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Industriedynamik

vonAndreas Pyka

Gliederung:

• Industrien im Mittelpunkt der wirtschafts-wissenschaftlichen Forschung

• Industriedynamik: Theoretischer Hinter-grund

• Industriedynamik: Anwendungen in den Biotechnologie-basierten Industrien

Industrien im Mittelpunkt der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung

Industriedynamik: Theoretischer Hintergrund

Industriedynamik: Anwendungen

Industrien im Mittelpunkt der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung

Industriedynamik: Theoretischer Hintergrund

Industriedynamik: Anwendungen

Industrien im Mittelpunkt der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung

Industriedynamik: Theoretischer Hintergrund

Industriedynamik: Anwendungen

Die Industrie stellt einen zentralen Forschungsgegenstand dar für

• Volkswirte• Betriebswirte• Technologiehistoriker• …

Industrien im Mittelpunkt der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung

Industriedynamik: Theoretischer Hintergrund

Industriedynamik: Anwendungen

In der ökonomischen Literatur existieren zwei zum größten Teil komplementäre Richtungen:

1) 1) INDUSTRIEÖKONOMIKINDUSTRIEÖKONOMIK

(Structure-Conduct-Performance Ansatz; Transaktionskosten-Ansatz; Industrie-Organisation; ökonometrische Ansätze) J. Bain

Beschreibung/Abgrenzung von Industrien:

• Statische Industriegrenzen (oder strategische Interdependenz)

• abgegrenzt durch Gleichheit in der Technologie oder der Nachfrage

Unterschiede in den Industrie- (Gleichgewichts-) Strukturen werden zurückgeführt auf industriespe-zifische Technologien, Nachfrage-Charakteristika, versunkene Kosten usw.

Große Forschungserfolge in den Bereichen

• Struktur*: Konzentration, Diversifikation, vertikale Integration (z.B. Bain, J. (1956))

• Interaktion: Strategisches Verhalten in oligopolistischen Märkten usw. (z.B. Tirole, J. (1988))

• Dynamik: Technischer Fortschritt, Markteintritt, Unternehmenswachstum usw. (z.B. Scherer, F. (1990), Sutton, J. (1991)).

* im Sinne von Wettbewerbsintensität

2) INDUSTRIEDYNAMIKINDUSTRIEDYNAMIK

(Neo-Schumpeterianische Ansätze; evolutorische Ökonomik; National Innovation Systems (NIS); Neo-Austrian Economics …)

In der ökonomischen Literatur existieren zwei zum größten Teil komplementäre Richtungen:

Die Forschungsanstrengungen richten sich auf

• die Transformation von Industrien bzgl. ihrer Struktur* und Grenzen, die beteiligten Akteure (wobei neben Unternehmen auch andere Akteure eine Rolle spielen) und deren Interaktionen,

• den Einfluss und den Wandel der institutionellen Rahmenbedingungen,

• Wissensentstehungs- und –ausbreitungsprozesse.

* im Sinne der Zusammensetzung

Im Vergleich zur Industrieökonomik kann die Industriedynamik nur auf eine vergleichsweise kurze Tradition zurück-greifen (z.B. Nelson and Winter, 1982))

die verwendeten methodischen Ansätze sind äußerst heterogen und eklektischdie gestellten Forschungsfragen sind sehr unterschiedlich

allgemeine bzw. konsistente Schlussfolgerungen bezüg-lich der Analyse von Industrien, den zugrundeliegendenInteraktionsmuster usw. sind nur beschränkt möglich.

Im Vergleich zur Industrieökonomik (und insbe-sondere den jüngsten Entwicklungen dort) kann die Industriedynamik jedoch als empirisch sehr reichhaltig charakterisiert werden.

Z.B. existiert eine große Literatur mit Industrie- und Fallstudien (sog. appreciative theorizing) und es wird auf sehr detaillierteDatensätze (technologische Details und deren Entwicklungen usw.) oft in Zusammenarbeit mit Technologie-historikern usw. zurückgegriffen.

Aus Nuvolari et al. (2003)

Industriedynamik: Prozess Orientierung

Der wesentliche Vorteil der Industriedynamik ist in der Entwicklung eines besseren Verständnisses von

Lern-, Innovation- und Interaktionsprozessen in Industrien zu sehen, die

als entscheidende Determinanten hinter den beobach-teten Transformations- und Entwicklungsprozessen stehen.

Industriedynamik: Theoretischer Hintergrund

• Evolutorische Ökonomik• “Complexity economics”• Ansätze, die auf Wandel und Entwicklung abstellen• Ansätze die auf den kollektiven Innovationsprozess

abstellen

Industrien im Mittelpunkt der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung

Industriedynamik: Theoretischer Hintergrund

Industriedynamik: Anwendungen

Evolutorische Ökonomik I

• dynamische Entwicklungen• historische Zeit• Entstehung und Ausbreitung von Neuerungen• angetrieben durch innovative, imitative und selektive

Prozesse• echte Unsicherheit

vgl. z. B. Witt, U. (1987)

z.B. Pyka, A. et al. (2004), Twin Peaks: What the Knowledge-based Approach can say about the Dynamics of the World Income Distribution, Revue Economique, N° 5, erscheint demnächst.

Evolutorische Ökonomik IIZentrale Stellung von Lernprozessen:

a) Beschränkt rationale Akteure lernen und suchen in einer unsicheren Umgebung.

b) Lernprozesse sind kumulativ (Pfadabhängigkeiten).c) Lernen als sozialer und interaktiver Prozess (kollektive

Innovationsprozesse; Heterogenität als Quelle für Neuerungen).

z.B. Cantner, U., Pyka, A. (1998), Absorbing Technological Spillovers, Simulations in an Evolutionary Framework, Industrial and Corporate Change, Vol. 7, No.2, 369-397.

Evolutorische Ökonomik III

- Betonung von Rückkopplungen zwischen der Mikro- und Makrosphäre

- Phänomene auf höheren Ebenen sind das emergenteErgebnis der Interaktionen auf niedrigeren Ebenen

z.B. Pyka, A., Windrum, P. (2003), The Self-Organization of Strategic Alliances, Economics of Innovation and New Technology, Vol. 12, 245-268.

“Complexity Economics”

Soziale Systeme teilen viele Gemeinsamkeiten mit komplexen Systemen. In den letzten 20 Jahren wurden von der Komplexitätsforschung zahlreiche Methoden zur Analyse komplexer Systeme entwickelt, die auch zunehmend auf sozio-ökonomische Phänomene angewendet werden (z.B. Kirman, 2002, Arthur, 2002 …).

z.B. Gilbert, N., Pyka, A., Ahrweiler, P. (2001), Innovation Networks – A Simulation Approach, Journal of Artificial Societies and Social Simulation, Vol. 4, No. 3.

Wandel & Entwicklung

• langfristige Entwicklungen (e.g. Schumpeter, Kuznets, Clark)

• “mittelfristige” Entwicklungen (Industry LifeCycles e.g. Utterback, 1994)

⇒ Entwicklungsgesetzmäßigkeiten (stilisierte Fakten)

z.B. Cantner, U., Pyka, A. (2001), Classifying Technology Policy from an Evolutionary Perspective, Research Policy, Vol. 30, 759 – 775.

Wandel & Entwicklung

0

50

100

150

200

250

300

1880 1900 1920 1940 1960 1980

FirmsEntrantsExits

0

50

100

150

200

250

300

350

1870 1880 1890 1900 1910 1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990

Automobil Industrie (USA) (Klepper, 2001)

Versicherungsunternehmen (Germany), Menhart, Ebersberger, Hanusch, Pyka (2003)

aus Horvath, Michael, FabianoSchivardi, and Michael Woywode(2001)

Kollektive Innovationsprozesse

• Deskriptive Ansätze: z.B. the experimentally organizedeconomy (Eliasson, 2003), sectoral systems of innovation(Malerba, 2002) …

• System-theoretische Ansätze: z.B. nationale Innovationssysteme (Lundvall, 1993), regionale Innovationssysteme (Cooke, 1995)

⇒ Lernen und Aufbau von Kompetenzen als interaktiver Prozess.

Pyka, A. (2002), Innovation Networks in Economics – From the Incentive-Based to the Knowledge-Based Approaches, European Journal of Innovation Management, Vol. 5, No. 3, 152-163.

Industriedynamik: Zwei Beispiele

1) Die Entstehung und Entwicklung von Innovationsnetzwerken in den Biotechnologie-basierten Industrien

2) Wandel und Evolution im Wissensnetzwerk einer Unternehmung

Industrien im Mittelpunkt der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung

Industriedynamik: Theoretischer Hintergrund

Industriedynamik: Anwendungen

Biotechnologie-basierte Industrien:

• Die Biotechnologie ist nicht eine Industrie sondern eine wissenschaftliche Disziplin,

• die relevant ist für viele verschiedene Industrien, z.B. Pharmazeutik, Landwirtschaft, Umwelt, Ernährung ...

Ausgeprägte Forschungsorientierung:

• enge Verbindung zwischen Grundlagenforschung und anwendungsbezogener Forschung,

• sehr schnelle industrielle Anwendung von neuem Wissen,

• Grundlagenforschung wird sowohl von öffentlichen Forschungseinrichtungen als auch von privaten Unternehmen durchgeführt.

Innovationsnetzwerke 1:• Diskontinuitäten in der Wissensentstehung

→Fehlende absorptive Fähigkeiten und Starrheiten bei den etablierten Unternehmen (LDFs)

• Zur Überbrückung entstehen kleine spezialisierte High-TechUnternehmen (DBFs)

• DBFs als “Übersetzer” (translators)

• Netzwerke gelten als ein nur vorübergehendes Phänomen.

(LDF := Large Diversified Firm)(DBF := Dedicated Biotechnology Firm)

Motive für Kooperationen aus der empirischen Literatur:

• enger Kontakt zu den Wissenschaften• breites technologisches Portfolio• Flexibilität in der Forschung• Verringerung von Unsicherheit• Reduzierung von Transaktionskosten• …

Innovationsnetzwerke 2:

• zunehmender kooperativer Trend in den 1990er Jahren.

• Co-Existenz von LDFs und DBFs.• Netzwerke gelten als vorteilhaftes

Organisationsmuster industrieller F&E-Aktivitäten (insbesondere in wissensbasierten Industrien).

Agenten

– LDFs

– DBFs

– Risikokapital-Firmen

– Öffentliche Forschungseinrichtungen

Lernen I: z.B. der Aufbau von technologischen Kompetenzen

)exp(11

BIOti

ti tNCOPconst

B⋅−+

=

Lernen II: Innovationsstrategien

• go-it-alone

• Teilnahme an einem Innovations-netzwerk

Simulationsergebnisse 1

0

0,02

0,04

0,06

1 46 91 136

network density (moving averages)

time

Simulationsergebnisse 2

Echte Netzwerke

Vergleich zwischen echten und artifiziellen Netzwerken

artificial world average distance

0

0,5

1

1,5

2

2,5

3

a001 a020 a040 a060 a080 a100 a120 a140 a160 a180 a200

Average distance in the artifical world

real world average distance

0

2

4

6

8

10

1982 1985 1987 1989 1991 1993 1995 Average distance in the real world

artificial world degree of centrality

0

0,5

1

1,5

2

2,5

a001 a020 a040 a060 a080 a100 a120 a140 a160 a180 a200

Degree of centrality in the artifical world

real world degree of centrality

0

0,5

1

1,5

2

1982 1985 1987 1989 1991 1993 1995

Degree of centrality in the real world

Zusammensetzung der Netzwerke

0

4

8

12

16

20

1 11 21 31 41 51 61 71 81 91LDF/DBF DBF/DBF

t

#

Composition of Collaborations in the Artifical World

0

20

40

60

80

100

120

81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99

Biotechnology Company Diversified Company

Types of Agents in European Biotechnology Cooperations

(Data Source: Bioability)

• DBFs werden im Zeitablauf zu „eigenständigen“ Akteuren.

• Ihre Aktivität in den Netzwerken nimmt zu.

Schlussfolgerungen:

Erklärung der dauerhaften Existenz von Innovationsnetzwerken:

• Ungebremste technologische Dynamik, d.h. LDFs können mit der Komplexität und Geschwindigkeit der wissenschaftlich-technologischen Entwicklung allein nicht Schritt halten.

• Rollenwechsel für die DBFs → sie werden zu Entdeckern (explorers).

• Co-Existenz zwischen unterschiedlichen Firmenpopulationen.

Ein illustratives Beispiel für den expliziten Umgang mit Wissen:

Die Fusion von Hoechst mit Rhône-Poulenc im Jahr 1999

Der Umgang mit der Wissensbasis eines Unternehmens:

• Ende der 80er Jahre beschlossen beide Unternehmen, sich in ihrenAktivitäten neu zu orientieren und sog. life-science companies zu werden. Diese strategische Neuorientierung bedeutet im wesentlichen eine Veränderung der unternehmerischen Wissensbasis.

• 1999 fusionierten beide Unternehmen zu Aventis.• Wie schlägt sich diese strategische Neuorientierung in der

Wissensbasis der Unternehmen nieder? Und auf welche Weise erlaubt die Fusion die Realisierung von Synergien und gegenseitigen Befruchtungen?

• Wir wollen die Entdeckung von Arzneimitteln verbessern, indem wir unser Wissen bündeln. ...

• Dieses Paradigma baut auf funktionsübergreifendeNetzwerke, in denen der Biologe lernt, die Welt mit den Augen des Chemikers zu sehen – und umgekehrt.

• Ziel ist es, die Erfolgsquote bei der Entdeckung neuer Verbindungen zu erhöhen.

Strategiebeschreibung von Aventis: Innovation ist der Schlüssel

Lexikographische Analyse der unternehmerischen Wissensbasis:

• Daten: ungefähr 18.000 Patente von beiden Firmen von 1985 bis 2003

• Häufigkeit und Co-Zitierung der technologischen Klassen nach dem IPC (4-digit)

⇒ Wissensnetzwerk (nur technologisches Wissen), welches die Analyse der Entstehung, Ausbreitung und Einbettung von neuem Wissen in die Wissensbasis eines Unternehmens erlaubt.

Rhône-Poulenc

IPC Subclasses Rhône-Poulenc

95 different nodes (IPC subclasses)

241 connections

657 patents

1985 - 1989

Frequency of IPC subclasses “BIOTECH”

Water, waste, oils, fats

Inorganic Chemistry

Organic Chemistry

Macromolecular compounds, dyes Pharmaceuticals

IPC Subclasses Rhône-Poulenc

100 different nodes (IPC subclasses)

310 connections

1520 patents

1990 - 1994

Frequency of IPC subclasses “BIOTECH”pharmaceuticals

biotechnologies

IPC Subclasses Rhône-Poulenc

117 different nodes (IPC subclasses)

376 connections

1266 patents

1995 - 1999

Frequency of IPC subclasses “BIOTECH”

biotechnologies

pharmaceuticals

Hoechst

IPC Subclasses Hoechst

177 different nodes (IPC subclasses)

589 connections

3938 patents

1985 - 1989

Frequency of IPC subclasses “BIOTECH”

pharmaceuticalsbiotechnologies

IPC Subclasses Hoechst

211 different nodes (IPC subclasses)

777 connections (500 shown)

4984 patents

1990 - 1994

Frequency of IPC subclasses “BIOTECH”

pharmaceuticals

biotechnologies

IPC Subclasses Hoechst

157 different nodes (IPC subclasses)

557 connections

2475 patents

1995 - 1999

Frequency of IPC subclasses “BIOTECH”

biotechnologies

pharmaceuticals

Aventis

IPC Subclasses Aventis

157 different nodes (IPC subclasses)

557 connections

2008 patents

2000 - 2003

Frequency of IPC subclasses “BIOTECH”

pharmaceuticals

biotechnologies

Schlussfolgerungen und Ausblick:

• Visualisierung von (technologischem) Wissen.

• Veränderungen in der Wissensbasis folgen dem Strategiewechsel → Biotechnologie wurde integriert und stellt heute eine wichtigen Teil der unternehmerischen Wissensbasis von Aventis dar.

• Die Methode ist nicht nur auf Strategiewechsel anwendbar, sondern auch zur Analyse von Unternehmensorganisationen, Fusionen und Akquisitionen sowie Innovationsnetzwerken geeignet.

Die zukünftigen Herausforderungen:

• Der Trade-off zwischen der Öffnung zu anderen Disziplinen auf der einen Seite und der Forderung nach Konsistenz auf der anderen Seite.

• Die Ableitung allgemein gültiger Kriterien aus den verschiedenen Industriestudien.

• Die Entwicklung von Kriterien und Standards zum Vergleich verschiedener Modelle.

• ...

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