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Urheberrecht – Das Werk Allgemeine Studien Dr. Ulf Müller (Lena Meyer) 2. Vorlesung – 17.04.2007

Urheberrecht – Das Werk · Urheberrecht – Das Werk Allgemeine Studien Dr. Ulf Müller (Lena Meyer) 2. Vorlesung – 17.04.2007

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Urheberrecht –Das Werk

Allgemeine StudienDr. Ulf Müller (Lena Meyer)2. Vorlesung – 17.04.2007

Werkbegriff

„Werk“ ist der zentrale Anknüpfungspunkt für urheberrechtlichen Schutz§ 1 UrhG „Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst“ nur als historisch gewachsene BeschreibungKein IdeenschutzAbgrenzung zum Patentschutz: Erfindung als technische Lösung

Werkbegriff

Legal definiert in § 2 Abs. 2 UrhGZwingend erforderlich

SchöpfungPersönlichkeitsbezug (Individualität)Geistiger GehaltWahrnehmbare Formgestaltung

Problem: Erfordernis der Gestaltungshöhe?

Werkbegriff - Gestaltungshöhe

Gestaltungshöhe als Maßstab von IndividualitätAusreichend bei Erreichen der „kleinen Münze“ als Minimum an Individualität (z.B. Fernsprechbücher, Kochrezeptsammlungen)Gestaltungshöhe immer bei „reiner Kunst“Bei Werken der angewandten Kunst und praktischen Sprachwerken höhere Schutzuntergrenze erforderlich (str.); daneben Geschmacksmusterschutz

Werkbegriff

Werk= immaterielle Schöpfung(z.B. Roman)

=> Schutz durch Urheberrecht

Werkstück= körperliche Ausdrucksform des Werks(z.B. Buch, das den Roman enthält)

=> Schutz durch Sachenrecht

Werkbegriff - Beispielskatalog

Beispiele für Werke in § 2 Abs. 1 UrhG:Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und ComputerprogrammeWerke der MusikPantomimische Werke, Werke der TanzkunstWerke der bildenden Künste, Werke der Baukunst, angewandten Kunst und Entwürfe

Werkbegriff: Werke der angewandten Kunst

Werke der angewandten Kunst:

- Werke mit Gebrauchszweck

- höhere Anforderungen an urheberrechtliche Schutzfähigkeit, soweit die Werke einem Geschmacksmusterschutz zugänglich sind

Werkbegriff - Beispielskatalog

Lichtbildwerke, FilmwerkeDarstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art (Zeichnungen, Pläne, Karten etc.)

Beispiele nicht abschließend:Schutz für Spiele anerkanntProblem beim Schutz von Multimediawerken

Werkbegriff – Insbesondere Werke der Baukunst

Anforderungen an Werk gering anzusetzen, weil kein Geschmacksmusterschutz (Ausnahme Fertighäuser ???)Gebrauchszweck des Gebäudes als Einschränkung

Wird Bauwerk durch Funktion, Umfeld oder technische Konstruktion vorgegeben, ist deutliches Abheben von durchschnittlicher Gestaltung erforderlichHarmonisches Einfügen in Umgebung kann genügen

Werkbegriff – Insbesondere Werke der Baukunst

Geschützt als Werk schon Entwicklungsstadien, soweit Besonderheit des dargestellten Gegenstands

EntwürfePläne

Aber: Individualität muss gewahrt seinGgfs. Schutz als technische Zeichnungen, soweit Art und Weise der Darstellung schutzfähig

Werkbegriff: Werke der Baukunst

Astra-Hochhaus in Hamburg

Werkbegriff: Werke der Baukunst

Hundertwasserhaus in Wien

Werkbegriff: Werke der Baukunst

Aus den Ausführungen des Gutachtens und den bei den Akten befindlichen Grundrißzeichnungen ergibt sich, daß der Kl. die Baukörperform des Einfamilienhauses mit vier Hausflügeln konzipiert hat, die so gegeneinander versetzt sind, daß sich ein quadratischer Lichthof bildet. Der Erdgeschoßgrundriß zeigt, daß sich die vier Hausflügel um eine innenliegende Wendeltreppe - den Hauskern - gruppieren. Jeder Flügel ist, bezogen auf Himmelsrichtung und Grundstück, für die Aufnahme sinnvollgeordneter Raumgruppen vorgesehen. Im Südostflügel befindet sich mit direktem Zugang von der Diele der Wohnraum, dem eine nach Südwesten orientierte Terrasse vorgelagert ist mit Blick auf die Tiefe des nach Südwesten abfallenden Gartens. Nach Nordosten schließt sich an den Wohnraum ein im Fußniveau um wenige Stufen herabgesetzter Kaminraum an. Nach Südwesten ist ein weiterer Hausflügel mit offenem breiten Durchgang angeschlossen, der einen Eßraum und die danebenliegende Küche aufnimmt. Diesem Hausflügel ist in den Garten hinein ein fast halbrunder, nur erdgeschoßhoher und in der Vorstellung des Kl. rundum verglaster Raum als Erweiterung des Eßraumes angefügt. Diese Konzeption des Erdgeschoßbereichs weist einen zur Zubilligung der Urheberrechtsschutzfähigkeit hinreichenden schöpferischen Eigentümlichkeitsgrad auf.

Werkbegriff: Werke der Baukunst

Das BerG stellt fest, daß äußere Erscheinungsbild des vom Kl. geplanten Bauwerks werde geprägt durch eine Vielzahl unterschiedlich geneigter und zueinander angeordneter, verschieden großer Dachflächen, die in einem ideellen Spannungsverhältnis zu denjenigen Seitenwänden stünden, die einwärts oder auswärts geneigt seien; es werde weiter geprägt durch die Verwendung unterschiedlichen Baumaterials, nämlich Naturstein bei dem das Gebäude turmartig beherrschenden Kern, in dem die Sanitärräume des Wohnteils untergebracht werden sollten, und bei einem Teil der vertikalen Außenmauern, andererseits Holz und Glas, durch hervorstehende Holzbalken sichtbar gegliedert, bei anderen vertikalen und bei den schrägen Wandflächen. Für den Beschauer ergebe sich beim ersten Blick eine verwirrende Vielfalt senkrechter, waagrechter und in den unterschiedlichsten Winkeln geneigter Flächen und vielfältig ineinander geschachtelter Raumkörper, die eher den Eindruck dynamischer Unrast als das Gefühl häuslicher Geborgenheit zu vermitteln geeignet seien. Die Gliederung des Gebäudes in Wohntrakt und Praxistrakt werde in der Seitenansicht durch den turmartigen Natursteinkern des ersteren und den aus Holz und Glas bestehenden Treppenturm des letzteren verdeutlicht.

Werkbegriff – Unerhebliche Merkmale

NeuheitZweckÄsthetische QualitätQuantitätAufwand und Kosten der HerstellungGesetz- und Sittenwidrigkeit

Werk - Schutzgegenstand

Grundsatz: individuelle Züge des WerksNicht geschützt: Schaffensmethode, Stilmittel, Manier oder Technik (Bsp. Melodik, Rhythmus, Maltechniken, Pinselführung)Nicht geschützt: freies GemeingutNicht geschützt: IdeenNicht geschützt: Gedanken, Lehren wissenschaftliche Werke

Werk - Schutzgegenstand

Geschützt: Inhalt des Werkes (str.)Geschützt: abgrenzbare Werkteile, die eigenständigem Schutz zugänglich sindIn Einzelfällen schutzfähig: Werktitel, soweit Schutzvoraussetzungen gegeben (aber: in jedem Fall Schutz nach § 5 Abs. 3 MarkenG)

Werk - Schutzumfang

Nicht nur Identitäts-, sondern auch ÄhnlichkeitsschutzUmfang des Ähnlichkeitsschutz abhängig von Maß der IndividualitätBearbeitungen und Umgestaltungen sind Veränderungen des Originalwerks (§ 23 UrhG)Freie Benutzung (§ 24 UrhG)

Werk – Sonderfragen des Schutzumfangs

Plagiat verbotenDoppelschöpfungUnbewusste Anlehnung Parodie in Grenzen der freien Benutzung oder als Bearbeitung erlaubt, durch Meinungs- und Kunstfreiheit geschützt

Werkarten – Sonderformen, Veröffentlichung und Erscheinen

Übersetzungen und Bearbeitungen, § 3 UrhGSammelwerke, § 4 Abs. 1 UrhGDatenbankwerke, § 4 Abs. 2 UrhGAmtliche Werke, § 5 UrhG

Veröffentlichung = in die Öffentlichkeit gelangenErscheinen = Vervielfältigungsstücke in Öffentlichkeit gelangt