Entfernung eines flockigen Nebenpro- dnktes dnrch eine knrze Alnmininmoxyd-saule fltriert. Ans der filtrierten Losung schieden sich beim Eindampfen farb- lose Blattchen ab, die nach 2-maligem Umkrystallisieren a m Aceton-Wasser bei 79-80° schmolzen. Ansbeute 86 Proc.

5,112 mg Subst.: 16,OO mg CO,, 4,85 mg H,,O. C,,H,,O Ber. C -85,28 H 1466 &f. C 86,36 H 10,62.

22,4 mg Subst.: 2 ccm Chloroform, 2 = 1 dm.

aD = - 1,30°; [a&* = - 116O. .

Daa in der iiblichen Weiee bereitete Semkurbuzon envies sich in den meisten Liisungemitteln al~ schwer 16slich; ee wurde a m Amyl- rilkohol-Methanol umkryetallisiert und schmolz bei etwa 210° (Zen.).

5,067 mg Subst.: 14,380 mg COP, 4,480 mg &O. - 3,123 mg Subst.: 0,241 ccm N, (24O, 768 mm).

C&,,ON, Ber. C 77,17 H 10,OO N 9,28 Gef. ,, 77,39 ,, 9,89 ,, 8,95.'.

5,36 mg Subst.: 2 ccm Chloroform, I = 1 dm. aD=-0,260; [~7&7==-97~.

Keton und Semicarbazon sind fur ultraviolettee Licht iiber 226 mp durchlllssig.

Photo-p yro-calcifwon. Das Keton wnrde in derselben Weise hergestellt wie

das Isomere. Ans Aceton-Wasser krystallisierte es in Nadeln vom Schmelzp. 91O.

4,577 mg Subst.: 14,30 mg CO,, 4,340 mg HpO< C,,H,,O Ber. C 85,28 H 10,66 Gef. C 85,38 H 10,61.

7,47 mg Subst.: 2 ccm Chloroform, I = 1 dm.

a, = + 0,74O; [a]La = f 197 O.

Daa Semkurbuzm, daa am Chloroform-Methanol umkrystallieiert wurde, bildet feine Nadeln, die sich bei etwa 210° zersetzen.

246 Wzndaus, Dimroth und Breywisch,

4,952 mg Subst.: 13,975 mg CO,, 4,380 mg H,O. -- 2,586 mg Subst.: 0,207 ccm N2 (244 757 mm).

C,,H,,ON, Ber. C 77J7 H 10,OO N 9,28 Gef. ,, 76,97 ,, 9,90 ,, 9J6.

5,5l mg Subst. : 2 ccm Chloroform, 1 = 1 din.

an :-: + 0,57 O ; [a[!: = + 119 ". Auch dieses Keton nnd Semicarbazon zeigten uber 226 mp keine

Absorption.

Titration v o n Photo- i so-pyro-ca lc i fe ro l -ace ta t , Pho to -pyro -ca l c i f e ro l - i sobn ty ra t

11 n a Ergo s t e r yl a c eta t m i t B e nz ope r s a u r e. Die 3 Stoffe wurden in Mengen von j e 0,l mg in reinem Chloro-

form geloat; die auf + 6 O abgekuhlten Losungen wiuden mit einer ebenfalls abgekuhlten Losung von uberschiissiger Benzopersaure (8 Mol.)

z D w d D & ? 1 w I z D I l o - Stunden

Fig. 1.

versetzt und die Losungen auf 100 ccm aufgefullt. In bestimmten Zeit- abstiinden wurden je 5 ccm entnommen und titriert.

Wie aus der Fig. 1 zu sehen ist, nahm Ergosterylacctat 3 Atome Sauerstoff auf, wlihrend beim Photo-iso-pyro-caleiferol-acetat und beim Photo-pyro-calciferol-iaobutyrat die Aufnnhme nur 2 Atomc Sauerstoff betrug.

Tetrahy dro-photo-iso-pgro-calciferol. Einc Losung von O,f ! g Photo-iso-pyro-calciferol-acetat in reinem

Essigester wurde mit Pallrtdiummohr und Wmserstoff geschiittelt, wobei innerhalb 2 Stunden 3 Mol. Waaser~itoff aafgenommen wurden. Dss

Uber den photochemischn Vorgang usw. 247

gebildete Tetra-hydroderivat war ein 01, das nicht zur Krystallisation gebracht werden konnte. Bei der Verseifung lieferte es den freien Alkohol, der aus Aceton-Methanol in kleinen Nadeln krystallisierte; augenscheinlich enthielt er Kryetall-losungsmittel, denn er sehmolz un- scharf schon ab 30" und lieferte bei der Analyse etwaa zu niedrige Kohlenstoffwerte.

Bei der Titration mit Benzopershre verbrauehte er in 100 Stunden weniger ala l/,o Atom Sauerstoff, w i h e n d a-Ergostenol unter den gleichen Bedinguugen 1 Atom Sauerstoff aufnahm (vgl. Fig. 2).

Fig. 2.

0,l g des Tetra-hydro-alkohols wnrden in der iiblichen Weise mit Chromsanreanhydrid oxydiert ; das gebildete Keton lieferte glatt ein Semicarbazon, das an8 Chloroform-Xethanol in glLnzenden Nadeln vom Schmelzp. 197 O krystallisierte nnd richtige Analysenzahlen gab.

5,363 mg Subrrt: 14,990 mg CO,, 5,170 mg H,O.

C,H,,ON, Ber. C 76,42 H 10,85 Gef. C 'i6,25 H 10,79.

Auch das isomere Tetrahydro-photo-pyro-calciferol wurde in der entaprechenden Weise wie daa Isomere bereitet. Auch hier enthielt das krystallisierende Tetrahydro - derivat Krystall- losungsmittel und schmolz unscharf ab 40°.

Der I. G. Farbeninduetrie A.-G., Werk Elberfeld und der c7rem. Fabrik E. Merck-Damtadt danken wir vielmals fiir ihre Untewtiitzung.

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