Urheberrecht: Verstärkte AGB-Kontrolle von Nutzungsverträgen? · gewährt das Urheberrecht...

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Urheberrecht: Verstärkte AGB-Kontrolle von Nutzungsverträgen?

Deutsche Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR) e.V. – Bezirksgruppe Süd

München, 23. Mai 2012

Prof. Dr. Jan Bernd Nordemann, LL.M.Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht in Berlin,

Honorarprofessor an der Humboldt-Universität zu Berlin

Formularverträge: notwendige Praxis

Formularverträge: notwendige Praxis

• Formularverträge sind das tägliche Brot beim Erwerb von Nutzungsrechten vom Urheber.

• Verwerter sind in ihrem täglichen Geschäft darauf angewiesen, die Nutzungsrechte vom Urheber über vorformulierte Verträge zu erwerben. – Vertragsabschluss: bei großen Verwertern ansonsten in

der täglichen Praxis nicht zu bewältigen; – Vertragsmanagement: Vereinfachung nachvertragliche

Administration der Nutzungsverträge durch Standardisierung von Verträgen

• Verlage, Filmhersteller, Musikproduzenten, Bildagenturen, Softwareherstellern

§ 305c BGB: Überraschende Klauseln

• Schon immer: Kontrolle nach § 305c BGB: Verbot der überraschenden Klauseln

• Beispiele: – Überraschend die Klausel einer Druckerei, die Verwertung

des Werkes bei Zahlungsverzug selbst zu übernehmen (OLG Frankfurt GRUR 1984, 515, 516 – Übertragung von Nutzungsrechten)

– Überraschend kann es auch sein, wenn sich User Generated Content Plattformen (YouTube, Facebook) Nutzungsrechte einräumen lassen, die über die für die Plattformnutzung erforderlichen Rechte hinausgehen (Solmecke/Dam MMR 2012, 71; Berberich MMR 2010, 736)

§ 305c BGB: Überraschende Klauseln

• Aber: Bei abstrakter AGB-Kontrolle in Verfahren nach UWG oder UKlaG kommt § 305c BGB keine Bedeutung zu

§§ 308, 309 BGB: Klauselverbote

• spezielle Klauselverbote der §§ 308, 309 BGB im Urhebervertragsrecht nur selten anwendbar, zumal Urheber regelmäßig Unternehmer iSd. §§ 14, 310 Abs. BGB

§ 307 BGB: Inhaltskontrolle

• Zentrale Vorschrift § 307 BGB: Inhaltskontrolle

Rückblick: Frühere Rechtsprechung zur Inhaltskontrolle

• Lange Zeit Inhaltskontrolle nicht im Fokus• Weigerung des Bundesgerichtshofes, urheberrechtliche

Nutzungsverträge mit dem Urheber einer umfassenden Inhaltskontrolle nach AGBG a.F. bzw. § 307 BGB zu unterziehen

Rückblick: Frühere Rechtsprechung zur Inhaltskontrolle

• BGH GRUR 1984, 45, 49 – Honorarbedingungen; BGH GRUR 1984, 119, 121 - Synchronisationssprecher

• Zweckübertragungsregel des § 31 Abs. 5 UrhG bloße Auslegungsregel; sie könne insbesondere nicht im Rahmen der Inhaltskontrolle (heute: § 307 BGB) von AGB herangezogen werden

Rückblick: Frühere Rechtsprechung zur Inhaltskontrolle

• Die Rechtsprechung des BGH scheint jetzt aber ins Wanken zu geraten.

Zäsur für § 307 BGB:Neues Urhebervertragsrecht 2002

• Die Urhebervertragsrechtsreform wollte ausdrücklich die vertragliche Position der Urheber stärken. Dazu gehört auch, dass der Urheber vor ihn benachteiligenden Rechtseinräumungen aufgrund von AGB geschützt wird. Schon im Regierungsentwurf wurde die bisherige Rechtsprechung als Defizit kritisiert (Begr RegE UrhVG – BT-Drucks. 14/6433, S. 11).

Zäsur für § 307 BGB:Neues Urhebervertragsrecht 2002

• Deshalb sollte mit Einführung des § 11 S. 2 eine AGB-Kontrolle ermöglicht werden (BeschlE RAusschuss UrhVG – BT-Drucks. 14/8058, S. 1, 18):– „… [§ 11 S. 2 UrhG] ermöglicht es der Rechtsprechung, die

Vorschriften des Gesetzes – auch im Rahmen der AGB-Kontrolle –nach diesem Normzweck auszulegen; denn das Prinzip der angemessenen Vergütung hat zukünftig Leitbildfunktion. Damit gewährt das Urheberrecht lückenlosen Schutz: § 32 und § 32a sichern die angemessene Vergütung dort, wo eine Inhaltskontrolle nicht möglich ist (§ 8 AGBG bzw. § 307 Abs. 3 BGB in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung). Im Übrigen ist nach § 11 S. 2 im Rahmen der AGB-Kontrolle das Prinzip der angemessenen Vergütung als wesentlicher Grundgedanke des Urheberrechts zu achten.“

§ 307 BGB

• Gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB sind Bestimmungen in AGB bei unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners unwirksam

• unangemessene Benachteiligung kann sich insbes. aus einem Widerspruch zu einem gesetzlichen Leitbild (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) oder zu wesentlichen Vertragspflichten (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB) ergeben

§ 307 BGB

• Aber: Der Inhaltskontrolle unterliegen gem. § 307 Absatz Abs. 3 S. 1 BGB unterliegen nur Bestimmungen in AGB, die von Rechtsvorschriften abweichen oder diese ergänzen.

• Leistungsbeschreibungen unterliegen nicht der AGB-Kontrolle• Vereinbarungen über das für die Leistung zu zahlende Entgelt

unterliegen nicht der AGB-Kontrolle

§ 307 BGB

• Allgemeine Rechtsprechung des BGH zum AGB-Recht, z.B. zu Flug-AGB von British Airways (BGH NJW 2010, 1958 Tz. 20):

„Nicht kontrollfähige Leistungsbeschreibungen in diesem Sinne sind allerdings nur solche Bestimmungen, die Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistung festlegen. Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen abweichend vom Gesetz oder der nach Treu und Glauben geschuldeten Leistung verändern, ausgestalten oder modifizieren, unterliegen dagegen der Inhaltskontrolle. Damit bleibt für die der Überprüfung entzogene Leistungsbeschreibung nur der enge Bereich der Leistungsbezeichnungen, ohne die mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann.“

§ 307 BGB

• Allgemeine Rechtsprechung des BGH zum AGB-Recht, z.B. zu Partnerschaftsvermittlungs-AGB (BGH NJW 2010, 150 Tz. 22):

„Damit scheiden als Prüfungsgegenstand unter anderem Abreden aus, die Art und Umfang der vertraglichen Leistungspflichten unmittelbar regeln. … Preisvereinbarungen für Hauptleistungen … unterliegen deshalb grundsätzlich nicht der Inhaltskontrolle.“

• Allgemeine Rechtsprechung des BGH zum AGB-Recht, z.B. zu Ärzte-AGB (BGH NJW 1992, 746):

„Haben Rechtsvorschriften jedoch ausnahmsweise gerade Preisregelungen zum Gegenstand - wie hier die Gebührenordnung für Ärzte - so liegen die Voraussetzungen für eine Inhaltskontrolle vor, wenn von einer solchen Rechtsvorschrift abgewichen wird. Der vom Gesetzgeber mit dem Erlass von Preisvorschriften verfolgte Schutzzweck erfordert die Überprüfung von formularmäßigen Entgeltklauseln daraufhin, ob sie mit den Grundgedanken derPreisvorschriften übereinstimmen …; das gilt auch dann, wenn in den preisrechtlichen Bestimmungen keine starre Regelung getroffen, sondern für die Höhe des Entgelts ein Spielraum gewährt wird.“

Zahlreiche Entscheidungen

• Zu Journalisten-AGB; jeweils Verband aus UKlaG bzw. UWG:– OLG Thüringen v. 9.5.2012, 2 U 61/12 (EV-Verfahren)– OLG Rostock v. 9.5.2012, 2 U 18/11 (Klageverfahren;

Revision nicht zugelassen) – OLG München GRUR-RR 2011, 401, 403 (EV-Verfahren)– OLG Hamburg AfP 2011, 385 (EV-Verfahren); v. 11.1.2011,

5 U 73/10 (EV-Verfahren)– OLG Karlsruhe v. 9.3.2011, 6 U 181/10 (EV-Verfahren)– OLG Hamm 27.1.2011, I-4 U 183/10 (EV-Verfahren)– Kammergericht ZUM 2010, 799 (Klageverfahren)

Zahlreiche Entscheidungen

• Zu Journalisten-AGB; jeweils Verband aus UKlaG bzw. UWG (Fortsetzung – LGe, sofern keine OLG-Entscheidung):– LG Mannheim GRUR Prax 2012, 66 (EV-Verfahren) – LG Braunschweig ZUM 2012, 66, 72 (EV-Verfahren)– LG Bochum ZUM-RD 2012, 217 (Klageverfahren)– LG Hamburg v. 6.9.2011, 312 O 316/11 (EV-Verfahren)

Übersicht und Urteile zu Journalisten-AGB z.B. unterhttp://www.djv.de/Urheberrecht.2874.0.html

Zahlreiche Entscheidungen

• Zu Synchronschauspieler-AGB; Verband aus UKlaG:– Kammergericht vom 9.2.2012, Az. 23 U 192/08:

(Klageverfahren, Revision zugelassen)

• Zu Musikdownload- und Hörbuchplattformen-AGB(Verbraucherverträge); Verband aus UKlaG:– LG Berlin GRUR-RR 2009, 329– OLG Stuttgart GRUR-Prax 2012, 143

§ 307 BGB und Zweckübertragungsregel

• Problem: Über den Vertragszweck hinausgehende Nutzungsrechtseinräumungen

• AGB-Inhaltskontrolle mit § 31 Abs. 5 UrhG (Zweckübertragungsregel)

• Beispiel (aus LG Mannheim; Journalisten-AGB):– Mit der Bezahlung der vorliegenden Honorarrechnung sind sämtliche

Nutzungsrechte, in bekannter oder unbekannter Nutzungsart, umfassend, ausschließlich, räumlich, zeitlich und inhaltlich unbeschränkt abgegolten: Hiervon umfasst sind insbesondere das Printmediarecht inklusive dem Recht zur Erstveröffentlichung, das Recht zur Bearbeitung, Umgestaltung oder Übersetzung, das Recht für Werbezwecke, das Recht der digitalen und sonstigen medialen (TV, Radio) Verwertung und der Datenbanknutzung/Archivnutzung sowie das Recht, die vorgenanntenNutzungsrechte auch auf gesellschaftsrechtlich verbundene Unternehmen übertragen zu können.

§ 307 BGB und Zweckübertragungsregel

• OLG Rostock (a.A. noch LG Rostock); OLG Hamburg; LG Braunschweig; LG Mannheim, LG Bochum: – Zweckübertragungsregel des § 31 Abs. 5 UrhG ist

„zwingende Inhaltsnorm“, die auch im Rahmen der Inhaltskontrolle der AGB herangezogen werden kann

– Klauseln, die Rechte über den Vertragszweck hinaus einräumen, sind unwirksam

§ 307 BGB und Zweckübertragungsregel

• Leistungsbeschreibung im Regelfall nicht betroffen, weil bei Entfall der (formularmäßigen) Rechtseinräumung § 31 Abs. 5 UrhG gilt und damit der wesentliche Vertragsinhalt noch bestimmbar (OLG Rostock)

• AGB-Kontrolle nach der Zweckübertragungslehre ist aber auf Ausnahmefälle zu beschränken, in denen ein Gestaltungsmissbrauch vorliegt (OLG Hamburg)

§ 307 BGB und Zweckübertragungsregel

• OLG Hamburg (5 U 73/10):– „…aufgrund der Weite und Unbestimmtheit der pauschal

übertragenen Nutzungsrechte sowohl in zeitlicher, räumlicher als auch in personeller Hinsicht ist jede Art der seriösen Prognose der angemessenen Relation zwischen Rechteübertragung und Honorar zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bei vernünftiger Betrachtung ausgeschlossenen.“

– = Verstoß gegen § 11 S. 2 UrhG– Folge: Rechtseinräumung unwirksam, nicht bloß die

Vergütungsabrede

§ 307 BGB und Zweckübertragungsregel

• OLG Hamburg (GRUR-RR 2011, 293):– Übermaß an Rechtsübertragung im Hinblick auf den

Vertragszweck erfordert AGB-Kontrolle der Nutzungsrechtseinräumung auch dann, wenn die Nutzungsarten einzeln im Formularvertrag spezifiziert sind und damit eigentlich § 31 Abs. 5 Genüge getan ist.

§ 307 BGB und Zweckübertragungsregel

• Kammergericht; OLG Karlsruhe; OLG Hamm; LG Erfurt:– Zweckübertragungsregel kann im Rahmen der AGB-

Kontrolle keine Anwendung finden– bloße Auslegungsregel– ältere BGH-Rechtsprechung weiterhin anwendbar

§ 307 BGB und Zweckübertragungsregel

• Kritik an zu breiter Anwendung des § 31 Abs. 5 UrhG in der AGB-Kontrolle

• Der Anwendungsbereich des § 31 Abs. 5 UrhG ist begrenzt auf den Fall, dass die Parteien für Rechtseinräumung nichts oder nur Generelles vereinbart haben

– „Sind bei der Einräumung eines Nutzungsrechts die Nutzungsarten nicht ausdrücklich einzeln bezeichnet, so bestimmt sich nach dem von beiden Partnern zugrunde gelegten Vertragszweck, auf welche Nutzungsarten es sich erstreckt.“

• Grundsätzlich keine Kontrolle von hinreichend spezifizierten Rechtseinräumungen (so auch OLG Karlsruhe; Jan Bernd Nordemann in Fromm/Nordemann10 § 31 Rn. 183)

• Möglichkeit der Korrektur der Vergütungsabreden über §§ 32, 32a, 32c UrhG

§ 307 BGB und Zweckübertragungsregel

• Kritik an zu breiter Anwendung des § 31 Abs. 5 UrhG in der AGB-Kontrolle

• Wenn in AGB nur generelle AGB-Formulierungen für Rechtseinräumung

• AGB-Kontrolle über § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht erforderlich• Kontrolle direkt über § 31 Abs. 5 UrhG!

§ 307 BGB und Zweckübertragungsregel

• Kritik an zu breiter Anwendung des § 31 Abs. 5 UrhG in der AGB-Kontrolle

• Grenze bei Gestaltungsmissbräuchen, die aber eng zu definieren sind (Jan Bernd Nordemann in Fromm/Nordemann10 § 31 Rn. 184)

• Einräumung objektiv oder subjektiv sinnloser Rechte• Beispiele:

– Einräumung von Dramatisierungsrechten für eine juristische Dissertation (objektiv sinnlos)

– Einräumung von Verlagsrechten an Score-Filmmusik (subjektiv sinnlos)

• Solche Rechte können nicht eingepreist sein, Verstoß gegen § 11 S. 2 UrhG (angemessene Vergütung Urheber)

§ 307 BGB und Drittverwertungsrechte (§§ 34, 35 UrhG)

• AGB-mäßige Zustimmung zur Weiterübertragung (§ 34 Abs. 1 S. 1) oder Einräumung abgeleiteter Nutzungsrechte (§ 35 Abs. 1 S. 1) bei Journalisten

• Möglich: OLG München; OLG Hamburg; OLG Rostock; OLG Thüringen; Jan Bernd Nordemann in Fromm/Nordemann10 § 34 Rn. 41

• In keiner Werkart möglich: Kammergericht; LG Bochum; Haberstumpf in Büscher/Dittmer/Schiwy2 § 34 Rn. 5; Dreier/Schulze/Schulze3 §34 Rn. 51; ähnlich HK-UrhR/Kotthoff2 § 34 Rn. 19

• Kommt darauf an, jedenfalls nicht möglich bei „Werken anspruchsvollen Niveaus mit erheblichen urheberpersönlichkeitsrechtlichen Implikationen“(Schricker/Loewenheim/Schricker/Loewenheim4 § 34 Rn. 28 mwN.; Berger in Berger/Wündisch § 1 Rn. 165; Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert3 § 34 Rn. 40)

§ 307 BGB und Drittverwertungsrechte (§§ 34, 35 UrhG)

• Kritik:

• Bei AGB-Kontrolle der Zustimmung zur Weitergabe von Rechten große Zurückhaltung– Rechtsverkehr schützen– Kein gutgläubiger Erwerb von Rechten möglich– Rechtsverkehr muss auf erteilte Zustimmung vertrauen

dürfen

§ 307 BGB und Bearbeitungsrechte (§ 37 UrhG)

• Kammergericht: für Einräumung des Bearbeitungs- und Übersetzungsrechts keine Inhaltskontrolle

• OLG Thüringen; ähnlich OLG Hamm: Jedenfalls dann in Journalisten-AGB nicht zu beanstanden, wenn konkretes Bearbeitungsrecht den Bedürfnissen beim Entstehen einer Tageszeitung Rechnung trägt

– „Bearbeitungsrecht: Das Werk darf in alle Sprachen übersetzt, bearbeitet (z.B. Layoutänderungen, Endredaktion) und insbesondere gekürzt werden.“

• a.A. OLG Hamburg: pauschale Änderungsabreden in AGB sind nur zulässig, wenn unter Vorbehalt, dass „unter Wahrung der geistigen Eigenart des Werkes“

§ 307 BGB und ausschließliche Rechtseinräumung nach § 38 UrhG

• Die Grundregel des § 38 Abs. 3 S. 1 UrhG sieht vor, dass der Verleger bei Überlassung eines Beitrages an eine Zeitung im Zweifel nur ein einfaches Nutzungsrecht erwirbt.

§ 307 BGB und ausschließliche Rechtseinräumung nach § 38 UrhG

• OLG München:– Mit dem wesentlichen Grundgedanken des § 38 Abs. 3 S. 1

UrhG vertragliche Regelung unvereinbar, die die Rückeinräumung eines einfachen Nutzungsrechts an den Urheber davon abhängig macht, dass der Beitrag vorab in der Zeitung veröffentlicht wird.

– Eine solche AGB-Klausel eröffne der Zeitung die Möglichkeit, den Beitrag überhaupt nicht zu veröffentlichen und ihn damit ohne zeitliche Begrenzung zu sperren.

§ 307 BGB und ausschließliche Rechtseinräumung nach § 38 UrhG

• LG Braunschweig:– Wegen § 38 UrhG soll es nach dem LG Braunschweig auch

unzulässig sein, wenn sich eine Zeitung die Rechte unbefristet einräumen lässt.

• OLG Thüringen:– Sogar 3-monatige Ausschließlichkeit zu beanstanden

§ 307 BGB und ausschließliche Rechtseinräumung nach § 38 UrhG

• Aber: – § 38 UrhG enthält doch nur Zweifelregeln (genauso LG

Erfurt als Vorinstanz zu OLG Thüringen)– Nur § 11 S. 2 ist der wesentliche Grundgedanke– Wenn die Rechtseinräumung (auflösend bedingte

Ausschließlichkeit) nicht angemessen vergütet wird, ist die Vergütungsabrede zu korrigieren, nicht Rechtseinräumung (auflösend bedingte Ausschließlichkeit) unwirksam

§ 307 BGB und Rechte an unbekannten Nutzungsarten

• LG Mannheim• Klausel: „… sämtliche Nutzungsrechte, in bekannter oder

unbekannter Nutzungsart … ausschließlich, räumlich, zeitlich und inhaltlich unbeschränkt abgegolten: – Verstoß gegen gesetzliches Leitbild des § 31a Abs. 4 UrhG,

„wonach im Voraus auf die Rechte aus § 31a Abs. 1 bis 3 UrhG nicht verzichtet werden kann.“

– Außerdem auch Verstoß gegen Unverzichtbarkeit des Rechts auf Widerruf gem. § 31a Abs. 1 S. 3 UrhG

§ 307 BGB und Rechte an unbekannten Nutzungsarten

• LG Mannheim• Kritik:

– Das gesetzliche Leitbild des § 31a UrhG erlaubt gerade Einräumung von Rechten an bei Vertragsschluss unbekannten Nutzungsarten (sofern Schriftform, die im vorliegenden Fall gegeben)

– Allenfalls Verstoß gegen Unverzichtbarkeit des Vergütungsanspruches gem. § 32c UrhG (Problem: Verhältnis zu AGB-Kontrolle, s. unten)

– Auf das Widerrufsrecht ist gar nicht verzichtet worden

§ 307 BGB und zeitlich unbegrenzte Rechtseinräumung „über das Vertragsende hinaus“

§ 307 BGB und Ausschluss von Ausübungspflichten

• Klausel: Keine Verpflichtung des Presseverlages zur Ausübung der Nutzungsrechte– Kein Verstoß gegen gesetzliches Leitbild des § 41 UrhG,

weil § 41 Rückruf gerade unabhängig vom Bestehen einer Ausübungspflicht regelt (OLG Rostock; a.A. OLG Hamm)

– Allenfalls Verstoß gegen wesentlichen Grundgedanken dann, wenn aufgrund von Beteiligungsvergütung (ungeschriebene) Ausübungspflicht (Jan Bernd Nordemann in Fromm/Nordemann10 vor §§ 31 ff. UrhG Rn. 41 ff. mwN.)

§ 307 BGB und Filmurbeber

• Rechtseinräumungen der Filmurheber gem. §§ 88, 89 UrhG• Z.B. § 88 Abs. 1 UrhG:

– Gestattet der Urheber einem anderen, sein Werk zu verfilmen, so liegt darin im Zweifel die Einräumung des ausschließlichen Rechts, das Werk unverändert oder unter Bearbeitung oder Umgestaltung zur Herstellung eines Filmwerkes zu benutzen und das Filmwerk sowie Übersetzungen und andere filmische Bearbeitungen auf alle Nutzungsarten zu nutzen.

• Bei Einräumung Verfilmungsrecht für einen Film und filmische Nutzungsrechte für alle bekannten und unbekannten Nutzungsarten kein AGB-Problem

• Aber:– Remakerechte?– Außerfilmische Nutzungsarten, z.B. Merchandisingrechte?

Exkurs: Verbraucherverträge, § 307 BGB und Erschöpfung (§ 17 Abs. 2 UrhG)

• OLG Stuttgart GRUR-Prax 2012, 143; LG Berlin GRUR-RR 2009, 330:

• AGB-Klausel eines entgeltlichen Hörbuch- bzw. Musikdownloadportals: – Verbot, die heruntergeladenen Musikdateien weiter zu

vertreiben, weiter zu geben, zu übergeben oder unter zu lizensieren

• keine unangemessene Benachteiligung• Durch den Download einer Musikdatei tritt keine Erschöpfung

des Verbreitungsrechts im Sinne des § 17 Abs. 2 UrhG ein

§ 307 BGB und Urheberpersönlichkeitsrechte

• Im Hinblick auf Regelungen zum Urheberpersönlichkeitsrecht sind einige Gerichte sensibel.

§ 307 BGB und Urheberpersönlichkeitsrechte

• § 13 UrhG (Urhebernennung)• Kammergericht:

– Eine Klausel, nach der Ansprüche bei fehlender Urhebernennung ausgeschlossen sind, ist ein Verstoßgegen § 13 UrhG und damit AGB-rechtlich unwirksam.

– Wegen fehlender Transparenz ebenfalls Klausel, mit der Nennungsrechte „im gesetzlich zulässigem Umfang“ausgeschlossen

• OLG Hamburg: Klausel, nach der der Verlag zur Namensnennung berechtigt, aber nicht verpflichtet ist, ebenfallswegen § 13 UrhG unwirksam.

§ 307 BGB und Urheberpersönlichkeitsrechte

• § 13 UrhG (Urhebernennung)• Eigene Stellungnahme• AGB-Kontrolle dann denkbar, wenn Urhebernennung

branchenüblich, weil nur in solchen Fällen wesentlicher Grundgedanke

• Davon kann in den Journalistenfällen nur bei längeren Artikeln ausgegangen werden; bei Synchronschauspielern?

• AGB-Kontrolle: Namensnennung Teil der Leistungsbestimmung? Ist Rechtseinräumung ohne Regelung zum Nennungsrecht zu unbestimmt?

§ 307 BGB und Urheberpersönlichkeitsrechte

• §§ 14, 37 UrhG (Entstellungsschutz)• Kammergericht; OLG Hamm: Einräumung von Nutzungsrechten

für werbliche Zwecke kein Verstoß gegen AGB-Recht• OLG Hamburg:

– ebenfalls kein Verstoß gegen AGB-Recht, weil nicht gegen den Kontrollmaßstab der §§ 23, 37 UrhG verstoßen worden sei;

– ein Problem könne aber die fehlende Transparenz solcher Klauseln sein, insbesondere wenn in einem Verlagsvertrag nicht hinreichend klargestellt sei, ob nur eine Werbung für Verlagsprodukte oder auch für allgemeine Zwecke erlaubt werde.

§ 307 BGB und Vergütungsabreden

• Buyout-Klauseln gegen Pauschalhonorar

• AGB-Kontrolle von Buyout-Klauseln (Einräumung der Nutzungsrechte gegen Pauschalhonorar)?

• Ja: OLG Thüringen; OLG Hamm; OLG Hamburg• Etwas einschränkend OLG München: Ja, wenn bereits mit

Teilzahlung umfassende Rechtseinräumung abgegolten • Vgl. § 11 S. 2 UrhG, ein wesentlicher Grundgedanke des

Urhebervertragsrechts

§ 307 BGB und Vergütungsabreden

• Buyout-Klauseln gegen Pauschalhonorar

• §§ 32, 32a, 32c stehen neben der AGB-Kontrolle (OLG München; OLG Thüringen; OLG Hamburg; a.A. noch LG München ZUM 2010, 825: spezialgesetzliche Regelung)– OLG Thüringen: Neben der individuellen Geltendmachung

von Ansprüchen aus §§ 32, 32a müsse für den Urheber die Möglichkeit der Verbandsklage wegen AGB-Recht möglich sein

– Dafür spricht die Äußerung des Rechtsausschusses:„§ 32 und § 32a sichern die angemessene Vergütung dort, wo eine Inhaltskontrolle nicht möglich ist.“

§ 307 BGB und Vergütungsabreden

• Buyout-Klauseln gegen Pauschalhonorar

• Aber: AGB-Kontrolle der unmittelbaren Vergütungsvereinbarung scheitert an Kontrollfreiheit der (unmittelbaren) Preisvereinbarung

• Mit der allgemeinen BGH Rechtsprechung unmittelbare Preisvereinbarung grundsätzlich nicht kontrollierbar (§ 307 Abs. 3 S. 1 BGB)

§ 307 BGB und Vergütungsabreden

• Buyout-Klauseln gegen Pauschalhonorar

• Durchbrechung dieses Grundsatzes mit der BGH-Rechtsprechung zur ausnahmsweisen Kontrolle von unmittelbaren Preisregelungen bei Preisvorschriften (hier § 11 S. 2 UrhG)?

• Kann im Regelfall nicht zur Anwendung kommen bei der abstrakten AGB-Kontrolle (UKlaG oder UWG), wenn Unangemessenheit nicht bloß aufgrund AGB festgestellt werden kann im Sinne des § 11 S. 2 UrhG

• BGH GRUR 2009, 1148 Tz. 24 – Talking to Addison: Buyout gegen Pauschalhonorar nicht in jedem Fall unangemessen, es kommt auf die Höhe des gezahlten Pauschalhonorars an

§ 307 BGB und Vergütungsabreden

• Buyout-Klauseln gegen Pauschalhonorar

• OLG Thüringen: Kontrolle von Preisvereinbarungen möglich, wenn sich Abrede nur „mittelbar“ auf Vergütungshöhe auswirken; solche Klauseln unwirksam, die dem Urheber eine angemessene Vergütung versperren

• Kritik: Es ging im Fall um keine „mittelbare“ Regelung, sondern um die Vereinbarung eines Pauschalentgeltes für eine umfassende Rechtseinräumung (Buyout)

§ 307 BGB und Vergütungsabreden• Weitere Klauseln, nur „mittelbare“ Regelung des Preises?

• Kammergericht: Eine Klausel über „Ob“ der Vergütung in AGB ist kontrollfähig und kann Leitbild der angemessenen Beteiligung (§ 11 S. 2 UrhG) widersprechen

• Kammergericht: Eine Abrede, die Vergütung für Sekundärnutzung einer weiteren Absprache der Parteien vorbehält, ist gem. § 307 I BGB unwirksam

• Kammergericht: Verstoß gegen AGB-Recht auch bei Klausel, nach der das vereinbarte Honorar pauschal um 50% gekürzt wird, wenn eine Auftragsarbeit aus nicht vom Verlag zu vertretenden Gründen zum vorgesehenen Zeitpunkt nicht veröffentlicht wird

Schluss: Thesen(1) § 11 S. 2 UrhG („Sicherung angemessene Vergütung für die

Nutzung des Werkes“) ist ein wesentlicher Grundgedanke im Sinne des AGB-Rechts

Schluss: Thesen(2) Deshalb sind primär die Vergütungsabreden der AGB-

Kontrolle zu unterstellen; hier besteht aber nur ein begrenzter Anwendungsbereich der AGB-Kontrolle:

– Die unmittelbare Preisabrede kann gem. § 11 S. 2 UrhG auf Unangemessenheit der Vergütung kontrolliert werden; bei Verbandsklagen aber im Regelfall (-), wenn sich die Unangemessenheit nicht aus den AGB selbst ergibt.

– Mittelbare Preisabreden sind kontrollfähig, auch in Verbandsklageverfahren.

Schluss: Thesen(3) Eine AGB-Kontrolle der Rechtseinräumung kann nicht wegen

aus §§ 31 Abs. 5, 31a, 34, 35, 37, 38, 41 UrhG greifen, weil diese Regeln keine wesentlichen Grundgedanken enthalten.Soweit sie zwingendes Recht enthalten, sind sie unmittelbar (ggf. über § 134 BGB) anwendbar.

Schluss: Thesen(4) Wenn sich unwirksame Vergütungsabrede und

Rechtseinräumung in einer Klausel finden und die Klausel teilbar ist, sollte die Rechtseinräumung schon aus Gründen des Schutzes des Rechtsverkehrs überleben und nur die Vergütungsabrede unwirksam sein

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

j.nordemann@boehmert.de

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